EBV: Nutzungen -- Anspruch des Eigentümers auf Herausgabe der

Prof. Dr. von Wilmowsky
Sachenrecht (Zivilrecht IIIb)
(Vorlesung)
EBV: Nutzungen
-- Anspruch des Eigentümers auf Herausgabe der Nutzungen --
Teil 1: Ansprüche innerhalb des EBV
2
A. Haftung nach §§ 987, 990: Bösgläubigkeit des Besitzers
2
B. Haftung nach § 993 Abs. 1 Hs. 1: sog. Übermaßfrüchte
5
C. Haftung nach § 988: Unentgeltlichkeit der Besitzerlangung
7
Teil 2: Ansprüche außerhalb des EBV
A. Bereicherungsrecht
B. Geschäftsführung ohne Auftrag (GoA)
Teil 3: Ergebnis: Nutzungsherausgabe im EBV
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9
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EBV: Nutzungsherausgabe
2
Teil 1: Ansprüche innerhalb des EBV
A. Haftung nach §§ 987, 990: Bösgläubigkeit des Besitzers
Kennzeichen dieser Haftung: Bösgläubigkeit des (unrechtmäßigen) Besitzers
Rechtssatz: Wenn der (unrechtmäßige) Besitzer weiß, dass er nicht zum
Besitz berechtigt ist, oder er sich dieser Erkenntnis grob fahrlässig
verschließt, dann muss er die Nutzungen vollständig herausgeben.
I.
Objektiver Tatbestand (objektive Voraussetzungen)
1.
EBV (= Vindikationslage) hinsichtlich der Muttersache
--
Anspruchsteller = Eigentümer der Muttersache
--
Anspruchsgegner = Besitzer der Muttersache
--
kein Recht (des Anspruchsgegners) zum Besitz der Muttersache
2.
Erfasste Nutzungen
(a)
Gezogene Nutzungen:
Nutzungsbegriff (§§ 100, 99); Nutzungen tatsächlich gezogen (§ 987 Abs.
1); Zeit: während der Zeit des EBV
EBV: Nutzungsherausgabe
(b)
3
Nicht gezogene Nutzungen:
Voraussetzung: dass Nutzziehung bei ordnungsgemäßer Bewirtschaftung
der Sache möglich gewesen wäre (§ 987 Abs. 2)
II.
Subjektiver Tatbestand (Verschulden)
1.
Verschulden im Hinblick auf das Vorliegen eines EBV
Verschuldensmaßstab: grobe Fahrlässigkeit
Bösgläubigkeit des Besitzers (§ 990 Abs. 1)
Bezugspunkt des „guten Glaubens“: ein Recht zum Besitz
zwei Zeitpunkte zu unterscheiden:
(i)
Zeitpunkt der Erlangung des Besitzes: Guter Glaube fehlt, wenn der
Besitzer entweder positiv weiß, dass er nicht zum Besitz berechtigt ist, oder
dies grob fahrlässig verkennt. (analog § 932 Abs. 2)
(ii)
Zeit nach Besitzerwerb: Der gute Glaube, der bei Besitzerlangung
bestanden hatte, entfällt nur dann, wenn der Besitzer Kenntnis (vom Fehlen
seines Rechts zum Besitz) erlangt.
2.
Verschulden im Hinblick auf die Nutzungen
Für die Frage, ob auch ein Verschulden hinsichtlich der Nutzungen vorliegen
muss, ist zu unterscheiden:
(i)
gezogene Nutzungen: kein Verschulden erforderlich (§ 987 Abs. 1)
(Unterschied zum Schadensersatzanspruch)
(ii)
nicht gezogene Nutzungen: Verschulden erforderlich (§ 987 Abs. 2)
Dieses Verschulden fehlt etwa bei Früchten, die der Besitzer selbst gar
nicht, sondern allein der Eigentümer hätte ziehen können.
EBV: Nutzungsherausgabe
III.
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Rechtsfolge: Herausgabe der gezogenen Nutzungen
Inhalt des Anspruchs: „Herausgabe“ der Nutzungen
Bedeutung:
(a)
gezogene Nutzung, noch vorhanden: Herausgabe der Nutzung (entweder
durch Übergabe, d.h. Einräumung des Besitzes, oder durch Übereignung)
(b)
gezogene Nutzung, nicht mehr vorhanden:
Ersatz des Werts der
gezogenen Nutzungen (durch Geldzahlung)
(Bsp.: genossene Gebrauchsvorteile)
Der Wertersatz ist von der Herausgabepflicht (des § 987 Abs. 1) umfasst
(obwohl dies aus dem Wortlaut nicht zu ersehen ist).
