Große Fahrt bis Kilometer 1,44

www.dortmunder-hafen.de
DOCK.
4|2015
Hafenmagazin
Große Fahrt bis Kilometer 1,44
W
enn das Hafenboot
zur Kontrolle ausläuft
KV-ANLAGE LIEGT
VOLL IM ZEITPLAN
Neuer Umladebahnhof
nimmt im Januar
den Betrieb auf
www.dortmunder-hafen.de
Inhalt
4|2015
WENN DIE GROSSEN
FRACHTER KOMMEN
AUF DEM WEG
ZUR KV-ANLAGE
Ein Jahr nach dem
ersten Spatenstich hat
die KV-Anlage an der
Franz-Schlüter-Straße
Konturen angenommen. Im Januar geht
der neue Umladebahnhof in Betrieb – mit
dem Angebot, neben
Containern künftig
auch Wechselbrücken
und Sattelauflieger
umzuschlagen.
07
Die Hamburger Terminalbetriebe bereiten sich auf immer
größere Containerschiffe vor,
die mindestens 330 Meter lang
und/oder 45 Meter breit sind.
In einem Gastbeitrag schildert
Hafen Hamburg, wie solche
Frachter gemanagt werden.
10
GETREIDEHANDEL
HAT TRADITION
AUF TOUR MIT
DEM HAFENBOOT
Große Welt, kleine Fahrt: Für das
Hafenboot „Stadt Dortmund“
enden die meisten Fahrten
schon bei Kilometer 1,44. Aber
selbst auf dieser vermeintlich
kurzen Strecke haben Hafenmeister Sven Middelhoff und
Hartmut Oeke reichlich zu tun.
Seit mehr als 100 Jahren wird
zwischen Baustoffen, Containern
und Coils am Hafen auch Getreide gelagert und gehandelt. Die
schwarzen Rapskörner gehören
zu den Geschäftsgrundlagen der
Agravis Kornhaus Westfalen-Süd
GmbH.
08
THEA JURETZKY: IM
NEBENJOB KÜNSTLERIN
SCHLIESSUNG VON HSP
TRIFFT AUCH DEN HAFEN
ENVIO: DREHBUCH FÜR DIE
SANIERUNG IST FERTIG
05
07
14
Seit 1993 arbeitet Thea Juretzky (55) als
Assistentin der Geschäftsführung der
Deutschen Gasrußwerke. Präsent ist sie
aber in vielen Hafen-Büros: Die Professionalität ihrer Gemälde und Portraits hat sich
herumgesprochen.
2
12
Die Folgen der voraussichtlichen Schließung von Hoesch Spundwand und Profil
GmbH (HSP) zum Jahresende werden
auch im Hafen zu spüren sein. Die neue
KV-Anlage soll helfen, die drohenden
Verluste aufzufangen.
In die Hängepartie um die Sanierung des
Envio-Geländes könnte in Kürze Bewegung
kommen: Das Drehbuch ist längst geschrieben, die Arnsberger Bezirksregierung
erwartet in diesen Wochen eine Entscheidung des OVG in Münster.
4 | 2015
Editorial
Liebe Leserin, lieber Leser!
D
er Herbst 2015 steht bevor: Wie schnell doch die Zeit vergeht! Vorbereitung und Entwicklung unseres ersten Hafenmagazins DOCK sind nun fast ein Jahr her. Jetzt erscheint bereits die vierte Ausgabe und die positive Resonanz begeistert
uns alle. Vielen Dank dafür!
Der Dortmunder Hafen zeigt sich im neuen Heft wieder in den
unterschiedlichsten Facetten: Die Themen reichen von Kunst
über Technik und Wirtschaft bis zu kulturellen Veranstaltungen.
Beispielsweise gibt es Neuigkeiten zum Thema der neuen Anlage für den kombinierten Verkehr, die auf dem Gelände des „Alten Hafenbahnhofs“ seit gut einem Jahr gebaut wird. Wir freuen uns als Dortmunder Hafen sehr, dass die Container Terminal
Dortmund GmbH (CTD) den Betrieb der neuen Anlage übernehmen wird. Die erfolgreiche Zusammenarbeit mit der CTD
GmbH weiterzuführen ist aus unserer Sicht der beste Weg. In
Zukunft wird die neue Anlage in ihrer vollen Ausbaustufe bis zu
150.000 Ladeeinheiten im Jahr stemmen – ein wirklich wichtiger Aspekt, da die CTD GmbH heute bereits an ihre Kapazitätsgrenzen stößt. Es brummt im Hafen, und das wahrscheinlich
auch in Zukunft.
Die Umschlagzahlen des ersten Halbjahres 2015 halten den
Dortmunder Hafen auch weiter auf Erfolgskurs. Im ersten
Halbjahr lag der Schiffsgüterumschlag inklusive der Container
bei 1.438.000 Tonnen. Das sind 10 Prozent mehr als im Vergleichszeitraum des letzten Jahres. Die Zukunft von Hoesch
Spundwand und Profil GmbH wird hingegen für den Dortmunder Hafen auch wirtschaftliche Auswirkungen haben, die wir
ausgleichen müssen. Mit Hilfe aller Mitarbeiter der Dortmund
Hafen Gruppe wird uns auch das gelingen – da bin ich mir
ganz sicher.
In dieser Ausgabe gehen wir mit unserem Blick auch über die Grenzen des
Dortmunder Hafens hinaus und schauen den Kolleginnen und Kollegen in
Hamburg über die Schulter. Worauf
muss ein Seehafen wie Hamburg
beim Handling von besonders
großen Schiffen eigentlich beachten? Darauf bekommen Sie,
liebe Leser, in dieser Ausgabe
spannende Antworten.
Am Ende möchte ich noch auf
ein Thema hinweisen, das mir besonders am Herzen liegt. Bald
werden zwei Schiffe im Dortmunder Hafen liegen, die Menschen
Zuflucht bieten, die als Flüchtlinge zu uns nach Deutschland gekommen sind. Auf Anfrage der Stadt Dortmund haben wir die
Flächen bereitgestellt. Als kommunales Unternehmen sind wir
uns unserer gesamtgesellschaftlichen Verantwortung bewusst.
Zum einen gehört die Aufrechterhaltung der regulären Abläufe
des Dortmunder Hafens dazu. Zum anderen aber auch eine humanitäre Verantwortung in Notsituationen. Die Bürgerinnen und
Bürger zeigen, wie unbürokratisch und schnell man den Flüchtlingen helfen kann – wir möchten einen Teil dazu beitragen.
