Johanniskraut Unter dem Motto »die Allgäuer Kräuterwelt aktiv erleben« führte Chefin und Wildkräuterfrau Brigitte Dinser unsere Leser von »Leben im Allgäu« durch ihren Kräutergarten in Wengen. Allgäuer Kräuterwelt aktiv erleben 154 Herbst 2013 D ie Geheimnisse der Pflanzen und ihre Heilkraft, ihren Duft und Geschmack entdecken, das konnten die Kursteilnehmer auf dem Kräuterlandhof »Pro Kräuter« in Wengen. Chefin und Wildkräuterfrau Brigitte Dinser erzählte aus ihrem Schatzkästchen und gab viele praktische Tipps zum Thema Kräuter rund um Küche und Gesundheit. »Johanniskraut und andere Kräuter wie Beifuß und Gundermann sind durch Mythen und Brauchtum eng mit der Sommersonnwende verbunden.« Gespannt lauschten die Kursteilnehmerinnen der Allgäuer Wildkräuterfrau. Wie vielseitig Johannipflanzen eingesetzt werden können, demonstrierte sie an diesem Nachmittag den Damen. Gemeinsam wurden Aussehen und wichtige Merkmale der Johannipflanzen erschlossen. »An jedem Wegesrand begegnen wir den Heil- und Nutzpflanzen der Natur. Doch wer kennt die Kräuter heute noch beim Namen, kann sie erkennen und weiß sie zu verwenden?«, Brigitte Dinser blickte in die Runde und reichte Johannisblüten, Ringelblume, Beifuß, Frauenmantel, Königskerze und Quendel reihum und erklärte die Heilkraft der ein- Allgäu aktiv zelnen Pflanzen, ihre Verwendung in Küche und Hausapotheke. Öle und Tinkturen »Die wohl bekannteste Johannipflanze ist das Johanniskraut selbst, das um den Johannistag herum in voller Blüte steht«, so die Wildkräuterfrau. Johannisblut nannte man den rötlichen Saft der Blütenblätter, der als wunderkräftig galt. Gemeinsam setzt die Gruppe ein Öl aus Johannisblüten und Sonnenblumenöl an. Das aus der Pflanze gewonnene Öl kann nach dem Ausziehen – in sechs bis acht Wochen – bei Brandwunden, Operationsnarben und Schürfwunden verwendet werden. Gegen Stiche aller Art oder bei Brennnesselquaddeln hilft eine Brigitte Dinser führt durch ihren Kräutergarten »Pro Kräuter« in Wengen. 2013 Herbst Frische Minze verfeinert den selbstgemachten Holunder-Sirup. Tinktur aus Spitzwegerich. Innerlich eingenommen hilft die Tinktur gegen Erkältungen. Die Herstellung von Tinkturen ist relativ einfach und so schneiden Perdita und Erika die Blätter klein. Christina und Ingrid befüllen saubere Schraubgläser zur Hälfte mit den kleingeschnittenen Blättchen und Rosa füllt die Gläser mit hochprozentigem Alkohol (mind. 40 %) auf. »Die angesetzte Tinktur muss jetzt an einem warmen Ort für einen Monat ausziehen und einmal täglich geschüttelt werden«, erklärt Brigitte Dinser. Ist die Tinktur fertig, kann sie abgeseiht und in einer dunklen Flasche aufbewahrt werden. im Topf. Das Ringelblumenöl wird separat handwarm erwärmt und anschließend in die geschmolzene Salbengrundlage gegeben. Dann heißt es abwechselnd rühren, rühren und nochmals rühren, bis es eine einheitliche Konsistenz gibt. Perdita fügt ganz langsam wohlriechendes Rosenwasser hinzu. Sobald die Salbe eine cremeartige Konsistenz erreicht, werden ein paar Tropfen Duftgeranienöl untergemischt. Christina und Erika füllen die leuchtend gelbe Creme in Salbentigel ab. Im Kühlschrank aufbewahrt hält die Salbe ein bis zwei Jahre, fördert Heilungsprozesse, wirkt entzündungshemmend und antibakteriell. Gut Ding’ braucht Weile Küchenkräuter richtig ernten ... Für die Herstellung