Stader Tageblatt, 15.07.2015

S 16 - Nr. 162
STADT UND LANDKREIS STADE
U
m zu überprüfen, wie
sich die Baustelle in
der Hansestraße auf
die Verkehrssituation
auswirkt, hat das TAGEBLATT am Montag und
Dienstag den Verkehr in der Innenstadt beobachtet. Am Montag
wurde zudem die Strecke zwischen dem Kreisel in der Freiburger Straße und dem Kreisel in der
Altländer Straße zwischen 7 Uhr
und 18 Uhr sechsmal abgefahren
und die Zeiten gestoppt.
Ohne die Sperrung der Hansestraße mussten für die Strecke, die
von Kreisel zu Kreisel knapp zwei
Kilometer misst, zwischen drei
und vier Minuten eingeplant werden. Aufgrund der einseitigen
Sperrung der Hansestraße wird
der Verkehr nun jedoch seit dem
1. Juli über die Kehdinger Mühren
und die Wallstraße umgeleitet.
Ohne Stau wäre diese Umgehung
zwischen den beiden Kreiseln in
sechs bis sieben Minuten zu bewältigen. Während der Testfahrten, die das TAGEBLATT am
Montag durchführte, wurden für
die Distanz neun bis 16 Minuten
benötigt.
Drei Fahrten wurden am Vormittag zwischen 7 und 11 Uhr
durchgeführt und dabei dauerte
keine Tour länger als zehn Minuten. Autofahrer mussten damit also sechs Minuten mehr einplanen
als ohne die Baustelle und drei bis
vier Minuten mehr als sie für die
Umgehung benötigen würden,
wenn diese staufrei ist.
Am Nachmittag und frühen
Abend hingegen war schon etwas
mehr Geduld gefragt. Während
die erste Testfahrt um 15 Uhr mit
neun Minuten noch verhältnismäßig schnell ablief, dauerte es um
16 Uhr schon eine Viertelstunde,
um von Kreisel zu Kreisel zu gelangen. Bei der letzten Fahrt um
17 Uhr dauerte es mit 16 Minuten
am längsten. Damit ergaben sich
Verzögerungen von bis zu zwölf
Minuten im Vergleich zur Fahrtdauer ohne Baustelle. Die Umgehungsstrecke kostete zu dieser
Zeit durch den Stau fünf bis sechs
Minuten mehr als bei freier Fahrt.
Während des Beobachtungszeitraumes fiel auf, dass sich die
Verkehrsbehinderungen auf die
Kehdinger Mühren und Wallstraße beschränkten. In der Hansestraße selbst kam es nicht zu Verzögerungen. Problematisch zeigte
sich dagegen die Situation am
Schiffertor. Die Autofahrer, die
aus Richtung Hohenwedel rechts
in die Wallstraße abbiegen wollten, hatten Probleme über die
Ampel zu kommen, denn der Verkehr staute sich teilweise bis auf
die Kreuzung zurück. Somit kam
es auch auf der Schiffertorsstraße
zu Verzögerungen. Dort bildete
sich zwischenzeitlich eine Schlange bis zum Altenheim.
Auf der Wallstraße zog der stockende Verkehr allerdings keine
große Zeit-Einbuße nach sich. Be-
Mittwoch, 15. Juli 2015
L E S E RF O R U M
Stau ohne
Ende oder alles
halb so wild?
Die Baustelle in der Hansestraße erhitzt die Gemüter. Aufgrund von
zahlreichen Leserzuschriften hat sich das TAGEBLATT den Verkehr in
der Stader Innenstadt angeschaut und festgestellt: Ist alles nicht so
schlimm. Oder doch? VON ALEXANDER SCHULZ
Zum Artikel „Aç26çSperrung wird
aufgehoben“(TAGEBLATT vom 10.
Juli) schreibt HansçPeter Tödter,
Dammhauser Straße in Buxtehude,
BI Dammhausen (leicht gekürzt):
Nun also doch: Die volle Öffnung der A-26-Anschlussstelle
Jork soll noch im Juli erfolgen.
