„Sorgen weichen, Vertrauen wächst: Seht hin!“ Predigt über Matthäus 6,25-34, Karl-Edzard Buse-Weber, Pfarrer Liebe Gemeinde! Über den Wolken, da muss die Sorge wohl grenzenlos sein, alle Ängste, alle Sorgen, so merkt sie, kommen heraus, sind nicht mehr verborgen. Sie mag das Fliegen nicht, überhaupt nicht. Wenn sie nicht müsste, würde sie niemals in so ein Ungetüm aus Stahl, Karbon und Kerosin steigen. Wenn das Schlimmste passiert, dann gibt es keinen Ausweg mehr, dann geht es nur noch abwärts. Sie blickt sich ängstlich um. Wie können die anderen Fluggäste nur so ruhig bleiben? Ihr Herz klopft spürbar und es zittern die Knie. Was kann alles passieren? Das Flugzeug kann einen Flügel verlieren. Vogelschwärme können in die Düsenantriebe geraten. Terroristen können das Flugzeug kapern und zum Absturz bringen. Hier ist kein Ort des Friedens. Hier herrscht die Angst. Sie muss hier raus! Fliehen ist die einzige Chance. Sie springt zur Tür und reißt sie auf, sie fällt heraus und landet auf dem weichen Teppich. Die Flugsimulation ist zu Ende. Sie hat es nicht geschafft. Die Sorgen waren größer und der nächste echte Flug rückt unaufhaltsam näher. Wie soll sie das nur schaffen? Sorgt nicht um euer Leben, sondern seht hin, was unter dem Himmel und auf der Erde zu entdecken ist. Sorgt euch nicht darum, das Leben zu verlieren, sondern versucht gemeinsam den Frieden zu gewinnen. Es ist genug für alle da, denn Gott weiß doch, dass ihr es braucht. Ihr sollt es gerecht verteilen. Dann werden alle satt, dann weichen die Ängste und es verschwinden die Sorgen. Seht hin – das ist auch die Strategie gegen die Angst vor dem Fliegen. Wer diese Angst nicht kennt, dem kommt sie vollkommen irreal und unvernünftig vor. Wer diese Angst kennt, dem verstellt sie den Blick. Real ist nur, dass das Schlimmste passieren kann. Das ist nicht anders, als unter dem Druck von Schulden zu leben: wie soll ich das nur schaffen? Das ist nicht anders, als wenn das eigene Kind Sorgen macht: Wie soll das nur gut ausgehen? Keine Aktion Sorgenkind kann da mehr helfen, oder? Das ist die Angst vor dem Hunger, wenn der Regen ausbleibt, wenn nicht wachsen kann, was satt machen soll. Das ist die Angst vor den Menschen, die jetzt zu uns kommen und die Sorgen werden groß: wie sollen wir das nur schaffen, diese vielen Flüchtlinge unterzubringen, mit Nahrung und Wohnung zu versorgen, sie zu integrieren? Jesus empfiehlt: Seht hin und lernt das Vertrauen auf Gott – das ist die Strategie gegen die Sorgen und die Angst. Seht hin: Nüchtern, analytisch, mit Verstand und zugleich mit dem Gespür für das Gute. Wie ist denn die Welt, in der wir leben? Es gibt Leben um uns herum und das ist keine Katastrophe. Seht hin - Das Leben ist eine Freude und die Vögel singen am Morgen ihr Lied. Das Zwitschern klingt wie ein Loblied auf Gott, den Schöpfer, und dient zugleich dazu, das Fortpflanzen zu sichern und das eigene Revier abzugrenzen. Seht hin - Die Vögel finden Nahrung ohne vorzusorgen, es wächst und gedeiht einfach so – wenn die Menschen nicht zu viel Monokultur betreiben. Die Blumen blühen wunderschön, loben Gott durch ihren Duft und ihre Pracht, und locken doch zugleich die Bienen an, um bestäubt zu werden. Seht hin – es gibt Hilfen, wenn die Schulden drücken. Gut beraten zu werden hilft gegen die Sorgen. Ein Plan zur Entschuldung ist besser als die Angst, zu versagen. Seht hin – es gibt die Aktion Mensch. Unterstützt zu werden lässt die Sorgen kleiner werden. Die Freude kann wieder ihren Platz finden. Das eigene Kind wird seinen Weg durch das Leben schon finden und gehen können. Seht hin – es regnet und strömt von oben das gute Nass, das die Erde feuchtet, dass die Bananen wachsen und die Kassawa wachsen und die Süßkartoffeln und die Ananas. In Tansania ist gerade Trockenzeit, doch es hat geregnet in Ilemera, Kusini B, Bukoba: tüchtig hat es geregnet, gewässert und geschauert hat es. Der Regen singt das Lob des Schöpfers, und fällt zugleich aus dunklen, schweren Wolken. Welche Freude für die Menschen. Unerwartet kommt das Gute von oben. Es wäre auch ohne diesen Regen gegangen. Aber so ist es viel schöner. Der Jubel lässt sich hören. Lasst uns mit unseren Geschwistern in Tansania singen: Baba asante, Baba asante, Baba Wambinguni, asante (Vater danke, Vater im Himmel, danke). Und wenn der Regen einmal ausbleibt – dann seht hin, es gibt Wege aus der Not. Wir haben schon einmal für die Menschen dort in Ilemera unser Geld zusammengelegt, damit sie Essen kaufen können. Wir würden es wieder tun. Seht hin – es ist genug für alle da. Die Flüchtlinge bekommen bei uns Hilfe. Was nicht gut läuft, steht in der Kritik und soll verbessert werden. Die Menschen bekommen ein Dach über dem Kopf, Essen, Kleidung. Leute von hier kümmern sich und begleiten die Flüchtlinge bei den Schritten in das neue Leben. Auf den Bahnhöfen rufen Menschen ihnen entgegen: willkommen in Deutschland. Willkommen in Borchen, so schallt es aus Etteln und Alfen und all den anderen Ortsteilen. So viele Menschen sind bei uns aktiv, die Flüchtlinge zu unterstützen. Seht hin – Warum sollen wir uns sorgen, ob es reichen wird und ob genug für uns bleibt, wenn doch unsere Mülltonnen jeden Tag voll sind mit Nahrungsmitteln, die wir wegwerfen. Seht hin – macht euch schlau, wie die Dinge funktionieren. Das vertreibt die Angst. Das Flugzeug wiegt zwar viele hundert Tonnen, aber der Auftrieb in der Luft ist stärker. Die Flügel geben Stabilität und Auftrieb. Das Kerosin ist in sicheren Tanks untergebracht. Die Schubkraft der Düsenantriebe ist enorm. Antrieb und Fahrwerk, das ganze Flugzeug wird ständig untersucht. Turbulenzen übersteht das Flugzeug ganz leicht, es ist dafür gebaut. Seht hin und lernt das Vertrauen, zu den Technikern, die das Flugzeug warten, zu den Ingenieuren, die es gut konstruiert haben. Seht hin und lernt das Vertrauen zu Gott, der seine Freude daran hat, wenn Menschen Verantwortung füreinander übernehmen. Vertrauen schleicht sich ein gegen die Angst. Zaghaft dringt es aus ihrem Mund: „Über den Wolken muss die Freiheit wohl grenzenlos sein, alle Ängste, alle Sorgen, so sagt man, blieben darunter verborgen, und dann würde, was uns groß und wichtig erscheint, plötzlich nichtig und klein.“ Amen
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