Ansprache zum Noviziatsbeginn von Sr. Laura Marie Menge am 13

Ansprache zum Noviziatsbeginn
von Sr. Laura Marie Menge
am 13. Juli 2015
Lesung: Aus Psalm 18 (2b-3.19b-20a.29b-30)
Ich will dich rühmen Herr, meine Stärke,
Herr, du mein Fels, meine Burg, mein Retter,
mein Gott, meine Feste, in der ich mich berge,
mein Schild und sicheres Heil, meine Zuflucht.
Der Herr wurde mein Halt.
Er führte mich hinaus ins Weite.
Mein Gott macht meine Finsternis hell.
Mit dir erstürme ich Wälle,
mit meinem Gott überspringe ich Mauern.
Liebe Schwester Laura Marie,
Liebe Mitschwestern,
für diese Feier deiner Aufnahme ins Noviziat hast du dir einige Verse aus Psalm 18 ausgewählt, die wir eben gehört haben. Viele sehr verschiedene Bilder werden uns da vor Augen
gestellt, die etwas über die Gottesbeziehung des Beters aussagen.
Der Beter ist David und er fasst in diesem Psalm Erfahrungen zusammen, die er in einem langen Leben mit seinem Gott gemacht hat. David ist in lebensbedrohender Gefahr von Gott gerettet worden. Vieles ist ihm in seinem Leben gelungen und er weißt zutiefst, dass nicht nur
sein eigenes Können und sein Bemühen dafür ausschlaggebend waren.
Sehr schön drückt die Übersetzung von Luther seine Beziehung zu Gott aus, in der das Wort
„rühmen“ einen ganz anderen Farbton bekommt. Luther übersetzt: „Herzlich lieb habe ich
dich, HERR, meine Stärke!“. Hinter diesem „herzlich lieb“ steht ein Wort, das das zärtliche
Erbarmen Gottes meint, das Gott gegenüber den Hilfsbedürftigen hat. David traut sich, für
seine Liebe zu Gott dieses gleiche Wort zu wählen. Es hat auch mit einem Wort zu tun, das
für den Raum steht, in dem Leben gedeihen kann: die Gebärmutter. In solch inniger Beziehung weiß sich David zu seinem Gott geborgen. Eine wunderschöne Aussage über eine Gottesbeziehung.
Du hast diesen Vers nach der Einheitsübersetzung gewählt und da heißt es: „Ich will dich
rühmen“. Hier kann man einen festen Entschluss heraushören. David entscheidet sich für
diese innige vertraute Beziehung zu Gott und er möchte sie auch weiterhin leben. Solch ein
Vorsatz, nie von dieser Liebe zu Gott zu lassen, kann und sollte am Anfang eines Ordenslebens stehen. Wer das sagt, nimmt den Mund ja auch nicht zu voll, denn in dem Satz geht es
weiter: „HERR meine Stärke“. Damit ist sehr klar, wer die Kraft dazu gibt. Unser Gott ist die
Stärke unseres Lebens und es ist gut, sich dessen zutiefst bewusst zu sein, immer wieder in
unserem Leben – so auch heute am Beginn deines Noviziates.
Nun hat David diesen Psalm aber gegen Ende seines Lebens geschrieben. Das Leben lebt
man aber nicht in der Rückschau, sondern man lebt es Schritt für Schritt, Tag für Tag. Und da
wird man ganz tiefe, froh machende Begegnungen erleben, vieles gelingt, und man kann sich
für Menschen einsetzen und dabei tiefen Lebenssinn erfahren. Zwischendrin wird einem dieser Gott aber auch aus dem Blick geraten, man wird sich an ihm reiben, man kann auch auf
ihn zornig werden, ja er kann einem völlig unverständlich werden.
Interessanterweise nennt Benedikt als Voraussetzung für die Aufnahme ins Kloster nicht einen felsenfesten Glauben. Vielmehr verlangt er, dass man „wirklich Gott sucht“. Nichts von
Burg, Fels, Halt hören wir da. Es geht um ein Suchen, und das ein Leben lang. Am Ende mag
solch ein Danklied gesungen werden - und dazwischen hoffentlich auch immer wieder - doch
es ist immer ein freudiges und ein mühsames Suchen angesagt.