Jetzt, da die Tage wieder kürzer werden, eignet sich die Zeit besonders gut, um in unserem Magazin zu schmökern. Dabei wünsche ich Ihnen viel Freude.
Ihr Uwe Büscher / Vorstand der Dortmunder Hafen AG
ZAHL
DES QUARTALS
1.438.000
Tonnen Güter…
… wurden am Dortmunder Hafen im
ersten Halbjahr 2015 umgeschlagen.
Das sind zehn Prozent mehr als im
ersten Halbjahr des Vorjahres.
IMPRESSUM
Herausgeber
V.i.S.d.P.: Uwe Büscher, Dortmunder Hafen AG
Speicherstr. 23, 44147 Dortmund
Tel.: 0231 / 98 39 68 1
Textbeiträge:
Gregor Beushausen
Layout/Grafik/Satz:
Büro für Gestaltung, Münster
Fotos:
Helmuth Voßgraff, HHM,
Dortmunder Hafen AG
Druck:
Hitzegrad, Print/Medien & Service
Feldbachacker 16, 44149 Dortmund
Erscheinung:
Das Hafenmagazin erscheint jeweils zu Beginn
eines Quartals in einer Auflage von 2.500 Exemplaren.
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PoH_187_x_257.Image.qxp_(DOCK) 21.07.15 12:07 Seite 1
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4 | 2015
Serie
Von der Bürowand lacht
ihr der kubanische Musiker Compay Segundo
entgegen, den Strohhut
auf dem Kopf, die Zigarre
in der Hand. Segundo, (Buena Vista Social Club) ist 2003 in
Havanna verstorben. So, wie Thea
Juretzky ihn gemalt hat, mit hellen,
fröhlichen Farben, versprüht er
selbst nach seinem Tod noch pure
Lebensfreude.
GESICHTER
DES
HAFENS
Die Autodidaktin
Thea Juretzky: vom Schreibtisch zur Staffelei
T
hea Juretzky (55) arbeitet seit 1993 als
Assistentin der Geschäftsführung der
Deutschen Gasrußwerke. Präsent ist sie
aber in vielen Büros im Hafengebiet. Ihre Gemälde, hauptsächlich auf Leinwand und mit
Acrylfarben, schauen den Chefs über den
Rücken und erwecken Aufmerksamkeit beim
Besucher. Längst hat sich die quirlige Frau
einen Namen als Malerin gemacht, die sich
in Kursen fortgebildet hat und deren Motive
weit über Dortmund hinaus ausgestellt werden – Verkauf inbegriffen.
groß und spornte die Autodidaktin an, sich
Manchmal beginnt sie frühmorgens um mit Fachliteratur einzudecken, Kursen ansechs in ihrem Atelier zuhause. Dann spannt zuschließen und als Gaststudentin den Vorsie die Leinwand auf und grundiert sie. Kann lesungen an der Uni zu folgen. Es folgten
aber auch sein, dass sie nachmittags auf der Workshops im Ausland mit Szene-Künstlern
Empore in der Textildruckerei im Dortmun- und Malreisen zur Inspiration und zum Üben.
der Hafen weitermacht, ihrem zweiten Ate- Mit Ölfarben ist sie damals gestartet. Da sich
lier. Ihre Vorlagen bringt sie meist von Rei- aber der Prozess des Trockenwerdens nur
sen mit: Postkarten und Fotos von Kindern, schwer mit der „Ungeduld“ der KünstleLandschaften und Bewohnern. Ihre hel- rin vereinbaren ließ, stieg Thea Juretzky auf
len, fast fröhlichen Farben lassen erahnen, Acryl und Aquarell um. Material, das sie viel
dass sie das südländische Flair und vor al- lieber nutzt bei ihrer Schaffensperiode, die
zwischen 10 und 30 Stunden
lem Kuba mag. Dabei bietet ihr
„Ich liebe den
pro Bild betragen kann.
auch das Hafengebiet jede MenHafen, Wasser ist
Wer fragt, wie sie ihre Arbeige Motive – das Alte Hafenamt
mein Element.“
ten einordnen würde, erntet ein
darf in ihrer rund 90 Motive
großen Sammlung ebenso wenig fehlen wie Lächeln und die Antwort: „Realismus, aber
das Containerterminal. „Ich liebe den Hafen“, spontan.“ Sie weiß, was Kunden und Betrachter einem Künstler antun können mit
sagt Thea Juretzky.
Seit 2004 frönt sie ihrem Hobby, dem sie der Frage „Und wie muss ich das Bild aufanfangs eher skeptisch entgegenstand. hängen?“ „Aus meiner Welt“ hat Thea JuAls ihr jemand zum Geburtstag eine Staf- ritzky eine Reihe von Werken überschriefelei schenkte, „hab‘ ich das erst mal in die ben, die auf ihrer Homepage im Internet zu
Ecke gestellt.“ Doch die Neugier siegte, und sehen sind. „Ihre Welt“ zeigt unter anderem
in Internetforen fand sie alsbald Mitstreiter, eine Szene aus der Kampstraße, sie zeigt das
die ihr erklärten, wie man arbeitet mit Far- Dortmunder U, Phoenix-West und die Uni.
ben, mit Licht und Schatten. Der Zuspruch Dabei schafft sie es, auch ein eher unspekfürs erste Bild, das sie ins Netz stellte, war takuläres Motiv wie die Fernwärmestation
Frohe und helle Farben,
ein Hauch von Mediterranem: Das ist die
Handschrift von Thea
Juretzky.
der Deutschen Gasrußwerke in helle, kräftige Farben zu tauchen und der technischen
Anlage etwas Mediterranes zu verleihen. Am
16. Oktober um 17 Uhr lädt Thea Juretzky
zur Vernissage ins e-port-Gebäude an der
Mallinckrodtstraße. Bis dahin sollen weitere Werke geschaffen sein: das Alte Hafenamt aus neuer Perspektive und der Deutschland-Achter der Ruderer. Was sie nach dem
Ende ihres Berufslebens macht, weiß sie
auch schon: „Auf Mallorca leben.“
KONTAKT
www.thea-juretzky.de
[email protected]
5
Energie gibt’s
bei mir nur
aus dem Pott.
Unsere Energie für unsere Region
≥
dew21.de
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Voll im Zeitplan
Neue KV-Anlage: Im Januar rollen die ersten Züge
Nach nur einem Jahr Bauzeit hat das neue Terminal für den Kombinierten
Verkehr (kurz KV-Anlage) am Alten Hafenbahnhof Konturen bekommen.
