SPEZIAL 4/2015 Wissenschaft und Forschung LEBENSQUALITÄT in Niederösterreich Natürliche Ressourcen und kulturelles Erbe GESUNDHEIT Moderne Medizin und sichere Lebensmittel TECHNOLOGIE Bessere Materialien und Verfahren P.b.b. GZ 02Z030834 M. LW Werbe- und Verlagsgesellschaft mbH, Ringstraße 44, 3500 Krems. Retouren an NP Vertrieb, Gutenbergstraße 12, 3100 St. Pölten Forschung 3 IST AUSTRIA ecoplus technopole. öffnen zugänge, bündeln wissen. Fokussierte Forschung In der neuen Forschungsstrategie konzentriert sich das Land Niederösterreich auf drei Bereiche: Natur–Kultur–Lebensqualität, Ernährung– Medizin–Gesundheit und Technologie–Produk tivität–Wohlstand. Das übergeordnete Ziel ist es, bestehende Stärken weiter auszubauen. Die vier ecoplus Technopole vernetzen erfolgreich Wirtschaft sowie international anerkannte Spitzenforschungs- und Ausbildungseinrichtungen. Die Forschungsschwerpunkte sind in Krems Gesundheitstechnologien, in Tulln natürliche Ressourcen und biobasierte Technologien. In Wr. Neustadt sind es die Themenfelder Medizin- und Materialtechnologien und in Wieselburg Bioenergie, Agrar- und Lebensmitteltechnologie. ecoplus. Niederösterreichs Wirtschaftsagentur GmbH, 3100 St. Pölten, Niederösterreich 2, Haus A www.ecoplus.at V on einem Land der rau chenden Schlote zu einem Land der rauchenden Köpfe solle Niederösterreich werden: So lautet das über geordnete Ziel hinter dem Stra tegieprozess, der die Wissen schafts- und Forschungsland schaft neu ausrichten soll. Ausgehend von einer Stärkenund Schwächenanalyse wurde im Jahr 2013 eine Grundstrate gie erarbeitet, die allgemeine Universum Spezial 4 | 2015 Zielsetzungen definierte – etwa das Setzen thematischer Schwerpunkte, den strategi schen Ausbau der Strukturen, die Forcierung von Aus- und Weiterbildung oder die Er höhung von Wirksamkeit und Sichtbarkeit. Auf dieser Basis wurde in einem zweijährigen Diskussionsprozess unter Betei ligung von rund 500 Experten das FTI-Programm erstellt – FTI steht für Forschung, Tech Zahlen | Fakten | Daten Durch Investitionen in Wissenschaft und Forschung werden in NÖ jährlich 11.500 Arbeitsplätze geschaffen und gesichert. Seit 2004 entstanden mehr als 2500 Arbeitsplätze in den spezifischen Technologiefeldern an den Technopolen. Im Jahr 2014 wurden in NÖ 1600 Forschungsprojekte durchgeführt und 3800 wissenschaftliche Publikationen erstellt. Niederösterreichs Budgetvolumen für Wissenschaft und Forschung hat sich seit 2005 mehr als verdreifacht. Bis 2026 wird das Land NÖ über 900 Mio. Euro in wissenschaftliche Infrastruktur investieren. Die Forschungsquote in NÖ lag im Jahr 2013 bei 1,6 Prozent (Österreich-Durchschnitt: 2,97 Prozent). 4 Forschung 5 ● ● ● ● ● ● ● ●● ● ●● ● ● STANDORTE Neben der Foschungsachse, die sich von Wr. Neustadt über Klosterneuburg, Tulln, Krems, St. Pölten bis Wieselburg erstreckt, gibt es zahlreiche dezentrale Forschungseinrichtungen. nologie und Innovation –, das heuer präsentiert wurde. Der Kern dieses detaillierten Pro gramms ist eine Stärkung der vorhandenen Stärken: Durch eine Fokussierung auf zehn in einem Bottom-Up-Prozess defi nierte Themenfelder soll eine klare Profilbildung erfolgen, die öffentlichen Mittel für Wissen schaft und Forschung sollen noch stärker zielgerichtet ein gesetzt werden. In den Schwer punkten sollen kritische Größen erreicht bzw. weiter ausgebaut, die internationale Sichtbarkeit erhöht und wissenschaftliche Exzellenz gesteigert werden. Die Themenfelder lassen sich zu drei grundlegenden Stoßrich tungen zusammenfassen: Natur–Kultur–Lebensqualität, Ernährung–Medizin–Gesund heit und Technologie–Produk tivität–Wohlstand. Im Einzelnen verbergen sich dahinter folgende zehn Themen: •G eistes-, Sozial- und Kulturwissenschaften •S ammlungen Niederösterreich •Ö kosysteme und Ökosystem dienstleistungen • Wasser •N achwachsende Rohstoffe und Bioenergie •L ebensmittel- und Futter mittelsicherheit •N achhaltige Landbewirt schaftung und Produktions optimierung •M edizintechnik und medizi nische Biotechnologie •M aterialien und Oberflächen •F ertigungs- und Automatisie rungstechnik In diesen Themenfeldern sind konkrete Maßnahmen und Pläne für die nächsten Jahre definiert – vom Aufbau eines Forschungsverbunds „Migra tion“ über einen Schwerpunkt „Bauen mit Holz im mehrgescho ßigen Hausbau“ bis hin zur Etablierung eines Kompetenz zentrums „Feed and Food Safe ty, Quality and Innovation“. Diese Stoßrichtungen fußen zu einem großen Teil auf den ● ●●● ●● IIASA ●●● ● Bewusstseinsbildung ● ● ● ● ● ● ● ● ●● ● ● ● ● ●●● ● Technopol ● Hochschule ● Forschungsinstitut ● Schwerpunkten, die in den ver gangenen elf Jahren im Techno pol-Programm entstanden sind, das von der NÖ Wirtschafts agentur ecoplus gemanagt wird. In diesen „Zentren technologie orientierten Wirtschaftens“, so deren Definition, sind For schungsinstitute, Ausbildungs einrichtungen und Wirtschafts unternehmen zu bestimmten Themen an einem Standort ge bündelt. Aktuell gibt es in NÖ vier Technopole: in Krems für Gesundheitstechnologien, in Tulln für natürliche Ressourcen und biobasierte Technologien, in Wr. Neustadt für Medizinund Materialtechnologien sowie in Wieselburg für Bioenergie, Agrar- und Lebensmitteltechno logie. An den vier Technopolen arbeiten mehr als 2500 Men schen, davon 1400 Forscherin nen und Forscher im naturwis senschaftlich-technischen Bereich. Bislang konnten 40 neue Unternehmen angesiedelt werden. EXZELLENTE GRUNDLAGENFORSCHUNG Am Institut für Angewandte Systemanalyse (IIASA) in Laxenburg sowie am Institute of Science and Technology (IST) Austria in Klosterneuburg geschieht Grundlagenforschung auf höchstem internationalen Niveau. Zu diesen vier Standorten kommen noch