Ergebnisprotokoll der dritten öffentlichen Veranstaltung zum Perspektivplan am 17.4.2015 im Paulussaal, Freiburg Moderiert und dokumentiert von: Dirk Kron, Angela Lüchtrath, suedlicht Ergebnisprotokoll 3. Öffentliche Veranstaltung Perspektivplan Freiburg, 17.4.2015, Dialogphase 1 Erkundungen zu Dichte und Freiraumqualität – Ergebnisse* der 20 Dialoggruppen mit je 6-7 Teilnehmenden *Originalabschriften, rubriziert von suedlicht. Soziale Qualität Dichte erlebt man meist positiv, wenn Sie mit Gleichgesinnten erlebt wird. Dichte wird dann unangenehm, wenn sie anonym wird. Mir wird es zu dicht, wenn mehr als 80 Leute durch „einen“ Hauseingang gehen. Dann ist das Wohnen anonym. Wenn die Nachbarn sich nicht kennen, wird es unheimlich. Ein gutes Verhältnis zum Nachbarn bedeutet häufig ein positives Dichtefeeling. Funktionierende Nachbarschaften sind wichtig. Ghettobildungen sollten vermieden werden. Und auch auf die Qualität (Baubiologie) sollte unbedingt geachtet werden. Eine Mischung von Arbeiten und Wohnen ist anzustreben. Wenn Privatheit erhalten bleibt, wirkt Dichte nicht so erdrückend. Die Qualität der sozialen Beziehungen bestimmt über die gefühlte Dichte. Auch Privatheit leben zu können ist wichtig für ein Gefühl von „Nicht-Dichte“. Bauliche Qualität Die Qualität der Architektur spielt eine große Rolle. Die Art der Bebauung ist zentraler als die Dichte selbst. Es geht um die Blockgröße, die vielfältige Gestaltung, die Vermeidung von Monotonie, das Mitplanen von Läden, Treffs usw. Die Gestaltung von Wohnblocks muss schöner werden. Die Blocks sollten nicht zu groß dimensioniert sein. Eine soziale Mischung der Bewohner/innen ist erforderlich. Baukörperhöhen und Baukörperlängen spielen eine wichtige Rolle. Höhe und Abstände müssen stimmen. Ein menschlicher Maßstab ist wichtig. Die Unterscheidbarkeit und Charakteristik des Ortes ist entscheidend, die Unverwechselbarkeit und damit die Identifikationsmöglichkeit Mehr Kleinteiligkeit und unterschiedliche Architektursprachen. (Warum ist so etwas wie die Westarkaden immer noch möglich?) Farbgebungen und Farbgestaltung von Baukörpern sind wichtig. Monotonie macht eng. Schöne Architektur wirkt nicht so erdrückend. Ergebnisprotokoll 3. Öffentliche Veranstaltung Perspektivplan Freiburg, 17.4.2015, Dialogphase 2 Freiraumqualität Die Qualität von Grünräumen sollte man künftig unbedingt in die Planungen einbeziehen. Freiraumqualitäten müssen definiert werden. Das fehlt uns im Konzept. Es kommt sehr darauf an, wie sich der Weg zu der Grünfläche gestaltet. Bäume sind sehr wichtig. Alter Baumbestand ist immer ein Qualitätsfaktor. Da wo er nicht vorhanden ist, braucht es eben Jahre um eine solche Qualität zu bekommen. Blickachsen ins Grüne puffern bauliche Dichte im Erleben. Grünflächen brauchen Qualität: nur Rasen reicht nicht. Eine Vernetzung von Freiräumen lässt diese größer erscheinen. Kleingärten sichern auch die Grünraumqualität der Stadt. Es gehen zu viele ersatzlos verloren. Es gibt viele Grünflächen oder Freiflächen, die aufgewertet werden sollten. Auch unkonventionelle Räume sollte man gemeinsam mit den Anwohnern entwickeln. Wir brauchen auch sichere, geschützte, intime, ruhige Grünräume, wo man sich nicht wie auf dem Präsentierteller fühlt. Es ist zu dicht, wenn auf Freiflächen zu viele Personen sind, so dass es sich wie „im Bienenstock“ anfühlt. Artenvielfalt sollte bei der Gestaltung von Grünflächen