Prof. Dr. Matthias Finkbeiner

Grundlegende Anmerkungen zur
PEF-Erfassungsmethode
Prof. Dr. Matthias Finkbeiner
BDI- Workshop:
Product Environmental Footprint (PEF) sinnvoll und konsistent gestalten!
17. Juni 2015, Berlin
Technische Universität Berlin
Department of Environmental Technology
Chair of Sustainable Engineering
Agenda
• Einführung
• Analyse
• Schlussfolgerungen und Ausblick
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BDI-PEF-Workshop Juni 2015
Product Environmental Footprint (PEF) – Ziele
• Analyse von Umweltauswirkungen von Produkten und Dienstleistungen
basierend auf einer harmonisierten Methode
• Implementierung von Ökobilanzen in die Produktpolitik
• Bereitstellung eines neuen Instruments zur umweltbezogenen
Produktinformation
• PEF: Ansatz: “comparability over flexibility”
Die Grundidee der politischen Verankerung einer lebenszyklusbezogenen,
multikriteriellen, harmonisierten Methode ist gut!
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BDI-PEF-Workshop Juni 2015
Warum PEF?
• für ein neues Label für Konsumenten?
• für die grüne Beschaffung?
• für die Ermittlung der ökologischen Hotspots von Produkten?
• für Optimierung der Produkte?
• für Produktvergleiche?
• …..
PEF Motto: “comparability over flexibility”, aber…..
….die Ziele des PEF sind ziemlich flexibel….
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BDI-PEF-Workshop Juni 2015
Agenda
• Einführung
• Analyse
• Schlussfolgerungen und Ausblick
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BDI-PEF-Workshop Juni 2015
Wir bemühen uns schon lange….
seit 2011:
umfangreiche Kommentare im Rahmen der sog. expert consultation on
the 1st draft of the PEF methodology
….
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BDI-PEF-Workshop Juni 2015
Herausforderungen des PEF
1. Regeln des PEF sind z.T. wissenschaftlich nicht belastbar.
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BDI-PEF-Workshop Juni 2015
Regeln des PEF sind z.T. wissenschaftlich nicht
belastbar
• Verwendete Water Footprint-Methode zeigt Deutschland (910 eco
points/m³) als 40 mal wasserknapper an als Australien (23 eco
points/m³). Auch Spanien hat nach PEF mehr Wasserstress als wir!
(das sagen wir übrigens schon seit 2011….)
• Die Methode für Versauerung und Eutrophierung nach Seppälä ist im
Original nicht anwendbar. Das JRC hat 5 “modifizierte”
Charakterisierungsfaktoren für Versauerung und 6 für Eutrophierung
berechnet…..die gute alte CML-Methode hat 35 bzw. 52 Substanzen….
• Die Methode zum Ressourcenverbrauch ist nicht nutzbar, da es die
Basisdaten vom USGS wegen mangelnder Belastbarkeit nicht mehr gibt.
• ….
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BDI-PEF-Workshop Juni 2015
Herausforderungen des PEF
1. Regeln des PEF sind z.T. wissenschaftlich nicht belastbar.
2. Regeln des PEF sind z.T. nicht umsetzbar und führen zu erheblichem
Zusatzaufwand.
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BDI-PEF-Workshop Juni 2015
Regeln des PEF sind z.T. nicht umsetzbar und führen zu
erheblichem Zusatzaufwand
• Verbot von Abschneidekriterien
• Datenqualitätsdokumentation
• EoL-Formel
• ….
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BDI-PEF-Workshop Juni 2015
Herausforderungen des PEF
1. Regeln des PEF sind z.T. wissenschaftlich nicht belastbar.
2. Regeln des PEF sind z.T. nicht umsetzbar und führen zu erheblichem
Zusatzaufwand.
3. Regeln des PEF sind keine Harmonisierung, sondern das Gegenteil.
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BDI-PEF-Workshop Juni 2015
PEF missachtet und verstößt gegen global akzeptierte
ISO-Normen
• PEF wird von der EU immer so verkauft, dass er zwischen
verschiedenen Normen harmonisieren musste….
• …aber alle anderen relevanten Normen folgen ISO 14044…..
• PEF sagt, ISO 14044 ist zu flexibel…..
• ISO 14044 ist bei Kernpunkten unflexibel…..gerade gegen die verstößt
PEF….Terminologie, Gewichtung, Werthaltungen, ….
• Weitere Konflikte mit ISO 14025 und für OEF auch mit ISO/TS 14072
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BDI-PEF-Workshop Juni 2015
Herausforderungen des PEF
1. Regeln des PEF sind z.T. wissenschaftlich nicht belastbar.
2. Regeln des PEF sind z.T. nicht umsetzbar und führen zu erheblichem
Zusatzaufwand.
3. Regeln des PEF sind keine Harmonisierung, sondern das Gegenteil.
4. Methodische Kernpunkte (Daten, Priorisierung und Gewichtung) führen