zwei Orte hinzu, in denen ebenfalls Forschungseinrichtungen kon zentriert sind: zum einenMaria Gugging (bei Kloster neuburg), wo in den vergangenen Jahren das Instit ute of Science and Technology (IST) Austria aufgebaut wurde. Derzeit 37 Professoren aus aller Welt, von denen mittler weile 18 mit einem ERC-Preis ausgezeichnet wurden, forschen dort in Bereichen wie Computerwissenschaft, Biologie oder Physik an der Weltspitze mit. Zum anderen gibt es in der Landeshauptstadt St. Pölten neben der Fachhochschule eine Reihe weiterer Forschungsinstitute, insbesondere in den Geistes-, Kultur- und Sozialwissen schaften. Aber auch abseits dieser Forschungsachse von Wr. Neustadt bis Wieselburg gibt es dezentral eine Reihe von Forschungseinrichtungen – im NÖ Forschungsatlas (www.forschungsatlas.info) sind knapp zwei Dutzend Standorte verzeichnet – vom CONRAD-Observatorium (Erdbebenforschung bei Pernitz im südlichen Wiener wald) über das Wolfsforschungszentrum im Naturpark Ernstbrunn bis hin zu einer Außenstelle des Ludwig Boltzmann-Instituts für Kriegsfolgen-Forschung in Raabs/Thaya. Ω Universum Spezial 4 | 2015 Eines der Ziele des FTI Programms ist eine verstärkte Be wusstseinsbildung in der Bevölkerung über die Bedeutung von Wissenschaft und Forschung. So soll jedes Kind mindestens einmal in seinem Schulleben mit Wissenschaft und Forschung aktiv in Kontakt gekommen sein. Bestehende Aktionen und Initiativen werden nun ausgebaut. In „Science goes School“ halten WissenschaftlerInnen seit 2007 Vorträge an Schulen, seit diesem Herbst wird das ergänzt durch Exkursionen zu Fachhochschulen und Experimente an den Schulen. Im „Marktplatz der Wissenschaft“ präsentieren sich (derzeit rund 25) NÖ Wissenschaftseinrichtungen im Rahmen von Hands On Experimenten – und zwar im Rahmen von Events wie der European Researchers Night, der Langen Nacht der Forschung oder den Kinder Unis. LAND NÖ (2) ● FM-PLUS FACILITY MANAGEMENT GMBH (MICHAEL RZEPA) Im Studienjahr 2014/15 gab es in Niederösterreich 19.957 Studierende an tertiären Bildungseinrichtungen, um 4,9 Prozent mehr als im Studienjahr zuvor. Davon studierten 8141 an Fachhochschulen. Derzeit gibt es in NÖ zwölf Hochschulen: 1 Universität für Weiterbildung (Donau-Uni in Krems) 3 Privatunis (Karl Landsteiner Privat-Uni für Gesundheitswissenschaften und Danube Private University in Krems, New Design University in St. Pölten) 3 Fachhochschulen (FH St. Pölten, FH Wr. Neustadt mit Standorten in Tulln und Wieselburg, IMC Fachhochschule in Krems) 2 Pädagogische Hochschulen (Baden und Krems) 3 Theologische Hochschulen (Heiligenkreuz, St. Pölten, Trumau) SHUTTERSTOCK Ausbildung Bei der „Science Fair NÖ“ entwickeln WissenschaftlerInnen gemeinsam mit SchülerInnen und LehrerInnen in der Oberstufe Forschungsprojekte. Am Ende des Schuljahres werden die Projekte vor jüngeren SchülerInnen präsentiert. Die neue Initiative „Science School NÖ“ basiert auf einer nebenschulischen Ausbildung zu Naturwissenschaft und Technik in Kindergärten und Volksschulen. Kinder sollen dabeierste vorwissenschaftliche Arbeitstechniken (Forschungsfragen, Präsentation etc.) erlernen. Mit „Kinder- und Jugendunis NÖ“ wurde eine gemein same Dachmarke über Maßnahmen im Juli und August wie die Junge Uni Krems, Junge Uni Waldviertel, Kinder Uni Tulln oder der Sommer Campus IST-A geschaffen. Das Forschungsschiff „MS Wissenschaft“ legt jedes Jahr auch in Krems und Tulln an. Innerhalb einer Woche werden in NÖ mehr als 3000 BesucherInnen gezählt. Seit 1964 werden alljährlich die NÖ Wissenschaftspreise vergeben. Für die bisher 70 Würdigungspreise und rund 170 Förderungs- bzw. Anerkennungspreise wurden mehr als 1,6 Mio. Euro an Preisgeldern ausgeschüttet. 6 Medizin SHUTTERSTOCK (2) 7 Regenerieren statt Reparieren Moderne Gesundheitstechnologien können Leben retten bzw. das Leben von erkrankten Menschen deutlich erleichtern. Der Forschungs bedarf hinter neuen Behandlungs methoden ist allerdings enorm. U mgangssprachlich nennt sich die Krankheit „Blutvergiftung“: Bei einer „Sepsis“ handelt es sich um eine schwere Entzündungsreak tion des Körpers, die von einer Infektion ausgelöst wird und bei der das Immunsystem der Betroffenen außer Kontrolle gerät. Das kann zum Versagen ein zelner oder sogar vieler Organe führen – in mehr als der Hälfte der Fälle mit Todesfolge. „Es gibt derzeit keine wirklich zielgerichtete Therapie zur Behand lung der Sepsis – außer einer bestmöglichen inten sivmedizinischen Versorgung“, erläutert Viktoria Weber, Professorin am Department für Gesund heitswissenschaften und Biomedizin (und For schungs-Vizerektorin) der Donau-Universität Krems. Im Christian Doppler Labor für Innovative Therapieansätze in der Sepsis, das sie seit zwei Jah ren leitet, wird nach einer wirkungsvollen Therapie gesucht: Unter die Lupe genommen werden dabei ist zudem eine genaue Diagnose insbesondere sogenannte Ent erforderlich – dafür werden zündungsmediatoren. ebenfalls neue Methoden ent Die Idee für eine wirkungs volle Therapie klingt bestechend wickelt. Und parallel dazu einfach: Wenn man diese Ent sucht man nach geeigneten zündungsmoleküle gezielt aus „Adsorbentien“, die die „bösen“ dem Blut herausfischt, klingt Moleküle binden können. die Sepsis ab. Das Problem dabei Mit dieser Ausrichtung fügt ist, dass sehr viele unterschied sich das CD-Labor nahtlos in eine lange Geschichte ein: Im liche Moleküle beteiligt sind Jahr 1992 wurde Dieter Falken und man die richtigen finden muss – und dass jeder Patient hagen an die junge Donau-Uni anders ist. Daher versucht man berufen, er brachte damals derzeit zu verstehen, welche Ideen und eine Technologie für Zellen und Moleküle an der die „Apherese“ – die