Karpfenteiche und Artenvielfalt

Artenvielfalt in Fischteichen
Erhalt durch Nutzung
Die Bedeutung von bewirtschafteten Teichen für den
Naturhaushalt einschließlich des Fischartenschutzes
Teiche in der Landschaft
Strukturreiche Teiche erfüllen vielfältige Aufgaben. Neben
der Produktion von hochwertigen Satz- und Speisefischen
bieten sie gleichzeitig Lebensraum für eine Vielzahl an Tierund Pflanzenarten und wirken auch ausgleichend auf den
Wasserhaushalt.
Die Fortführung der traditionellen Teichwirtschaft und damit
die Sicherung von artenreichen Lebensräumen ist deshalb
ein wichtiges gesellschaftliches Anliegen.
In einem gemeinsamen Projekt der Fachberatung für
Fischerei beim Bezirk Oberfranken, des Bezirksfischereiverbands Oberfranken, des Landesbunds für Vogelschutz –
Verband für Arten- und Biotopschutz, des Landkreises
Bayreuth und der Teichgenossenschaft Oberfranken wurde
im Jahr 2006 an ausgewählten Fischteichen im Landkreis
Bayreuth der Zusammenhang zwischen Bewirtschaftung,
Strukturreichtum und Artenvielfalt untersucht.
Aus diesem Projekt entstanden die folgenden Vorschläge zu
Erhalt und Förderung der Struktur- und Artenvielfalt bei
gleichzeitiger Fortführung der fischereilichen Nutzung.
Strukturreicher Teich in der Haidenaabaue –
Lebensraum einer Vielzahl von
Fisch-, Amphibien- und Libellenarten
Erhalt der Fischartenvielfalt
Fischteiche bieten Lebensraum für fast alle Fischarten der
krautreichen Stillgewässer. Ein typischer Beifisch ist die
Schleie, die allerdings nur noch beschränkt in Teichen zur
Fortpflanzung kommt. Andere ehemals häufige Arten wie
Rotauge, Rotfeder oder Karausche leben inzwischen
hauptsächlich in den Gewässern der Fischereivereine oder
in Teichen, die neben der Speisefischerzeugung auch für
die Angelfischerei genutzt werden. Dies gilt auch für weitere
gefährdete Arten wie Moderlieschen, Dreistacheliger
Stichling, Schlammpeitzger und Bartgrundel.
Fischereilich
bewirtschaftete
Karauschen sind weitgehend
Teiche stellen
aus den Teichen verschwunden
damit sowohl ein
Reservoir als auch
ein Rückzugsareal
für seltene Kleinfischarten dar.
Damit fällt den
Teichen – und
ihren Bewirtschaftern - auch eine
besondere Verantwortung für den Fischartenschutz und den
langfristigen Erhalt von gefährdeten Arten zu. Hier kommt
es darauf an, durch Besatz und durch entsprechende
Strukturierung der Gewässer die Voraussetzungen zu
schaffen, um diesen Part dauerhaft zu übernehmen. Dies
gilt insbesondere für den Schutz und Erhalt unserer
Krautlaicher wie Schleie und die inzwischen überregional
bedrohten Arten Hecht und Rotfeder.
Die Schleie benötigt zur Fortpflanzung einerseits Flachwasserzonen mit dichtem Pflanzenwuchs zum Laichen, andererseits
Verstecke und eine entsprechende Nahrungsbasis für die
Jungfische. In natürlichen Gewässern findet sie diese
Kombination nur noch selten. Teiche sind für Erhalt und
Nachzucht der Schleie von wesentlicher Bedeutung. Ähnliches
gilt für Hecht und Zander.
Teiche als Zentren der Biodiversität
In Unterwasserwiesen, Schwimmblattzonen und Röhrichtbeständen am Ufer
wächst eine Vielzahl an Pflanzenarten.
Dazu gehören bedrohte Arten wie der
Wasserschlauch, eine fleischfressende
Pflanze, ebenso wie die Wasserschwertlilie, deren gelbe Blüten im Frühsommer
als Blickfang dienen, oder die Seerosen.
Eine vielfältige
Vegetation schafft
die Grundlage für
eine artenreiche
WasserTierwelt – und
schwertlilie
fungiert als Laichplatz und Jungfischhabitat. Zumindest kleinflächige Bestände aus Schwimmblattpflanzen und Uferröhricht sollten auch
in Teichen geduldet werden, die bevorzugt
der Angelfischerei dienen: Durch sie lassen
Pfeilkraut
sich vor allem Kleinfischarten fördern.
Libellenvielfalt
Großes Granatauge –
diese seltene Art benötigt
Unterwasservegetation
An den Fischteichen im Landkreis
Bayreuth leben über 20 Libellenarten. Viele von ihnen profitieren von
einer naturkonformen Bewirtschaftung mit vielen Kleinstrukturen in den
Gewässern, die Larven und Adulten
gleichermaßen Lebensraum bieten.
