Hosen runter - Proktologische Praxis Freiburg

&HILFE
Rat
Hosen runter
Hämorriden Die Gefäßpolster
im Po sorgen für die notwendige
Dichtigkeit. Was hilft, wenn
sie nässen, brennen oder bluten
Keine Scheu:
Ein Besuch
beim Proktologen ist meist
ganz harmlos
28 Senioren Ratgeber
10/2010
Foto: Mauritius Images/M. Tunger
H
aben Sie Probleme mit Hämor­
riden? Warten Sie nicht, bis der
Juckreiz, das Brennen oder Zwi­
cken am After unerträglich wird. Denn
die Pein im Po lässt sich meist rasch und
sanft beseitigen.
Was viele nicht wissen: Hämorriden
zu haben ist eigentlich etwas sehr Nütz­
liches. Zusammen mit dem Schließmus­
kel sorgen die Gefäßpolster dafür, dass
Kot und Gase kontrolliert nach außen
gelangen: Wird der Darm entleert und
der Schließmuskel gedehnt, fließt das
Blut aus den Polstern ab. Zieht sich der
After zusammen, strömt es wieder ein
und dichtet so den Analkanal ab.
Starkes Pressen auf der Toilette etwa
strapaziert das sensible Geflecht. Dann
füllt es sich dauerhaft mit Blut und
gleitet zum Darmausgang hinunter. „Da­
durch funktioniert oft der Feinverschluss
„Eines Tages war das
Toilettenpapier voll Blut“
Karin Bräuer* (67) aus Freiburg
Es hat zehn Jahre gedauert, bis ich zu
einem Proktologen gegangen bin.
Heute ärgert es mich, dass ich das
nicht früher getan habe. Vor allem
beim langen Sitzen hatte ich ein Fremkörpergefühl im Po. Als dann Blut auf
dem Klopapier war, bin ich gleich zum
Arzt. In drei Behandlungen werden
mir die Hämorriden nun mit einem
Gummi abgebunden. Nach dem ersten Eingriff blutete es ein wenig, aber
Schmerzen hatte ich nicht. Um den
Beckenboden zu kräftigen, gehe ich
jetzt regelmäßig zur Ballettgymnastik.
nicht mehr, Darmflüssigkeit gelangt
nach außen, und die Haut entzündet
sich“, sagt Dr. Bernhard Strittmatter,
Enddarmspezialist aus Freiburg und
Vorstand des Berufsverbands der Colo­
proktologen Deutschlands. Vielfältige Ursachen
t
Forschen Sie selbst nach möglichen
Ursachen. Vergrößerte Hämorriden
entstehen oft bei Übergewicht, nach
Durchfällen oder bei anhaltender
Verstopfung. Auch schlechte Gewohn­
heiten wie starkes Pressen und lange
Toilettensitzungen begünstigen die
Erkrankung. Manche trinken einfach
zu wenig. Wer die Auslöser kennt und
etwas dagegen unternimmt, bekommt
die Pein gut in den Griff.
Vergrößerte Hämorriden bereiten
bis zu 80 Prozent der Deutschen
10/2010
Senioren Ratgeber
29
&HILFE
Infografiken: W&B/P. Diehl
Rat
Probleme. Typische Beschwerden: Ne­
ben Nässen und Brennen können bei
bereits leicht vergrößerten Polstern
während des Stuhlgangs Gefäße einrei­
ßen. Dann entdeckt man hellrotes Blut
auf dem Toilettenpapier. Manche haben
auch das Gefühl, ständig auf die Toilette
zu müssen. Gleiten die Polster nach au­
ßen, entsteht ein unangenehmes Fremd­
körpergefühl im Po.
„Ältere haben manchmal Anzeichen,
ohne sie zu bemerken“, sagt Strittmat­
ter. Weil der Schließmuskel zunehmend
weicher wird, sodass nichts drückt. Ärz­
te unterscheiden verschiedene Stadien:
Bei einem fortgeschrittenen Leiden glei­
ten die Polster bei der kleinsten körper­
lichen Anstrengung nach außen, und in
einem späten Stadium ziehen sie sich
gar nicht mehr in den Enddarm zurück.