Reinigung Krankheit beteiligt sind. Da sich von Blut außerhalb des Körpers deren Konzentrationen im – mit. Aus der Forschungsarbeit Krankheitsverlauf verändern, heraus wurden einige Verfahren Universum Spezial 4 | 2015 INNOVATIVE BEHANDLUNGEN Jeder Patient ist anders, daher ist auch die Entwicklung von neuen Therapien eine sehr komplexe Angelegenheit. FINDIGE FIRMEN Fresenius Medical Care Adsorber Tec 1999 wurde das Unternehmen „Biotec Systems Krems“ als Spin-Off der Donau-Universität gegründet. In ihm wurden Forschungsergebnisse zur Blutreinigung außerhalb des Körpers (ähnlich wie bei einer Dialyse) umgesetzt – etwa für Patienten mit Fettstoffwechsel erkrankung oder mit Leberversagen. Zu Beginn mit drei Mitarbeitern wurde in Krems eine Produktion aufgebaut, mit der Zeit konzentrierte man sich auf die Herstellung von Immunadsorbern, mit denen Patienten mit Autoimmunerkrankungen und schweren Allergien geholfen werden kann. Dabei werden bestimmte Antikörper (IgE), die sich gegen körpereigene Zellen richten, aus dem Blut entfernt. Seit 2007 ist die Firma mit aktuell rund 50 Mitarbeitern Teil des globalen Gesundheitskonzerns Fresenius. 8 Medizin 9 IM FOKUS Heilende Elementarteilchen im Kreis Der Teilchenbeschleuniger MedAustron nimmt 2016 in Wr. Neustadt seinen Betrieb auf. MEDAUSTRIN/RÜDIGER ETTL Mit MedAustron wird für Österreich ein ganz neues Kapitel in der Krebsbehandlung aufgeschlagen: In dieser Einrichtung werden Protonen (Kerne von Wasserstoff-Atomen) stark beschleunigt und mit hoher Energie auf Tumorgewebe gelenkt. Der Vorteil gegenüber herkömmlichen Strahlentherapien ist, dass die Protonen-Strahlen sehr genau fokussiert werden können, wodurch das umliegende Gewebe weniger stark geschädigt wird. Dadurch wird die Behandlung von schwer therapierbaren Krebsformen möglich – etwa im Rückenmark, an der Schädelbasis oder der Prostata. Zudem werden viele Kinder von der neuen Therapiemöglichkeit profitieren können, da Ionen-Strahlen schonender sind. Und: „Auch Patienten, die bereits eine Strahlentherapie durchlaufen haben, bei denen der Tumor aber zurückgekehrt ist, bekommen noch eine Chance auf eine wirksame Behandlung“, erläutert Eugen B. Hug, der im September 2015 die medizinische Leitung von MedAustron übernommen hat. Der gebürtige Münchner ist eine Koryphäe in der Partikel-Therapie und war zuletzt medizinischer Direktor für die ProCure Proton TherapyCenters in New York. Schon in seiner Studienzeit, so erinnert sich Hug, hatte er intensive Kontakte mit österreichischen Kollegen. Dann ging er in die USA und machte dort Karriere. Nun kehrt er nach Europa zurück – zu MedAustron. Zum einen führt er dafür persönliche und familiäre Beweggründe an. Zum anderen aber auch berufliche: „MedAustron ist eine der modernsten Anlagen weltweit“, sagt Hug. „Sie hat das Potenzial, auf einer Stufe mit anderen großen Zentren zu stehen." Unter anderem deshalb, weil MedAustron auch technologisch zukunfts weisend sei. Neben der ProtonenTherapie, die weltweit schon an 130.000 Patienten angewandt wurde, ist auch die Bestrahlung mit Kohlenstoff-Ionen vorgesehen. Dieser Therapie wurden bisher erst rund 18.000 Patienten, der Großteil davon in Japan, unterzogen. „Das Indikationen-Spektrum, wo Kohlenstoff-Ionen gegenüber Protonen Vorteile haben, muss durch klinische Studien noch verbreitert werden.“ Hug nennt zwei Schwer punkte seiner Tätigkeit: Er will das Zentrum zum Wohle der Patienten in die Radioonkologie Österreichs integrieren und als internationalen Player in der Krebsbehandlung und -forschung mit Ionen positionieren. Universum Spezial 4 | 2015 ZWISCHEN WEINBERGEN UND DONAU Am Campus Krems hat auch das Zentrum für Biomedizinische Technologie der Donau-Universität seinen Sitz. IMC FH KREMS, DONAU-UNI KREMS/REISCHER bis zur Praxisreife entwickelt, mens Lacerta Technologies. für die wirtschaftliche Umset Dabeihandelt es sich um ein zung wurde ein eigenes SpinErsatzmaterial bei Knochen off-Unternehmen gegründet defekten, das von menschlichen (siehe Kasten S. 7). Diese Firma Organspendern stammt. Nach ist auch am aktuellen CD-Labor einer Beschichtung mit aus dem beteiligt. Blut gewonnenen Proteinen Aus diesem Nukleus an For sind diese Knochentransplan tate sehr gut biokompatibel schung heraus hat sich über die Jahre ein schlagkräftiger Stand und können damit als Basis für ort für innovative Medizintech neues Knochengewebe dienen, nologien entwickelt. Neben drei das direkt im Körper der Be weiteren Hochschulen – IMC troffenen heranwächst. Fachhochschule Krems, Danube Innovative Medizintechnolo Private University (Fakultät gien sind auch an einem zweiten Medizin/Zahnmedizin) Forschungsstandort in und Karl Landsteiner Niederösterreich ein Privatuniversität für wichtiges Thema: In Gesundheitswissen Wr. Neustadt werden schaften – siedelten am Kompetenzzentrum sich im Bio ACMIT (Austrian Science Park Center for Medi Krems um das cal Innovation Biotechnologie Technology) „Wir wollen die and unter anderem zentrum Krems (BTZ) herum Grundlagen für Medizinroboter für minimalinva auch zahlreiche Verfahren ent einschlägige Fir sive Operationen men an. In ihnen wickeln – letztlich entwickelt. Etwa bei neurochirur arbeiten heute mit dem Ziel, mehr als 160 gischen Eingrif Forscher in der in eine klinische fen ist höchste medizinischen Präzision gefor Anwendung Biotechnologie. dert, für die zahl Der Überbe reiche Innovatio zu gehen.