Amphibien : Die meisten unserer heimischen Amphibienarten
laichen in Teichen. So gehören Grasfrosch, Wasserfrosch und
Erdkröte, aber auch Bergmolch und Teichmolch zum gängigen
Arteninventar. – vorausgesetzt, die Teiche weisen Flachwasserzonen oder Uferröhricht auf. Sogar die seltenen Moorfrösche und
Knoblauchkröten nutzen strukturreiche Karpfenteiche gerne.
Grasfrosch mit
Laichballen
Grüner Wasserfrosch
Mut zur Unordnung
Förderung von Kleinstrukturen
Kleinstrukturen im und am Gewässer bieten Laichplätze,
Verstecke und verbessern die Nahrungsgrundlage. Sie sind
einfach zu schaffen oder zu erhalten. Ihre Präsenz sollte
von Teichwirten nicht als "Unordnung" oder fehlende Pflege
angesehen werden, sondern als wichtiger Beitrag zur
Fischhege und zum Erhalt der Artenvielfalt. Dies gilt auch
für Vereins-gewässer, in denen regelmäßig geangelt wird.
Auch dort sollten Kleinstrukturen in begrenztem Umfang
nicht hinderlich sein.
Reisig und Totholz: Kleine
Reisighaufen, tote Äste oder
Baumspitzen mit 2–5 m2
Ausdehnung dienen als
Laichplatz für Fische und
Amphibien. Gleichzeitig
fungieren sie als Versteck für
Jungfische und deren Beute.
Röhrichtsaum
im März
Totes Holz schafft Strukturen
Röhricht erhalten: Am Ufer sollte
bei einer Mahd ein Teil des
Pflanzenwuchses (Röhricht, Hochstauden) stehen bleiben. Dadurch
wird das Kleinklima im Wasser
positiv beeinflusst, was vor allem
der Naturnahrung von Karpfen und
Schleie zugute kommt. Gleichzeitig
entstehen Brutplätze für Kleinvögel
und Ansitzwarten für Libellen.
Kleine Büsche am Ufer mit ins
Wasser ragenden Ästen erfüllen die
gleiche Funktion.
Unterwasservegetation dulden:
Neben den Flachwasserzonen
stellen die "Unterwasserwiesen" die
Laichplätze und Kinderstuben vieler
Fischarten dar. Wenigstens auf
10% der Fläche gehören sie
deshalb – ebenso wie eine kleine
Zone aus Schwimmblattpflanzen –
zu strukturreichen Teichen. Durch
entspre-chenden Fischbesatz
können sie im übrigen bei einer zu
starken Ausdehnung leicht wieder
reduziert werden.
Kammlaichkraut
bereitet in der Regel
keine Probleme. Hier
dient es als Versteck
für Kaulquappen.
Flachwasserzonen
Kinderstuben der Fische
Flachwasserzonen mit etwa 10 - 20 cm Wassertiefe und
Kleinröhrichten aus Pfeilkraut, Froschlöffel oder Igelkolben –
alternativ auch mit Rohrkolben - stellen die Kinderstuben
für Fische, Amphibien und andere Wassertiere dar. An den
flach auslaufenden Ufern erwärmt sich das Wasser
besonders schnell, so dass vor allem ein Laichplatz
gewährleistet ist. Der Aufwuchs an den Wasserpflanzen
dient als hochwertige Nahrung für Fischbrut und
Kaulquappen, die Pflanzen selbst bieten Verstecke vor
Räubern. Gerade ein hohes Angebot an Naturnahrung ist
für alle Fischarten enorm wichtig.
Jeder Teich sollte
deshalb eine kleine
Flachwasserzone
aufweisen, die
mindestens 10 % der
Uferlänge umfasst.
Dabei ist die Gefahr
einer Verlandung sehr
Kleinröhricht aus Pfeilkraut
gering: Kleinröhrichte
und Froschlöffel
bleiben in Ufernähe,
und der Rohrkolben
lässt sich über Mahd und Karpfenbesatz leicht kontrollieren.
Der Nutzen für den Reproduktionserfolg bei vielen
Fischarten und für die Artenvielfalt ist dagegen sehr hoch.
Flachwasserbereich: Hier laichen im Frühjahr Hecht und Grasfrosch.
Ufergestaltung
Zu einem optimal
strukturierten Teich gehören
breite besonnte Uferpartien.
An stark beschatteten
Teichen sollten deshalb die
Ufergebüsche und
Ufergehölze soweit reduziert
werden, dass der Teich
zumindest auf einem Drittel
der Uferlänge gut besonnt
wird. Eine Ausnahme
hiervon bilden natürlich
Wald-teiche. Durch eine
Beschränkung der
Uferbeschattung werden
unterschiedliche
kleinklimatische Verhältnisse im Wasserkörper begünstigt, die
wiederum die Entwicklung der Naturnahrung fördern. Aber
auch Amphibien, Libellen und Wasservögel profitieren von
offenen sonnigen Ufern insbesondere im Flachwasserbereich.
Bitterlinge mit
Teichmuschel: Diese
anspruchvolle
Kleinfischart könnte
in Teichen gefördert
werden.