Trotz gegenteiliger Aussagen,
dass erst die Ortsumgehung in
Jork fertig gestellt und die Ergebnisse der dritten Zählphase
aus dem Verkehrsmonitoring
ausgewertet werden müssten.
Die Zahlen aus der zweiten
Zählung zeigen erstaunlicherweise fast überall weniger Fahrzeuge als zuvor. Wie ist das
möglich? Machen auswärtige
Fahrer einen Bogen um das Alte
Land, weil die Gegend zum Gespött der ganzen Republik geworden ist?
Auf der A 26 von Jork nach
Horneburg wurden ganze 2 660
Fahrzeuge im Tagesdurchschnitt
gezählt, geradezu lächerlich wenig. Brauchen wir dafür eine
Autobahn? Eine Ausnahme gibt
es allerdings: In Dammhausen
hat der Verkehr zugenommen,
und mit der vollen Freigabe wird
er weiter zulegen. Andererseits
warten die Dammhauser schon
seit 2010 auf die Umsetzung erforderlicher Maßnahmen zur
Verbesserung der Verkehrssicherheit.
Wir fordern die Einrichtung
von Überquerungshilfen an den
Bushaltestellen und eine Tempobegrenzung auf 30 Stundenkilometer, besonders vor dem Kindergarten. Es war viel Zeit für
die zuständigen Behörden, Abhilfe zu schaffen. Zeit, die ver-
schenkt worden ist. Erst seit Ende 2014 ist einiges geschehen:
Ein Kreisel an der Einmündung
in die Straße Neukloster-Jork
wurde gebaut – wenn auch nur
ein provisorischer.
Der Radweg in Dammhausen
wurde geflickt. Gelb-rot gestreifte Tonnen zieren die Bushaltestellen. Eine Gewichtsbegrenzung wurde eingerichtet – erlaubt sind nur Fahrzeuge bis 3,5
Tonnen. Wer aber kontrolliert
die Einhaltung, ebenso wie
Überholverbot und Geschwindigkeit?
Es wird als Schmach empfunden, dass das A-26-Teilstück bis
Jork nur einseitig frei ist. Stattdessen sollten die verantwortlichen Politiker und Behördenvertreter es als ihre Schmach ansehen, dass sie ihren Job in Sachen Verkehrssicherheit nicht
gemacht haben. Im Planfeststellungsbeschluss heißt es ausdrücklich, die Dammhauser
Straße sei für die Aufnahme des
zu erwartenden Verkehrs nicht
geeignet, und eine Freigabe der
Anschlussstelle Jork dürfe nicht
vor Fertigstellung der A 26 bis
Buxtehude erfolgen.
Die Landesbehörde für Straßenbau und Verkehr hält sich
nicht an ihre eigenen Vorgaben
oder sie darf es nicht. Es wird
rechtlich zu prüfen sein, ob die
Entscheidung Bestand haben
wird, denn schon die Teilfreigabe im November 2014 war nur
ein geduldeter Schritt. Wozu
wurde ein Dialog aller beteiligten Institutionen und Initiativen
gestartet, wenn gegebene Zusagen gebrochen werden? Vertrauensbildung sieht anders aus.
Eine große Lachnummer
Zum Artikel „Hamburg: Olympia
der kurzen Wege“ (TAGEBLATT
vom 10. Juli) schreibt Winfried Raiç
ner, Hahler Weg in Stade:
dingt durch den geringen Zufluss
aus Seitenstraßen, konnten die
Autofahrer hier relativ zügig
durchfahren.
Es bleibt festzuhalten: Die Baustelle in der Hansestraße hat erkennbare Auswirkungen auf den
Verkehr in der Innenstadt. Im
Zeitraum der Testfahren des TAGEBLATT beschränkte sich der
Stau jedoch auf die Kehdinger
Mühren, die Wallstraße und zwischenzeitlich auf die Schiffertorsstraße. Insbesondere auf der Kehdinger Mühren zog der umgeleitete Verkehr eine merkbare Verzögerung nach sich.