Jede, die bei uns eintritt, entscheidet sich für diesen Schritt ja auch deshalb, weil sie etwas
sucht, was sie außerhalb der Gemeinschaft (noch) nicht gefunden hat. Und es ist auch unmittelbar einsichtig, dass das Suchen nicht aufhört, wenn man über die Schwelle des Hauses getreten ist. Vielmehr gilt es, in einem ganz konkreten Alltag mit ganz konkreten Menschen
Gott zu suchen. Und dann merkt man auch ganz schnell, dass es beim Lieben in Gemeinschaft nicht um nette Gefühle zueinander geht. Fernstenliebe kann man leicht auf den Lippen tragen – gefragt aber ist Nächstenliebe. Und Benedikt hatte es offensichtlich mit Mitbrüdern zu tun, die viele Eigenarten haben (RB 2,31), die leibliche und charakterliche Schwächen
haben (RB 72,5), an denen Außenstehende eventuell etwas zu kritisieren haben (RB 61,4)
und die so manches tun, was eigentlich ferne sei. Genau in solch einer Realität gilt es, sich
auf den Weg zu machen. Benedikt sieht mit aller Klarheit, wie seine Mönche sind und wie
das Leben ist. Er legt Wert darauf, dass die, die eintreten, darum wissen.
Genau hier ist der „heilige Boden“, auf dem das wachsen und reifen kann, wozu die Sehnsucht uns lockt. Dann geht uns irgendwann auch auf, dass es nicht darum geht, „etwas“ zu
suchen, was mein Leben erfüllt und reich macht, sondern jemanden. Es geht um ein Hineinwachsen in die Beziehung zum Herrn, und so kann es nach und nach zu einer Umwandlung in
Christus kommen. Diese Richtung muss das Suchen nehmen. Dann fangen wir an, ein falsches Kreisen um uns selbst zu verlieren, dann müssen wir uns nicht mehr mit den anderen
vergleichen, dann werden mehr und mehr die Mitschwester und die Menschen, mit denen
wir es zu tun haben, unser Herzensanliegen. Wir lernen, nicht in den Ersatz zu flüchten, sondern uns an den Gott zu halten, der sicheres Heil ist, der uns dabei aber auch in die Weite
führt, in der all die anderen Menschen Platz haben.
Benedikt sagt als Realist: „Die Werkstatt aber, in der wir das alles sorgfältig verwirklichen
sollen, ist der Bereich des Klosters und die Beständigkeit in der Gemeinschaft.“ (RB 4,78) Es
fällt uns also nicht in den Schoß, sondern es gilt, das alles an einem ganz konkreten Ort mit
ganz konkreten Menschen zu üben und in die Tat umzusetzen. Interessanterweise wählt Benedikt dabei das Wort „sorgfältig“, im lateinischen „diligenter“, das aus der gleichen Wortwurzel kommt wie das Verb „diligere“, das „herzlich lieben“. So wie unser Gott auf jede und
jeden einzelnen von uns Acht hat, ja jedes Haar gezählt hat, so sollen wir uns auch gegenseitig mit aller Sorgfalt lieben. Das erfordert viel Wachsamkeit, das erfordert Üben und dabei
wird man und darf man auch Fehler machen.
So wünsche ich dir, liebe Sr. Laura Marie, dass die Zeit des Noviziats dir ein fruchtbares Üben
ermöglicht und wünsche dir, dass dein Herz auf diesem Weg weit wird und unser Gott dich
in die Weite der Liebe führt.
Anmerkung zur Namensgebung von Sabine Menge
Liebe Sabine,
Mit Eintritt ins Noviziat bekommst du von der Gemeinschaft einen Ordensnamen, der gleichsam als Überschrift über deinem weiteren Leben stehen wird. Du hast dir einen zweifachen
Namen ausgesucht:
Der eine hat mit deiner Geschichte zu tun. Die Arnsberger Propsteikirche ist einem Heiligen
geweiht und dort hat, wie du mir gesagt hast, dein Staunen über Gott angefangen, der
Wunsch, mehr von ihm zu erfahren, auch deine Liebe zur Liturgie und ein Heimatgefühl in
der katholischen Kirche. Der Heilige steht für dich inhaltlich aber vor allem dafür: „die
Schätze der Kirche auszuteilen“. So soll dir dieser Heilige, und es handelt sich hierbei um den
hl. Laurentius, immer Impuls sein, den Reichtum der Liebe Gottes, mit der du beschenkt
wirst, an andere weiterzugeben.
Dann ist dir eine weitere Haltung wichtig für dein weiteres Leben: das Hören, das Sich-GottÜberlassen, die Hingabe und das Mitgehen mit Christus durch alle Widrigkeiten, das wir von
Maria abschauen dürfen.
So wirst du künftig den Namen tragen: Sr. Laura Marie.
Namenstag wirst du am 10. August feiern.