Die der Geist Gottes treibt, die sind Gottes Kinder. Das

Predigt 14. Sonntag nach Trinitatis 2015 Römer 8, 14-17
Denn welche der Geist Gottes treibt, die sind Gottes Kinder. 15 Denn
ihr habt nicht einen knechtischen Geist empfangen, dass ihr euch
abermals fürchten müsstet; sondern ihr habt einen kindlichen Geist
empfangen, durch den wir rufen: Abba, lieber Vater! 16 Der Geist
selbst gibt Zeugnis unserm Geist, dass wir Gottes Kinder sind. 17 Sind
wir aber Kinder, so sind wir auch Erben, nämlich Gottes Erben und
Miterben Christi, wenn wir denn mit ihm leiden, damit wir auch mit
zur Herrlichkeit erhoben werden.
Die der Geist Gottes treibt, die sind Gottes Kinder. Das klingt
annehmbar und freundlich, aber es lässt auch fragen: Sollten
wir noch in den Kinderschuhen stecken? Von den Kindern
Gottes ist heute die Rede. Eine Menschheit, die seit nunmehr
2000 der Wahrheit Christi folgt und ihren Glauben an ihn
feiert: die sollte in den Kinderschuhen stecken?
Beim Auspacken alter Kartons findet man sie manchmal: die
Kinderschuhe. Vielleicht sogar die eigenen. Wovon erzählen
diese Schuhe. Sie erzählen davon, wie einer laufen lernte.
Bevor der Mensch richtig sprechen kann, lernt er sich
festzuhalten, aufzurichten und zu laufen. Der Mensch lernt
davon, die Großen zu beobachten und ihnen zuzuhören. In
vielen Situationen. So wächst er langsam in die Welt hinein,
von einem Geist getrieben, der zum Durchhalten stark macht.
Denn er fällt immer wieder hin, erlebt Frustrationen und
Scheitern. Sagt immer wieder Worte falsch.
Bis alles klappt, macht der lernende Mensch etliche Phasen
durch, die für ihn anstrengend sind. Eine davon, besonders
hart für alle Beteiligten, ist die sogenannte Trotz-Phase.
Wenn alle körperlichen Kräfte schon zu funktionieren
scheinen, aber doch noch nicht so richtig. Immer wieder
kommt das Menschenkind dabei an seine Grenzen; wird mit
vielen Einschränkungen und mit dem „Nein“ konfrontiert;
aber es will sich durchsetzen. Trotzig und willensstark muss
es ausprobieren, doch! zu sagen. Das stellt Erwachsene auf
manche harte Probe. Eine wichtige Regel, um die Entwicklung
trotzender Kinder zu bestehen ist, die kleinen Kämpfe
aushalten und hinterher ein versöhnendes, tröstendes Wort
zu finden.
Die der Geist Gottes treibt, die sind Gottes Kinder, die nicht einen
knechtischen Geist empfangen haben, dass sie sich fürchten müssten;
sondern ihr einen kindlichen Geist, durch den wir rufen: Abba, lieber
Vater.
In allen Phasen der Entwicklung seiner Menschheit ist Gott
nahe. Auch in den trotzigen und anstrengenden hält er ein
versöhnliches Wort bereit.
Wenn der Mensch sprechen lernt, braucht er Bestärkung,
damit er die Beziehung zu seinen Mitmenschen festigt. Der
Geist lernt, verbindende Worte zu bilden, die mit einem Ja
beantwortet werden. Zuerst sind es Mutter und Vater, die
ihren Kindern Bestätigung geben. Wenn einer Ja zu etwas
sagt, versteht er mich und gehört zu mir. In einer solchen
Gruppe bin ich sicher. So entfaltet der Mensch seine soziale
Bindung zu den Menschen um sich herum.
Auch bei Paulus erkennt dieses Phänomen, wenn er sagt,
dass Gottes Geist ein Verhältnis der Kindschaft zwischen den
Menschen und Gott bewirkt. Der Geist sagt zu uns ja und wir
merken, dass wir dazu gehören.
Geist Gottes treibt, die sind Gottes Kinder. 15 Denn ihr habt nicht
einen knechtischen Geist empfangen, dass ihr euch abermals fürchten
müsstet; sondern ihr habt einen kindlichen Geist empfangen, durch
den wir rufen: Abba, lieber Vater.
