Region kultuR DIe SüDoSTSchweIZ | MIttWOCH, 17. DEzEMBER 2014 9 «Ist die Stille der Landschaft laut?» Ester Vonplon ist gestern Abend ihr Buch aus der Reihe Kunst in der Südostschweiz überreicht worden. Die Neuerscheinung wird von einer Ausstellung der Künstlerin in der Churer Stadtgalerie begleitet. Von Mathias Balzer Chur. – Als «Aggregatszustände der Natur und der Seele» bezeichnete gestern Abend Stephan Kunz, Direktor des Bündner Kunstmuseums, die Bilder von Ester Vonplon. Die Künstlerin erhielt im Churer Rathaus aus den Händen von Somedia-CEO Andrea Masüger das Buch über ihr Werk, den Preis in der Reihe Kunst in der Südostschweiz, der ihr anlässlich der letzten Jahresausstellung der Bündner Künstler für ihre Installation «Gletscherfahrt» zugesprochen worden ist. Kunz führte in seiner Laudatio aus, dass die «ortlosen Naturbilder» der Künstlerin sich nahtlos in eine Neudefinition der Fotografie innerhalb der Kunst einreihen, die seit den Siebziger- und Achtzigerjahren in Gang ist. Sie stehe damit in einer Tradition der Kunstfotografie, welche die Fotografie «aus der dienenden Abbildfunktion befreit», so Kunz. Die Künstlerin forderte Freunde zum Fragen auf «Warum ist die Stille der Landschaft so laut?» Das ist die titelgebende Frage in der der Ausstellung in der Churer Stadtgalerie, welche das Bündner Kunstmuseum für Vonplon ausgerichtet hat. Die Frage ist auch auf der Auftaktseite im Buch, das die «Südostschweiz» der Künstlerin als Preis schenkt, zu lesen. Zwischen die doppelseitig gedruckten Bilder gesetzt, folgen weitere Fragen, die der Publikation Rhythmus und Poesie verleihen: «Zeigen oder verbergen?» «Kein Ort nirgends?» «Wohin geht all das Weiss, wenn der Schnee schmilzt?» Gesammelt hat Vonplon diese Fragen bei Bekannten und Freunden. Eine Auswahl ist in das Buch eingeflos- «Aggregatszustände der Seele»: Ester Vonplons Foto-Installation ist derzeit in der Churer Stadtgalerie zu sehen. sen. Titelgebend wurde diejenige, die Vonplons Mentor, der Zürcher Journalist, Verleger und Galerist Walter Keller, kurz vor seinem Tod anfangs September gestellt hat: «Warum ist die Stille der Landschaft so laut?» «Ich weiss keine Antwort, aber die Frage beschäftigt mich auch», sagt Vonplon. Die 34-Jährige sucht für ihre Arbeiten Orte der Stille auf: die Ruinaulta, den grossen Salzsee in der Wüste im US-Bundesstaat Utah, eine einsame Küste Irlands, die Landschaft um den Oberalppass. Was sie von diesen entlegenen Orten zurückbringt, ist weit weg von der klassischen Dokumentation situiert, dem herkömmlichen Feld der Fotografie. Vonplons Bilder zeigen keine verortbaren Landschaften. Ihre Kamera ist nicht auf die ansonsten so bedeutende Horizontlinie gerichtet. Der Blick der Fotografin wendet sich der Oberfläche der Erde zu, wobei oft schwer zu rekonstruieren ist, von wo aus sie das tut. Ist es eine Nahaufnahme eines Felsens, oder doch eine Felswand aus einiger Distanz? Sehe ich eine Luftaufnahme oder steht die Kamera auf einem Berggipfel? Solche Fragen greifen bei Vonplons Kunst zu kurz. Zumal sie die Motive auch mal auf den Kopf stellt. Die Künstlerin zielt mit ihren monochromen Bildern auf grösstmögliche Abstraktion. Ihre Landschaften sind kein figuratives Abbild. Vonplon verwandelt reale Natur in Zeichen, die, einmal Bild geworden, sich wiederum als rätselhafte Landschaften präsentieren.Verstärkt wird diese Verwandlung durch das Spiel mit technischen Fehlern bei der Aufnahme. Fehler und Zufall stehen Pate Für einige der präsentierten Bilder hat Vonplon mit alten, grossformatigen Polaroidfilmen gearbeitet. Durch lange Belichtungszeiten wurde das altersschwache Material teilweise beschädigt, bekam Löcher, Risse, zog sich zusammen wie Plastikfolie in der gleissenden Sonne.Auch Fingerabdrücke blieben ab und zu zurück. Diese nicht steuerbaren «Fehler» macht Bild Olivia Item sich die Künstlerin zunutze und lässt die Prozesse der Bildwerdung offen. Das vermeintlich objektive Auge der Fotografie wird hier Lügen gestraft. Bei der Bildwerdung stehen Fehler und Zufall Pate. Das Resultat dieses präzis durchdachten Herstellungsprozesses sind abstrakte Bilder, die vielschichtig sind, ruhig und rätselhaft. Mehr noch als im Buch kommt das in der Ausstellung in der Stadtgalerie zur Geltung, wo die Werke in grossen Leuchtkästen wuchtige Strahlkraft entwickeln. Und plötzlich wird die Stille dann doch irgendwie laut. Ester Vonplon: «Warum ist die Stille der Landschaf so laut?» Bis Dienstag, 