Schadenersatz auch für Benzin?

Verkehr & Umwelt
V e rk e h r s r e c h t
Recht in Kürze
Fragen an den ACE-Anwalt
Hannes Krämer,
Rechtsassessor beim
ACE in Stuttgart
Ich wurde kürzlich in einen Verkehrsunfall verwickelt.
Dabei stieß mein Fahrzeug mit dem von links kommenden Auto
zusammen. Der Unfallgegner hatte die Vorfahrt missachtet. Da das
Fahrzeug nicht mehr verkehrstüchtig war, musste es abgeschleppt
werden. Die Begutachtung ergab einen Totalschaden mit einem
bestimmten Wiederbeschaffungs- und Restwert. Ich hatte kurz vor
dem Unfall mein Fahrzeug für knapp 80 EUR vollgetankt. Nun erfuhr
ich in meinem Bekanntenkreis, dass ich die Tankrechnung gegenüber
dem gegnerischen Versicherer geltend machen kann. Stimmt das?
Katja B., Recklinghausen
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In der Tat ist der volle Kraftstofftank eine oft vergessene
Schadensposition, welche grundsätzlich zunächst geltend gemacht
werden kann. Das Amtsgericht Solingen (12 C 638/12) hat 2012 entschieden, dass das nach einem Totalschaden im Tank des zerstörten Fahrzeugs
verbleibende Benzin einen ersatzfähigen Schaden darstellt. Dies ist jedoch
in der Rechtsprechung nicht ganz unumstritten und wird von anderen
Gerichten teilweise anders beurteilt. Für eine solche Schadensposition
spricht, dass der Kraftstoff, welcher idealerweise im Gutachten
festgestellt werden
sollte, vom Geschädigten verbraucht worden
wäre und somit nach
dem Unfall nutzlos für
ihn ist. Nach heutigen
Kraftstoffpreisen kann
es durchaus einen nicht
unerheblichen Betrag
darstellen. Der damalige Einwand des Unfallverursachers, dass
der Geschädigte den
Tank ja hätte leer pumpen lassen können,
wurde zurückgewiesen.
Auf der anderen Seite
wird vertreten, dass das
verbliebene Benzin Bestandteil des zerstörten
Fahrzeugs ist und im
Gutachten bereits
erfasst ist. Der Geschädigte würde hier doppelt entschädigt werden und
somit gegen das schadensrechtliche Bereicherungsverbot verstoßen.
Ich rate Ihnen, hier Kontakt mit dem Gutachter aufzunehmen und diesen
zu bitten, die Schadensposition zu berücksichtigen. Anschließend können
Sie den aufgewendeten Betrag bei der Schadensregulierung gegenüber
dem gegnerischen Versicherer geltend machen. Sollte dieser sich weigern
und die Position nicht akzeptieren, so müssen Sie abwägen, ob eine
gerichtliche Geltendmachung erfolgversprechend ist. Bei Vorhandensein
einer Verkehrsrechtsschutzversicherung bietet es sich an, einen Rechtsanwalt zu kontaktieren.
A CE L e n kra d 1 0 / 2 0 1 5
FOTOS: Emm, DVR (1)
Schadenersatz auch
für Benzin?
Bei groben Fahrfehlern ist
der Führerschein futsch
Ein hohes Alter (hier ging es um
einen 95-jährigen Mann) ist für
sich genommen noch kein Grund,
die Fahreignung anzuzweifeln. Anders sieht das aus, wenn der Mann
nach einem Unfall auf einem Parkplatz (bei dem er das Gas- mit dem
Bremspedal verwechselte) eine
praktische Fahrprobe absolviert
und nicht besteht. Begeht der Mann
bei der 30-minütigen Probe zahlreiche Verkehrsverstöße (unter anderem ignorierte er mehrmals „rechts
vor links“) und fällt auch das Gutachten des Hausarztes negativ aus,
so kann die Behörde die Fahrerlaubnis entziehen. Und zwar ohne
ein zusätzliches amtsärztliches
Gutachten einholen zu müssen.
Verwaltungsgericht Düsseldorf, 4 L 484/15
Drängler können nicht mit
„Kolonne“ argumentieren
Halten Autofahrer keinen ausreichenden Abstand zum Vordermann, so drohen ihnen saftige
Strafen. Das gelte auch dann,
wenn ein Pkw-Fahrer nach eigener
Aussage in einer Kolonne gefahren
und ein nachfolgender Autofahrer
dicht aufgefahren ist. Im konkreten Fall vor dem Oberlandesgericht Bamberg ging es um einen
Autofahrer, der mit rund 116 km/h
lediglich knapp 16 Meter Abstand
zum Vordermann eingehalten
hatte. Ihm wurde eine Geldstrafe
in Höhe von 320 Euro aufgebrummt sowie ein Punkt im Fahreignungsregister eingetragen – zu
Recht. Eine Unterschreitung des
Mindestabstands sei nur dann erlaubt, wenn der Vordermann abrupt abbremst oder plötzlich die
Fahrspur wechselt (was hier nicht
der Fall gewesen ist.)
OLG Bamberg, 3 Ss OWi 160/15