Drei mal wir

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Drei mal wir
ROman
Was, wenn du ja
gesagt hättest ?
n
Dritte Version
Dreissig
London, Juli 1971
va sieht ihn, bevor er sie sieht.
Er ist gerade erst gekommen und steht ein wenig
unsicher mit einer Gruppe Männer im Flur, darunter
auch seinem Cousin Toby. Sein Haar ist jetzt länger,
reicht ihm bis auf die Schultern, und er trägt Jeans mit
Schlag. Als er seine Jacke auszieht, sieht sie, dass er ein
enges T-Shirt mit einem tiefen, runden Ausschnitt darunter anhat.
Eigentlich hat Jim vorher nie wie ein Hippie ausgesehen, doch er ist vor ein paar Jahren nach Cornwall gezogen, um in irgendeiner Kommune zu leben. Das hat Eva
von Harry gehört, der es an dem Abend, bevor David
nach Los Angeles aubrach und Harry bei ihnen zum
Essen war, beiläuig erwähnt hat. Wohl nicht aus Berechnung, dachte sie, doch durchaus mit der für ihn typischen Gleichgültigkeit den Gefühlen anderer gegenüber.
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«Erinnerst du dich an Jim Taylor», hatte er gesagt,
«diesen Typen vom Clare, mit dem du eine Weile ausgegangen bist?» Eva hatte nichts gesagt, ihn nur angestarrt. Als wäre es möglich, dass Jim einfach so aus ihren
Gedanken verschwinden könnte. «Der hat sich jetzt mit
irgend so einer Künstlerin zusammengetan und wohnt
mit ihr in einer Hippiekommune. Freie Liebe und so
weiter. Hat einen Mordsdusel gehabt, wenn du mich
fragst.»
Jetzt, bevor Jim den Blick heben und sie entdecken
kann, dreht sich Eva um und läut die Treppe hoch.
Sie stellt sich vor den Badezimmerspiegel, hält sich am
Waschbeckenrand fest. Ihr Herz schlägt viel zu schnell,
ihr Mund ist trocken. Sie begegnet ihrem Blick im Spiegel, ihr Gesicht ist kreidebleich. Vor der Party hat sie versucht, sich mit starker Mascara, viel grauem Lidschatten
und Kajalstit einen smokey efect zu schminken, wie er
in einer Zeitschrit angepriesen wurde, aber jetzt sind
ihre Augen verschmiert und dunkel unterlaufen.
Der Gedanke, dass Jim auf der Party sein könnte, war
ihr gar nicht gekommen. Erst jetzt wird ihr klar, dass
durchaus damit zu rechnen war. Demnächst wird eine
Ausstellung von ihm eröfnet, eine ziemlich große, die
nur ihm gewidmet ist. Im Daily Courier haben sie ei4
nen großen Artikel darüber gebracht. Und natürlich lag
es auf der Hand, dass er seinen Cousin Toby besuchen
würde, wenn er in London ist. Dennoch hätte er eine
Einladung zur Geburtstagsparty ihres Bruders eigentlich
ausschlagen müssen. Es sei denn, er will mich sehen. Bei
dem Gedanken hält Eva sich noch stärker am Waschbecken fest. Es sei denn, er ist meinetwegen hier.
Sofort tut sie diesen Gedanken als absurde Eitelkeit ab.
Jim hat mittlerweile eine Freundin, möglicherweise sogar Kinder. Sie ist sich sicher, dass ihm der Gedanke an
sie, Eva, gar nicht in den Sinn gekommen ist. Außerdem
hat sie ihre eigenen Verplichtungen, auch wenn sie es
sich selbst an den schwärzesten Tagen niemals gestattet,
Rebecca und Sam als solche zu sehen.
Eva spritzt sich kaltes Wasser ins Gesicht, nimmt dann
ihre Puderdose aus der Tasche und gibt etwas Rouge auf
ihre Wangen. Sie denkt an Sam, wie er war, als sie vorhin gegangen ist: Er zog sich gerade den Schlafanzug an,
das Haar noch feucht vom Baden. «Komm bald wieder,
Mummy», sagte er und klammerte sich an sie, als sie sich
bückte, um ihm einen Kuss zu geben. Natürlich werde
sie das, hatte sie gesagt, und ihm angekündigt, in einer
Minute werde Emma, die Babysitterin, zu ihm hochkommen und ihm eine Geschichte vorlesen.