Einem riesigen Tor gleich, erhebt sich der neue Portalkran mit 40 Metern
Spannweite am Gleisende.
D
er Verkehr kommt im Januar 2016.
Dann laufen die ersten Züge und
Lkw im neuen Umladebahnhof an der
Franz-Schlüter-Straße in Deusen ein – der
Startschuss für den Betrieb der KV-Anlage. „Wir sind voll im Zeitplan“, sagt Projektleiterin Kristina Rummeld von DSW21.
„Das Gros der Bauarbeiten wird pünktlich
in diesen Wochen beendet sein.“ Am Anschluss folgt eine zweimonatige Testphase
des Portalkrans, im Dezember die endgültige Fertigstellung.
Mit der Inbetriebnahme des neuen Umladebahnhofs macht der Dortmunder Hafen einen wichtigen Schritt nach vorn: Er erweitert sein Leistungsangebot. Auf vier je 700
Meter langen Gleisen können neben Con­
tainern erstmals auch Sattelauflieger und
Wechselbrücken vom Lkw auf die Schiene
umgeschlagen werden (und umgekehrt) –
insgesamt 103.000 Ladeeinheiten/Jahr in
der ersten Baustufe. „Für den Umschlag von
Wechselbrücken und Sattelaufliegern gibt es
in der Region Dortmund kein zweites Terminal“, sagt Rainer Pubanz, Prokurist der
Neue Herausforderung
Schließung von HSP trifft auch den Hafen
Das vom Salzgitter-Konzern beschlossene Aus für das Dortmunder Traditionsunternehmen Hoesch Spundwand und Profil GmbH (HSP) zum Jahresende wird
auch bei der Dortmunder Hafen AG zu spüren sein.
„Wir verlieren einen guten Kunden“, bedauert
Uwe Büscher, Vorstand der Dortmunder Hafen AG. „Über einen neuen Investor für HSP
und die 343 Mitarbeiter würden wir uns natürlich freuen, aber zum jetzigen Zeitpunkt
rechnen wir nicht mehr damit.“
Sollten die Werkstore vor dem 45,6 Hektar
großen Areal an der Alten Radstraße in der
westlichen Innenstadt Ende des Jahres geschlossen werden, reduzieren sich die Transportmengen und der damit verbundene Umsatz der Dortmunder Eisenbahn. „Bereits in
den kommenden Wochen und Monaten wird
sich das bemerkbar machen“, schätzt Hafen-Vorstand Büscher. Der Dortmunder Eisenbahn gingen neben den von HSP beauftragten Transporten auch die Verkehre der
Zulieferer sowie die Ausgangszüge verloren.
Die nach der Schließung nicht mehr benötigten Waggons und Loks sollen vermietet,
verkauft oder an anderen Stellen eingesetzt
werden. Feste Mitarbeiter der Dortmunder Eisenbahn, die für die Verkehre rund um HSP
Sie freuen sich auf Januar: Hafen-Vorstand Uwe
Büscher, Projektleiterin Kristina Rummeld und
Hafen-Prokurist Rainer Pubanz (v.l.)
Hafen AG. „Damit können wir Bestandskunden wie Ikea, aber auch Neukunden, erhebliche logistische Vorteile bieten und weitere
Marktanteile gewinnen“, ergänzt Uwe Büscher, Vorstand der Hafen AG.
40 Meter hohe Lichtmasten signalisieren,
dass bei Bedarf rund um die Uhr gearbeitet wird. Neben vier Umschlaggleisen sind
bereits auch die Lade-, Fahr- und Abstellspuren für Container gelegt. Die Regie der
KV-Anlage übernimmt des Container-Terminal Dortmund (CTD), das nach europaweiter
Ausschreibung den Zuschlag erhalten hat.
Der Umladebahnhof wird neben dem eigentlichen Standort an der Kanalstraße die zweite Betriebsstätte des CTD.
zuständig waren, erhalten dann neue Aufgaben.
Auch für die DI Infrastruktur GmbH gehört
HSP zu den wichtigsten Kunden. Im Falle
der Schließung fällt das Trassenentgelt weg,
das HSP an DI Infrastruktur zahlt. „Das wirkt
sich natürlich auf den Umsatz aus“, sagt Hafen-Vorstand Büscher. Gleichzeitig aber müssen die von den HSP-Zügen befahrenen Gleisanlagen im Hafen weiter betrieben werden
– sowohl für die anderen Anrainer als auch
für die neue Anlage für den Kombinierten
Verkehr (KV), die Anfang 2016 am Alten Hafenbahnhof den Betrieb aufnimmt. Mit dem
neuen „Umladebahnhof“ entstehen allein
im ersten Bauabschnitt und zusätzlich zum
Container-Terminal weitere Kapazitäten für
103.000 Ladeeinheiten/Jahr. Somit sorgt die
KV-Anlage neben steigendem Umschlag auch
für zusätzliche Einnahmen aus Trassenentgelten des CTD, das die Umladestation betreibt.
„Das werden wichtige Bausteine in unserem
Bemühen, die durch das Aus von HSP bedingten Einnahmeverluste auszugleichen“,
sagt Büscher. „Wir sind zuversichtlich, dass
uns das mittelfristig gelingen wird.“
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Die Wacht auf dem Wasser
Wenn die Hafenmeister zur Kontrolle auslaufen – Große Fahrt bis Kilometer 1,44
Das Schiff gibt sich nüchtern, schon der Name „Stadt Dortmund“ lässt nicht an große Fahrt denken, und doch gibt es
„Stadt Dortmund“ etwas dicker auftragen, als es ihrem Auftrag als Hafenboot entspricht. „ Vor Fahrtbeginn Seeventil öff
Sven Middelhoff muss fast selber schmunzeln, als er das Boot vom Kai des Stadthafens ablegen lässt.
G
roße Welt und große Fahrt enden für
das fünf Jahre alte Schiff bei Kilometer 1,44 – und für Sven Middelhoff sowie
seinen Kollegen Hartmut Oeke auch. Aber
Hafen ist Hafen, und die zehn Hafenbecken nebst den Unternehmen als Anrainern, den Partikulierern, die Schüttgut,
Schrott und Container holen und bringen, erfordern Kontrolle oder mindestens Beobachtung von, ja sagen wir es
deutlich – seewärts. So ist es nicht nur
Vergnügen, sondern auch Arbeit, wenn
das Hafenboot kleine Fahrt aufnimmt.