(Unterschied zum Bereicherungsrecht, wo der Wertersatz für nicht mehr
vorhandene Nutzungen in Abs. 2 des § 818 BGB ausdrücklich vorgesehen
ist.)
(c)
nicht gezogene Nutzung: Zahlung von Wertersatz
(d)
(inzwischen eingetretener) Wegfall der Bereicherung des Besitzers: kein
Ausschluss der Haftung
(Unterschied zum Bereicherungsrecht; dort: § 818 Abs. 3)
IV.
Einschränkung der Haftung durch § 991 Abs. 1
Ein unmittelbarer Besitzer, der für eine andere Person -- den mittelbaren Besitzer
-- den Besitz hält, hat die Nutzungen nur dann gemäß § 990 herauszugeben,
wenn diese Herausgabepflicht auch den mittelbaren Besitzer trifft.
EBV: Nutzungsherausgabe
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B. Haftung nach § 993 Abs. 1 Hs. 1: sog. Übermaßfrüchte
Kennzeichen: Haftung auch bei Gutgläubigkeit (an das Besitzrecht); jedoch nur
für sog. Übermaßfrüchte
Der gutgläubige Besitzer (der die Sache aufgrund eines entgeltlichen
Vertrags
erhalten
hat)
muss
lediglich
die
sog.
Übermaßfrüchte
herausgeben, und zwar im Umfang nach den Regeln über die
ungerechtfertigte Bereicherung (Rechtsfolgenverweisung).
I.
Objektiver Tatbestand (objektive Voraussetzungen)
1.
EBV (= Vindikationslage) hinsichtlich der Muttersache
--
Anspruchsteller = Eigentümer der Muttersache
--
Anspruchsgegner = Besitzer der Muttersache
--
kein Recht (des Anspruchsgegners) zum Besitz der Muttersache
2.
Erfasste Nutzungen: „Übermaßfrüchte“ der Sache
--
Früchte: Erfasst sind allein „Früchte“ der Sache (§ 99 Abs. 1 und Abs. 3)
(nicht auch „Gebrauchsvorteile“, § 100)
--
Übermaß: Der Besitzer muss diese Früchte im Übermaß gezogen haben.
Übermaß:
Eine ordnungsgemäße Bewirtschaftung der Sache wird
überschritten (§ 993 Abs. 1 Hs. 1)
Bsp.: Abholzen eines Walds
EBV: Nutzungsherausgabe
--
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Die Früchte müssen Eigentum des Besitzers geworden sein (etwa nach
§ 955).
(Wurde dagegen der Eigentümer der Sache der Eigentümer der Früchte,
kann er die Früchte nach § 985 herausverlangen.)
II.
Subjektiver Tatbestand (Verschulden)
keine Anforderungen;
Bösgläubigkeit (hinsichtlich des Besitzrechts) nicht
erforderlich; Haftung auch des gutgläubigen (unrechtmäßigen) Besitzers; völlig
verschuldensunabhängig Haftung
III.
Rechtsfolge: Herausgabe der (gezogenen) Früchte nach
Bereicherungsrecht
Rechtsfolge: Haftung des Besitzers nach Bereicherungsrecht
Der § 993 Abs. 1 Hs. 1 ist Anspruchsgrundlage.
Nach dieser Norm
bestimmen sich die Voraussetzungen der Herausgabehaftung.
Der
Verweis auf das Bereicherungsrecht ist (lediglich) Rechtsfolgenverweisung.
Das bedeutet: Der Umfang, in dem die Nutzungen herauszugeben sind,
wird durch das Bereicherungsrecht festgelegt.
Inhalt der Haftung nach § 993 Abs. 1 Hs. 1:
(a)
Herausgabe der Früchte (§ 818 Abs. 1)
(b)
Wertersatz, falls Früchte nicht mehr vorhanden (§ 818 Abs. 2)
(c)
Wegfall der Bereicherung des Besitzers: Ausschluss der Haftung (§ 818
Abs. 3)
EBV: Nutzungsherausgabe
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C. Haftung nach § 988: Unentgeltlichkeit der Besitzerlangung
Kennzeichen: Unentgeltlichkeit des Besitzerwerbs
Generell wird ein unentgeltlicher Rechtserwerb im Recht weniger
geschützt als der entgeltliche. In dieser Linie: Die EBV-Regeln sehen den
unentgeltlichen Besitzer als weniger schutzwürdig an als den entgeltlichen.