Es kommt auf die Vorstellung vom Vater an, ob uns diese
Sprachregelung überzeugt. Der Vater kann streng und
autoritär sein, oder aber liebevoll und fürsorglich. Schon für
Martin Luther war in der Schule des eigenen Glaubens das
Vaterbild sehr wichtig. Der Vater kann autoritär und streng
sein. Doch er ist auch liebevoll und fürsorglich.
man mit Trauer und Enttäuschung umgehen kann. Sie lernen,
dass im Umgang mit dem Schmerz Gott eine wichtige Adresse
und Hilfe ist.
Als Kinder Gottes lernen wir von Gott, was für das Leben
wichtig ist. Eines dieser Dinge ist die Überwindung der
Furcht. Furcht verbreitet sich, wenn man sich Zwängen
unterworfen sieht, die einengen. Der Zwang der Gewohnheit
etwa, den wir mit Allgemeingültigkeit verwechseln.
Manchmal wird die Allgemeingültigkeit wichtiger und größer,
als unsre Zugehörigkeit zu Gott. Was andere Leute denken,
fordern oder sehen wollen, wird wichtiger als dass wir zu
Gott gehören.
Ein Kind erlebt die Erwachsenen als überlegen. Es bewundert
sie und es hat auch ein wenig Angst vor ihnen; denn anders
als der kleine Mensch in Kinderschuhen, ist der Erwachsene
groß, stark und schnell.
Paulus benutzt das Bild des Vaters, um Zuwendung und
Fürsorge, ja die Innigkeit Gottes zu unterstreichen. Er ist ein
zugewandter, liebender und ein gnädiger Gott. Einer, der zu
unseren Sprechversuchen Ja sagt, uns anerkennt und neue
Weite öffnet. Das ist das Wirken des Geistes. Die der Geist
Gottes treibt, die werden Gottes Kinder heißen.
Groß ist unser Gott, weil er alle Zeiten überdauert. Stark ist
er, weil er alles Leben umfasst. Schnell, weil keine Sekunde
vergeht, da er nicht weiß, wo unsere Not ist und dass er uns
darin nahe sein möchte. Fürchten wir ihn darum, seine
Strenge, oder kennen wir noch andere Gründe, die unsere
Beziehung zu ihm intensiv und annehmbar machen?
Kinder lernen aus dem, was sie an ihren Müttern und Vätern
beobachten. Sie lernen von ihnen warum und worüber man
sich freut. Sie lernen auch, was weh tut – und lernen, wie
Dass Gott nur groß, nur stark nur schnell sein, reicht zur
Beschreibung seiner Bedeutung für uns nicht aus. Denn unser
Gott in seinem Geist kann mehr. Er kann auch klein, auch
schwach und auch langsam sein. Er ist ein Gott, der neben
seiner Erhabenheit zugleich in die tiefste Nacht den
brennendsten Schmerz und die bitterste Not herabzusteigen
imstande ist.
Wer sich von diesem Geist treiben lässt, für den beginnt eine
neue und tiefere Form der Kindschaft.
Da wachsen Kinder auf uns lernen sprechen, die nicht nur
von Großen, Starken und Schnellen gelernt haben, sondern
auch von Kleinen, niedrigen und unterworfenen.
Eine halbe Million Jahre ist es vermutlich her, dass Menschen
ihre erste Sprache entwickelten. Seit wenigen Jahrtausenden
haben sie durch Jesus von Nazareth neu sprechen gelernt. Er
ist der Garant dafür, dass wir mit seiner Sprache neue Wege
und Wirklichkeit finden, dass sie dem befreienden Geist
Gottes untereinander mehr Raum geben, uns bestärken und
Ja sagen zueinander.
Anerkennung, die Gott uns als seinen Kindern zusagt will
durch uns weiter wirken. So entwachsen wir den
Kinderschuhen; können auch die Trotzphasen, die Momente
rebellischen Aufbegehrens aushalten (gerade auch die
eigenen) und hinterher versöhnliche Worte finden, damit es
weiter geht. Mit uns als Geschwister Christi, mit dem wir
leiden, damit wir auch erhoben werden zur Herrlichkeit.
Amen