Ein ungewöhnliches Gespräch fand nach einem umjubelten Konzert von Barbara Krieger und José Cura im Schatten der berühmten Frauenkirche in Dresden statt. Vor wenigen Tagen hatte Frau Krieger die Initiatorin des Tages-Kinderhospiz KinderLeben in Hamburg-Eidelstedt angerufen und ein Benefizkonzert in Hamburg zugunsten eben dieses Tages-Kinderhospizes angeboten. Ester Peter: Verehrte Frau Krieger! Sie sind eine gefragte Sopranistin, die auf den großen Bühnen der Welt zu Hause ist. Was veranlasst Sie, nach Hamburg zu kommen und für unser Hospiz ein Benefizkonzert zu veranstalten? Barbara Krieger: Als ich von Ihrem Hospiz gehört habe, war ich sofort wie elektrisiert: da wird eine Einrichtung geschaffen, die den betroffenen Familien eine Form der Entlastung anbieten will, die es bisher nicht gibt: die betroffenen Kinder können in Ihren Räumen medizinisch-pflegerisch und psychologisch von geschultem Personal betreut werden und auch die gesunden Geschwisterkinder werden betreut. Diese Betreuung kann von den Eltern immer dann in Kauf genommen werden, wenn sie selbst Entlastung benötigen – für einige wenige Stunden, für ganze Tage und das auch über Wochen. Diese Idee leuchtete mir sofort ein und ich bewundere all jene, die sich dieser Arbeit verschreiben und sie leisten. Ich kann das selbst nicht in dem Maße, aber ich kann etwas anderes, und so möchte ich meine Begabung einbringen, um meine Hilfe anzubieten. Und nebenbei: seit ich vor zwei Jahren in der Laiszhalle aufgetreten bin, lässt mich dieser Raum und seine Akustik nicht los. Und ich freue mich, dass ich nun erneut dort singen darf. Ester Peter: Als ich Ihren Anruf bekam, war ich völlig überrascht. Sie haben in Wiesbaden Germanistik, Anglistik und Musikwissenschaften studiert. Wie kam es, dass Sie dann noch in Wiesbaden und im Mozarteum in Salzburg Gesang studierten? Weg von der Theorie zur Praxis – oder was war der Grund? Barbara Krieger: Viel profaner, meine Eltern wollten, dass ich etwas Anständiges studiere. Zwischen dem Ende des anständigen Studiums und der Aufnahmeprüfung am Mozarteum lagen dann auch nur 24 Stunden. Ester Peter: Sie haben Meisterkurse bei Elisabeth Schwarzkopf, Brigitte Fassbaender, Christa Ludwig und Dietrich Fischer-Dieskau absolviert – Größen der klassischen Musik, die Ehrfurcht und Bewunderung hervorrufen. Was hat Sie an diesen „Größen“ besonders beeindruckt? Barbara Krieger: Am meisten die Souveränität, die Bühnenerfahrung, natürlich auch technische Raffinessen. Ester Peter: Wer von diesen Künstlern hat Sie am meisten geprägt? Barbara Krieger: Von den Genannten hat mich zwar jeder auf seine Art inspiriert, aber nicht im eigentlichen Sinne geprägt. Ester Peter: Sie haben den Preis der Mailänder Scala 1997 gewonnen. Wie war das Gefühl einen solchen renommierten Preis gewonnen zu haben? Barbara Krieger: Ich war natürlich sehr froh aber gleichzeitig ist es bei mir immer so, dass ich, sobald ich ein Ziel erreicht habe, dieses als nicht mehr wichtig empfinde und mir sofort neue Herausforderungen suche. Ester Peter: Sie haben in der Wiener Staatsoper gesungen, in Barcelona, Salzburg, Tokyo und Osaka auf der Bühne gestanden. Welche Bühne hat Sie besonders fasziniert – außer natürlich der Laiszhalle in Hamburg? Barbara Krieger: Jede auf ihre Art, wobei ich mich lieber an die Oper, die ich gesungen habe und an Kollegen, mit denen ich gerne gearbeitet habe zurückerinnere. Ester Peter: Reagiert das Publikum in Deutschland anders als in Tokyo? Barbara Krieger: Allerdings. In Japan ist es mir häufig begegnet, dass die Zuhörer mir aus dem Publikum zugewinkt haben, was mich zuerst irritiert hat, bis man mir erklärte, dass dies eine Bekundung der Gefallens sei. Ester Peter: Sie singen ja besonders gerne Wagner, Mahler, Strauss, Verdi und Puccini. Was reizt Sie an dieser Musik besonders? Barbara Krieger: Es gibt für jede Art von Stimme ein Repertoire, das besonders gut zu ihr passt. Meiner Stimme liegt das romantische Fach eben sehr. Ester Peter: Sie haben mehrfach von Mahler die „Kindertotenlieder“ gesungen. Was beeindruckt Sie an diesem Werk? Barbara Krieger: Wenn man bedenkt, dass Rückert die Texte zu diesen Liedern vor dem Hintergrund eines persönlichen Verlustes geschrieben hat, mutet es ja quasi antizipierend an, dass Gustav Mahler diese Texte vertonte. Trotzdem hatte Mahler selbst, Jahre später dann den Verlust einer Tochter zu beklagen, die an Scharlach-Diphterie starb. Häufig sitzt man dem Irrglauben auf, dass Mahler diese Lieder zur Verarbeitung des Kindtodes schrieb. Ich selbst liebe diesen Zyklus, da er sowohl tonal als auch textlich den Weg von der großen Verzweiflung über Wut, Zorn und Bitterkeit bis hin zum sich Abfinden mit dem Schicksal geht. Im letzten Lied wird auf beiden Ebenen Frieden geschlossen mit dem Schicksal und dadurch gibt es ein Weiterleben nach dem großen Verlust. Ester Peter: Darf ich Sie persönlich fragen, haben Sie eigene Erfahrungen mit Tod und Abschiednehmen? Barbara Krieger: Nun, wer hat das nicht. Ester Peter: Was werden Sie anläßlich des Benefizkonzerts für uns singen? Barbara Krieger: Werke von Wagner, Puccini und Verdi.
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