„Wir stellen mithilfe von Eichbuch und
Eichmarken fest, wie viel Tonnen ein
Schiff geladen oder entladen hat“, sagt
Middelhoff, während die beiden jeweils
130 PS-starken Volvo-Penta-Motoren
die „Stadt Dortmund“ durch das im Sonnenlicht glitzernde Wasser schieben. Am
Vortag bat der Lüner Hafen um Hilfe „Da
fahren wir allerdings mit dem Auto hin“,
stellt Middelhoff fest. Grundsätzlich ist
es so: Liegezeit kostet, „und die Partikulierer sehen zu, dass sie schnell rein und
wieder raus kommen“.
Die zehn Hafenbecken mit einer Uferlänge von rund elf Kilometern umfassen eine
Fläche von 34,5 Hektar, 2.000 beladene
Schiffe im Ein- und Ausgang besuchen
Dortmund jährlich und der Schiffsgüterumschlag beträgt etwa drei Millionen Tonnen per anno. Der Hafen belebt aber nicht
nur den Wirtschaftsraum Dortmund, seine
Hauptumschlaggüter Container, Baustoffe,
Mineralöle, Eisen und Stahl, Schrott, Zellstoff und Papier sowie Importkohle versorgen über den Weitertransport mit Lkw und
Bahn auch Ostwestfalen, das Sauer- und
das Siegerland sowie Nordhessen.
Kurz hinterm Stadthafen sieht Middelhoff
einen C-Schlauch im Ufergras liegen, aus
dem armdick Wasser in den Kanal geleitet
wird. Ein Anruf beim Unternehmen, keine
Aufregung, es ist Kanalwasser aus der fir-
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s ein kleines Schild, da möchte selbst die
fnen“, steht da zu lesen, und Hafenmeister
meneigenen Sprinkleranlage, das vorher
aus dem Kanal entnommen worden ist. Die
Wasserqualität ist der Stolz des Hafens.
Nicht nur, dass man vom Ufer aus manchmal bis auf den Grund gucken kann, Fischreichtum und meterlange Algenfahnen
signalisieren, dass das Wasser in Ordnung
ist. „Es ist reines Lippewasser, was hier zugeführt wird.“
Das mit den Algen ist nicht so schön, weil
sie sich manchmal in den Schrauben der
Schiffe verheddern, aber kaum zu verhindern, weil das Sonnenlicht bis auf den
Grund scheint und das Wachstum anregt.
Links, nee, steuerbord, liegt die „Edwina“
aus Berlin. Zusammen mit der „Edlena“
sind es die beiden Schubboote, die hinter Kilometer 1,44 die Uferböschungen mit
Steinen versorgen. Middelhoff grüßt rüber.
Er verteilt Lob: „Die melden sich jedes Mal
an und ab – das kann man nicht von jedem sagen.“ Middelhoff und Oeke haben
immer einen Blick auf die Schiffe, die anlegen und auch auf das gesamte Umfeld. Mal
macht ein Schiff fest, indem es vier Stützen ausfährt, die es quasi auf den Kanalboden stellen, was verboten ist, weil das den
Untergrund der Wasserstraße beschädigen
könnte. Mal machen sie wilde Müllkippen
an Land aus und auch welche im Wasser.
Motorräder, Fahrräder, Autos, Tresore, „leider alle aufgebrochen“.
Hafenmeister Sven
Middelhoff und sein
Kollege Hartmut Oeke
nehmen das gesamte
Hafengebiet in den
Blick. Sie wissen
genau, wie viel Tonnen
ein Schiff ge- und
entladen hat.
Hinter Kilometer 1,44, also auf der Wasserfläche, für die das Wasser- und Schifffahrtsamt Duisburg zuständig ist, nimmt
die „Stadt Dortmund“ kurz Fahrt auf. Das
Echolot zeigt ständig die Wassertiefe an,
die mindestens 3,50 m betragen muss, allerdings fast immer über vier Meter liegt.
„Kein Schiff darf mehr als 2,80 Meter im
Wasser liegen“, sagt er, „wenn doch, gibt’s
ein Knöllchen.“ Middelhoff hält auf den Industrie- und den Hardenberghafen zu. Er
passiert den Ort der Ölsperre, einen nach
oben porösen Schlauch, der auf dem Kanalgrund liegt, und der im Notfall mithilfe hineingepumpter Luft für eine knapp
20 Zentimeter hohe Verwirbelung auf der
Wasseroberfläche sorgt. Der Wirbel von
Ufer zu Ufer stellt sicher, dass das Öl das
Hafenbecken nicht verlassen und abgesaugt werden kann.
Die „Labe 20“ aus Tschechien folgt ihm,
um beim Rohstoff-Recycling-Center
Schrott zu laden. Sie pumpt einen dicken
Schwall aus den Ballasttanks. „Die leeren
Schiffe müssen das Wasser aufnehmen,
damit sie tiefer liegen, um unter den Brücken herzukommen“, erklärt er. Jetzt muss
das Wasser wieder raus, der Schrott übernimmt die Aufgabe. Middelhoff ist am Ende
der Tour und lenkt das Schiff Richtung
Stadthafen. Ein Ruderer fängt zu schimpfen an, dass ihn die Wellen der „Stadt
Dortmund“ aus dem Rhythmus gebracht
haben. „Die Berufsschifffahrt hat nun mal
Vorrang“, erklärt Middelhoff.
Er grüßt zur „Mirage“ rüber, die im
Marx-Hafen Zement lädt, und auch die „Jacoba“ hupt er kurz an, die bei „Chronimet“
mit Schrott beladen wird. „1150 Tonnen
darf sie bekommen“, sagt Middelhoff – am
Nachmittag wird er sie eichen, bevor das
Schiff den Dortmunder Hafen verlässt. Sie
geht auf große Fahrt – weit über Kilometer
1,44 hinaus.
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Die Ozeanriesen
Wie Hafen Hamburg die großen Schiffe managt
Die steigende Zahl großer Container- und Kreuzfahrtschiffe stellt den Hamburger Hafen vor logistische Herausforderungen. Wie die gemanagt werden und welche Rolle die Lotsen dabei spielen, zeigt unser Gastbeitrag von
Hafen Hamburg Marketing.
