Eine Ära endet am Dreisessel

02.11.2015
Eine Ära endet am Dreisessel
Bergwirtsfamilie Nusser hört auf – . . . und mit ihr geht auch "Urgestein" Dusan Zampach – Verabschiedung
bei traditioneller Gemeinderat-Bergsitzung
von Reinhold Steiml
Mit der Gemeindemünze und Geschenken zeichnete
Neureichenaus 2. Bürgermeister Willi Sitter (vorne von
rechts) Rosmarie und Horst Nusser sowie Dusan
Zampach aus, wozu auch (hinten von rechts) Landrat
Sebastian Gruber und der neue Bürgermeister aus dem
nahen oberösterreichischen Schwarzenberg, Michael
Leitner – stellvertretend für alle seine bayerischen
Kollegen – gratulierten. − Foto: Steiml
Dreisessel/Neureichenau. Bei Wind und Wetter, bei
Sommersonne und Frost, im Tiefschnee oder bei allen möglichen Veranstaltungen waren sie immer am Berg
und haben sich um die Dreisesselbesucher aus nah und fern gekümmert. Doch damit ist nun (bald) Schluss:
Am 8. November endet die Ära der Bergwirtsfamilie Nusser – und mit ihr geht auch noch Dusan Zampach,
jener Mann, der als Ober im Berggasthof eine Institution gewesen ist.
Die Gemeinde Neureichenau nahm dies zum Anlass, den Wirtsleuten und "ihrem" Dusan ganz offiziell mit
Geschenken zu danken. Und es hätte keine bessere Gelegenheit geben können als die traditionelle
Dreisessel-Bergsitzung, zu der einmal im Jahr der Gemeinderat mit Polit-Gästen aus der Region zum
geselligen Meinungsaustausch zusammenkommt. Gerne hätte die Zusammenkunft samt Verabschiedung der
Wirtsleute Bürgermeister Walter Bermann durchgeführt, aber der oberste Mann der Dreisesselgemeinde
musste leider kurzfristig passen: Eine Zahnoperation kam dazwischen.
So durfte sein Stellvertreter, Willi Sitter, ran. Für den war es zwar Premiere als Moderator auf dem Berg,
aber es freute ihn umso mehr, eine ganze Fülle von Gästen willkommen heißen zu können: Landrat
Sebastian Gruber, die Bürgermeisterinnen Gudrun Donaubauer aus Hauzenberg und Margot Fenzl aus
Haidmühle, ihre männlichen Kollegen Kaspar Vogl aus Grainet, Fritz Raab aus Hinterschmiding, Helmut
Rührl aus Breitenberg, Hans Binder aus Sonnen, Josef Lamperstorfer aus Wegscheid, Jandelsbrunns 3.
Bürgermeister Franz Obergroßberger, die Neureichenauer Gemeinderäte, Altbürgermeister Alfons Hellauer,
Pfarrer Christian Thiel, Vertreter von ILE Abteiland und ArGe Dreiländereck sowie der Euregio und von der
Verwaltung Martina Artinger und Gernold Wagner. Und als besonderen, weil erstmaligen Gast auf dem
Hausberg begrüßte er den neuen Bürgermeister der österreichischen Nachbargemeinde Schwarzenberg,
Michael Leitner.
Ihnen allen dürften Rosmarie und Horst Nusser sowie Dusan Zampach bekannt sein, denn bei einem Besuch
am Dreisessel haben so manche die Gastfreundschaft der drei genießen können.
Horst und Rosmarie Nusser wohnen in Thalberg, verbrachten aber einen Großteil ihrer vergangenen elf
Lebensjahre im Berggasthof am Dreisessel, wo sie knapp elf Jahre für Speis und Trank, aber auch für
Auskünfte und Wohlergehen der Besucher sorgten. Rosmarie ist jeden Tag, jedes Wochenende hinauf- und
wieder hinuntergefahren und hat den Gasthof "geschmissen"; an den Wochenenden hatte sie Unterstützung
von ihrem Mann Horst, der ansonsten in Vilshofen arbeitet.
"Wir waren gerne heroben, aber irgendwann reicht es dann auch", sagen sie beide. Man habe kein
Wochenende daheim gehabt, kein Weihnachten, sei – mit wenigen Betriebsurlaubausnahmen – stets präsent
am Berg gewesen. Gern erinnern sie sich zurück an viele Veranstaltungen, an die Besucherströme auf dem
Dreisessel mit seiner Anziehungskraft zu allen Jahreszeiten und eingeprägt ins Gedächtnis haben sich auch
der Jahrhundertwinter mit den meterhohen Schneemassen, der Kyrill-Sturm oder die Jahre mit dem
Borkenkäferbefall: "Wir haben viel erlebt!" Man habe unter den Besuchern viele Freunde gefunden,
zahlreiche Stammkunden habe es immer wieder auf den Berg getrieben.
Noch viel länger als die Pächter war Dusan Zampach Berg-Pendler. Tagtäglich 66 Kilometer vom kleinen
Ort Ckyne nahe Winterberg im Tschechischen ist er zum Dreisessel und die gleiche Strecke abends oder in
der Nacht wieder zurück gefahren. Und das sage und schreibe fast 25 Jahre. 14 Jahre habe er noch mit den
Ebners, den Vorgängern als Bergwirte am Dreisessel, zusammengearbeitet, dann fast elf Jahre mit den
Nussers. Immer sei es schön gewesen, "aber die Familie daheim – die Frau, die beiden Kinder – haben halt
nix von mit ghabt", sagt er. Deshalb hat Dusan beschlossen, dass auch für ihn jetzt der richtige Zeitpunkt
zum Abschiednehmen ist. Mit Leib und Seele war er Ober im Berggasthof, aber nun wird sich der 45Jährige um eine neue Arbeit umschauen, "auch wenn‘s weh tut!"
Dass es weitergeht am Berg, dafür hat die Waldvereinssektion Dreisessel gesorgt. "Die Nachfolge ist
geregelt", sagen die Nussers.
Neureichenaus 2. Bürgermeister Willi Sitter verabschiedete die rührigen "Bergleute". Es sei immer Verlass
auf die Betreiber gewesen, egal ob große oder kleine Veranstaltungen, ob Tage des Sports oder die
legendären Bergfeste, ob Jakobitreffen der Böhmerwäldler oder Bergmessen, ob Bergsitzungen oder andere,
oft auch internationale politische Treffen, ob touristische Ereignisse oder ganz einfach bei der Versorgung
der Wanderer, Spaziergänger, Radler, Skifahrer, Gruppen . . . auf dem Berg.
Hier der Abschied, dort das Willkommen. So eng liegt das beieinander.
Begrüßt wurde nämlich mit Michael Leitner der neue Schwarzenberger Bürgermeister. In Österreich hatte es
ja Kommunalwahlen gegeben – und in Schwarzenberg war klar, dass nach dem Weggang vom bisherigen
Bürgermeister Bernhard Hain – er ist seit einigen Monaten neuer Chef-Touristiker im Landkreis FreyungGrafenau – ein Neuer Einzug ins Rathaus halten würde. Willi Sitter erinnerte in diesem Zusammenhang an
die jahrelange großartige Zusammenarbeit mit Hain und reichte Leitner die Hand zur weiteren engagierten
Kooperation über die Grenze hinweg, "wo man schon gemeinsam viele Erfolge einfahren hat können!" Das
nahm Michael Leitner gerne an: "Auf gute Nachbarschaft!"