“ griff über viele nen erforderlich Viktoria Weber, Vizerektorin Forschungs- und sind. In einem der Donau-Universität Krems Entwicklungs neuen Experi aktivitäten in mental-OP kön Krems lautet „regenerative nen die Technologien prä Medizin“. So beschäftigt sich klinisch evaluiert und beispielsweise Arthro Kinetics demonstriert werden. Rund um mit dem Aufbau von Knorpel ACMIT entstanden auch eine gewebe mithilfe eines drei Reihe von Firmen – etwa die dimensionalen Gerüsts aus Kol iSYS Medizintechnik GmbH, die das mikrochirurgische Roboter lagen, auf dem Knorpelzellen wachsen; damit werden innova system iSYS1 am Markt anbietet. Daneben werden am ACMIT tive Behandlungen von Knorpel auch neuartige Sensorsysteme schäden etwa im Knie- und im entwickelt – etwa Messfühler, Sprunggelenk möglich, gearbei tet wird zudem an einem Ersatz die in ein Pflaster integriert sind und mit denen Gewebe für geschädigte Bandscheiben. zustand und Heilungsverlauf Sogenannte „Allografts“ ste mitverfolgt werden können. Ω hen im Zentrum des Unterneh ACMIT/ISYS MEDAUSTRON/THOMAS KÄSTENBAUER HIGH-TECH FÜR PATIENTEN Rund 200 Mio. Euro wurden in MedAustron investiert, das 2016 seinen Betrieb aufnimmt. In einem kreisförmigen Teilchenbeschleuniger (Umfang: 80 Meter) werden Protonen und Kohlenstoff-Ionen beschleunigt, sie sind eine innovative Waffe gegen Krebs. Rund 1200 Patienten sollen jährlich behandelt werden. HOHE PRÄZISION Medizin-Roboter für mikroinvasive Behandlungen – hier der in Wr. Neustadt entwickelte iSYS – müssen höchsten Ansprüchen genügen. 10 Ressourcen SHUTTERSTOCK (2) ECOPLUS/WOLFGANG BLEDL 11 Mit der Natur haushalten Natürliche Ressourcen sind ein großer Schatz, der uns Menschen geschenkt wird. Mit innovativen Ideen und neuen Technologien kann man sie noch besser und effizienter nutzen. D ie längste Zeit ihrer Ge raum nicht dauerhaft schädigt. schichte hat die Mensch Entscheidend dabei ist, mit den natürlichen Ressourcen klug heit vor allem von nach wachsenden Rohstoffen gelebt – umzugehen – was vielfach eine Frage von besseren Technolo erst durch die Nutzung von gien ist. Solche, wie sie beispiels fossilen Energieträgern hat sie sich von den Stoffströmen in weise im Kompetenzzentrum der Natur abgekoppelt. Das „Bioenergy 2020+“ entwickelt brachte zwar eine ungeahnte werden. Am Standort am Tech Steigerung des Lebensstandards nopol Wieselburg – dem jüngs mit sich, doch gleichzeitig han ten der vier Technopole in Nie delte sich der Mensch dadurch derösterreich – kümmert man enorme Umweltprobleme ein – sich insbesondere um Biomassebis hin zum Klimawandel. Kleinfeuerungen, um Biotreib Daher wird vielen nun wieder stoffe, um innovative Biomasse bewusst, welchen Schatz nach brennstoffe und um Fragen von wachsende Rohstoffe darstellen: Rohstoffaufkommen und -logis Diese sind im Prinzip nichts an tik. Erforscht wird beispiels weise das reale Verhalten von deres als eingefangene Sonnen energie und werden stetig nach Kleinfeuerungsanlagen, entwickelt werden weiters marktfähige produziert. Unter dem Schlag wort „Bio-Ökonomie“ versucht Mikro-Kraft-Wärme-Kopp man heute, wieder zu einer lungssysteme, die auch in einem Wirtschaftsweise zurückzu Haushalt effizient Strom und Wärme bereitstellen können. kommen, die unseren Lebens Universum Spezial 4 | 2015 TAUSENDSASSA BIOMASSE Richtig eingesetzt, sind Holz und andere nachwachsende Rohstoffe wertvolle Ressourcen für Energie und Industrie. FINDIGE FIRMEN Ortner An der Zukunft des Kachelofens arbeitet seit vielen Jahren das Loosdorfer Unternehmen Ortner. In enger Kooperation mit Forschern des COMET-Kompetenzzentrums „Bioenergy 2020+“, das in Wieselburg eine Niederlassung hat, werden auf Kachelöfen basierende Heizungssysteme für ganze Häuser entwickelt und produziert. Eine dieser Ideen ist ein System, in dem ein Kachelofen mit einer LuftWasser-Wärmepumpe kombiniert wird: So können die angenehme Strahlungswärme des Kachelofens und sein großes Wärme speichervermögen optimal für ein umwelt verträgliches Heizsystem genutzt werden – möglicherweise erleben Kachelöfen dadurch im 21. Jahrhundert eine echte Renaissance. 12 Ressourcen IM FOKUS HFA/AP, BIOENERGY 2020+ Bauen mit Holz TRADITIONELL UND INNOVATIV Durch neue Techno logien wird Holz zu einem HightechMaterial. In Stetten bei Korneuburg werden die Holzhäuser der Zukunft entwickelt. Eine Renaissance erlebt seit einigen Jahren das Bauen mit Holz – aus guten Gründen, da der Baustoff, richtig eingesetzt, äußerst günstige Eigenschaften hat. Im Detail sind aber noch viele Probleme zu lösen. Daher hat die Holz forschung Austria (HFA) in Stetten (bei Korneuburg) ein Forschungshaus errichtet, in dem z. B. das Temperaturverhalten unterschiedlicher Holzbauteile im Sommer und im Winter untersucht wird. Kürzlich wurde ein Bauakustik labor eingerichtet, in dem die Schalldämmung von Holz optimiert werden soll. Eine wichtige Stoßrichtung für die Zukunft ist die Weiterentwicklung von Technologien zum Bau von mehrgeschoßigen Holzgebäuden. Biomasse ist freilich nicht nur ein sehr interessanter Ener gieträger, sondern auch ein aus gezeichneter Rohstoff für die Weiterverarbeitung – auch zu ziemlich ungewöhnlichen Din gen. Seit geraumer Zeit werden etwa an der Universität für Bo denkultur bzw. im „Kompetenz zentrum für Holzverbundwerk stoffe und Holzchemie“ (Wood K plus) in Tulln sogenannte „Wood-Plastic-Composites“ (WPC) entwickelt. Darunter versteht man ein Gemisch aus Holzspänen bzw. -fasern und Harzen oder anderen Biopoly meren, das in Kunststoffver arbeitungsmaschinen geformt werden kann (etwa zu Fenster profilen oder Geländern), aber dennoch holzähnliche Eigen schaften hat und nach Ge brauch wie Holz energetisch verwertet werden kann. Eine andere Arbeitsgruppe ist einer Holzverarbeitung der ganz neuen Art auf der Spur: Durch innovative Zerteilungs methoden bekommt Laubholz sehr interessante Eigenschaften. Ein Beispiel dafür sind soge nannte „Makrofasern“, die durch Quetschen von Holz her