einer Creme braucht man vor allem Zeit, Ruhe und Muse. »Für mich ist die Herstellung von Salben immer wein wenig wie Entspannungs-Yoga«, schmunzelt Brigitte Dinser. Gemeinsam wird gerührt, abgewogen und gelacht. Unter gleichmäßigem Rühren schmelzen Wollfett und Bienenwachs 156 ... ist gar nicht so schwer. Beim Workshop erhielten die Teilnehmer das Rüstzeug zur richtigen Ernte, Trocknung und Verarbeitung ihrer Gartenkräuter. Beim gemeinsamen Spaziergang durch den Kräutergarten ernteten sie Holunderblüten, Minze, Estragon und Dost. Bernd schneidet Estragon für den Kräuter-Essig. Überall duftete und blühte es. Ganz nebenbei erklärte Brigitte Dinser Standorte, Erkennungsmerkmale, Inhaltsstoffe und Wirkungen der Küchenkräuter. Bernd und Elisabeth wundern sich, was sich bei genauem Hinschauen so alles an Feld-, Wald- und Wiesenrändern entdecken lässt und welche Pflänzchen essbar sind. Es wird gerochen, probiert, gezupft und geerntet. Gemeinsam stellt die Gruppe einen erfrischenden Holunder-Minz-Sirup her. Die frisch geerntete Pfefferminze und die Holunderblüten werden gesäubert, gesichtet und in eine große Schüssel gegeben. Anschließend füllt Ingrid die Schüssel mit Wasser und Zucker (zu gleichen Teilen) auf. Obenauf schichtet Rosa in Scheiben geschnittene Zitronen. »Bevor der Ansatz aufgekocht, abfiltriert und abgefüllt werden kann, muss er für mehrere Tage abgedeckt stehen gelassen und immer wieder umgerührt werden. Erst wenn der Geschmack passt, kann der Ansatz abfiltriert werden«, so Brigitte Dinser. Zur Erfrischung gibt es ein köstliches Minzwasser. Und dann geht’s auch schon Herbst 2013 weiter. Zum Mitnehmen kreiert die Gruppe einen eigenen Kräuteressig und eine feine Paste. Bernd erntet den frischen Estragon. Zwei bis drei Zweige werden in jede Flasche gesteckt und anschließend mit Essig aufgegossen. »Der aromatisierte Weißwein-Essig eignet sich für Salatsoßen«, erklärt Brigitte Dinser. »Mein Mann gibt zur Abrundung von Soßen immer einen kleinen Schuss davon hinzu.« Paste statt Pesto Für die Kräuterpaste muss ein riesiger Berg Dost kleingeschnitten werden. Abwechselnd hacken Rosa, Elisabeth, Petra und Erika die Kräuter mit einem scharfen Messer klein. »Unglaublich wie leicht Kräuter sind«, stellt Elisabeth fest. Für zehn Gramm kleingeschnittenen Dost sind die Damen eine ganze Weile beschäftigt. Der kleingeschnittene Dost wird anschließend mit Salz und etwas Sonnenblumenöl vermischt und so lange verrührt, bis sich das Salt aufgelöst hat und eine homogene Kräuterpaste entstanden ist. Die Paste auf ein frisches Baguette gestrichen, mit etwas Olivenöl beträufelt – einfach lecker. »Das schmeckt nach Sommer«, lacht Rosa und beißt herzhaft in die köstliche Kostprobe. Am Ende des Kurses haben die Teilnehmer viele, neue Möglichkeiten kennengelernt, die Kräuter des Sommers in leckere und wertvolle Produkte zu verwandeln. Neben Kostproben für die Lieben zu Hause erhielten sie ein Manuskript mit vielen leckeren Rezepten zum Nachmachen. »Die Kräuteröle und den Holunderblütenlikör werde ich gleich zu Hause ausprobieren«, meint Angelika. Und auf den Wildkräuterkochkurs im nächsten Jahr freuen sich jetzt schon viele. Text: Johanna Strodl / Fotos: Johanna Strodl (4); photos.com (1) f Malve wirkt lindernd und schleimlösend.
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