(Parallele: § 816 Abs. 1 Satz 2)
I.
Objektiver Tatbestand (objektive Voraussetzungen)
1.
EBV (= Vindikationslage) hinsichtlich der Muttersache
--
Anspruchsteller = Eigentümer der Muttersache
--
Anspruchsgegner = Besitzer der Muttersache
--
kein Recht (des Anspruchsgegners) zum Besitz der Muttersache
2.
Erfasste Nutzungen
Nutzungen: wie bei §§ 987, 990
3.
Unentgeltlichkeit
Unentgeltlichkeit der Erlangung des Besitzes an der Sache (§ 988)
EBV: Nutzungsherausgabe
II.
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Subjektiver Tatbestand (Verschulden)
keine Anforderungen; Haftung auch bei Gutgläubigkeit (d.h. bei gutem Glauben
an
das
Besitzrecht);
verschuldensunabhängige
Haftung
(wie
Bereicherungsrecht)
III.
Rechtsfolge: Herausgabe der gezogenen Nutzungen
Rechtsfolge: Haftung des Besitzers nach Bereicherungsrecht
Der
§ 988
ist
Anspruchsgrundlage.
Der
Verweis
auf
das
Bereicherungsrecht ist (lediglich) Rechtsfolgenverweisung.
Inhalt der Haftung nach § 988:
(a)
Herausgabe der Nutzungen (§ 818 Abs. 1)
(b)
Wertersatz, falls Nutzungen nicht mehr vorhanden (§ 818 Abs. 2)
(c)
Wegfall der Bereicherung des Besitzers: Ausschluss der Haftung (§ 818
Abs. 3)
EBV: Nutzungsherausgabe
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Teil 2: Ansprüche außerhalb des EBV
A. Bereicherungsrecht
Anspruchsgrundlage: § 818 Abs. 1
Ansatz:
--
Anspruchsgrundlage ist nicht:
§ 812 Abs. 1 Satz 1 Alternative 2
(Eingriffskondiktion)
denn: Das Ziehen von Nutzungen stellt keinen Eingriff (in die Sache) da,
der die Eingriffskondiktion des Eigentümers auslösen würde.
--
Der Anspruch aus § 818 Abs. 1 setzt voraus, dass ein anderer Anspruch aus
Bereicherungsrecht vorliegt.
--
Dieser andere Anspruch ist der Herausgabeanspruch nach § 812 Abs. 1 im
Hinblick auf die Muttersache (hier das Auto).
Begründung: Der Anspruch auf Herausgabe der gezogenen Nutzungen
(§ 818 Abs. 1) knüpft an den Anspruch auf Herausgabe der Muttersache an.
Siehe den Wortlaut des § 818 Abs. 1: Die Kondiktion der (Mutter-) Sache
„erstreckt“ sich auf die Nutzungen.
--
Daher:
Prüfung, ob ein Bereicherungsanspruch aus § 812 Abs. 1 im
Hinblick auf die Muttersache besteht.
EBV: Nutzungsherausgabe
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Bereicherungsanspruch (aus § 812 Abs. 1) im Hinblick auf die Muttersache
I.
Tatbestand
1.
„etwas erlangt“:
Der Anspruchsgegner muss die Sache (entweder das Eigentum oder den Besitz
an ihr) erlangt haben.
2.
durch Leistung oder durch Nichtleistung (= Eingriff)
Leistung:
--
Jemand setzt einen Vorgang ins Werk, der beim Empfänger zu einem
Vorteil führen soll. Dieser Vorgang wird von einer Willenserklärung des
Leistenden begleitet: nämlich, dass der Leistende mit diesem Vorgang eine
bestimmte Verpflichtung erfüllen will.
--
Parallele zum Begriff der Erfüllung: Wer eine Verpflichtung erfüllen will,
erbringt eine „Leistung“.
Eingriff:
--
alle anderen Fälle, in denen jemand einen Vermögensgegenstand erlangt
--
Subsidiarität:
Der „Eingriff“ als Grundlage für eine Bereicherungshaftung hat den
Vorrang der Leistungsbeziehungen zu beachten.