gestellt und anschließend unter Druck und Wärme verleimt wer den. Diese Bauteile haben bei gleicher Dichte wie Holz viel günstigere mechanische Eigen LEBENSELIXIER WASSER Der Lunzer See und seine Bäche dienen Wasserforschern als Untersuchungsobjekte – etwa durch die Einrichtung von "Mesokosmen" (Modellöko systeme im Freiland) oder in Rinnen, in denen der Kohlenstoffhaushalt studiert wird. Wasser, Boden, Vielfalt Umweltforscher widmen sich der Basis unseres Lebens. Nur funktionierende Ökosysteme können jene Leistungen erbringen, die uns Wohlbefinden und Wohlstand ermöglichen. Dazu gehört die Biodiversität genauso wie gesunde Böden oder sauberes Wasser. Viele Forschungsgruppen widmen sich diesen Themen. Im eben eröffneten „Hydrological Open Air Laboratory“ (HOAL) in Petzenkirchen beispielsweise wollen Forscher des Bundesamts für Wasserwirtschaft und der TU Wien verstehen, wie sich Schadstoffe ausbreiten oder wie Hochwässer entstehen. Eng damit zusammen hängt die Bodenforschung: In Tulln etwa wird biologischen Vorgängen in der Erde nachgegangen, in Wieselburg werden verbesserte Methoden des Humusmanagements gesucht. Oberflächengewässer stehen im WasserCluster in Lunz/See im Vordergrund. Diese gemeinsame Forschungseinrichtung der Uni versität Wien, der Universität für Bodenkultur und der Donau-Universität Krems untersucht Bäche, Flüsse und Seen, um Erkenntnisse für eine nachhaltige Nutzung dieser Ökosysteme zu entwickeln. Im FTI-Programm ist vorgesehen, die Institutionen in der Wasserforschung enger zu vernetzen. Zudem sollen das Verhalten von organischen Spurenstoffen erforscht und Managementpläne gegen Verunreinigungen erarbeitet werden. Eine der größten Bedrohungen der Umwelt ist der rasante Schwund der Artenvielfalt. Geplant ist nun die Entwicklung eines „Netzwerks Biodiversität“ aus Wissenschaft, Bildung und Wirtschaft samt einer Koordinierungsstelle. Zudem soll eine Biodiversitätsdatenbank für Niederösterreich eingerichtet werden. Universum Spezial 4 | 2015 WASSERCLUSTER LUNZ Manfred Wörgetter, Keyresearcher und Leiter Standort Wieselburg, Bioenergy 2020+ GmbH SHUTTERSTOCK „Biomasse kann eine wesentliche Rolle in einer „Zero Carbon Society“ und einer biobasierten Wirtschaft der Zukunft spielen." schaften. Ein anderes Beispiel ist sogenannter „Holzschaum“ – ein Gemisch aus Sägemehl, Mehl und Wasser, das aufge schäumt und anschließend durch einen Backvorgang fixiert wird. Durch solche Verfahren wird der traditionelle Werkstoff Holz zu einem Hightech-Mate rial, das völlig neue Einsatz gebiete erschließen kann. Chemiker gehen bei der Ver änderung von Holz noch einen Schritt weiter: Am Christian Doppler Labor für Zellulose chemie wird der wichtigste Bestandteil von Biomasse, die langen Zellulosemoleküle, genau untersucht und chemisch verändert, um zum Beispiel „intelligente“ Fasern mit ganz bestimmten Eigenschaften herzustellen. Beim Thema nachwachsende Ressourcen ist ihre innovative Verwendung freilich nur eine Seite der Medaille – mindestens genauso wichtig ist ihre Pro duktion. Denn die Verwendung von Biomasse als Rohstoff darf nicht zulasten der Lebensmit telproduktion gehen. Ein Aus weg aus diesem Dilemma ist die Steigerung der Produktivität auf den Feldern, ohne dass gleichzeitig die negativen Aus wirkungen auf die Umwelt zunehmen – man nennt das „nachhaltige Intensivierung“. Hier werden u. a. am Francisco Josephinum in Wieselburg viele Projekte verfolgt: von neuen Landbewirtschaftungsmetho den über die Züchtung von bes seren Pflanzensorten bis hin zur Entwicklung von innova tiven Landmaschinen, die effi zienter mit Dünger oder Pflan zenschutzmitteln umgehen. Jüngst wurde beispielsweise ein Roboter namens „Franc“ vor gestellt, der konsequent die me chanische Unkrautbekämpfung im Biolandbau durchführt. Ω WASSERCLUSTER LUNZ 13 14 Biobasierte Technologien 15 Das pralle Leben BOKU/KLEMENT Durch moderne Methoden der Biotechnologie wird die Lebens mittelsicherheit stark verbessert und die Umwelt geschont. Ein Rundgang durch Laboratorien von Universitäten und anderen Forschungsinstituten. RAUM FÜR 700 FORSCHER In Tulln wurden in den vergangenen 20 Jahren viele Gebäude für erstklassige Forschung errichtet. SHUTTERSTOCK V or 20 Jahren haben wir am IFA Tulln mit fünf Mitar beitern begonnen“, erin nert sich Rudolf Krska. Seine Arbeitsgruppe beschäftigt sich seither mit sogenannten „Myko toxinen“. Das sind starke Gifte, die von mikroskopisch kleinen Pilzen produziert werden. Wenn sie Futter- und Lebensmittel be fallen, besteht Gefahr für Tier und Mensch, die Verluste in der Landwirtschaft durch Myko toxine gehen in die Milliarden Euro. Krskas Team entwickelte Nachweisverfahren für mehr als 400 verschiedene Pilzgifte, zu dem wird das Wechselspiel zwi schen Pilz und Pflanze erforscht – und gemeinsam mit dem Un Universum Spezial 4 | 2015 ternehmen Biomin, das schon seit 1995 mit den Forschern ko operiert, wird dieses Wissen auch wirtschaftlich umgesetzt. Heute sind 167 Personen am IFA Tulln in der Mykotoxinforschung tätig, es handelt sich um eine der weltbesten Know-howZentren in diesem Bereich. Diese Erfolgsgeschichte kann stellvertretend für den ganzen Forschungsstandort Tulln ste hen: Aus der Idee heraus, dass drei Universitäten gemeinsam den damals neuen Bereich „Bio technologie“ erschließen könn ten, gründeten die Universität für Bodenkultur, die Veterinär medizinische Uni und die Tech nische Universität Wien 1994 in Tulln auf der Grünen Wiese das „Interuniversitäre Forschungs institut für Agrarbiotechnologie“ (IFA Tulln). FINDIGE FIRMEN Biomin Das weltweit in mehr als 100 Ländern tätige österreichische Unternehmen Biomin ent wickelt und produziert natürliche Futter