GRÜNBAU:TALKS Zukunftsaufgabe Grüne

GRÜNBAU:TALKS
Zukunftsaufgabe Grüne Stadtentwicklung
Die GRÜNBAU Berlin, Teil der Messe bautec, stellte ihr Vortragsprogramm 2016
unter die Überschrift „Außenräume gestalten, bauen und pflegen". Wissenschaftler,
Landschafts-
und
Hochbauarchitekten,
Umweltexperten,
Landschafts-
und
Baumschulgärtner sowie Vertreter von Kommunen und Gebietskörperschaften
diskutierten
am
Zukunftsaufgabe
17.
Februar
grüne
2016
bei
den
GRÜNBAU:TALKS
über
die
Stadtentwicklung.
Die
Fachveranstaltung
mit
vier
Kurzvorträgen und einer Podiumsdiskussion wurde von der Messe Berlin in
Kooperation mit dem Patzer Verlag und der Stiftung DIE GRÜNE STADT
veranstaltet. Peter Menke, Vorstand der Stiftung, begrüßte die rund 100 Teilnehmer
und führte in das Tagungsthema ein: „Es ist kein Zufall, dass wir hier auf einer
Baumesse einen Schwerpunkt auf Grünthemen legen. Die großen Fragen zur
zukünftigen Stadtentwicklung befassen sich immer wieder mit dem richtigen
Verhältnis von Innenverdichtung und Freiraumsicherung." Als Motor für die Debatte
nannte er den anhaltenden Trend zur Urbanisierung und zusätzliche Einflüsse infolge
des Klimawandels und starker demographischer Veränderungen. Der öffentliche
Raum habe erhebliche Bedeutung für die Lebensqualität und die Gesundheit der
Menschen, müsse jedoch als potenzieller Baugrund erheblichen Interessenkonflikten
standhalten. „Wie wollen wir zukünftig leben? und Was müssen wir heute tun, um
den Umbau der Städte frühzeitig in die richtigen Bahnen zu lenken?" fragte Menke
die Referenten und Teilnehmer zum Einstieg in die Forumsveranstaltung.
Stadtgrün: Vom Grünbuch zum Weißbuch
Professor Dr.-Ing. Hagen Eyink vom Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz,
Bau und Reaktorsicherheit (BMUB) stellte Zitate aus aktuellen Veröffentlichungen
aus der Tagespresse an den Anfang seines Beitrages. „Das Thema Grün in der
Stadtentwicklung ist in der Öffentlichkeit präsent,", so Eyink, „und seit 2013 wird mit
der ressortübergreifenden Zusammenarbeit von mehreren Bundesministerien auf
Initiative des Bundesbauministeriums auch das Ziel verfolgt, Grün in der
Stadtentwicklung auf die politische Agenda zu setzen." Das im Juni 2015 im Rahmen
eines großen Kongresses vorgestellte „Grünbuch Stadtgrün" sei eine breite
Bestandsaufnahme der Thematik, fächere diese in einzelne Facetten auf und stelle
den Nutzen und die Funktionen von urbanem Grün für die Stadtbewohner in den
Mittelpunkt. Dabei werde deutlich, dass es sich nicht um ein Wohlfühlthema handele,
sondern dass hier auch divergierende Interessen aufeinanderträfen, vor allem wenn
es um Bebauung, Grünpflege, qualifiziertes Personal oder Naturschutz gehe. Eyink
machte deutlich, dass das Grünbuch und die Ergebnisse des Kongresses die
Grundlage für die Gestaltung des soeben angelaufenen Weißbuchprozesses bilden.
Darin sollen konkrete Handlungsempfehlungen und Möglichkeiten der Umsetzung
aufgezeigt werden. Auch das Weißbuch entstehe im Wege einer breiten
ressortübergreifenden Zusammenarbeit und beteilige Länder und Kommunen sowie
Verbände und Expertinnen und Experten aus Wissenschaft und Praxis. Auch die
Öffentlichkeit soll im Prozess gehört werden. Ambitioniertes Ziel ist es, das Weißbuch
„Grün in der Stadt" im Frühjahr 2017 im Rahmen eines Bundeskongresses öffentlich
vorzustellen und zu diskutieren.
Grüne Infrastruktur - Unterschätzter Wert
Der EU-Beauftragte des Regionalverbands Ruhr (RVR), Michael Schwarze-Rodrian,
stellte in seinem Vortrag das von der EU-Kommission im Mai 2013 herausgegebene
Konzept „Grüne Infrastruktur - Aufwertung des europäischen Naturkapitals" vor.
Schwarze-Rodrian: „Die Leistungen der Natur sind eben nicht nur im ökologischen
Sinne, sondern auch für viele ökonomische, kulturelle und soziale Felder
ausgesprochen wichtig und werthaltig, deshalb ist es nur zu begrüßen, wenn die
Kommission sie als Europäisches Naturkapital erkennt und wertschätzt." In einem
zweiten Teil seines Vortrages beleuchtete Schwarze-Rodrian die besondere
Entwicklung des Ruhrgebietes. Seit mehr als 25 Jahren werde dort der Wandel einer
ehemaligen Industrieregion mit zweifelhaftem Umweltstatus in eine Region mit hoher
Lebensqualität und attraktiven Stadtlandschaften gestaltet. „Nachhaltige und grüne
Lösungen
werden
dabei
als
integrierte
Bestandteile
der
Standort-
und
Stadtentwicklung verstanden und umgesetzt,", so Schwarze-Rodrian. Schon das
Projekt „Emscher Landschaftspark" und der Umbau des Emschersystems hätten
europaweit Standards für einen erfolgreichen Strukturwandel und eine ökologische
und naturnahe Landschaftsentwicklung gesetzt. Vor allem, die Zusammenarbeit über
kommunale Grenzen hinweg werde wahrgenommen und politisch nachgefragt.