Die primären Laichplätze von Hecht und anderen Krautlaichern
lagen häufig auf überschwemmten Auwiesen. Dort stehen
inzwischen durch die intensiven menschlichen Eingriffe fast
keine Laichmöglichkeiten (bzw. überhaupt keine geeigneten
Habitate) für Krautlaicher mehr zur Verfügung. Sonnige
krautreiche Flachwasserzonen dienen in Teichen als Ersatz für
die verloren gegangenen ursprünglichen Laichplätze.
Maßnahmenvorschläge
Förderung seltener Fischarten: Die Förderung von
seltenen und bedrohten Fischarten zählt zu den Hauptanliegen der beiteiligten Projektpartner. Gezielte Aufzuchtmaßnahmen mit Arten wie Rotfeder, Moderlieschen,
Dreistacheligem Stichling
und Schlammpeitzger
Moderlieschen
tragen zu deren Erhalt bei.
In Gewässern mit vielen
Teichmuscheln wäre
sogar die Ansiedlung des
Bitterlings denkbar.
Gleichzeitig sollte darauf
geachtet werden, dass der nicht erwünschte eingeschleppte
Blaubandbärbling, der die heimischen Kleinfischarten
verdrängt, aus den Gewässern ferngehalten wird.
Verzicht auf Graskarpfen: Ein Besatz von Teichen mit
Graskarpfen sollte nur vorgenommen werden, wenn massive
Probleme mit der Wasserpest oder anderen Wasserpflanzen
auftreten. Ein Verzicht auf diese nicht-heimische Art würde
den Strukturreichtum unter Wasser und damit die Artenvielfalt fördern, auch wenn der Graskarpfen mitunter gern als
Wirtschaftsfisch gehalten wird.
Rechtzeitiger Anstau: Ein Abfischen und anschließender
Wiederanstau im Herbst wirkt sich auf die Artenvielfalt am
günstigsten aus. Wird ein Trockenliegen über Winter notwendig,
sollten Teiche spätestens Ende März gestaut werden, um auch
ihre Funktion als Amphibienlaichplatz zu sichern.
Ein frühzeitiger Anstau ermöglicht die Nutzung als Laichplatz durch
Amphibienarten wie Grasfrosch, Erdkröte und Teichmolch.
Anforderungen an Besatzfische
für freie Gewässer
Durch menschliche Eingriffe in die Fließgewässer wird die
natürliche Reproduktionsfähigkeit der heimischen
Fischbestände verringert. Die wesentlichste Gründe hierfür
sind die Strukturarmut, die Sedimentbelastung (die
besonders die Kieslaicher trifft) und die unzureichende
biologische Durchgängigkeit. Auch die Stau- und
Baggerseen unterliegen Einflüssen aus den angrenzenden
landwirtschaftlichen Flächen. Auf einen Besatz mit
Jungfischen zur Erhaltung artenreicher Fischbestände kann
deshalb derzeit kaum verzichtet werden. Damit sich die
Besatzfische in den freien Gewässern zurecht finden,
müssen sie bestimmte
genetische, morphologische
und verhaltensbiologische
Eigenschaften aufweisen:
Genetische Ausstattung:
Besatzfischen für freie
Gewässer müssen eine
genetische Vielfalt aufweisen, damit alle ökologischen Nischen in den zu
besetzenden Gewässer
ausgefüllt werden können. Dafür ist die Verwendung
zahlreicher Elterntiere und der Verzicht auf züchte-rische
Auslese notwendig. Weiterhin sollten die Zuchttiere aus
dem entsprechenden Gewässereinzugsgebiet stammen.
Körperliche Kriterien: Das äußere Erscheinungsbild der
Besatzfische sollte hinsichtlich Körperform, Kondition und
Färbung dem eines Wildfisches möglichst nahe kommen.
Flossen und Kiemenapparat müssen normal entwickelt sein.
Verhaltensbiologische Eigenschaften: Um sich in den
freien Gewässern zurecht zu finden, müssen Besatzfische
eine Reihe wichtiger verhaltens-biologischer Eigenschaften
aufweisen:
z Erhalt der Fluchtdistanzen und keine Prägung auf den
Menschen
z normales Verhalten gegenüber Artgenossen
z Auffinden und Akzeptieren von natürlicher Nahrung und
von Versteckmöglichkeiten
z normales Schutzverhalten gegenüber Feinden.
Diese wichtigen Verhaltensweisen behalten bzw. lernen
Jungfische am besten, wenn sie – eine entsprechende
genetische Ausstattung vorausgesetzt - in strukturreichen
Teichen aufgezogen werden. Die strukturellen Anforderungen an solche Teiche sind auf den vorangegangenen
Seiten ausführlich dargestellt.
Satzkarpfen
Herausgeber
Bezirk Oberfranken - Fachberatung für Fischerei
Bezirksfischereiverband Oberfranken e.V.
Landesbund für Vogelschutz
Landkreis Bayreuth
Teichgenossenschaft Oberfranken
Text
Dr. Wolfgang Völkl, Seybothenreuth
Abbildungen
Bezirk Oberfranken - Fachberatung für Fischerei
Dr. Wolfgang Völkl
Druck
Bezug und weitere Informationen
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Bezirk Oberfranken - Fachberatung für Fischerei
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