10
be, Reedereien und Behörden vor große
Herausforderungen. Mit der Nautischen
Terminal Koordination (NTK) gibt es seit
Ende 2014 eine Einrichtung, die sich um die
zentrale Abstimmung der Großschiffsanläufe kümmert – lange bevor das Schiff die Revierfahrt auf der Elbe antritt. Die Schiffe unterliegen bei der Revierfahrt von und nach
Hamburg unterschiedlichen Beschränkungen, etwa durch den Wasserstand der Elbe
oder die Breite der Fahrrinne. Das führt zu
Wechselwirkungen mit der Ankunft oder
Abfahrt anderer Schiffe. Die NTK beobachtet diese Wechselwirkungen während des
gesamten Schiffszulaufs in Nordeuropa,
erkennt Konfliktsituationen und kann die
Auswirkungen auf das Gesamtsystem Hafen reduzieren.
Damit die Zeitfenster der Tide (Ebbe und
Flut) effizient genutzt werden, bedienen
sich Terminalbetriebe, Lotsen und die Hamburg Port Authority elektronischer Hilfsmittel. Elektronische Seekarten etwa, die vom
Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrografie (BSH) in Hamburg herausgegeben
werden und ein unverzichtbares Werkzeug
sind. Zudem sind alle Beteiligten über ein
Foto: HHM/Peter Glaubitt
ie Zahl der außergewöhnlich großen
Schiffe, kurz AGF, nimmt im Hamburger
Hafen von Jahr zu Jahr zu. 2014 wurden
hier 1.000 Frachter dieser Größenklasse gezählt, die mindestens 330 Meter lang und/
oder 45 Meter breit sind. 2007 waren es gerade mal 597. Zu den AGF zählen neben den
neuen Generationen der Containerschiffe
große Massengut- und Kreuzfahrtschiffe.
Die Hamburger Terminalbetriebe haben sich
auf diesen Trend eingestellt und bauen ihre
Anlagen aus. Besonders das Größenwachstum in der Containerschifffahrt hält unvermindert an. Dominiert werden die Auftragsbücher von Großcontainerschiffen mit mehr
als 10.000 TEU (1 TEU = 20 Fuß-Container).
Zirka 150 Bestellungen sind in diesem Segment 2014 beauftragt worden. Durch den
Einsatz von größeren Schiffen erwarten die
Reeder Skaleneffekte, weitere Kostenvorteile und weniger Umweltbelastung. In Hamburg machten 2014 mehr als 500 ultragroße Containerschiffe fest.
Die steigenden Zahlen stellen Hafenbetrie-
Foto: HHM/Peter Glaubitt
D
Foto: HHM/Multhaupt
4 | 2015
weiteres System verbunden. Durch eine
IT-Plattform, die alle Veränderungen in den
Abläufen in Echtzeit anzeigt. Das weltweit
einmalige System, durch das die Planbarkeit
der Revierfahrt auf der Elbe und der Schiffsbewegungen im Hamburger Hafen verbessert wird, wurde durch die Terminalbetreiber
HHLA und EUROGATE entwickelt und finanziert. Dabei werden Informationen aus den
Bereichen Schiffsanlauf und Schiffsabgang
zusammengeführt und Umschlagterminals,
Assistenzschleppern, Hafen- und Elblotsen
sowie Festmachern zur Verfügung gestellt.
Zu den Statusinformationen gehören beispielsweise die Liegeplatzplanung und -anmeldung der Terminals, die Schiffspositionen auf der Elbe ab „Deutscher Bucht“ bis
zum „Leinen fest“, die Schiffsanmeldungen
der Elblotsen, die Zuständigkeitsmeldungen
der Assistenzschlepper sowie Festmacher
und die Wasserstandsvorhersagen des Bundesamtes für Seeschifffahrt.
Eine Schlüsselstellung im Schiffsverkehr
nehmen die Lotsen ein. Sie sorgen rund um
die Uhr bei jedem Wetter für Verkehr einen
sicheren Verkehrsfluss auf der Elbe und im
Hafen. Zu Ausbildungszwecken trainieren
die Lotsen alle möglichen Szenarien am
Schiffssimulator. Das Marine Training Center (MTC) in Hamburg-Stellingen verfügt
über eine solche Anlage. Hier werden von
den Hafen- und Elblotsen auch die Anläufe
neuer Schiffstypen vorbereitet und berechnet. Das MTC erlaubt dabei die Darstellung
verschiedener Schiffsbrücken. Es geht darum, in der Simulation so nah wie möglich
an die realen Szenarien heranzukommen.
Mit dem Simulator werden die Auswirkungen unterschiedlichster Windstärken, von
Strömungen, Eisgang, Nebel oder komplexe
Begegnungssituationen für den jeweiligen
Schiffstyp berechnet. Anhand der Simulationsvarianten erarbeiten die Lotsen gemeinsam mit der HPA ein maßgeschneidertes
Einsatz-Konzept.
Von zentraler Bedeutung für den Hamburger Hafen ist die Fahrrinnenanpassung
der Unter- und Außenelbe. 2001 beantragte der Hamburger Senat beim Bund eine
Anpassung der Fahrrinne – es handelt sich
um eine Bundeswasserstraße. Die Planfeststellung für die Fahrrinnenanpassung
auf der Strecke zwischen dem Hamburger
Hafen und dem Mündungstrichter der Elbe
in der Deutschen Bucht bei Cuxhaven ist bereits beschlossen. Bei einer positiven Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts
in Leipzig werden den Schiffen bald rund
100 Zentimeter mehr Wassertiefe unterm
Kiel auf der Elbe zur Verfügung stehen. Derzeit können Schiffe mit einem maximalen
Tiefgang von 12,80 Metern unabhängig von
den Gezeiten in Hamburg ein- und auslaufen.
Gezeitenabhängig dagegen sind einkommend von der Nordsee unter Ausnutzung
der Flutwelle 15,10 Meter und ausgehend
13,8 Meter möglich. Überdies ist im Zuge
der Maßnahme geplant, das Flussbett zwischen Glückstadt und dem Hamburger
Hafen um 20 Meter zu verbreitern, um den
Begegnungsverkehr besonders großer Seeschiffe zu erleichtern. Bei Wedel ist eine
gut sieben Kilometer lange und 385 Meter
breite Begegnungsbox vorgesehen. In diesem Abschnitt der Elbe kurz vor Hamburg
können nach Fertigstellung der Box auch
besonders große Seeschiffe ohne Warte-
HAFEN HAMBURG
• Der Hamburger Hafen ist der größte
deutsche Seehafen und der drittgrößte
Containerhafen Europas.
