RADIOLOGISCHES NOTFALL MANAGEMENT IN ÖSTERREICH Impressum IMPRESSUM Medieninhaber und Herausgeber: BUNDESMINISTERIUM FÜR LAND- UND FORSTWIRTSCHAFT, UMWELT UND WASSERWIRTSCHAFT Stubenring 1, 1010 Wien www.bmlfuw.gv.at Text und Redaktion: Mag. Dr. Katharina Stangl (BMLFUW/Abt. I/7 Strahlenschutz) Bildnachweis: S. 1, S. 17, BMLFUW/pixhunter; S. 3, BMLFUW/Alexander Haiden; S. 5, UBA; S, 7, 8, 9, 10, 12, BMLFUW/Abt. I/7 Strahlenschutz; S. 6, BM.I; S. 13, BMLFUW/AMA-Archiv/Dall; S. 15, BM.I Konzept und Gestaltung: WIEN NORD Werbeagentur Grafik: Mag. Niels Reutter (BMLFUW Grafik) Alle Rechte vorbehalten. Wien, Februar 2016 --- 2 --- VORWORT VORWORT SEIT DEM UNFALL im Kernkraftwerk Tschernobyl sind nunmehr 30 Jahre vergangen, Fukushima jährt sich bereits zum fünften Mal – diese beiden Unfälle wurden auf der internationalen Bewertungsskala INES mit der höchsten Stufe 7 bewertet und erschütterten die Welt nachhaltig. Die Konsequenzen, die aus diesen katastrophalen Unfällen gezogen wurden, haben jedoch zu großen Verbesserungen in der nuklearen Sicherheit geführt. Selbst wenn es gelingt das Risiko zu verringern, müssen wir auf den Ernstfall bestmöglich vorbereitet sein. Unfälle dieser Art mit weitreichenden und schwerwiegenden Auswir kungen können niemals ganz ausgeschlossen werden. Folglich wurden in Österreich zahlreiche Vorkehrungen getroffen, um bei einem Kernkraftwerksunfall rasch Maßnahmen zum Schutz der Menschen durchzuführen und die Österreicherinnen und Österreicher zu informieren. Seit mehr als 25 Jahren verfolgen wir eine explizite Politik gegen die Nutzung von Kern energie und engagieren uns konsequent für mehr Sicherheit. Mit diesen Maßnahmen sichern wir den Schutz der österreichischen Bevölkerung. Diese Broschüre soll dazu einen Informationsbeitrag leisten und einen Überblick über das nationale Notfallmanagement geben. Ihr ANDRÄ RUPPRECHTER Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft --- 3 --- INHALT 3 VORWORT 5 1EINLEITUNG 6 2 R ASCHE ALARMIERUNG 7 3PROGNOSESYSTEME 8 4STR AHLENFRÜHWARNSYSTEM 9 5INFORMATIONSAUSTAUSCH 10 6 GERÜSTET FÜR DEN NOTFALL 11 7SCHUTZMASSNAHMEN 11 7.1 AUFENTHALT IN GEBÄUDEN 12 7.2K ALIUMJODID-TABLETTEN 13 7.3 SCHUTZ DER LEBENSMITTEL DURCH LANDWIRTSCHAFTLICHE MASSNAHMEN 14 7.4 PERSÖNLICHE SCHUTZMASSNAHMEN 14 7.5 INFORMATION DER BEVÖLKERUNG 16 8 WEITERE INFORMATIONEN --- 4 --- Impressum 1EINLEITUNG EINE DER AUFGABEN des Bundesministeriums für Land- und Forstwirt schaft, Umwelt und Wasserwirtschaft (BMLFUW) ist es, die österreichische Bevölkerung bei nuklearen und radiologischen Notfällen zu schützen. In Österreich selbst gibt es keine Kernkraftwerke (KKW). Allerdings befinden sich 14 KKW in einer Entfernung von w eniger als 200 km von Österreichs Grenzen. Die Expertinnen und Experten im BMLFUW s etzen sich daher intensiv mit möglichen Auswirkungen von Unfällen auseinander, um im Anlassfall rasch Schutzmaßnahmen für die österreichische Bevölkerung zu setzen. Die enge Zusammenarbeit mit den Nachbarstaaten und den beteiligten Stellen in Öster reich – Bundes- bzw. Länderbehörden bis hin zu den Einsatzkräften – spielt in einem effektiven Notfallmanagement eine wichtige Rolle. Radiologische Notfälle können nicht nur durch KKW-Unfälle eintreten, sondern beispielsweise auch bei Transportunfällen mit radioaktivem Material oder bei einem Terroranschlag. Auch auf solche Szenarien ist Österreich vorbereitet. --- 5 --- R ASCHE ALARMIERUNG 2 RASCHE ALARMIERUNG BEI RADIOLOGISCHEN NOTFÄLLEN ist es wichtig, rechtzeitig die efahr zu erkennen, um rasch Maßnahmen zum Schutz der Bevölkerung zu setzen. Von G entscheidender Bedeutung ist die zeitgerechte Alarmierung. Als direkte Reaktion auf den schweren