11.12.2015 Aus der Hochschule Kehl

Aus der Hochschule Kehl
Staatsanzeiger · Freitag, 11. Dezember 2015 · Nr. 49
Interview: Der Rektor
dienstlich und privat
„Über Weihnachten sollten
die Studierenden entspannen“
Der Student Mario Rebmann (siehe Kasten) hat mit dem Hochschulrektor Paul Witt gesprochen
und dabei einiges aus dessen Privatleben erfahren.
Warum der öffentliche Dienst?
Mein Onkel war Hauptamtsleiter
einer kleinen Gemeinde, er hat
mich aufmerksam gemacht auf die
Vorteile des öffentlichen Dienstes.
Ich habe dann Verwaltung studiert, in der Verwaltung gearbeitet
und mich als Professor an der
Hochschule in Kehl beworben.
Nach sieben Jahren wurde ich zum
Prorektor gewählt und nach weiteren sieben Jahren Rektor.
Macht es Ihnen Spaß, trotz Verantwortung und Stress, Rektor zu sein?
Es gibt Tage, an denen ich von
morgens bis abends durchgängig
Besprechungen habe, da bin ich
abends platt. Aber genau dann
habe ich das Gefühl, etwas bewegt
zu haben. Jedoch gibt es auch ruhigere Tage. Der Job macht mir trotz
allem Spaß und ich bin mit Herzblut dabei. Das Einzige, was mir
ein bisschen fehlt, ist der Kontakt
zu den Studierenden. Aus diesem
Grund leite ich eine Gruppe im
Proseminar und bringe mich im
Vertiefungsstudium im Bereich
Die Seite „Aus der
Hochschule“ ist von
und für Studenten
Projekte
Forschung zu Fragen
der erneuerbaren Energien
Der Student Mario Rebmann unterhält sich in der Hochschule für öffentliche Verwaltung in Kehl mit dem Rektor Paul Witt. FOTOS: HOCHSCHULE KEHL
Mario Rebmann schreibt ab jetzt öfter für den Staatsanzeiger
Mario Rebmann ist 25 Jahre alt und
kommt aus Wutöschingen (Kreis Waldshut). Nach einer Ausbildung zum Verwaltungsfachangestellten arbeitete er
im Rechnungsamt seines Heimatorts und
entschied sich dann, zu studieren. In der
Hochschule Kehl engagiert er sich in der
SSV und leitet das Marketingreferat.
Kommunalpolitik ein. Ich unterrichte gerne, und das fehlt mir in
meinem Bürojob, mit vielen Reisen und Besprechungen.
Haben Sie ein Anti-Stress-Programm?
Ich fahre gerne mit meinem
Mountainbike oder gehe walken.
Sport an der frischen Luft tut mir in
diesen Situationen gut. Im Sommer bin ich hin und wieder mit
meinem Motorrad in den Vogesen
oder im Schwarzwald unterwegs,
was mich wirklich entspannt.
Was war für Sie das aufregendste
Ereignis an der Hochschule?
Eigentlich gibt es fast jeden Tag
aufregende Ereignisse. Es macht
mir immer wieder große Freude,
Warum er sich entschieden hat, ab jetzt
öfter für den Staatsanzeiger zu schreiben, erklärt Mario so: „Das Projekt mit
dem Staatsanzeiger hat mich begeistert,
weil ich mich für Berichterstattung interessiere und dies eine gute Möglichkeit
darstellt, um in die Materie hineinzuschnuppern.“
wenn ich von Bürgermeistern und
Landräten höre, dass unsere Studierenden gut ausgebildet sind.
Das Aufregendste für mich ist, dass
wir wachsen und mehr Studierende als früher haben, weshalb wir
jetzt Räumlichkeiten im Nebengebäude anmieten. Ein Highlight
war auch die Einführung von Masterstudiengängen.
Denken Sie gerne an Ihre Kehler
Studienzeit zurück?
Sehr gerne sogar. Ich selbst habe
privat in Willstätt gewohnt. Mittwochs war immer Wohnheimparty, da hat man eben, wenn es etwas
später wurde, in irgendeiner Studentenbude bei einem Kommilitonen übernachtet. Aber nicht nur
an die Feste denke ich gerne zurück, sondern ich fand auch das
Studium sehr interessant, vielseitig und nützlich. Nicht nur für den
späteren Beruf, sondern auch für
das Privatleben.
Was vermissen Sie aus dieser Zeit ohne
Whatsapp und Facebook, und was ist
heute besser?
Was ich jetzt wirklich schätze, sind
die neuen Medien, die einem die
Arbeit erleichtern. Auch im Zug
kann man gut arbeiten, etwa telefonieren, Mails verschicken oder
Facebook nutzen. Was ich manchmal vermisse, sind die politischen
Diskussionen, die man des Öfteren geführt hat.