zu willkürlichen oder falschen Ergebnissen.
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BDI-PEF-Workshop Juni 2015
Gewichtung - Hotspots
• Hohe Risiken und potentielle Kollateralschäden
• Risiko 1: Falsche Hotspots
(Repräsentative Produkte nicht geeignet, Datenbank Artefakte, etc.)
• Risiko 2: Weniger Umweltaspekte werden verbessert als in Standard
Ökobilanzpraxis heute
• Risiko 3: „negative“ Diskussion zur Rechtfertigung des Ausschlusses
bestimmter Wirkungen schädigt die „neuen“ Wirkungskategorien
• Risiko 4: Problemverlagerung und unbeabsichtigte Konsequenzen/
Anreize  „prioritäre“ Umweltaspekte werden auf Kosten anderer
verbessert…..
Beispiele:
• Sachbilanzdaten in den beiden führenden LCA-Datenbanken A vs. B:
GWP 90 kg vs. 9 kg; AP 2 vs. 0,1 kg
 Hotspot in einer Datenbank, nicht in der anderen
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BDI-PEF-Workshop Juni 2015
Herausforderungen des PEF
1. Regeln des PEF sind z.T. wissenschaftlich nicht belastbar.
2. Regeln des PEF sind z.T. nicht umsetzbar und führen zu erheblichem
Zusatzaufwand.
3. Regeln des PEF sind keine Harmonisierung, sondern das Gegenteil.
4. Methodische Kernpunkte (Daten, Priorisierung und Gewichtung) führen
zu willkürlichen oder falschen Ergebnissen.
5. Kein Konsens zu Form und Inhalt der Kommunikation der Ergebnisse
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BDI-PEF-Workshop Juni 2015
Herausforderungen des PEF
1. Regeln des PEF sind z.T. wissenschaftlich nicht belastbar.
2. Regeln des PEF sind z.T. nicht umsetzbar und führen zu erheblichem
Zusatzaufwand.
3. Regeln des PEF sind keine Harmonisierung, sondern das Gegenteil.
4. Methodische Kernpunkte (Daten, Priorisierung und Gewichtung) führen
zu willkürlichen oder falschen Ergebnissen.
5. Kein Konsens zu Form und Inhalt der Kommunikation der Ergebnisse
6. Faire und zielführende Vergleichbarkeit wird nicht erreicht
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BDI-PEF-Workshop Juni 2015
Die Mär von der Vergleichbarkeit…..
• Vergleichbarkeit
Alternativen können auf Basis fairer und robuster Spielregeln differenziert
werden.
• Reproduzierbarkeit:
Alle machen das gleiche und bekommen das gleiche Ergebnis
• Vergleichbarkeit und Reproduzierbarkeit sind nicht das gleiche; schließen sich
oft sogar gegenseitig aus!
• Die vordefinierten Werthaltungen des PEF sind fast immer auf
Reproduzierbarkeit ausgerichtet.
• Die vordefinierten Werthaltungen des PEF unterstützen keinen fairen
Wettbewerb auf Basis gleicher Spielregeln; sie bestimmen implizit Gewinner
und Verlierer.
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BDI-PEF-Workshop Juni 2015
Herausforderungen des PEF
1. Regeln des PEF sind z.T. wissenschaftlich nicht belastbar.
2. Regeln des PEF sind z.T. nicht umsetzbar und führen zu erheblichem
Zusatzaufwand.
3. Regeln des PEF sind keine Harmonisierung, sondern das Gegenteil.
4. Methodische Kernpunkte (Daten, Priorisierung und Gewichtung) führen
zu willkürlichen oder falschen Ergebnissen.
5. Kein Konsens zu Form und Inhalt der Kommunikation der Ergebnisse
6. Faire und zielführende Vergleichbarkeit wird nicht erreicht
7. Pilotphase bestätigt diese Mängel und zeigt inkonsistentes Stückwerk.
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BDI-PEF-Workshop Juni 2015
Stand Pilotphase
• NACE/CPA code:
alle Piloten verwenden mehr als die vorgeschriebenen 2 (or 3)-Stellen meistens 4, manche 5 oder 6, manche machen Untergruppen….
• repräsentative Produkte:
dienen der Hotspotanalyse und als Benchmark... einige sind sehr
spezifisch (Heavy duty liquid laundry detergents), andere sehr breit
(Meat, Feed, …)
• funktionelle Einheiten:
werden nicht nach Vorgabe definiert, sind “schlechter” als heutige
Ökobilanzpraxis, Qualitätskriterien spielen keine Rolle….
• Systemgrenzen:
sind willkürlich unterschiedlich….manche betrachten den ganzen
Lebensweg (Detergents, T-Shirts, Gläser beim Wein…), andere schließen
z.B. die Nutzungsphase aus (e.g. Pipes, Paints).
• …..
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BDI-PEF-Workshop Juni 2015
Agenda
• Einführung
• Analyse
• Schlussfolgerungen und Ausblick
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BDI-PEF-Workshop Juni 2015
Meine Sorge ist die Gefahr von Kollateralschäden…
• ISO 14040/44 sind die globale „Verfassung“ von Ökobilanzen