Reaktorunfall in Tschernobyl im Jahr 1986 haben die Internationale Atom energieorganisation (IAEO) und die Europäische Kommission Alarmierungssysteme und Informationsabkommen geschaffen. Damit verpflichtet sich das Unfallland bei einem radiologischen Zwischenfall, die internationalen Stellen und betroffene Staaten so schnell wie möglich zu alarmieren und mit wichtigen Informationen zu versorgen. Zusätzlich zu diesen Abkommen hat Österreich Informationsabkommen mit seinen Nachbarstaaten geschlossen und steht in engem Kontakt mit den dortigen Behörden. Dadurch ist sicher gestellt, dass Österreich bei einem KKW-Unfall im Ausland schon vor einer Freisetzung radioaktiver Stoffe in die Umwelt alarmiert wird. Rechtzeitiges Erkennen der Gefahr ist Voraussetzung, um die Betroffenen möglichst rasch zu warnen und über genaue Verhaltensregeln zu informieren. --- 6 --- PROGNOSESYSTEME 3PROGNOSESYSTEME UM AUSWIRKUNGEN VON radiologischen Notfällen auf Österreich rasch abschätzen zu können, verfügt das BMLFUW über spezielle Prognosesysteme. Bei einem schweren KKW-Unfall werden große Mengen radioaktiver Stoffe in die Umwelt freigesetzt. Die dadurch radioaktiv kontaminierten Luftmassen können sich – je nach Windstärke und Windrichtung – über weite Distanzen ausbreiten. Radioaktive Stoffe l agern sich entlang des Ausbreitungsgebietes ab und können somit auch in die Nahrungskette gelangen. Mit Hilfe von Wetterprognosen und Modellrechnungen wird die Ausbreitung der kontaminierten Luftmassen prognostiziert. Damit können die wahrscheinlich betroffenen Regionen in Österreich schon frühzeitig erkannt, sowie die zu erwartende Kontamination und die Strahlendosis für die Bevölkerung rasch abgeschätzt werden. Dadurch wird wertvolle Zeit für die Vorbereitung und Umsetzung von Maßnahmen zum Schutz der Bevölkerung gewonnen. --- 7 --- STR AHLENFRÜHWARNSYSTEM 4STRAHLENFRÜHWARNSYSTEM ZUR GROSSRÄUMIGEN ÜBERWACHUNG betreibt das BMLFUW ein österreichweites automatisches Messsystem, das die Umwelt permanent auf radioaktive Kontaminationen überwacht: das Strahlenfrühwarnsystem. Erhöhte Messwerte, wie sie bei sich ausbreitenden kontaminierten Luftmassen registriert würden, lösen sofort einen Alarm aus. Aktuelle Messwerte des Strahlenfrühwarnsystems sind auf der Homepage des BMLFUW abrufbar unter www.strahlenschutz.gv.at. Zusätzlich zu den über 300 Sonden werden zehn vollautomatische Luftmonitorstationen an den österreichischen Grenzen betrieben. Diese Anlagen können Art und Menge der radioaktiven Stoffe in der Luft bestimmen. Neben dem automatischen Messsystem werden regelmäßig Proben aus der Umwelt sowie von Lebensbzw. Futtermitteln gezogen und im Labor analysiert. --- 8 --- INFORMATIONSAUSTAUSCH 5INFORMATIONSAUSTAUSCH DIE ENGE ZUSAMMENARBEIT und der verstärkte Informationsaustausch mit den Nachbarstaaten bilden im radiologischen Notfallmanagement einen wichtigen Schwerpunkt. Aufgrund der zwischenstaatlichen Vereinbarungen haben die Expertinnen und Experten des BMLFUW Zugang zu den aktuellen Daten der automatischen Messnetze aller KKW-betreibenden Nachbarstaaten. Somit kann eine im Nachbarland stattfindende Freisetzung radioaktiver Stoffe sofort erkannt werden. Mit den tschechischen Strahlenschutzbehörden gibt es eine besonders enge Zusammenarbeit. Österreich erhält aus dem tschechischen Notfallsystem viele Informationen, die eine r asche Abschätzung der Auswirkung eines Unfalls in den KKWs Temelin oder Dukovany erlauben. Im Rahmen regelmäßig stattfindender Notfallübungen werden gemeinsam mit den Nachbarstaaten die österreichischen Notfallpläne überprüft und kontinuierlich verbessert. Tschechische Republik Slowakei Deutschland Österreich Ungarn Schweiz