„Deshalb stellen alle Oberbürgermeister und Landräte der Metropole Ruhr die ´Green
Infrastructures Ruhr` am 2. und 3. März 2016 gemeinsam in Brüssel vor", führte
Schwarze-Rodrian aus. Unter dieser Überschrift sortiere und bündele die Region zur
Zeit ihre Initiativen und Programme zur Grünen Infrastruktur.
Stadtgrün im Klimawandel
Professor Dr. habil. Hartmut Balder von der Berliner Beuth Hochschule erläuterte aus
wissenschaftlicher Sicht relevante Entwicklungen zum Stadtgrün im Klimawandel.
Ohnehin seien urbane Grünflächen als Extremstandorte zu bezeichnen, dies werde
jedoch durch die sich abzeichnenden Veränderungen des Stadtklimas noch
verstärkt. Die Stressbelastung von Straßenbäumen zeige sich zum Beispiel in
zunehmenden Hitze-, Strahlungs- Trocken-, Frost- und Windschäden, so Balder vor
dem Hintergrund langjähriger Untersuchungen seines Hauses. „Dazu kommen in
jüngster Zeit zunehmende Probleme mit neuen Krankheiten und Schädlingen", so
Balder, „zumal dagegen bislang keine effizienten Bekämpfungsmaßnahmen zur
Verfügung
stehen."
Die
Baumschulbranche
suche
im
Schulterschluss
mit
verschiedenen Forschungsinstituten nach neuen Sortimenten und Baumformen, die
den Anforderungen des städtischen Umfeldes besser gerecht würden, notwendig sei
jedoch ein weiter gehendes durch wissenschaftliche Studien abgesichertes
Gesamtkonzept für urbanes Grün. Dabei seien sowohl organisatorische Fragen wie
die optimale Sortenwahl für den jeweiligen Standort und die fachlich richtige
Pflanzung, aber auch die Versorgung der Pflanzen zu berücksichtigen. Balder: „Es
werden dringend Studien zur verbesserten Bodensituation, Wasserversorgung,
Pflanzengesundheit und Ökonomie benötigt, um grüne Infrastrukturen mit ihren
vielfältigen Funktionen zur Erfüllung moderner Lebensraumansprüche in der Stadt
auch bei sich wandelnden Klimasituationen zu ermöglichen."
Nachhaltige Stadtentwicklung mit IGA Berlin 2017
Christoph Schmidt, Geschäftsführer der IGA Berlin 2017 GmbH und der Grün Berlin
GmbH, stellte in seinem Vortrag das Gesamtkonzept und den Planungsstand der
IGA Berlin 2017 vor. „Die erste IGA der Hauptstadt wird vom 13. April 2017 bis zum
15. Oktober 2017 mit einem eindrucksvollen Naturerlebnis inmitten der Metropole
überraschen", so Schmidt. Wichtig sei jedoch, dass über die reine Laufzeit der
Gartenausstellung hinaus eine Fülle zukunftsweisender Projekte initiiert und
bleibende Verbesserungen der grünen Infrastruktur Berlins realisiert würden: „Die
meisten baulichen und landschaftsarchitektonischen Neuerungen im IGA-Gelände
mit den erweiterten Gärten der Welt und dem neu entstehenden Kienbergpark
bleiben über die Zeit der IGA hinaus dauerhaft bestehen und sollen ein einzigartiges
touristisches Ausflugsziel mit internationaler Strahlkraft werden." Darüber hinaus
nehme die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt die IGA zum Anlass,
„Berlins Grüne Orte" ab 2016 dezentral in allen Berliner Bezirken herauszustellen. In
Zusammenarbeit mit der IHK sowie dem Landesverband des Garten- und
Landschaftsbaus und weiteren Verbänden sei außerdem ein Wettbewerb für die
besten Berliner Firmengärten in Vorbereitung, der ebenso in die gesamte Stadt
ausstrahlen soll.
In der Abschlussdiskussion mit allen Sprechern wurden die Beiträge auch mit dem
Publikum diskutiert und weitere offene Fragen beantwortet. Als Ergebnis kann
festgehalten werden, dass es in Zukunft darauf ankommen wird, die Grüne
Infrastruktur als wertvolles und kostengünstiges Instrument zur Verbesserung der
Stadtlandschaften verstärkt bewusst zu machen und einzusetzen. Entscheidend sei
es, dabei jenseits kurzfristiger Sparziele eine mittel- und langfristig orientierte
Qualitätsstrategie zu verfolgen. „Die Investition in Grün lohnt", fasste Menke
zusammen,
„es
gilt,
weg
zu
kommen
von
einer
Kosten-
hin
zu
einer
Leistungsbetrachtung öffentlicher Grünräume."
Quelle: DGS