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Rebecca war auf ihrem Zimmer gewesen und lackierte sich die Fußnägel in einem aufallenden Lilaton. Eva
fand, ihre Füße sahen damit wie wund aus, doch sie
sagte: «Das ist eine tolle Farbe, Liebes. Ich bin dann jetzt
weg.»
Ihre Tochter blickte auf, und ihr Gesichtsausdruck
wurde weich. Schon jetzt, mit zwölf, achtet sie auf ihr
Aussehen. Wie der Vater, so die Tochter, denkt Eva. Nach
der Schule telefoniert sie stundenlang mit ihren Freundinnen, wobei öter Jungsnamen fallen. «Du siehst
hübsch aus, Mum. Ich liebe dieses Kleid.» Eva hatte
ihr gedankt, war zu ihr hinübergegangen, um ihr einen
Kuss zu geben und Rebeccas ganz eigenen Geruch einzuatmen, eine Mischung aus Silvikrin-Shampoo und
Chanel No. 5. David hatte es auf seiner letzten Reise im
Duty-free-Shop für sie gekaut. Für eine Zwöljährige ist
es viel zu erwachsen, doch Rebecca besteht darauf, es
jeden Tag zu tragen, selbst in der Schule.
Draußen auf dem Treppenabsatz schaut Eva auf die
Eingangshalle hinab. Immer mehr Leute kommen, lachen und reden, haben Weinlaschen mitgebracht, doch
Jim ist nicht mehr zu sehen. Sie macht sich bereit und
hebt den Saum ihres Kleides an, um beim Heruntergehen nicht zu stolpern. Sie lächelt den Neuankömmlingen
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zu, obwohl sie keinen davon kennt. Vermutlich Freunde
von hea, sie alle haben das locker-elegante Autreten
ihrer Schwägerin. In der Küche schenkt Eva sich eine
weitere Kelle Punsch ein.
Ihr Bruder, jetzt ist er dreißig. Sie kann es kaum glauben. Manchmal, wenn sie an Anton denkt, sieht sie immer noch den kleinen Jungen vor sich, der verbissen alles wollte, was sie hatte. Doch natürlich ist dieser Junge
nicht mehr da, ebenso wenig wie die jüngeren Ausgaben
ihrer selbst. Das Mädchen mit Zöpfen und einer kurz
andauernden, hetigen Liebe zu Pferden. Der Teenager,
der ieberhat Geschichten und grauenhate Gedichte in
Notizbücher kritzelt, bei denen ihr heute ein Schauder
über den Rücken läut. Die Studentin, die vom Fahrrad
fällt und den Schatten eines Mannes sieht, der über sie
gebeugt steht. Und die aublickt, ohne zu wissen, wer er
ist.
«Hallo», sagt Jim, und einen Augenblick lang ist Eva
verwirrt. Sie ist immer noch dort in den Backs, schaut
zu einem jungen Mann empor, der ein Tweedjackett und
einen gelbbraun gestreiten Collegeschal trägt, und fragt
sich, ob sie seine Hilfe annehmen soll. Doch dann verschwindet der Junge, verwandelt sich in den Mann, der
vor ihr steht, in der weit ofenen Tür, die zum Garten
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hinausführt, unter die bunte Lichterkette, die hea in
den Bäumen aufgehängt hat.
«Hallo», sagt sie.
Ein Paar, das Eva nicht kennt, drängt sich an ihnen
vorbei, Händchen haltend. «Entschuldigung.» Das Mädchen ist jung, barfuß, ihr Haar weißblond und glatt.
«Wir wollen nur mal kurz zum Punsch.»
Jim macht einen Schritt in den Garten. «Ich bin gleich
aus dem Weg.» An Eva gerichtet, fügt er hinzu: «Kommst
du mit raus?»
Sie nickt wortlos, folgt ihm. Es ist ein großer Garten,
aber die meisten Gäste haben sich auf der Terrasse versammelt. Jemand hat die Musik aufgedreht, einige Leute
tanzen, unter ihnen auch eine wilde Penelope mit ihrem
Gerald. Doch es ist nicht schwer, ein ruhigeres, dunkleres Plätzchen zu inden, neben ein paar eingetopten
Lorbeerbäumen. Fast können sie sich wirklich der Illusion hingeben, hier ganz allein zu sein, und Eva denkt
an das letzte Mal zurück, als sie das waren, damals im
Algonquin, bei jener gottverlassenen Party. Gar nichts
passt, hatte er damals gesagt, und sie hatte genau gewusst, was er meinte, fand aber nicht die Worte, ihm das
zu sagen.