Slowenien Italien --- 9 --- Kroatien GERÜSTET FÜR DEN NOTFALL 6 GERÜSTET FÜR DEN NOTFALL BEI RADIOLOGISCHEN NOTFÄLLEN ist es besonders wichtig, rasch r elevante Informationen über den Zwischenfall zu erhalten und an alle Beteiligten weiter zugeben. Hierfür wurden Melde- und Alarmierungswege in den Notfallplänen festgelegt: Die Bundeswarnzentrale im Einsatz- und Krisenkoordinationscenter (EKC) des Innen ministeriums alarmiert im Falle einer bilateralen oder internationalen Meldung umgehend den Strahlenschutzbereitschaftsdienst im BMLFUW. Nach einer Bewertung der aktuellen Lage werden gemeinsam mit dem Gesundheitsministerium gegebenenfalls Maßnahmen festgelegt. Über die Bundeswarnzentrale werden diese Informationen dann an die zustän digen B undes- und Landesbehörden bzw. involvierten Organisationen verteilt. Gleichzeitig wird die Bevölkerung informiert. Maßnahmen Information Internationale Informationssysteme Bevölkerung IAEO EU Bilaterale Abkommen Bundeswarnzentrale/EKC (BM.I) BMLFUW Strahlenschutz BMG Bundeswarnzentrale/EKC (BM.I) Einsatzkräfte/ Interventionsteams --- 10 --- Bundesministerien Bundesländer SCHUTZMASSNAHMEN 7SCHUTZMASSNAHMEN SCHUTZMASSNAHMEN KÖNNEN DIE Auswirkungen eines schweren KKW-Unfalls drastisch reduzieren und die Strahlenbelastung der Bevölkerung stark vermindern. Aufgrund der internationalen und bilateralen Informationsabkommen wird Österreich frühzeitig – noch vor einer tatsächlichen Freisetzung radioaktiver Stoffe in die Umwelt – alarmiert. Je nach Unfallverlauf kann mit einer Vorwarnzeit von einigen Stunden bis Tagen gerechnet werden. Diese Zeit steht zur Verfügung, um noch vor Eintreffen der kontaminierten Luftmassen Vorsorgemaßnahmen zu setzen. Die Strahlenbelastung erfolgt durch externe Strahlung, durch Einatmen radioaktiver Stoffe oder durch Aufnahme von Radioaktivität über die Nahrung. Je nach Art und Ausmaß der Gefährdung werden Maßnahmen empfoh len. Bei sehr schweren grenznahen KKW-Unfällen können während des Durchzugs der kontaminierten Luftmassen die Maßnahmen „Aufenthalt in Gebäuden“ und die Einnahme von Kaliumjodid-Tabletten insbesondere für Kinder und Jugendliche notwendig sein. Solche Unfälle sind sehr unwahrscheinlich, können aber – wie die Ereignisse in Fukushima gezeigt haben – nicht ausgeschlossen werden. 7.1 AUFENTHALT IN GEBÄUDEN Bei einem sehr schweren grenznahen Reaktorunfall ist ein Aufenthalt in Gebäuden w ährend des Durchzugs der kontaminierten Luftmassen eine wichtige frühe Schutzmaßnahme. Die Betroffenen werden vor externer Strahlung geschützt und das Einatmen von radioaktiven Stoffen aus der Luft wird vermindert. Die Strahlendosis kann durch den vorübergehenden Aufenthalt in Häusern um das Zehn- bis Hundertfache reduziert werden. Der Aufenthalt in Gebäuden wird in Österreich bei Kindern und Jugendlichen vorsorglich schon bei geringeren Expositionen als bei Erwachsenen empfohlen. --- 11 --- SCHUTZMASSNAHMEN 7.2KALIUMJODID-TABLETTEN Bei schweren Reaktorunfällen werden große Mengen von radioaktivem Jod freigesetzt. Dieses führt vor allem bei Kindern und Jugendlichen nach Aufnahme in den Körper zu einem erhöhten Schilddrüsenkrebs-Risiko. Dagegen bieten Kaliumjodid-Tabletten – wenn sie zum empfohlenen Zeitpunkt eingenommen werden – einen wirkungsvollen Schutz. Die Tabletten können in Österreich für Kinder zur persönlichen Bevorratung jederzeit kostenlos in Apotheken bezogen werden. Im Anlassfall geben die Behörden bekannt, für welche Personengruppen und in welchen Regionen die Einnahme von Kaliumjodid- Tabletten empfohlen wird. --- 12 --- SCHUTZMASSNAHMEN 7.3 SCHUTZ DER LEBENSMITTEL DURCH LANDWIRTSCHAFTLICHE MASSNAHMEN Die Erfahrungen aus Tschernobyl haben gezeigt, dass