23. Dezember. Stadtgalerie. Chur. Weishaupts Theater kämpft mit finanziellen Problemen Das Junge Theater Graubünden wächst: Nächstes Jahr zeigt es erstmals vier Produktionen. Allerdings reicht das Geld nicht, um das ursprünglich vorgesehene Saisonprogramm zu verwirklichen. Von Valerio Gerstlauer Chur. – 2015, im vierten Jahr seines Bestehens, wird das Junge Theater Graubünden vier Theaterkurse für Jugendliche durchführen und mit den Teilnehmern vier Produktionen auf die Beine stellen. Diese werden im Monat April in Chur, der Surselva, im Schanfigg und erstmals im Engadin zu sehen sein. Damit erreicht das Theater sein bei der Gründung gestecktes Ziel, in verschiedenen Tälern des Kantons präsent zu sein, wie Vizepräsident Chris Hunter gestern an einer Medienorientierung in Chur erklärte. Sparmassnahmen ergriffen Doch die Expansion verursacht Wachstumsschmerzen. Man kämpfe mit einem finanziellen Engpass, verriet Theaterleiter Roman Weishaupt. «Unerwartet viele Gesuche an private Stiftungen wurden abgewiesen.» Von den Gemeinden und vom Kanton werde man weiterhin unterstützt, doch genügten diese Gelder nicht, um das ursprünglich vorgesehen Saisonprogramm zu verwirklichen. «Da wir den Jugendlichen aber auf jeden Fall die Möglichkeit zum Theaterspiel geben wollen, haben wir besondere Massnahmen ergriffen.» So werden im nächsten Jahr lediglich vier Leiter, jedoch keine Co-Leiter eingeR. Weishaupt stellt. Zudem wurden an rund 1800 Adressen Gönnerbriefe versandt. Die geplante Academia-Reihe, ein Workshop-Anlass, wurde für die kommende Saison aus dem Programm gestrichen, und es werden keine Gastspiele in anderen Regionen oder ausserhalb des Kantons wahrgenommen. Schliesslich werden keine Bühnenbilder für die Produktionen erstellt, und die Ausstattung erfolgt nur mit einem minimalen Aufwand. Um sich von der Abhängigkeit von Stiftungsgeldern zu lösen, hofft Weishaupt auf den Kanton. Das Ziel sei, dass das Junge Theater Graubünden in ein bis zwei Jahren als Theaternachwuchs-Förderer gelte, berichtete Weishaupt. «Dies soll so im neuen Bündner Kulturgesetz festgeschrieben werden.» Das Theater würde dann von den gleichen Bedingungen profitieren, die bereits die finanzielle Stabilität der Musikschulen garantieren. «Wir sind in Gesprächen mit dem Kanton, ein Gesuch für eine Leistungsvereinbarung wird derzeit behandelt», sagte Weishaupt weiter. leiter Loris Mazzocco in Chur von Dramaturgin Martina Mutzner unterstützt. Mazzocco wird zusammen mit neun Jugendlichen die erste der vier Produktionen auf die Bühne bringen. Premiere ist am 9.April in der Postremise. Wie bei den drei anderen Theaterkursen wird in Chur mit Werken William Shakespeares gearbeitet. In Graubündens Hauptstadt folgt man den Spuren von König Richard III., und wird sich fragen, was Macht ist. In der Surselva leitet die Schauspie- lerin Barbara Schneider den Theaterkurs. Zusammen mit acht Jugendlichen widmet sie sich dem Thema Scheidung. Die Texte zu diesem Drama, das sich in einer Zirkusfamilie abspielt, stammen aus «Hamlet». Die Premiere findet am 16.April in Ilanz statt. Zum zweiten Mal übernimmt der Schauspieler Christian Sprecher die Leitung des Theaterkurses im Schanfigg. Seit Anfang November probt er zusammen mit 13 Jugendlichen abwechslungsweise in Arosa und Langwies Shakespeares «Sommernachtstraum». Die im lokalen Dialekt geschriebene Stückfassung stammt von Felicitas Heyerick. Am 17.April wird die Premiere im Kongresssaal in Arosa zu sehen sein. Einige Tage später, am 23.April, wird in Lavin die letzte der vier Produktionen des Jungen Theaters Graubünden über die Bühne gehen. Kursleiterin Sara Francesca Hermann präsentiert dann gemeinsam mit fünf jungen Frauen das Stück «To Be». Um Antworten auf aktuelle Fragen zum eigenen Leben zu finden, bedienen sich die Jugendlichen ausgewählter Szenen aus Shakespeares Werken. Durch persönliche Recherche und gemeinsame Improvisation entsteht daraus ein eigenes Stück. Lehren die Theaterkunst: Christian Sprecher, Barbara Schneider, Loris Mazzocco und Sara Francesca Hermann (von links) fungieren als Kursleiter. Bild Olivia Item Detaillierte Informationen im Internet unter www.jungestheater.gr. Im Zeichen Shakespeares Mit den angekündigten Einschnitten scheinen die Kursleiter keine Schwierigkeiten zu haben, zumal sie beispielsweise für die Dramaturgie durchaus weitere Personen als Hilfe hinzuziehen können. So wird Kurs-
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