Die Beobachtungen und Testfahrten haben gezeigt, dass es
deutlichere Verkehrsbehinderun-
gen durch die Baustelle in der
Hansestraße gibt als am 2. Juli im
TAGEBLATT berichtet. Einigen
Autofahrern erscheint die Verzögerungen von maximal einer Viertelstunde (im Beobachtungszeitraum) als unzumutbar – andere
sehen den Zeitverlust gelassen
und hoffen auf ein schnelles Ende
der Bauarbeiten.
Diskutieren mit Niveau und Kompetenz
Gesellschaftspolitischer Diskurs am PFH Hansecampus: 60 Gymnasiasten sprechen über das Thema Asyl
STADE. Auf der Flucht vor Krieg,
Terror, Not und Verfolgung suchen immer mehr Menschen den
Weg nach Europa. Wie sollen die
Europäische Union, ihre Mitgliedstaaten und ihre Bürger darauf reagieren? Mit dieser Frage
befasste sich am Montag ein gesellschaftspolitischer Diskurs am
PFH Hansecampus.
Anwesend bei der Veranstaltung, die in Göttingen bereits seit
sieben Jahren läuft und in Stade
nun zum ersten Mal durchgeführt
wurde, waren überwiegend Schüler aus den zwölften Jahrgängen
des Gymnasiums Harsefeld, des
Stader Vincent-Lübeck-Gymnasiums (VLG) und der Elbmarschen
Zusagen gebrochen
Schule Drochtersen. Initiator Joachim Ahrens von der PFH möchte mit dem Diskurs ein Forum für
offenen Meinungsaustausch anbieten. „Wir wollen uns Themen
widmen, bei denen es keine richtigen oder falschen Standpunkte
gibt“, so der Professor für Internationale Wirtschaft. Ziel sei es,
insbesondere Schülern die Möglichkeit zu bieten, einen eigenen
Standpunkt in einer niveauvollen
Diskussion zu bilden und auch
zu vertreten.
Drei seiner Studenten hatten
sich bereiterklärt, vorab ein Impulsreferat zu halten und dem
Plenum einen kurzen Einblick in
die Thematik zu geben. Referent
Fruchtbare Diskussion im Auditorium der PFH in Ottenbeck.
Fotos Schulz
Piotr Sak (22) und seine Kommilitonen wollten der Diskussion
mit Fakten eine gute Grundlage
bieten.
Diese Grundlage nutzten die
knapp 60 Gymnasiasten für einen
lebhaften Diskurs. Unter der Leitung von Ahrens entwickelte sich
schnell eine Gesprächsrunde, in
der die Schüler zeigten, dass sie
sich nicht nur auf emotionaler
Ebene mit der Flüchtlingsthematik befassen, sondern auch fachlich mit umfassendem Vorwissen
glänzen können.
Diskutiert wurde beinahe alles,
was im Zusammenhang mit dem
Thema Flüchtlinge steht. Dabei
ging es auch kontrovers zu. Ön-
„Mir war die
Diskussion
etwas zu zahm.“
Önder Polat,
Schüler 18, VLG
„Es war gut,
neue Meinungen
zu hören.“ Inga
Renzelmann,
17, VLG
der Polat (18) vom VLG Stade
störte sich an der theoretischen
Herangehensweise der anderen
Teilnehmer. „Die meisten reden ja
nur, aber tätig wird kaum jemand“, sagte der Schüler. Seine
Mitschülerin Inga Renzelmann
(17) hingegen war einfach froh,
„mal andere Meinungen als in
unserem Politik-Leistungskurs zu
hören“.
Nachdem der erste Versuch so
gut angenommen wurde, soll es
fortan jedes Jahr zwei Diskurse
auf dem Hansecampus geben.