auch eine Roll spielen. Dichte wird unangenehm, wenn Grünflächen nicht erreichbar sind, durch volle Strassen, monotone Klötze Nahversorgung Eine gute Nahversorgung erhöht die Qualität in dichten, urbanen Quartieren. Positiv sind Cafés, Geschäfte, kulturelle Treffs für Jugendliche oder Ältere. Das gliedert Dichte und macht sie lebendig. Lärm Lärm lässt Dichte noch dichter werden. Wohnen an Hauptverkehrsachsen ist schwierig. Dichte verlangt auch Ruhepunkte. Ergebnisprotokoll 3. Öffentliche Veranstaltung Perspektivplan Freiburg, 17.4.2015, Dialogphase 3 Wachsende Stadt Freiburg soll nicht mehr wachsen. Wer hat ein Interesse daran, dass Freiburg wächst? Es fehlt sozialer Wohnungsbau. Wieso wird das gar nicht mehr diskutiert, ob, warum und für wen Freiburg wachsen soll? Muss man wirklich bis nach China fahren um für Freiburg zu werben? Wo erleben wir Freiburg wie? - Konkrete Beispiele... Im Stühlinger wird die belebte Dichte positiv erlebt. Im Gegensatz zum Rieselfeld, da wirkt es am Abend sehr leer. Konviktstrasse: Beispiel für kleine Parzellierung und hohe Qualität des Straßenraums. Sedanquartier: Rückzugsräume, Freiräume im Blockinnenbereich sind wertvoll Positive Beispiele: Gartenstadt Haslach, Waldsee, Musikerviertel, Zähringer Berg. Negative Beispiele: Berliner Allee inkl. Sternenhof, Fuhrparkgelände, Westarkaden, Stühlinger hinter dem Bahnhof Lederleplatz: funktioniert er oder nicht? Und warum? Vauban: als dicht empfunden wegen sozialer Dichte? B31: hier erleben wir Dichte und Trennung. Der Ganterknoten ist eine Katastrophe. Ergebnisprotokoll 3. Öffentliche Veranstaltung Perspektivplan Freiburg, 17.4.2015, Dialogphase 4 Fazite: Was können wir in Freiburg tun? Als Fazit markierte Ergebnisse aus den Gruppen-Dialogen. Hinweis: nicht alle Dialoggruppen haben dies entsprechend gekennzeichnet. Fazit Die unterschiedlichen Qualitäten von Freiraumflächen müssen definiert werden. Freiraumqualität ist ein wesentliches Planungselement. Vorschlag aus einer Gruppe: Differenzierung in Wald, Park, Spielplatz (grün), versiegelter Platz) Verkehrslärm vermindern und Straßenräume so gestalten, dass der Lärm abnimmt. Autos aus den Quartieren raus halten, Straßenräume eng fassen, Innenhöfe groß halten Vielfalt schaffen, für soziale Durchmischung sorgen Vielfalt, Individualität und Qualität von Bebauung sichern. Ausweitung, Verbesserung bestehender Grünflächen Die sternförmige Stadt (5 Finger) ermöglicht es schnell ins Grüne zu kommen. Das macht Freiburg aus und sollte erhalten werden. Mischung von Wohnen und Arbeiten Mehrgenerationenkonzepte mit flexiblen Wohngrundrissen sind wichtig. Mehr Möglichkeiten für Baugruppen und genossenschaftliche Bauprojekte schaffen. Nicht das Geld der Investoren soll über das Wo und Wie des Bauens in Freiburg entscheiden. Begrünung von Flachdächern, Natur in die Stadtteile zurückholen Entsiegelung Übergangszonen sind wichtig vom Privaten in den öffentlichen Raum wie Balkone, Vorgärten (Kommunikation statt Anonymität) Berücksichtigen von Klimagesichtspunkten bei der Planung In Neubaugebieten durch kleine Parzellen Vielfalt der Architekturen erreichen Kleine Grünflächen im Quartier im richtigen Verhältnis zur Dichte einplanen /erhalten Treffpunkte auch zur Nahversorgung schaffen (Bäcker, Café, Quartiersladen) Verantwortung zur Pflege und Gestaltung durch Eigentum, Genossenschaften und stabile Nachbarschaften Bürger beteiligen. Es