• 145,7 Millionen Tonnen wurden 2014
umgeschlagen, darunter 9,7 Millionen
Standardcontainer (TEU).
• Rund 10.000 Schiffe laufen den
Hamburger Hafen pro Jahr an sowie
wöchentlich mehr als 1200 Güterzüge.
• Vier Containerterminals stehen den
Kunden des Hamburger Hafens zur
Verfügung. Überdies gibt es 50
weitere, spezielle Umschlaganlagen für
Projektverladungen und Massengüter.
• Der Dortmunder und der Hamburger
Hafen sind durch eine Repräsentanz
verbunden, die Hafen Hamburg
Marketing im Verwaltungsgebäude
der Hafen AG eröffnet hat.
zeiten passieren. Auf der Unterelbe dürfen
sich nach Vorschrift der Generaldirektion
Wasserstraßen und Schifffahrt auf einigen Abschnitten nur Schiffe mit einer Gesamtschiffsbreite von maximal 90 Metern
begegnen.
Foto: Foto: HHM/Zilski · Grafik: MSC
Foto: HHM/ Lindner
Es bedarf einer ausgeklügelten Logistik, um vor allem die großen Containerschiffe sicher in den Hafen zu lotsen.
Das weltweit größte Containerschiff (MSC ZOE) wurde in Hambur am 3. August getauft.
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Serie
UNTERNEHMENSPORTRAIT
Wenn die Körner rieseln
Agravis pflegt eine mehr als 100 Jahre alte Tradition am Dortmunder Hafen
Der Dortmunder Norden – und dies besonders in Hafennähe – nimmt für sich in Anspruch, an die große industrielle Historie der Stadt zu erinnern, ohne die Bedeutung gering zu schätzen, die der Hafen als Waren-Umschlagsort
immer noch hat. Container und Coils prägen das Bild, Unternehmen lassen Baustoffe löschen, und was so gar
nicht dazu zu passen scheint, ist ein Landhandel nebst Getreidelager, die besonders in den Sommermonaten zu
Zielpunkten der Landwirte werden, die in der Industrieregion zwischen Ruhr und Dortmund-Ems-Kanal noch wirtschaften: Raiffeisen und Agravis.
U
nd doch blickt der Standort am Stadthafen auf eine mehr als 100 Jahre alte
Tradition zurück. „Seit 1910 wird hier Getreide gelagert und gehandelt“, sagt Frederik Fischer-Neuhoff, Zweigstellenleiter
Dortmund der Agravis Kornhaus Westfalen-Süd GmbH. 13 000 Tonnen umfasst die
Kapazität der Häuser an der Speicherstraße
– und damit gleichzeitig das jährliche Handelsvolumen. Denn einmal im Jahr müssen
die Speicher restlos leer sein. Besenrein.
Wir reden schließlich von Nahrungsmitteln.
Am 1. Januar 2010 ist das Unternehmen
als Vertriebsorganisation gegründet worden. Hervorgegangen aus der Agravis
Kornhaus Sieger-Sauerland GmbH und der
Agravis Kornhaus Kamen-Dortmund GmbH
– tätig an elf Standorten in den Regionen
Ruhr-Lippe und dem Sieger- und Sauerland. Neben dem Kerngeschäft des Getreidehandels gehört das Betreiben der Raiffeisen-Märkte sowie der Handel mit Heizöl,
Diesel, Gas und Holzpellets dazu.
Er spricht kurz mit einem Mitarbeiter, der
eine Anhängerladung schwarzer Rapskörner in den Getreidesumpf rieseln lässt.
„Mal ein anderes ,schwarzes Gold‘“, sagt
er und grinst. Landwirte, die nicht über
ausreichend Lager verfügen, müssen ihr
Getreide direkt nach der Ernte verkaufen –
Agravis lagert es ein und verkauft es später, wenn die Speicher auf den Höfen leer
sind, an die Landwirte zurück. „Vor der
nächsten Ernte müssen sie zukaufen, und
dann haben wir noch etwas vorrätig.“ Verkauft wird das Getreide aber auch an Großabnehmer wie Mühlen und Brotfabriken.
Etwa 30 Landwirte würden den Standort
beliefern – eine sinkende Zahl.
Frederik Fischer-Neuhoff:
„Die meiste Ware wird per
Schiff transportiert.“
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Der zehn Stockwerke
hohe Kornspeicher ist
zu einer Landmarke
am Hafen geworden.
Der Verkauf findet
im lang gestreckten
Gebäude statt.
Anlieferung per Trecker oder Lkw, Weitertransport per Schiff. „Etwa 70 bis 80 Prozent der Ware geht über den Schiffstransport wieder raus“, schätzt Fischer-Neuhoff.
Etwa zu den Kraftfutterwerken in Münster
und Dorsten, den Mühlen Jeckering und
Bröckelmann in Hamm. Bis zu 1000 Tonnen könne ein Schiff laden, das verbillige
den Transport: „Der Lkw ist etwa drei Euro
pro Tonne teurer.“
Die zehn Stockwerke des Raiffeisen-Speichers und der flachere, lang gestreckte ehemalige Rhenus-Speicher von 1910
bergen derzeit 2000 Tonnen Raps für die
Hammer Ölmühle, 4000 Tonnen Weizen
und 3000 Tonnen Gerste für die Verarbeitung zu Tierfutter, 2000 Tonnen Brotweizen
und ein paar 100 Tonnen Roggen für den
Verkauf. „Die Böden hier sind keine klassischen Roggenböden“, so der Filialchef. Zu
gut für Roggen im Grunde genommen, mit
dem man auch auf leichteren Böden gute
Erträge erzielen kann. Hier baue man lie-
nigungen zu vermeiden. „Bodenlagerung
ist schon lange nicht mehr erlaubt“, so der
25-Jährige, der das Lager mit drei Mitarbeitern bewirtschaftet. Er selber stammt
von einem Hof in Löttringhausen und wenn
man sieht, wie er sich über die Lüftungsklappen der Speicher bückt, um den warmen Duft des Getreides zu riechen, dann
nimmt man ihm die Herkunft ab. Eigentlich
ist der gesamte Speicher mit diesem würzigen Duft erfüllt. Eine Folge der unablässig arbeitenden Kühlung. „Das Getreide hat
bei Anlieferung an einem Hochsommertag
eine Temperatur von 30 Grad Celsius“, erklärt Fischer-Neuhoff, „und muss auf 13,
14 Grad herunter gekühlt werden.“ Macht
man es nicht, würde es anfangen zu stocken und Schimmel zu bilden. Außerdem
drohe Selbstentzündung. Abgesehen davon
schätzen Getreideschädlinge diese niedrige Temperatur ebenfalls nicht. Im Regal
ber hochwertigeren Weizen an, der besser lagern in Beuteln Proben von jeder Charbezahlt werde. Er bringe etwa zwei Euro je ge angelieferten Getreides, um die Qualität
Doppelzentner (100 Kilo) mehr. Insgesamt festzuhalten – oder auch den Verschmuteine durchschnittliche Ernte sei es diesmal zungsgrad. Die Reinigung erfolgt über Gegewesen. Gute Gerste, der Weizen nicht so bläse, Rütteln und Schütteln, über Siebe.