«Ich wollte eigentlich gar nicht kommen.»
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Jetzt schaut Eva Jim zum ersten Mal richtig an. Seine
Haut ist so blass wie immer, mit dieser Handvoll Sommersprossen. Als von irgendwoher Gelächter zu hören
ist, zieht er die Stirn kraus. Seine Miene ist nicht sehr
freundlich, und sie spürt, wie sich ihre eigene Stimme
verhärtet, als sie sagt: «Warum bist du es dann?»
«Toby hat mich mitgenommen. Er hat gesagt, dass wir
zu einer Geburtstagsparty gehen. Ich wusste nicht, dass
es die Party von Anton ist. Als Toby es dann nebenbei
fallenließ, waren wir schon unterwegs.»
Aber du hättest umkehren können, denkt sie. Laut sagt
sie: «Du hast Anton nie kennengelernt, stimmt’s?»
«Nein. Habe ich nicht.»
Sie schweigen eine ziemlich lange Zeit. Eva hört, wie
ihr Blut in den Ohren rauscht. «Es tut mir so leid, dass
ich nicht gekommen bin.»
Jim nimmt einen Schluck Rotwein, seine Miene ist unergründlich. «Woher weißt du denn, dass ich da war?»
Sie schluckt. Wann immer sie sich vorgestellt hat, dass
sie sich wiedersehen – und es ist sinnlos, so zu tun, als
hätte sie das nicht –, ist ihr nie der Gedanke gekommen,
es könne so kalt ablaufen. Sie hat gewusst, dass Jim wütend sein würde, aber sie hat sich vorgestellt, dass seine
Wut schnell vergehen und er ihr vergeben würde. Dass
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er sich einfach freuen würde, sie zu sehen. «Ich war mir
nicht sicher.»
Santer sagt er: «Natürlich bin ich hingegangen, Eva.
Ich hab auf dich gewartet. Ich hab stundenlang da draußen vor der Bibliothek gestanden.»
Sie hält seinem Blick stand, bis sie es nicht mehr ertragen kann. «Ich hatte auf einmal Angst. Es tut mir leid,
Jim. Es war schrecklich von mir.»
Aus dem Augenwinkel sieht sie, wie er nickt. Sie denkt:
Vielleicht war es ja auch nicht schlimmer als diese erste
schreckliche Sache, die ich getan habe. Doch das damals
hab ich aus den richtigen Gründen getan, Jim. Ich hab
wirklich geglaubt, dass ich dich freilasse. Sie denkt kurz
darüber nach, es auch auszusprechen, doch ganz gewiss
ist es zu spät, und es wäre auch zu wenig. Sie blinzelt,
nimmt einen Schluck Punsch, um sich vom unablässigen
Pochen ihres Herzens abzulenken. So hat sie ihn sich nie
vorgestellt, weder sein Verhalten noch seine äußere Erscheinung. In ihren Tagträumen ist er entweder so wie
damals in New York der lässige Bohemien in Jeans und
lockerem T-Shirt mit verwuscheltem Haar oder so wie
in Cambridge, mehrere Hemden und Pullover übereinander, um der Kälte der Fenlands zu trotzen. Manchmal
am Morgen, wenn sie in seinem schmalen Bett im Clare
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vor ihm aufwachte, sah seine Haut so blass und kalt aus,
dass sie fast blau schimmerte. Sie liebte das Gelecht aus
dunklen Venen auf seinen Unterarmen, das sich vom
Ellbogen bis zum Handgelenk erstreckte.
«Ich hab über deine Ausstellung gelesen», sagt sie jetzt,
mit etwas Mühe. «Ich freu mich sehr, dass du deinen
Weg gefunden hast.»
«Danke.» Jim stellt sein Weinglas ab. Er nimmt Zigarettenpapier, einen Beutel mit Tabak und etwas Shit aus
der Tasche. «Am Ende war es leichter, als ich es mir vorgestellt habe.»
Eva atmet ein wenig ruhiger, weil sie merkt, wie sich
die Stimmung langsam entspannt. «Du hast jemanden
kennengelernt …»
Er lässt den Satz im Raum stehen. Sie beobachtet, wie
geschickt seine Finger den Tabak glatt streichen, ein
Stückchen von dem Haschisch abbrechen, es zerkrümeln
und der Länge nach auf dem Joint verteilen. «Hab ich,
ja.» Er hält den noch ofenen Joint in der einen Hand,
verschließt mit der anderen den Beutel mit den Utensilien und steckt ihn sich in die Tasche. «Sie heißt Helena.
