Syrer gibt Hilfe für Informatik

Frankenpost Stadt und Landkreis Hof vom 28.01.2016
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Von Christopher Michael
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Heimatspiegel
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Syrer gibt Hilfe für Informatik-Studium
Kevin Lesiewicz aus Marktredwitz leidet an Muskelschwund. Das hindert ihn nicht daran, zu
studieren. Hilfe bekommt er dabei von Mohammad Akras.
Marktredwitz - In seinem InformatikStudium beschäftigt sich Kevin Lesiewicz mit Grundlagen der Mathematik,
der Computer- und Betriebssysteme und
der imperativen Programmierung. Doch
während andere Studenten dafür eine
Universität besuchen, studiert der junge
Mann von zu Hause aus. Er leidet an
Muskeldystrophie und ist seit einer Operation 2010 auf künstliche Beatmung
angewiesen. Das hindert den tapferen
Studenten jedoch nicht daran, seinen
Wunsch vom Studium zu verwirklichen.
Unterstützung erhält er bereits von verschiedenen Seiten. Neben der
Bauer'schen Wohltätigkeitsstiftung
haben ihm auch seine ehemaligen Klassenkameraden und die Stadt Marktredwitz geholfen, seinen Traum vom Informatikstudium zu verwirklichen. Seit
diesem Wintersemester ist Kevin Lesiewicz an der Fernuniversität Hagen im
Bachelorstudiengang Informatik eingeschrieben. Bei einem Fernstudium läuft
die Hauptarbeit der Studenten im Selbststudium ab. Sie lernen mithilfe der
Materialien, die ihnen die Fernuniversität regelmäßig per Post zusendet.
Gerade bei einem so praktischen Fach
wie Informatik ist es jedoch nicht leicht,
alles nur aus Skripten zu lernen. Daher
erhält Kevin Lesiewicz seit einiger Zeit
Unterstützung von Mohammad Akhras.
Der Syrer lebt seit einem Dreivierteljahr in Marktredwitz und hat in seiner
Heimat Informatik studiert. Dort hat er
auch an einer Schule, die sich rein auf
Informatik spezialisiert hat, das Fach
unterrichtet. Entstanden ist die Zusammenarbeit zwischen dem Syrer und
Kevin Lesiewicz durch ein Projekt des
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Otto-Hahn-Gymnasiums. Im Rahmen
eines P-Seminars zum Thema Immigration und Integration lud Oberstudienrätin Kerstin Seitz Mohammad Akhras zu
einem Gespräch in die Schule ein.
Damit wollte sie eigentlich mit Vorurteilen gegenüber Flüchtlingen aufräumen. Entstanden ist daraus ein vielfältiges Engagement des jungen Mannes.
Neben seinem Deutschkurs ist
Mohammad Akhras täglich in der
Bibliothek des Otto-Hahn-Gymnasiums
tätig. "Die meisten Menschen in
Deutschland helfen den Flüchtlingen",
sagte Mohammad Akhras bei einem
Pressetermin bei Kevin Lesiewicz in
Wölsauerhammer. "Daher ist es selbstverständlich, dass ich im Gegenzug auch
helfe." Spontan habe er daher seine
Hilfe zugesagt. Das sei für ihn eine Art,
Danke zu sagen. Kommende Woche
bereits möchten er und Kevin Lesiewicz voll in die Informatik einsteigen.
Denn schon in wenigen Wochen stehen
die ersten Klausuren an. Leider, erklärt
der Syrer, biete die Universität die
Skripte nur auf Deutsch an. Doch viele
Fachbegriffe und Spezialwortschatz der
Informatik habe er noch nicht lernen
können. Kevins Mutter Petra Lesiewicz
hat bereits im Internet versucht, geeignete Skripte in englischer Sprache ausfindig zu machen. "Wir müssen uns jetzt
mal zusammensetzen und schauen, welche Inhalte sich decken", sagt der junge
Informatik-Student. Derweil hat
Mohammad Akhras auf eigene Faust
versucht, an geeignetes Material zu
kommen und hat von ungewohnter Seite
Hilfe erhalten. Vor wenigen Wochen
flüchtete seine Frau aus Syrien ebenfalls und hatte die Informatik-Unterla-
gen ihres Mannes mit ins Gepäck
genommen. "Das ist eine wirklich große
Geste", sagt Anita Berek von der Bürger-Informationsstelle in Marktredwitz.
Sie engagiert sich ebenfalls für Flüchtlinge. Trotz aller Hilfe von Freunden
und Verwandten hat sich für Kevin
Lesiewicz ein neues Problem aufgetan.
Die Fernuniversität akzeptiere sein
Attest nicht. Dadurch erhalte er keinen
Nachteilsausgleich. Der ermögliche es
ihm, seine Klausuren von zu Hause aus
zu schreiben. Normalerweise müssen
alle Studenten der Fernuniversität zu
ihren Klausuren in eines der Regionalzentren des Instituts. "Die Universität
bemängelt, dass mein Attest von keinem Facharzt ausgestellt wurde", klagt
Kevin Lesiewicz. "Dabei habe ich doch
gar keinen anderen Arzt als meinen
Hausarzt." Selbst ein Anruf und mehrere Mails beim Schwerbehindertenbeauftragten der Universität habe noch zu
keiner Lösung geführt. "Es ist sehr mühsam und eine große Belastung, ständig
mit Formularen und Anträgen beschäftigt zu sein", klagt Petra Lesiewicz. Die
Stadt Marktredwitz, meinte Kämmerer
Markus Brand, werde ihr so gut es ginge
helfen. Auch die Bustickets für
Mohammad Akhras werde die Stadt im
Rahmen ihres Engagements übernehmen.
Die meisten Menschen in Deutschland
helfen den Flüchtlingen. Daher ist es
selbstverständlich, dass ich im Gegenzug auch helfe. Mohammad Akhras
Es ist sehr mühsam und eine große
Belastung, ständig mit Formularen und
Anträgen beschäftigt zu seinf Petra Lesiewicz, Marktredwitz