Was bietet Kehl als Stadt, was wir
Studierende nicht verpassen sollten?
Vor allem die Nähe zu Straßburg.
Mit dem Fahrrad ist man in 20 Minuten im Stadtzentrum und an der
Kathedrale. In Kehl an der Rheinuferpromenade kann man wunderbar joggen, und auch die Landschaft um Kehl herum, das Hanauer Land, hat Studierenden einiges zu bieten.
Sie legen großen Wert auf Mode. Wie
würden Sie Ihren Stil beschreiben,
und wo finden Sie Inspiration?
Ich glaube, ich habe keinen speziellen Stil. Es gibt Menschen, die
tragen nur schwarze Anzüge und
Hemden, ich hingegen liebe farbige Klamotten. Die Inspirationen hole ich mir meistens von
meiner Frau, die berät mich ganz
gut und kauft mir auch hin und
wieder was zum Anziehen.
Was möchten Sie den Studierenden
für die Weihnachtszeit und die anstehenden Prüfungen mitgeben?
Über Weihnachten empfehle
ich, besinnlich zu werden und zu
entspannen, denn auch das gehört zu einem Studium dazu. Für
die anstehenden Prüfungen
wünsche ich natürlich viel Erfolg
und gute Noten. Ich bin ja nun
schon sehr lange an der Hochschule und ich glaube, es gab
noch nie eine Zeit, in der die Studierenden so gute Chancen hatten, gute Jobs zu bekommen.
Stellen, bei denen es auch nach
oben geht, wenn man etwas flexibel, mobil und engagiert ist.
Der Verwaltungsnachwuchs gibt
Flüchtlingen sein Wissen weiter
15 Studierende senden aus dem eigenen Studio
Freiwillige erklären Asylbewerbern das deutsche Bewerbungssystem
Vor einer Sendung muss der Ablauf genau geplant werden. Es sprechen jeweils ein Moderator und
zwei Experten. Der Moderator führt
durch die Sendung und befragt die
Experten zu einem Thema. Die Aufgabe der Teams besteht jedoch
nicht nur darin, zu sprechen. Einer
der Drei ist für das Einspielen der
Musik zuständig, ein anderer bedient das Mikrofon.
Die Schwierigkeit bestehe darin,
sich zeitlich genau aufeinander abzustimmen, sagen die Studierenden. Ab und an komme es zu peinlichen Pannen. So konnten die Zuhörer in einer Sendung eine Studentin aus dem Radioteam live ein
Lied mitsingen hören, da ihr Kollege vergessen hatte, das Mikrofon
auszuschalten.
Die Themen für die Sendungen
legen die Studierenden fest. Oft
sind es Themen aus dem Studienalltag, manchmal aus aller Welt.
Von der Idee bis zum sendereifen
Konzept vergehen mehrere Stunden. Doch am Ende kann man stolz
auf die eigene Sendung sein. (hsk)
Um ihnen zu helfen, sich auf dem deutschen Arbeitsmarkt zurechtzufinden,
unterstützen Studierende aus Kehl Flüchtlinge beim Schreiben von Bewerbungen.
KEHL. Die Hochschule Kehl setzt
sich ehrenamtlich für Flüchtlinge
ein. Vor dem Hintergrund der stetig
steigenden Zahl von Asylbewerbern im Ortenaukreis haben Claudia Trippel, Professorin an der
Hochschule, und 15 Studierende
ein Projekt ins Leben gerufen, um
den Flüchtlingen zu helfen. Dabei
erklären die Studierenden den
Flüchtlingen das deutsche Bewerbungssystem und unterstützen sie
bei der Suche nach einer Arbeit.
Aktuell werden etwa zehn
Flüchtlinge betreut, die hauptsächlich aus Syrien und vom Bal-
KEHL. Im zweiten und dritten
Fachsemester erforschen Studierende aus der Hochschule Probleme der Energiewende und halten
die Ergebnisse in wissenschaftlichen Aufsätzen fest. Teil des Seminars ist der Austausch mit Praktikern. Seminarleiter Michael Frey,
Professor für Rechts- und Kommunalwissenschaften, hat für das
Projekt in diesem Jahr den Ars-legendi-Fakultätenpreis Rechtswissenschaften erhalten. (hsk)
Wie man aus Gülle Gold
machen kann
KEHL. Im Fachprojekt „Aus Gülle
wird Gold“ beschäftigen sich Studierende mit den Auswirkungen
der Energiewende auf das Bauplanungs- und Immissionsschutzrecht am Beispiel von Biogasanlagen. Im Mittelpunkt stand eine
Wochenendexkursion zu Biogasanlagen im Raum Trier (Rheinland-Pfalz). Begleitet wird das Projekt von Thorsten Hesselbarth,
Professor für Rechts- und Kommunalwissenschaften. (lorenz)
Das Gespräch führte
Mario Rebmann
Hochschulradio bietet
Ausgleich zum Lernen
KEHL. Seit 1998 hat die Hochschule
für öffentliche Verwaltung in Kehl
ein Hochschulradio. Im laufenden
Semester gestalten 15 Studierende
das Radioprogramm. Dafür haben
sie sich zu Teams mit je drei Personen zusammengeschlossen. Diese
Teams senden von montags bis freitags, immer morgens von kurz nach
halb acht bis acht Uhr aus dem Radiostudio der Hochschule.