Wir haben eine Tochter. Sophie.»
«Sophie.» Sie denkt einen Moment lang nach. «Nach
deiner Großmutter.»
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Er schaut sie an, während er das Zigarettenpapier zu
einer Tüte rollt und den Joint dann fachmännisch zwischen die Daumen klemmt. «Das stimmt, ja. Mum war
selig.»
Vivian. Eva hatte sie einmal getrofen, in Cambridge.
Sie war für einen Tag aus Bristol angereist, und Jim hatte
sie und Eva zum Mittagessen im University Arms eingeladen. Vivian war überdreht und trug schreiend bunte
Kleidung. Ein blaues Kostüm, einen pinkfarbenen Schal,
rote Kunstrosen rankten sich um ihre Hutkrempe. Nach
dem Kafee, als Jim auf Toilette war, hatte sie sich an Eva
gewandt und gesagt: «Ich mag dich wirklich, Liebes. Du
siehst so hübsch aus und bist auch sehr klug, das sehe
ich. Aber ich habe das schreckliche Gefühl, du wirst
meinem Sohn das Herz brechen.»
Eva hatte das Jim gegenüber nie erwähnt, weil sie befürchtete, er könnte es als Vertrauensbruch empinden.
Doch jetzt fällt es ihr wieder ein, und die Hellsichtigkeit
seiner Mutter trit sie mit einiger Wucht. «Wie geht es
Vivian?»
«Eigentlich gar nicht schlecht.» Jetzt zündet er den
Joint an, nimmt ein paar tiefe Züge. Er reicht ihn ihr,
und sie nimmt ihn entgegen, obwohl sie eigentlich nicht
viel dafür übrighat. Und was wird Emma denken, wenn
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sie bekit nach Hause kommt? Andererseits können ein,
zwei Züge auch keinen großen Schaden anrichten. Sie
inhaliert, und Jim sagt: «Sie haben sie auf ein neues Medikament angesetzt, es scheint zu helfen. Außerdem hat
sie jemanden kennengelernt, sie hat sogar geheiratet. Er
ist nett. Ein ehemaliger Bankmanager, ausgerechnet. Ihr
Ruhepol.»
«Das ist schön. Ich freu mich wirklich für sie.» Unter
seinem kräuterartigen Geschmack hat das Gras eine angenehme Süße. Eva nimmt noch einen Zug, reicht den
Joint dann an Jim zurück.
«Nicht mehr?» Sie schüttelt den Kopf, und er zuckt mit
den Achseln, raucht weiter. «Und bei dir? Ich hab gehört,
du hast noch ein Kind gekriegt. Ein Junge, stimmt’s?»
«Ja, Sam. Nächsten Monat wird er vier.»
Sam, ihr Goldschatz. Und eine große Überraschung.
Es war bald nach dem Geburtstagswochenende ihrer
Mutter in Sufolk passiert. Sie hatte sich eigentlich vorgenommen, sich mit David auszusprechen, sobald er aus
Spanien zurück war, und ihm zu sagen, dass sie sich wohl
besser trennen sollten. Doch in der Nacht seiner Rückkehr war er in Spendierlaune gewesen. Er hatte sie zum
Abendessen in den Arts Club ausgeführt, hatte Champagner bestellt, jede Menge witzige Anekdoten über Oliver
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Reed erzählt. In jener Nacht hatte Eva ihren Ehemann
so erlebt, wie er war, als sie sich kennenlernten. Geistreich, witzig und von einer physischen Präsenz, die keiner Frau im Restaurant entging. Wie tief sie ihn verletzt
hatte, als sie ihn vor all den Jahren wegen Jim verlassen
hatte, und wie entschlossen David ein paar Wochen
später gewesen war, als sie ihm sagte, sie sei schwanger,
noch von ihm. Seine Augen hatten geleuchtet, als er ihr
bewegt zustimmte, es komme nur eine Heirat in Frage.
Ich werde mich um dich kümmern, hatte David gesagt.
Ich werde mich um euch beide kümmern. Und auf seine
Weise hatte er das auch so gemeint. Vielleicht tat er es
immer noch. Später in jener Nacht, nachdem sie in den
frühen Morgenstunden aus dem Arts Club nach Hause
getorkelt waren, hatten sie sich zum ersten Mal seit Monaten geliebt. Sam war das Ergebnis.