Meist geht es ganz sanft
Gehen Sie rasch zum Arzt. Denn die
Pein verschlimmert sich, wenn Sie
nichts tun. In frühen Stadien hilft ein
sanfter, ambulanter Eingriff wie das
Veröden oder Abbinden (siehe Grafik un­
ten). Bei etwa 95 Prozent der Patienten
zeigt dieses Vorgehen Erfolg. Manchmal
muss die Behandlung auch mehrmals
durchgeführt werden. Bei großen Hä­
morriden schafft häufig nur eine Opera­
tion Abhilfe.
Im höheren Alter spricht noch ein wei­
terer Grund dafür, den Arztbesuch nicht
hinauszuzögern: Blut im Stuhl ist ein
Symptom, das auch bei Darmkrebs auf­
treten kann. „Die Diagnose vergrößerte
Hämorriden stellen wir jedoch viel häu­
figer“, beruhigt Strittmatter.
Auch zu Hause können Patienten
vieles für ihre Genesung tun: Wichtig
ist, die empfindliche Analregion sauber
zu halten. „Duschen Sie den Po nach
dem Stuhlgang mit klarem, lauwarmem
Wasser ab. Danach mit einem weichen,
sauberen Handtuch behutsam trocken
tupfen“, rät der Proktologe. Feuchttücher,
etwa Babyfeuchttücher mit dem Zusatz
Diese ambulanten Eingriffe wenden Ärzte am häufigsten an
Veröden:
Mit einer Injektionsnadel spritzt der Proktologe
eine Lösung in das vergrößerte Geflecht. Diese
bewirkt, dass sich das
Gewebe entzündet und
zusammenschrumpft.
30 Senioren Ratgeber
Abbinden:
Der Arzt schiebt vorsichtig
einen kleinen Gummiring
über den Knoten. Das
drosselt die Zufuhr von
Blut, und das vergrößerte
Gewebe stirbt nach drei
bis fünf Tagen ab.
10/2010
„Schon bei kleinsten Anzeichen
gehe ich zum Arzt“
Claus Mylius (63) aus Lahr
Bereits als junger Mann hatte ich vergrößerte Hämorriden, die nur operativ
entfernt werden konnten. Vor der
Operation hatte ich starke Schmerzen,
und nach dem Eingriff bereitete mir der
erste Stuhlgang große Beschwerden.
Das will ich mir künftig ersparen: Heute gehe ich bei geringsten Anzeichen
gleich zum Proktologen. Wenn Hämorriden nur leicht vergrößert sind, können
sie verödet werden. Dieser Nadelpieks
ist etwas unangenehm, er sticht ein
wenig, klingt aber rasch ab. Nach jeder
Behandlung denke ich: „Nun habe ich
wieder für einige Zeit Ruhe.“
„sensitiv“, sind praktisch für unterwegs.
Sie sollten keine Duftstoffe enthalten.
Gegen das Nässen und den Juckreiz
helfen Sitzbäder mit Salz, Eichenrindenoder Kamillenextrakt sowie Hamamelis.
„Frei verkäufliche Hämorridensalben
aus der Apotheke lindern die Schmer­
zen. Zugleich desinfizieren sie entzün­
dete Haut und unterstützen, dass die
vergrößerten Hämmoriden abheilen“,
sagt die Apothekerin Jana Hennemann
aus Rhaunen. Die Tube vorher in der
Hand anwärmen, dann gleitet die Sal­
be leichter heraus. „Gute Erfahrungen
haben wir mit dem pflanzlichen Wirk­
stoff der Aloe vera gemacht. Er legt sich
wie eine Schutzschicht auf die Haut“,
berichtet Hennemann. Auch der Po
braucht Pflege.
Petra Haas n
10/2010
Senioren Ratgeber
31