geht um Qualität für alle Freiburger/innen. Dichte verlangt hohe Bauqualität, gute soziale Nähe und qualitätsvolle Freiraumgestaltung Gezielter Ausbau und Vernetzung der Freiräume entlang der Gewässer, Bachlandschaften gestalten und öffentlich zugänglich machen Qualität des Zugangs zu Naherholungsgebieten schaffen und erhalten Anzahl der Nennungen 7 5 4 4 4 3 3 2 2 2 3 2 2 Ergebnisprotokoll 3. Öffentliche Veranstaltung Perspektivplan Freiburg, 17.4.2015, Dialogphase 5 Zitate - Erkenntnisse aus dem Dichtedialog Unsere Erkenntnis ist: Dichte wird subjektiv erlebt. Es sind die konkreten gebauten oder sozialen-kulturellen Begleitumstände, die Dichte angenehm oder unangenehm werden lassen. Es gibt eine gefühlte Dichte und eine berechnete Dichte. Die beiden Werte können sehr voneinander abweichen. Dichte ist eine individuelle Wahrnehmung. Unterschiedliche Perspektiven führen zu verschiedenen Bewertungen. Man kann es nicht an der Dichte festmachen, ob Menschen sich wohl fühlen in der Stadt oder nicht. Die Lebensqualität drückt sich sehr stark aus in Vorhandensein von sozialen Netzwerken, von Begegnungsmöglichkeiten, der Straßenmöblierung und von Verweilqualitäten. Wohlfühlfaktoren sind wichtig, ob Dichte angenehm oder unangenehm ist: den Himmel sehen können, die Sonne spüren, ein Gefühl von Heimeligkeit entwickeln, der Blick in die Ferne, die Atmosphäre. Heimat ist ein Leitbegriff. Fühle ich mich zu Hause? Jetzt und im Alter? Das prägt mein Empfinden von Dichte. Das Dichtegefühl ist abhängig von der Gestaltungsqualität, dem Vorhandensein von Kommunikationsbereichen, der Ermöglichung von Gemeinschaft und Privatheit sowie vom Erleben natürlicher Faktoren wie Licht, Luft, Sonne. Hohe Bauliche Dichte ist nicht notwendigerweise mit beunruhigender Dichte gleichzusetzen. Dichte ist beunruhigend, wenn zu viele Leute auf zu engem Raum leben. Wir brauchen Dichte, für die Stadt der kurzen Wege, den Einzelhandel, die Kommunikation. Anonymität und Monotonie sind bedrohlich für das Leben in einer Stadt. Es geht um eine Ausgewogenheit zwischen dichteren Räumen und kleinen Plätzen oder Freiräumen als Treff- oder Erholungspunkte. Die verschiedenen sozialen Gruppen in einer Stadt haben ein unterschiedliches Erleben von Dichte: das hängt vom Alter ab, der Lebensphase (Jugendliche, Studierende, Familien, Senioren), dem Typ, mitunter der Nationalität usw. Das Dichteerleben ist abhängig von der Erfüllung privater (Wohnen, Erholung), und öffentlicher Bedürfnisse (Versorgung, Dienstleistungen, Sozialleben, ÖPNV, Infrastruktur, z.B. Schulen) und wird relativiert von der Qualität der Bebauung und er Freiraumversorgung. Eine Stadt darf dicht sein. Freiburgs Qualität macht aus, dass zugleich Freiräume schnell erreichbar sind (5 Finger). Die Wahrnehmung von Dichte hat zu tun mit Gestaltqualität und Nutzungsqualität. Ergebnisprotokoll 3. Öffentliche Veranstaltung Perspektivplan Freiburg, 17.4.2015, Dialogphase 6 Die entscheidende Frage lautet: ist Dichte unförmig und langweilig oder vielfältig und bunt. Marktplatz - Strategische Bausteine Ergebnisse der Rückmeldungen zu den Strategien im Foyer Die Teilnehmenden konnten zu den vorgestellten Strategien Nachfragen stellen, diese Kommentieren oder Hinweise geben. Dies konnte auch räumlich auf einer Stadtkarte erfolgen. Hier einige der Rückmeldungen: Strategie Verknüpfen, Betreuung: Markus Liesen Die Strategie wird als gut