diesen einstimmigen, globalen Konsens zu verlassen wird am Ende zu
weniger Harmonisierung führen als wir vorher hatten….
• Kommunikation zum Konsumenten ist die denkbar schwierigste Option für die
Politik-Implementierung von Ökobilanzen

Scheitern dient als Ausrede für die politische Nutzung von Ökobilanzen,
obwohl es eine Vielzahl einfacherer und robuster Einsatzfelder gäbe
(z.B. Energie-Effizienz-Label, Automobile CO2- und Abgasregularien, diverse Abfallgesetze, Stoffverbote, etc.)
• Gleichmacherei bei Werthaltungen und die Priorisierung von Umweltwirkungen
kann zu falschen Anreizen führen

Ökobilanzen nach PEF führen u.U. zu weniger realer Umweltentlastung
als die unternehmensinterne Anwendung von heute.
• Ökobilanzen hatten sich nach vielen Jahren als seriöses und robustes Tool zur
faktenbasierten Entscheidungsunterstützung etabliert

Politisierung statt Objetivierung der Methode ist ein Rückfall in die
Vergangenheit…..!
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BDI-PEF-Workshop Juni 2015
Zusammenfassung und Ausblick
• Wir brauchen keine Ökobilanzdiktatur, die das Monopol der einzig
richtigen Methode für sich in Anspruch nimmt. Es gibt viele Wege für
eine seriöse und effektive Nutzung von Ökobilanzen.
• Die Realität ist komplex, nicht die Ökobilanzmethode! Es gibt keine
wissenschaftlich „richtigen“ Werthaltungen!
• Es ist höchste Zeit, Ökobilanzen ernsthaft und zielführend in der
Umweltpolitik zu implementieren. Dafür gäbe es eine Vielzahl
einfacherer und damit erfolgversprechenderer Möglichkeiten.
• PEF muss handwerklich dringend und grundsätzlich verbessert werden.
• PEF braucht eine realistische und zielführende Exit-Strategie! Die
Implementierungsziele müssen JETZT festgelegt werden! Sonst ist die
Methode am Ende ein Kompromiss, der für keine Anwendung taugt!
• Weitere Kollateralschäden für die heute etablierte Praxis sind zu
vermeiden. Im Moment sind keine großen Vorteile durch PEF absehbar,
die weitere Kollateralschäden rechtfertigen könnten!
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BDI-PEF-Workshop Juni 2015
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!
„For every complex problem there is an answer that is
clear, simple, and wrong.”
Henry Louis Mencken (1880-1956)
Technische Universität Berlin
Department of Environmental Technology
Chair of Sustainable Engineering