mittelzusatzstoffe, die die Gesundheit von Nutztieren verbessern. Gemeinsam mit Forschernder Universität für Bodenkultur werden insbesondere Reagenzien entwickelt, die Pilzgift (Mykotoxine) im Futter deakti vieren und ihnen so ihre Giftigkeit nehmen. In Tulln betreibt Biomin in unmittelbarer Nachbarschaft zur Boku und zum Austrian Institute of Technology (AIT) ein Zentrum für anwendungsorientierte Grundlagenforschung mit derzeit rund 80 Mitarbeitern. Das Schwesterunternehmen Romer Labs kooperiert bei Tests für Lebensmittelallergene oder Rückstände verbotener Substanzen in Nahrungsmitteln mit dem Christian DopplerLabor für Allergenforschung im IFA Tulln. Foto: © Leo Himsl 16 Biobasierte Technologien NÜTZLICHE BAKTERIEN Forscher nehmen Anleihen bei der Natur, um gesün dere und umweltfreundlichere Produkte und Prozesse zu entwickeln. Unsere SHUTTERSTOCK IM FOKUS SHUTTERSTOCK, KLAUS RANGER RushHour. Pflanzen & Bakterien Die Erforschung des Zusammenlebens verschiedener Organismen eröffnet Chancen. Pflanzen und Tiere leben nicht allein, sondern immer in Gemeinschaft mit Bakterien und Pilzen. Aus dem Zusammenleben ergeben sich für alle Beteiligten viele positive Folgen, die man erst langsam zu verstehen beginnt. In einem Forschungsschwerpunkt in Tulln werden diese Beziehungen seit einigen Jahren systematisch erforscht. Dieses Wissen kann auch direkt für die Praxis genutzt werden: Die Forscher ent wickeln z. B. biologische Schädlingsbekämpfungsmittel, die auf natürlichen Prozessen beruhen und umweltverträglich sind. Mit den „kleinen Helfern“ könnten künftig auch WeinKrankheiten behandelt werden, für die es derzeit keine wirksamen Pestizide gibt. Die Idee fruchtete: Die ge nehmen am Standort arbeiten ballte Forscher-Intelligenz lock derzeit rund 700 Forscher in den Bereichen natürliche Res te weitere Organisationen an. 2002 rief die FH Wr. Neustadt in sourcen und biobasierte Tech Tulln Studiengänge für Biotech nologien. Diese beschäftigen sich etwa mit allergie nische Verfahrenstech nik ins Leben, 2004 auslösenden Bestandtei wurde das Technopollen von Lebensmitteln, Programm gestartet, mit der Anwendung von mit der Zeit kamen Enzymen in umwelt Christian Doppler freundlichen Prozessen, Labors, Kompe mit nützlichen Bakterien oder tenzzentren und mit der gezielten ein FWF-Spezial „In Tulln findet Verbesserung forschungsbereich dazu. Parallel man ein einmali von Nutzpflan wurde das Tech zen und von Fut ges Zusammen termitteln für nologie- und For schungszentrum treffen von einan Tiere. Der jüngs (TFZ) Tulln für te Forschungs der ergänzenden zweig beschäf Firmen in diesem Bereich errichtet. tigt sind mit Expertisen.“ Der jüngste Zu biologisch akti Rudolf Krska, Leiter des IFA Tulln ven Molekülen: wachs sind For Im Herbst dieses scher des Austrian Jahres wurde die Core Facility Institute of Technology (AIT) (mit modernen Geräten) und aus dem Bereich GesundheitsForschungsplattform BiMM und Umweltforschung, die im (Bioactive Microbial Metaboli neuen Universitäts- und For schungszentrum (UFT) Tulln tes) gegründet, die in Pilzen untergebracht sind. In For nach möglichen Medikamenten für die Zukunft sucht. Ω schungsinstituten und Unter So schön ist der Winter in Niederösterreich. Mehr Informationen zum Winter in Niederösterreich unter: www.niederoesterreich.at/winter 19 Materialien mit überlegenen Eigenschaften In Wr. Neustadt arbeiten an die 500 Forscher an neuen Materialien und mo dernen Produktions technologien. Das Interesse der Wirtschaft an diesen Entwicklungen ist enorm. W ie haucht man einem alten Industriestand ort neues Leben ein? In Wr. Neustadt wurde vor gut 25 Jahren eine klare Entschei dung getroffen: durch Forcie rung von Innovation und Tech nologie. Der Beweis dafür, dass diese Strategie funktioniert hat, ist heute ein Areal im Norden der Stadt: Das Gebiet, das einst das Symbol des zerstörten Wr. Neustadt war, ist nun die „Nova City“. Dabei handelt es sich um einen rund 750.000 Quadrat meter großen Business Park, der für zahlreiche Forschungszent ren und hochspezialisierte Un ternehmen zur Heimat wurde – mit rund 1200 Hightech-Arbeits plätzen, davon in etwa 500 in der Forschung und Entwicklung. Diese Entwicklung begann im Jahr 1988 mit der Gründung des „Regionalen Innovations zentrums“ (RIZ) und setzte sich 1994 mit der Eröffnung des ers ten Technologiezentrums und der Fachhochschule Wr. Neu stadt fort. Mit der Zeit wurden die Gebäude erweitert, es etab lierten sich immer mehr For schungszentren – und zwar in einigen ausgewählten Gebieten, von denen sich die meisten un ter dem Überbegriff „Material- FH WR. NEUSTADT/ISTOCK FH WR. NEUSTADT/AMRI 18 Materialien und Produktionstechnologien“ subsumieren lassen. Daneben gibt es noch einen Schwerpunkt Medizintechnologie, wo unter anderem Operationsroboter entwickelt werden. Im Jahr 2007 wurde zudem mit dem Bau des medizinischen Teilchenbeschleu nigers MedAustron zur Krebs behandlung begonnen (mehr da rüber lesen Sie auf den Seiten 8 und 9). Moderne Technologien erfor dern in vielen Fällen auch inno vative Materialien mit maß geschneiderten Eigenschaften. Dazu ist viel Grundlagenfor schung notwendig: Im Kompe tenzzentrum „XTribology“ bei spielsweise beschäftigen sich rund 140 Mitarbeiter mit Prob lemen der Reibung und des Ver schleißes. Erforscht und in Computermodellen simuliert werden Verschleißmechanismen, eingehend untersucht werden Universum Spezial 4 | 2015 etwa Schmierstoffe und deren Wechselwirkungen mit Bautei len. Einen anderen Fokus hat das Kompetenzzentrum „CEST“, das sich mit elektrochemischen Oberflächentechnologien be schäftigt. Durch solche Metho den soll die Oberfläche von Werkstoffen gezielt verändert werden, damit