Damals wusste Eva, dass sie David nicht um die Scheidung bitten würde. Sie wollte keinen Sohn aufwachsen
sehen, für den ein Vater nicht mehr war als eine Idee,
noch war sie erpicht darauf, Rebecca, die David immer
noch in den Himmel hebt, die ganze Angelegenheit erklären zu müssen. Und David selbst schien mehr als
glücklich mit der Übereinkunt zu sein. Ihm kommt es
sehr gelegen, verheiratet zu sein, weil es die Scharen von
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Verehrerinnen in Schach hält oder auch als Tarnung für
die Trefen mit einer ganz besonderen Verehrerin dienen
kann. Im vergangenen Jahr in Los Angeles waren gleich
mehrere Filme in Planung, und er war es leid, immer in
Hotels zu wohnen. Also hat er dort ein Haus angemietet.
Spätestens seitdem ist er zu einem Ehemann und Vater
mutiert, der mehr in der heorie als in der Praxis existiert. Eigentlich war geplant, dass er immer dann nach
London zurückliegt, wenn er sich freimachen kann,
doch in den vergangenen neun Monaten hat er ganze
zwei Wochenenden hier verbracht.
Natürlich hätte Eva mit ihm nach Amerika ziehen
können, doch diese Möglichkeit ist nie ernsthat ins
Spiel gebracht worden, und sie hat ganz gewiss auch
nicht darauf gedrängt. Bei ihren Flitterwochen war ihr
Los Angeles zutiefst zuwider gewesen. Die endlos langen Einkaufsmeilen, die gesichtslosen Straßen, das Gefühl, dass jeder hier nur auf seinen eigenen Proit aus ist.
Und natürlich hatte David seinen ganz eigenen Grund,
das Haus in L. A. allein zu bewohnen. Juliet Franks. Eva
weiß, dass sie etwas miteinander haben. Das weiß sie
schon seit langem.
«Die perfekte Familie», sagt Jim, und Eva hebt abrupt
den Kopf, weil sie sich fragt, ob er sich über sie lustig
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macht. Sie könnte es ihm nicht verdenken. «Und du?
Was arbeitest du so momentan?»
«Ich prüfe immer noch Manuskripte für Verlage. Gelegentlich schreibe ich Rezensionen.»
Er müsste besser als jeder andere wissen, dass das
nicht genug ist.
«Und was ist mit Schreiben?»
«Eigentlich gar nichts. Es ist schwierig, mit den Kindern …»
«Keine Ausreden. Wenn du es tun musst, dann tu es.
So einfach ist das.»
Sie spürt, wie sie rot wird. «Für einen Mann ist es immer einfacher.»
«Aha. Meinst du.»
Sie starren sich inster an. Jetzt steigt Eva wieder die
Hitze ins Gesicht, doch diesmal aus Wut, die so viel
heißer, so viel reiner ist als diese Mischung aus Schuldgefühlen und Angst und Versagen. «Ich kann mich gar
nicht erinnern, dass du so ein Chauvinist bist.»
Sein Joint ist fast zu Ende geraucht. Jim nimmt einen
letzten Zug, lässt die Kippe zu Boden fallen, drückt sie
mit dem Schuhabsatz aus. «Und ich kann mich nicht
erinnern, dass du so ein Jammerlappen bist.»
In diesem Moment dreht sich Eva um und geht davon,
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quer durch den Garten, drängt sich an den Leuten auf
der Terrasse vorbei, an Penelope, die ihr zuraunt: «Alles okay? Was hat er gesagt?» Pen muss sie also gesehen
haben. Und sie hatten geglaubt, sie könnten sich verhalten, als wären sie ganz allein auf der Party. Doch Eva ist
es egal. Sie läut nach oben, will nur rasch ihre Jacke im
Gästezimmer holen und dann hinaus in die Kühle. Sie
wird sich ein Taxi rufen, kurz nach ihren schlafenden
Kindern sehen und anschließend dankbar in ihr Bett
kriechen, sich die Decke über den Kopf ziehen und all
das hinter sich lassen.
Ich werde mich morgen bei Anton entschuldigen, denkt
sie, während sie in dem Haufen fremder Jacken wühlt,
obwohl er mittlerweile bestimmt sturzbetrunken ist und
gar nicht merkt, dass ich weg bin.
Dann spürt sie eine Hand auf ihrer Schulter, die sie
herumdreht. Einen Arm um ihre Taille, warme Lippen
auf ihrem Mund. Und da ist der Geschmack von Gras
und Tabak und Wein und dieser andere, vertraute, undeinierbare Geschmack, der seiner ist und nur seiner.
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