gehaltvoll, der Brotweizen eher durchwach- Zu Umsätzen kann Fischer-Neuhoff nichts
sen. Der Regen sei etwas spät gekommen.
sagen, zu sehr würden die Preise schwanDer Raps ist abgekippt, ein
ken. Mal bringe die Tonne
„Etwa 70 bis 80 Prozent
System von BecherwerWeizen 250 Euro, mal nur
der Ware geht über den
ken, Ketten und Schiebern Schiffstransport wieder raus“ 150. Der Raps erfreue eitransportiert ihn bis zum
nen schon mal mit einem
Elevator, der die Ernte bis ins höchste Ge- Preis von 520 Euro pro Tonne, derzeit liege
schoss transportiert, wo sie über Schüt- er bei 350. „Bei Weizen und Raps richten
ten in senkrecht stehende Getreidespeicher sich die Preise nach dem Weltmarkt. Und
verteilt wird. Miag Mühlenbau hat 1910 of- die anderen Getreidearten ziehen mit rauf
fenbar gut gearbeitet, es sind immer noch oder runter“, meint er.
dieselben Geräte, die transportieren. Ach- Agravis und Raiffeisen an der Speichersen laufen in schwarzem Fett, halbzentime- straße, ein Standort, der zu den traditionsterdicke Bleche, die an Ketten geschweißt reichen am Kanal gehört. Zwar kein klassisind, schieben das Getreide an Sichtfens- scher für Coils und Container, für Legemehl
tern vorbei, bis es in die zugedachten und Pferdemüsli. Aber immerhin einer, der
Schächte fällt.
Trecker und Schiff zusammenbringt. Hat
Ein geschlossenes System, um Verunrei- man auch nicht so oft.
Bolzplatz-Turnier
S
piel, Spaß und Spannung: Unter der Schirmherrschaft von Uwe
Büscher, Vorstand der Dortmunder Hafen AG, haben die Jugendabteilung und der Förderverein des BV Viktoria Kirchderne 1911
auch in diesem Jahr ihr „Bolzplatz-Turnier“ gefeiert. Dabei haben elf
Jungen- und vier Mädchenteams den Ball laufen lassen und Tore geschossen. Und das nicht zu knapp. Bei den Mädchen setzten sich
die „Die wilden Kracher“ des SV Berghofen durch, bei den Jungs
stand am Ende das Team „Berswordt 1“von der gleichnamigen Berswordt-Grundschule auf dem Siegertreppchen. Ausgepowert, aber
überglücklich, nahmen die jungen Kicker die Pokale und Geldpreise
von Hafen-Vorstand Uwe Büscher in Empfang.
13
www.dortmunder-hafen.de
Menschen zieht es
ans Wasser und zur
Musik: Der Hafen und
die Pauluskirche waren
zwei herausragende
Ankerpunkte im
Veranstaltungsreigen.
Das Flair des Hafens
Jung und Alt gingen auf Entdeckungstour
mannsknoten formen. Oder an der Drehbrückenstraße die Fotoausstellung im
Hafen-Studio besuchen, um wenig später
über die eigens aufgebaute Pontonbrücke
auf wackeligen Füßen zur anderen Uferseite zu gelangen. Dort prosteten sich Hafen-Besucher Christel Brockhaus und Felix
Ziolkiewicz mit Kräuterschnaps zu. „Sehr
interessant hier. So kennen wir den Hafen
gar nicht.“
D
as Hafenviertel in Bewegung: Auch
beim 5. Hafenspaziergang gab es für
die Besucher an 26 Veranstaltungsorten
reichlich zu entdecken. Ein Ankerpunkt war
das Alte Hafenamt. Einmal mehr führte Kulturwissenschaftlerin Ute Iserloh staunende Besuchergruppen im Feuerschein der
Fackeln durch den nächtlichen Dortmunder Hafen. Wer wollte, konnte tagsüber im
Rücken des Hafenamtes sein Geschick beweisen und beispielsweise aus Tauen See-
Nach kurzer Pause ging‘s für beide weiter,
über die Gneisenaustraße zum Blücherpark, wo vorwiegend jüngere Besucher
bei Live-Musik an der Bühne feierten. Die
Licht-Klang-Installation am Projektspeicher
(Speicherstraße 33) zu vorgerückter Stunde haben sie nicht mehr mitgenommen.
Wer die Hafengegend per Schiff besichtigen wollte, war auf der Santa Monika II
bestens aufgehoben. Kurz nach 20 Uhr legte sie erneut ab, an Bord rund 150 Geburts-
tagsgäste für die beiden Brüder Wolfgang
(30) und Frank Siegmund (35). „Wir fahren
nur ein bisschen hin und her, schleusen
geht um diese Uhrzeit leider nicht mehr.“
Am Tyde und auf dem Partyschiff Herr
Walter ging dafür umso mehr, Tische und
Stühle waren vollbesetzt. „Der Durchlauf ist
gut, die Leute sind mega-entspannt“, meldete Lars Rüttge aus dem Tyde. Das waren sie auch beim Halleluyeah-Festival in
der Pauluskirche an der Schützenstraße.
Im Garten gab‘s nachmittags Akustikpop,
bis es anschließend in der Kirche Punk und
Schlager zu hören gab. Organisatorin Heike Schulz vom Quartiersmanagement zeigte sich zufrieden: „Für die Besucher war es
eine echte Entdeckungstour.“ Offen bleibt
vorerst, ob es 2016 zur 6. Auflage des Hafenspaziergangs kommt. Heike Schulz gibt
sich zuversichtlich: „Ich kann mir nicht
vorstellen, dass es die Veranstaltung nicht
mehr gibt.“
Das Drehbuch ist fertig
Für die Sanierung des Envio-Geländes
Wie die Sanierung des mit PCB verschmutzten Geländes der Firma Envio ablaufen soll, steht für die Bezirksregierung in Arnsberg fest. Wann die Sanierungsarbeiten starten – das hingegen liegt weiter in der Hand der Oberverwaltungsrichter in Münster (OVG).