sie z. B. gegen Korrosion stabiler und gegen Verschleiß beständiger werden. Mit solchem Know-how aus gestattet werden in Wr. Neu stadt innovative Materialien für die unterschiedlichsten Berei che entwickelt: Die Luft und Raumfahrt zum Beispiel benö tigt Materialien, die leicht und gleichzeitig sehr stabil sind. Die Medizin hingegen sucht nach Materialien, die biokompatibel sind, sich also mit lebendem Ge webe vertragen. Das ist für mo derne medizinische Implantate notwendig; im Idealfall sollen SMARTE PRODUKTE Neue Technologien sind vielfach nur mit innovativen Materialien möglich, deren Eigenschaften maßgeschneidert werden können. FINDIGE FIRMEN Diamond Aircraft Die 1915 begründete Tradition von Wr. Neustadt als Standort für den Flugzeugbau wurde ab den 1980er-Jahren durch Unternehmen wie Schiebel oder Diamond Aircraft bzw. dessen Tochter Austro Engine wiederbelebt. Letztere Firma schaffte den internationalen Durchbruch mit Flugzeugen aus Verbundmaterialien (Glas- und Karbonfaser) sowie durch das allererste Serienflugzeug mit Dieselmotoren. Diamond Aircraft zählt heute zu den Weltmarktführern im „General Aviation“-Bereich – also bei Kleinflugzeugen im Privatsektor, für Flugschulen und die Fernerkundung. In letztgenanntem Bereich wurde eine Tochterfirma, die Diamond Airborne Sensing GmbH, gegründet, die Komplettlösungen für die Fernerkundung produziert. Diese sind weltweit etwa im Umweltmonitoring, in der Katastrophenhilfe oder in der Seeraumüberwachung im Einsatz. FH WR. NEUSTADT/AMRI (4), MEDAUSTRON/BALDAUF SHUTTERSTOCK 20 Materialien So trifft es sich gut! Veranstaltungsorte in Niederösterreich AUSBILDUNG IM LABOR An der FH Wr. Neustadt – der ältesten und größten Fachhochschule Österreichs – sind auch Studierende in die Forschung eingebunden. IT-Security An der FH St. Pölten wird erfolgreich gegen Gefahren für Computersysteme gekämpft. SHUTTERSTOCK Je umfangreicher Computersysteme werden, umso schlimmer sind auch die Folgen einer Störung, etwa durch Viren oder von HackerAngriffen. An der FH St. Pölten hat sich eine Forschergruppe etabliert, die neue Instrumente zur Erhöhung der IT-Sicherheit entwickelt. So werden im heuer gegründeten „Josef-Ressel-Zentrum für Konsolidierte Erkennung gezielter Angriffe“ innovative Verfahren erforscht, um stark auf ein Ziel gerichtete Bedrohungen zu erkennen und zu verhindern. Dabei reicht es nicht aus, einzelne Gefahren zu erkennen (wie es etwa Anti-Virus-Programme machen), sondern man muss alle Komponenten auf einer Systemebene betrachten. oder Metallen diese sogar nach einiger Zeit im gemäß eines digi Körper abgebaut talen Bauplans „MedAustron werden. auch sehr kom in Wr. Neustadt pliziert geformte Ein weiterer Schwerpunkt in hat das Potenzial, Bauteile herge Wr. Neustadt stellt werden – auf einer Stufe auch als Einzel befasst sich mit Fertigungs- und stücke. Um mit anderen Automatisie Unternehmen großen Zentren eine Anlaufstelle rungstechniken – für Fragestellun ein Bereich, des zu stehen.“ sen aktuelle gen zum 3DEugen B. Hug, medizinischer Leiter von MedAustron Entwicklungen Drucken bieten mit dem Schlag zu können, ist die Etablierung eines „Lab for wort „Industrie 4.0“ umrissen Manufacturing Innovation“ werden. Um hier voranzukom (LMI) für das 3D-Drucken von men, sind Fortschritte in vielen Metallen geplant. Eingerichtet Bereichen erforderlich, etwa wird dieses Zentrum an der bei der Entwicklung besserer Sensoren und sogenannter „Ak Fachhochschule Wr. Neustadt bzw. an dessen Forschungstuatoren“, mit denen digitale und Technologietransfertochter Steuerung und reale Welt mit FOTEC. einander verknüpft werden. Solche Investitionen sind, so Eine weitere wichtige Stoß ist sich die Politik sicher, ein richtung für die Zukunft, ist – notwendiger Baustein für die wie auch im niederösterreichi schen FTI-Programm festSicherung des Standorts und die Schaffung hochwertiger Arbeitsgehalten – das 3D-Drucken. Dabei können aus Kunststoffen plätze. Ω Schloss Laxenburg Foto: Lois Lammerhuber IM FOKUS Von der modernen Open-Air-Bühne bis zum barocken Schloss – Niederösterreichs Locations bieten eine beeindruckende Vielfalt an Größen und Stilen. Mit moderner Infrastruktur, guter Erreichbarkeit, aufmerksamem Service und attraktiven Rahmenprogrammen werden Sie auch Ihre Gäste beeindrucken. Infos und Angebote: Tel. 0043/2742/9000 19825, www.convention-niederoesterreich.at 22 Mensch 23 Infos Wissenschaft und Forschung in NÖ www.noe.gv.at/Bildung/ Wissenschaft-Forschung.html FTI-Strategie und FTI-Programm www.noe.gv.at/Bildung/ Wissenschaft-Forschung/FTI-Strategie.html Wissenschaftsbericht 2014 www.noe.gv.at/Bildung/ Wissenschaft-Forschung/Publikationen/ pub_wissenschaftsbericht_neu.html SHUTTERSTOCK (3) WIKIMEDIA/ALEXXW Technopole www.ecoplus.at/technopole Der Mensch im Zentrum Unser kulturelles Erbe bewahren und aus der Geschichte lernen E uropa wurde in den ver gangenen Monaten von einem Flüchtlingsstrom bisher ungeahnten Ausmaßes erfasst: In einer gewaltigen Mi grationswelle kommen Millio nen Menschen auf der Suche nach einem Ort für ein men schenwürdiges Leben nach Mit teleuropa. Die Herausforderun gen sind gewaltig – eine histori sche Betrachtung zeigt aber, dass die derzeitigen Wanderun gen kein reines Gegenwartspro blem sind, sondern dass Migra tion ein normales, historisch in verschiedenen Ausprägungen fassbares Phänomen ist: etwa in Form der Anwerbung von „Gastarbeitern“, in der Wande rung vom Land in die Städte oder eben bei weltpolitischen Katastrophen. Das Zentrum für Migrations forschung (ZMF) in St. Pölten betrachtet solche Wanderungs phänomene in Geschichte und Gegenwart als langfristig wirk same Prozesse. Um Anregungen zur