„Eine Diskussionsrunde im Juni
oder Juli und eine weitere immer
im Januar“, sagte Initiator Joachim Ahrens. (asz)
„Die Schüler
haben tiefç
gehend
argumentiert.“
Joachim Ahrens
„Es ging
angenehm
sachlich zu.“
Piotr Sak, 22,
Student
Ist es auch Schwachsinn, so
hat es doch Methode. Der Hamburger Größenwahn kennt keine Grenzen. Die Elbe ist für die
großen Pötte zu schmal, der Hafen zu klein, und Platz für die
Container ist auch nicht da. Der
Verkehr bricht jetzt schon zusammen, die Straßen und Brücken sind in einem jämmerlichen Zustand. Die Elbphilharmonie wird und wird nicht fertig, aber wesentlich teurer, die
Schulden von der Gartenbauausstellung werden schamhaft
verschwiegen. Die A 26 endet
auf einer grünen Wiese, der Stau
ist Dauerzustand. Und nun bewirbt sich diese Stadt um die
Ausrichtung der Olympiade. Es
sollen Stadien gebaut werden,
die keiner mehr braucht. Da
fasst man sich an den Kopf, ja
geht’s denn noch? Einen Teil
der Verluste auf Niedersachsen
abzuwälzen ist gescheitert, denn
Cuxhaven wird nicht Segelrevier. Über Niedersachsen lacht
die Sonne, über Hamburg ganz
Deutschland, noch, nach der
Olympiade die ganze Welt.
Teilweise provinziell
Zum Artikel „Die Spiele werden
zentraler“ (TAGEBLATT vom 10. Juç
li) schreibt Jürgen Albiez, Marktç
straße in Quickborn:
Feuer und Flamme; OlympiaEuphorie und Realität! Die
Sportart Wasserball soll zum
Beispiel in der Wilhelmsburger
Inselpark-Schwimmhalle stattfinden. Wie soll das denn bitte
funktionieren?
Unter Ausschluss der Öffentlichkeit? Die Halle kann derzeit
meiner Kenntnis nach maximal
200 Menschen aufnehmen. Alleine zwei Olympia-Mannschaften bringen es mit Trainern, Betreuern, Schiedsrichtern und
„Offiziellen“ auf knapp 100 Per-
sonen. Dazu die Berichterstatter
aus aller Welt und die Ersthelfer.
Olympia soll nicht nur dem
Commerz Freude bereiten, sondern bei jungen Menschen Begeisterung für diese und andere
Sportarten wecken und einer
sportlichen Monokultur namens
Fußball entgegenwirken.
Hamburg muss umdenken,
will man dem Anspruch „diese
Stadt kann Sport“ gerecht werden. Es muss also eine für den
Wasserball bessere Lösung her.
Im Vergleich zur Mitbewerberstadt Budapest ist das HamburgKonzept „Wasserball“ als provinziell zu bezeichnen. Aber es
kann ja noch nachgebessert
werden.
Andere Meinungen
Zum Artikel „Notankerung auf der
Unterelbe“ (TAGEBLATT vom 6. Juç
li) schreibt Dennis Schildt, Elbinsel
Krautsand in Drochtersen (leicht
gekürzt):
Verehrtes TAGEBLATT, der
oben genannte Bericht war ja
mal wieder eine journalistische
Meisterleistung von Ihnen. Da
kommt es zu einem durchaus
ernstzunehmenden Vorfall, der
übrigens professionell und souverän von allen Beteiligten abgearbeitet wurde und wer bekommt das Wort in Ihrer Zeitung: Herr Ernst-Otto Schuldt
aus Neuenschleuse. Sie haben
Herrn Müller und Herrn Meyer
aus Grünendeich vergessen, Sie
wissen schon, die die immer auf
dem Deich sitzen. Natürlich darf
die Expertise des letzten Elbfischers Herrn Lothar Buckow
nicht fehlen. Warum nun wieder
die Gegner der Fahrrinnenanpassung zu Wort kommen erschließt sich mir nicht.
Ein tieferes und breiteres
Fahrwasser hätte doch bei so einem Manöver mehr Sicherheitsreserven geboten? Liebes TAGEBLATT, warum interviewen
Sie nicht die an diesem Vorfall
beteiligten Personen / Institutionen wie Lotsen, Reederei, Verkehrszentrale
und
Wasserschutzpolizei?