I
n dem Rechtsstreit vor dem OVG geht es
vor allem um die Frage, wer die Kosten der
Sanierung zu tragen hat. ABB, die Vorgängerfirma von Envio? Oder letztlich doch die
Stadt Dortmund als Eigentümerin des Grundstücks? „Wir warten auf das OVG“, sagt Joachim Schmied, zuständiger Hauptdezernent
bei der Arnsberger Bezirksregierung. Er gehe
davon aus, dass es innerhalb der nächsten
Wochen zu einer Entscheidung kommen
werde. Dabei könne es auch auf einen Vergleich hinauslaufen, der zunächst den Weg
für den Sanierungsbeginn frei mache. Die
14
eigentliche Frage nach der Kostenübernahme werde dann später im Hauptverfahren
geklärt. Mit Blick auf die aktuelle Hängepartie hat Arnsberg das weitere Verfahren zur
EU-weiten Ausschreibung der Arbeiten erst
einmal gestoppt. Dabei ist der eigentliche
Ablaufplan für die Sanierung längst geschrieben. Arnsberg will in mehreren Schritten vorgehen: Nach der Räumung des Geländes, der
beiden Hallen I und II sowie der weiteren Anlagen, werden die Aufbauten abgerissen. Danach kommen die Freiflächen an die Reihe.
Auch sie seien teilweise so stark belastet,
Alle Aufbauten auf dem Envio-Gelände werden
abgetragen, auch die Trafos.
dass die Oberfläche abgetragen werden
müsse, sagt Schmied. Das geschehe unter
Zelten und mit speziellen Maschinen. Allerdings: Selbst wenn die Arbeiten vorbehaltlich der OVG-Entscheidung in den kommenden Wochen und Monaten starten können
– bis zu ihrem Abschluss, schätzt Umweltdezernent Schmied, dürften rund 1,5 Jahre ins Land ziehen. Die mit PCB belasteten
Hallen sind für Dritte absolute Tabuzone: „Da
kommt niemand hinein“, sagt Schmied, „die
Hallen sind gesichert und werden regelmäßig
kontrolliert.“
4 | 2015
Serie
SIEBEN
FRAGEN
er Hafen gilt als größtes,
D
zusammenhängendes
Industriegebiet Dortmunds.
Wie viel Hafenbecken gibt es
eigentlich?
1. Der Dortmunder Hafen umfasst insgesamt 1,7 Millionen Quadratmeter
mit 35 Hektar Wasserfläche und
11 Kilometer Uferlänge.
Wie viel Becken hat er eigentlich?
A
B
C
Zehn.
Fünf.
Zwölf.
2. D
ie Hafenbahn (heutige Dortmunder
Eisenbahn) nahm 1899 ihren Betrieb
auf. Ihr Zweck war es, . . .
it Inbetriebnahme der neuen
M
KV-Anlage baut der Hafen sein
Angebotsportfolio weiter aus.
Was kann die KV-Anlage leisten, was das Containerterminal
nicht kann?
A
A
B
C
… das mit Binnenschiffen angelieferte
Eisenerz in die umliegenden Stahlwerke
zu transportieren.
…die Stahlarbeiter zu den
Produktionsstätten zu fahren.
…Hafenrundfahrten anzubieten, die
dann später aufs Wasser verlegt und
von der Santa Monika übernommen
wurden.
B
C
5. Wer offenen Auges durch das Hafengebiet wandert, stößt irgendwann
unweigerlich auf welches Museum?
A
B
C
… Bremen.
… Emden.
… Wilhelmshaven
B
Auf das Industrielack-Museum.
Auf das Automobilmuseum.
Auf das Apothekenmuseum.
6. Die Anlage für den Kombinierten
Verkehr (KV), die Am Alten Hafenbahnhof entsteht, erhöht die Kapazitäten des
Containerterminals im ersten Schritt
um weitere 100.000 Ladeeinheiten/Jahr.
Hinzu kommt, dass mit der neuen
KV-Anlage neben Containern erstmals
auch…
A
4. T ransporte per Schiff bieten sich vor
allem an, wenn größere Mengen zu
bewältigen sind. Schätzen Sie mal:
Wie viel LKW macht ein einziges
kanalgängiges Schiff im Durchschnitt
überflüssig?
7. 3,50 Meter tief ist das Wasser in
den Hafenbecken. Aus Gründen der
Verkehrssicherheit muss der Hafen die
Wassertiefe regelmäßig messen. Wie?
A
B
A
C
3. A
m 11. August 1899 eingeweiht und
223 Kilometer lang, ist der Dortmund-Ems-Kanal der erste große
Kanal, der in Deutschland gebaut
worden ist. Die Wasserstraße führt
von Dortmund nach . . .
Rund 50 LKW.
Rund 20 LKW
Rund 10 LKW.
B
C
…Wechselbrücken und Sattelauflieger
(Trailer) umgeschlagen werden können.
…das Roll-On-Roll-Off-Verfahren angewandt werden kann. Dabei wird die
Ladung direkt aufs Schiff gefahren.
…Autos von der Schiene aufs Schiff
umgeladen werden.
C
Ganz einfach: Taucher gehen der Sache
mehrmals im Jahr auf den Grund.
Die Hafenbecken werden mit Echolot
vermessen.
Dafür ist das Wasser- und Schifffahrtsamt in Duisburg-Meidereich zuständig. Dessen Mitarbeiter messen die Tief
mit Hilfe von am Boden befestigten
Bojen, die über Sensoren verfügen.
LÖSUNGEN
1 A//2A//3B//4A//5A//6A//7B
Für jede richtige Antwort gibt es einen Punkt.
0-2 Punkte:
Da ist noch deutlich Luft nach oben.
2-5 Punkte:
Gutes Basiswissen.
5-7 Punkte:
Glückwunsch: Sie sind auf dem Weg
zum Hafen-Experten.
15
Dortmunds
Traumstrände.
Die neuen Wertstoffinseln für
Altpapier, Altglas und Alttextilien.
Entsorgung Dortmund GmbH / T (0231) 9111.111 / www.edg.de