Für die Studierenden stelle das
Radio einen willkommenen Ausgleich zum Studium dar, sagt eine
der Radiomacherinnen. Zwar sei es
anfänglich ungewohnt gewesen,
die eigene Stimme im Radio zu hören, aber daran habe man sich
schnell gewöhnt.
Um am Mikrofon frei sprechen
zu können, machen die Studierenden Übungen für eine deutliche
Aussprache. Ein morgendliches Ritual ist es etwa, mit einem Korken
im Mund zu sprechen. Das soll die
Muskulatur lockern. Außerdem haben sie gelernt, Sätze „radiotauglich“ zu formulieren, damit die Sendung für den Hörer spannend ist.
In eigener Sache
STUTTGART. Auf der Seite „Aus
der Hochschule Kehl“ kommen in
Zukunft die Studierenden der
Hochschule für öffentliche Verwaltung zu Wort. Sie berichten aus erster Hand, was den Nachwuchs der
öffentlichen Verwaltung umtreibt:
vom Studentenleben, neuen Studienfächern, Praktika, Projekten
und Professoren bis hin zu kleinen
internen Geheimnissen und Geschichten aus dem Alltag.
Die Studierenden wählen die
Themen selbst aus und bringen sie
zu Papier. Die Seite aus der Hochschule wird alle drei Monate im
Staatsanzeiger erscheinen. (sta)
Paul Witt,
Rektor der Hochschule für
öffentliche Verwaltung Kehl
Staatsanzeiger: Astronaut, Pilot
oder Arzt; als Kind hat man Berufsträume – welcher war Ihrer?
Paul Witt: Pilot. Schon zu meiner
Bundeswehrzeit im Wehrdienst
wollte ich zu den Heeresfliegern,
habe auch die Flugtauglichkeitsprüfung in München absolviert
und bestanden. Allerdings wollte
ich mich nicht für acht Jahre verpflichten lassen. Stattdessen wurde ich Beamter, da mir dies eine
gute Alternative zu sein schien.
19
kan kommen. Sie sind zwischen 17
und 40 Jahre alt und sprechen teilweise Deutsch. Einige der Studierenden sprechen mehrere Sprachen, was ihnen beim Umgang mit
den Flüchtlingen hilft.
„Es ist beeindruckend zu sehen,
mit wie viel Hoffnung die Flüchtlinge an die Hochschule kommen“,
sagt eine ehrenamtlich tätige Studentin des Flüchtlingsprojekts. An
Bereitschaft zum Arbeiten fehle es
nicht. Aber auch die Unternehmen
im Ortenaukreis seien bereit,
Flüchtlingen die Chance auf einen
Arbeitsplatz zu geben und reagierten oft erfreut über Anfragen der
Studierenden.
Die Studentinnen Leonora Askova und Albana Halilaj betreuen
gemeinsam zwei junge Flüchtlinge
vom Balkan. „Die Flüchtlingsthematik betrifft alle“, sagt Halilaj.
„Meine Eltern stammen aus dem
Kosovo und haben sich damals, als
sie nach Deutschland kamen, über
jede Hilfe gefreut. Ich bin sehr
dankbar dafür und würde gern alles zurückgeben.“ (halilaj)
Studierende im Projekt „Aus Gülle wird
Gold“ vor einer Biogasanlage in Trier.
Studierende schreiben Buch
zum Verwaltungsrecht
KEHL. Studierende schreiben gemeinsam mit der Projektleiterin
Kathi Gassner, Professorin für
Rechts- und Kommunalwissenschaften, ein Buch. Dieses soll Studierenden und Praktikern einen
nach Rechtsgrundlagen gegliederten Zugang zum besonderen Verwaltungsrecht bieten. Inhalte sind
Grundlagen, zentrale Tatbestandsmerkmale, Prüfungsschemata und Bescheidmuster. (hsk)
Studentinnen setzen sich für
mehr Bürgermeisterinnen ein
KEHL. Im Fachprojekt 28 wollen
Studentinnen herausfinden, wie
der Anteil von weiblichen Bürgermeistern erhöht werden kann.
Dazu haben sie die Bürgermeisterinnen im Land, die Landtagsparteien, mehrere Gemeinden und
den Städtetag zum Thema befragt.
Derzeit sind fünf Prozent der Bürgermeister in Baden-Württemberg weiblich. (hsk)