verständlich und als notwendig bewertet. Verknüpfungen sollten vor allen entlang von Infrastrukturen (z.B. Fahrradwege entlang der Güterbahntrasse) sowie über Verkehrswege hinweg erfolgen (z.B. viel befahrene Straßen wie Sundgauallee, Höllentalbahn, Autobahnzubringer). Verknüpfung durch und entlang der Dreisam. Verbesserung der Durchgängigkeit in Gewerbegebieten wie z.B. Gewerbegebiet Haid-Süd (Stichwort: Schlattweg) und im Industriegebiet Nord. Eine Skepsis wird hinsichtlich der Kosten größerer Vernetzungsmaßnahmen (z.B. Überdeckelung von Straßen) geäußert; vor allem vor dem Hintergrund, dass selbst kleinere Maßnahmen und Wegeverbindungen in Freiburg scheitern. Strategie „Öffnen“, Betreuung Dirk Kron Die Strategie wird klar verstanden. Sie wird spontan an einigen Beispielen auf der Karte illustiert. Einige Gesprächspartner unterstützen diese Idee sehr. Hinsichtlich der Friedhöfe kommt der Hinweis, dass es auch Ruhezonen und Schutzräume geben müsse. Auch Kleingartenanlagen sollten den Nutzern die Möglichkeit von Rückzug bieten. Strategie Formen, Betreuung: Henrik Schultz Die Entwicklung eines neuen Stadtteils wird von vielen kritisiert. Die Strategien würden aufzeigen, dass es auch gute Möglichkeiten zum Schaffen neuer Wohnungen im Bestand gäbe. Die Strategien werden als „intelligent, überraschend und hilfreich“ beschrieben. Ergebnisprotokoll 3. Öffentliche Veranstaltung Perspektivplan Freiburg, 17.4.2015, Dialogphase 7 Der Umgang mit der Dreisam, vor allem auch im Westen der Stadt /im Bereich Dietenbach, wird als zentrale Frage der stadtstrukturellen Entwicklung von Freiburg gesehen. Hier gilt es das Potenzial zu nutzen und mutig mit den Verkehrsinfrastrukturen umzugehen Die Frage „Wie kann bezahlbarer Wohnungsbau / sozialer Wohnungsbau geschaffen werden?“ ist zentral. Strategie Säumen, Betreuung: Börries v. Detten Die Strategie des Säumens werden von allen Gesprächspartnern gern aufgegriffen und gleich angewandt bzw. weiter gedacht. Die Strategie wird auch als „dringlich geboten“ bezeichnet. Es geht dabei nicht nur um eine gestalterische Qualifizierung der Siedlungsränder, sondern eben auch um eine Öffnung der eben dort oft platzierten Einrichtungen, wie z.B. Sportplätze, Kleingartenanlagen. Besonders die Members-only-Mentalität von Vereinen wird kritisiert, die abseits der Vereinsveranstaltungen, z.B. für Jugendlichen, keinerlei Anreize bieten. Ein wesentlicher Aspekt der Strategie wird in einer kulturellen Inwertsetzung gesehen. Vereine, Kulturschaffende etc. sind hier wichtige Kooperationspartner. Unter dem Begriff Säumen werden auch „innere Ränder“ angesprochen. Als Beispiel wird die Hirzbergspange (Hirzberg-DFG-Stadthalle-Schanze) angesprochen, die in ihren Potenzialen nicht entwickelt sei. Insbesondere landschaftsökologische Aspekte (Biodiversität, Korridore) sind bislang nicht hinreichend berücksichtigt worden. Viele der Säume liegen in hochwassergefährdeten Bereichen, z.B. am Tuniberg. Dieser Aspekt sollte bei der weiteren Ausgestaltung der Strategie mitbedacht werden. Ergebnisprotokoll 3. Öffentliche Veranstaltung Perspektivplan Freiburg, 17.4.2015, Dialogphase 8 Die räumlichen Markierungen („Wo könnte aus Ihrer Sicht welche Strategie greifen?“) zu den Strategien in der Übersicht: Ergebnisprotokoll 3. Öffentliche Veranstaltung Perspektivplan Freiburg, 17.4.2015, Dialogphase 9
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