Lösung der gegenwärtigen Herausforderungen zu bekom men, die zur Versachlichung der Diskussion beitragen können, soll nun ein Forschungsverbund Migration („Migrationsraum Niederösterreich“) ins Leben gerufenwerden, in dem alle Forschungsinstitute, die zu dem Thema etwas beitragen können, vernetzt werden. Aufbauend auf einer gemeinsamen Wissens basis sollen künftig erfolgreich Drittmittel eingeworben und Ergebnisse vermittelt werden. In Niederösterreich gibt es eine überraschend große Vielfalt an Forschungsinstituten im Be reich der Geistes-, Sozial- und Kulturwissenschaften (GSK). Hier nur drei Beispiel: Das Insti tut für Geschichte des Länd lichen Raums (IGLR) arbeitet die Agrar- und Sozialgeschichte Niederösterreichs in sehr um Forschungsatlas Niederösterreich www.forschungsatlas.info REICHE GESCHICHTE Geistes-, Sozial- und Kulturwissenschaften liefern wertvolles Sach- und Orientierungswissen. Die oft kleinen Institute sollen künftig stärker miteinander vernetzt werden. fassender Weise auf, das Insti tut für Jüdische Geschichte Österreichs (INJOEST) hat sich der Erforschung der Geschichte und Kultur der Juden in Öster reich vom Mittelalter bis zur Gegenwart verschrieben, und die Österreichische Ludwig Wittgenstein Gesellschaft ver anstaltet alljährlich das renom mierte Wittgenstein-Sympo sium in Kirchberg/Wechsel. All diesen Instituten ist eines gemein: Sie sind relativ klein, verfügen im öffentlichen Dis kurs nur über eine eher geringe Sichtbarkeit und tun sich z. B. bei Forschungsanträgen schwer. Daher ist eine verstärkte Koope ration angebracht. Eine Maß nahme im NÖ FTI-Programm ist die Etablierung eines „For schungsnetzwerkes Interdiszip linäre Regionalstudien“ (FIRST). Gemanagt an der Donau-Uni Krems, soll FIRST als Dienst leister die Institute vernetzen und etwa bei der Einwerbung von Forschungsmitteln oder bei der Verbreitung von Forschungsergebnissen helfen. Zudem sol len Synergien gehoben werden. Ähnlich wie in der Migra tionsforschung ist auch im Be reich Nahrung ein Forschungs verbund geplant: Unter dem Titel „Essen am Rand der Gesell schaft“ soll sozial- und kultur wissenschaftliche Forschung zum Thema stattfinden. Niederösterreich sitzt als his torisches Kernland Österreichs auf äußerst reichen kulturellen und geschichtlichen Schätzen. Hochschulatlas: Studieren in NÖ www.noe.gv.at/bilder/d91/ NOE_Studieren_in_Noe_web.pdf?36411 www.noe.gv.at/Bildung/ Wissenschaft-Forschung/ Universitaeten-Fachhochschulen.html Unter dem Schlagwort „Samm lung Niederösterreich“ ist im FTI-Programm vorgesehen, dass die Bestände der Landessamm lungen Niederösterreich bis 2020 gesamthaft erfasst und die Bestände der wichtigsten Regional- und Stadtmuseen überblickshaft aufgenommen werden. Diese Sammlungen sind auch ein wesentlicher Pfeiler für das geplante Haus der Ge schichte im Museum Nieder österreich in St. Pölten. Vorgesehen ist die Einrichtung eines Zentrums für Museale Sammlungswissenschaften so wie eine Stiftungsprofessur an der Donau-Universität Krems. NÖ soll, so das Ziel, in diesem Bereich eine Vorreiterrolle ein nehmen. Ω IMPRESSUM Medieninhaber: LW Werbe- und Verlags GmbH, Geschäftsführer, Herausgeber: Erwin Goldfuss, Projektleitung: Prok. Alexandra Salvinetti, Chefredaktion: Martin Kugler, Grafik: Christian Eckart; Anschrift: 1060 Wien, Linke Wienzeile 40/22, Tel.: +43 1 585 57 57-413, Fax-DW 415, [email protected], www.lwmedia.at, www.universum.co.at; Coverillustrationen: Shutterstock (3), FH Wr. Neustadt/Amri. Stand: Dezember 2015, Irrtümer und Änderungen vorbehalten. Dieses UNIVERSUM Spezial versteht sich als entgeltliche Einschaltung in Zusammenarbeit mit dem Amt der Niederösterreichischen Landesregierung, Abteilung Wissenschaft und Forschung, dem Amt der Niederösterreichischen Landesregierung – NLK und der ecoplus GmbH im Sinne des Medientransparenzgesetzes. Die redaktionelle Verantwortung liegt beim Universum Magazin. Universum Spezial 4 | 2015 Wissenschaft.Niederösterreich Auf der Höhe der Zeit. Am Puls der Zukunft. Niederösterreichs WissenschaftspreisträgerInnen 2015 Niederösterreich vergibt seit 1964 Wissenschaftspreise an herausragende WissenschafterInnen. Auch in diesem Jahr werden Menschen gewürdigt, die mithelfen, den Wissenschaftsstandort Niederösterreich noch innovativer und zukunftsfähiger zu machen. WUSSTEN SIE, DASS … … durch die von Josef Weinbub entwickelten Methoden und Programme schnellere und sparsamere Prozessoren entwickelt werden können? … sich Sabine Krists „Lexikon der pflanzlichen Fette und Öle“ als die Grundlage zum Nachweis von Identität und Reinheit von über 100 Pflanzenfetten und -ölen darstellt? … das Institut für Geschichte des ländlichen Raumes ein zuvor vernachlässigtes Forschungsfeld international etabliert hat? … die Forschungen von Charlotte Natmeßnig und Andreas Resch einen wichtigen Grundstein zur Untersuchung der Chancen und Weiterentwicklungen der niederösterreichischen Metall- und Maschinenindustrie bieten? … das BOKU-Department IFA-Tulln, mit seinem Leiter Rudolf Krska, das weltweit führende Zentrum im Bereich der Schimmelpilzanalytik ist? … die Forschungstätigkeiten von Andrea Watzinger einen wichtigen Beitrag im Bereich Umweltforschung liefern? WUSSTEN SIE, DASS … … über 11.500 Arbeitsplätze pro Jahr durch Wissenschaftsinvestitionen geschaffen und gesichert werden? … über 20.000 Studierende das Studienangebot in Niederösterreich nutzen? … 81% der NiederösterreicherInnen in der Wissenschaftsförderung eine wichtige Aufgabe der niederösterreichischen Landespolitik sehen? … das Budget für Wissenschaft und Forschung in Niederösterreich seit 2005 verdreifacht wurde?
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