vor allem über kontaminierte N ahrung eine Langzeit-Strahlenbelastung der Bevölkerung erfolgt. Aus diesem Grund sind Maßnah men, die den Transfer radioaktiver Stoffe in die Nahrungskette verhindern oder minimieren, auch bei Unfällen mit weniger schweren Auswirkungen sehr wichtig. Abhängig von der Jahreszeit, in der ein Unfall stattfindet, können verschiedene Nahrungsmittel verstärkt belastet sein. Maßnahmen, die vor Eintreffen der kontaminierten Luftmassen durchgeführt werden, können die Kontaminierung von Nahrungsmitteln effektiv verhindern. Zum Beispiel sollten Nutztiere in den Stall gebracht und mit nicht belastetem Futter versorgt werden. Im Anlassfall werden regelmäßige Kontrollen zur Überwachung von Futter- und Nahrungsmitteln durchgeführt. Bei Überschreiten von EU-weiten Grenzwerten wird in den betroffenen Regionen das Inverkehrbringen von Nahrungs- und Futtermitteln verboten. --- 13 --- SCHUTZMASSNAHMEN 7.4 PERSÖNLICHE SCHUTZMASSNAHMEN Jeder kann sich bei radiologischen Notfällen auch selbst schützen. Persönliche Schutzmaßnahmen spielen neben den behördlichen Maßnahmen eine große Rolle. So sollte z.B. auf den Verzehr von Freilandgemüse, frischem Obst, Waldbeeren oder Pilzen aus den betrof fenen Gebieten verzichtet werden. Nach einem Aufenthalt im Freien während des Durchzugs der kontaminierten Luftmassen sind Duschen und Haare waschen einfach durchzuführende Hygienemaßnahmen. Kleidungsstücke und Schuhe, die im Freien g etragen wurden, sollten vor dem Betreten des Wohnbereichs gewechselt werden. Im Anlassfall werden die Behörden solche Verhaltensregeln empfehlen. 7.5 INFORMATION DER BEVÖLKERUNG Bei jeder Art von radiologischen Notfällen sind die regelmäßige und umfassende Information der Bevölkerung durch die Behörden sowie die rasche Alarmierung der Betroffenen zentraler Teil eines effektiven Notfallmanagements. Zusätzlich zu den bestehenden Informationskanälen wie Fernsehen, Teletext, Radio, Printmedien und der Website des BMLFUW können die Behörden kurzfristig Call-Center für telefonische Anfragen aktivieren. Die Telefonnummern werden in diesem Fall umgehend bekannt gegeben. Bei einem grenz nahen schweren KKW-Unfall wird die betroffene Bevölkerung über das österreichweite Sirenensystem alarmiert. Die Warnung erfolgt durch einen gleich bleibenden Dauerton von drei Minuten. Der eigentliche Alarm erfolgt durch einen ein minütigen, auf- und abschwellenden Heulton, der die Bevölkerung dazu auffordert, Gebäude aufzusuchen. Genauere Informationen über die herannahende Gefahr erfolgen dann über Fernsehen und Radio, wobei auch weitere Verhaltensmaßnahmen bekannt gegeben werden. Zur Vorbereitung auf einen radiologischen Notfall in Österreich hat das BMLFUW ausführliche Informationen auf seiner Homepage unter www.strahlenschutz.gv.at bereitgestellt. --- 14 --- SCHUTZMASSNAHMEN --- 15 --- WEITERE INFORMATIONEN 8 WEITERE INFORMATIONEN www.bmlfuw.gv.at www.strahlenschutz.gv.at www.bmg.gv.at www.bmi.gv.at www.bmeia.gv.at www.burgenland.gv.at www.ktn.gv.at www.noe.gv.at www.land-oberoesterreich.gv.at www.salzburg.gv.at www.steiermark.at www.tirol.gv.at www.wien.gv.at www.vorarlberg.gv.at www.ages.at www.umweltbundesamt.at/strahlenschutz www-news.iaea.org --- 16 --- FÜR EIN LEBENSWERTES ÖSTERREICH. UNSER ZIEL ist ein lebenswertes Österreich in einem starken Europa: mit reiner Luft, sauberem Wasser, einer vielfältigen Natur sowie sicheren, qualitativ hochwertigen und leistbaren Lebens mitteln. Dafür schaffen wir die bestmöglichen Voraus setzungen. WIR ARBEITEN für sichere Lebensgrundlagen, eine nachhaltige Lebensart und verlässlichen Lebensschutz. www.bmlfuw.gv.at
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