Rechtssatz (allerdings recht grob und von einigen Ausnahmen geprägt):
„Geleistetes kann nicht mit der Eingriffskondiktion zurückgefordert
werden.“ (Erman (Buck-Heeb), BGB, 13. Aufl. 2011, § 812 Rn. 83)
EBV: Nutzungsherausgabe
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Erlangte der Besitzer den Besitz (an der Muttersache) durch eine Leistung,
so steht dem Eigentümer nur dann ein Herausgabeanspruch aus § 812
(hinsichtlich der Muttersache) zu, wenn er es war, der den Besitz übertrug
(nicht dagegen, wenn ein Dritter den Besitz übertrug und im Verhältnis
zum Eigentümer ein „Eingriff“ vorliegt).
3.
„ohne rechtlichen Grund“:
Für das erlangte Etwas gibt es keine schuldrechtliche Grundlage.
II.
Subjektiver Tatbestand (Verschulden)
--
keine subjektiven Anforderungen!
--
d.h.: kein Verschulden des Anspruchsgegners erforderlich
--
Die Haftung nach § 812 oder nach § 818 Abs. 1 greift auch dann ein, wenn
den Anspruchsgegner keinerlei Verschulden trifft.
Nach Bereicherungsrecht hat der Besitzer die Nutzungen auch dann
herauszugeben, wenn er gutgläubig auf sein Besitzrecht vertraute.
III.
Zeitpunkt
Der Anspruch aus § 812 Abs. 1 auf Herausgabe der Muttersache muss in dem
Zeitpunkt bestanden haben, in dem die Nutzungen gezogen wurden.
IV.
Rechtsfolge
--
Herausgabe der Nutzungen (Abs. 1 des § 818)
--
Wertersatz, falls Herausgabe nicht möglich ist (Abs. 2 des § 818)
EBV: Nutzungsherausgabe
--
Verringerung
der
Herausgabepflicht
12
durch
sog.
„Wegfall
der
Bereicherung“ (Abs. 3 des § 818)
Mit dem Rechtsinstitut „Wegfall der ungerechtfertigten Bereicherung“
(§ 818 Abs. 3 BGB) werden bestimmte Nachteile erfasst, die der Empfänger
der
ungerechtfertigten
Bereicherung
im
ungerechtfertigten Bereicherung erlitten hat.
Zusammenhang
mit
der
Diese Nachteile darf der
Empfänger seiner Verpflichtung, die ungerechtfertigte Bereicherung
zurückzugewähren, entgegenhalten:
Solange der Empfänger keine
Kompensation für die Nachteile erhalten hat, muss er die ungerechtfertigte
Bereicherung nicht zurückgewähren. Besteht sowohl die ungerechtfertigte
Bereicherung als auch der Nachteil, den der Empfänger erlitten hat, aus
Geld, so werden beide Posten verrechnet:
Die Verpflichtung des
Empfängers zur Rückgewähr verringert sich um den erlittenen Nachteil.
Damit das Rechtsinstitut „Wegfall der ungerechtfertigten Bereicherung“
eingreift, muss ein bestimmter Zusammenhang bestehen zwischen der
ungerechtfertigten Bereicherung einerseits und dem Nachteil, den der
Empfänger erlitten hat, andererseits.
Wie dieser Zusammenhang
beschaffen sein soll, ist in hohem Maß umstritten. Die größte Plausibilität
besitzt das Konzept des Vertrauensschutzes: Erfasst werden diejenigen
Nachteile, die der Empfänger erleidet, weil er darauf vertraut hat, dass er
den Vermögensgegenstand (der die ungerechtfertigte
Bereicherung
darstellt) auf einer wirksamen schuldrechtlichen Grundlage (d.h. mit
Rechtsgrund) erworben hat.1
V.
Problem: Anwendbarkeit des Bereicherungsrechts
Das Bereicherungsrecht könnte unanwendbar sein, wenn gleichzeitig ein EBV
vorliegt und eine Haftung auf Herausgabe der Nutzungen nach EBV besteht. Ob
1
Siehe Sch wab, in: Münchener Kommentar zum BGB, 5. Aufl., Band 5, 2009, § 818 Rn.
119, 124 und 134.
EBV: Nutzungsherausgabe
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das Bereicherungsrecht in diesen Konstellation anwendbar ist oder nicht, ist
Gegenstand eines juristischen Meinungsstreits.
1.
Gesetzliche Regelung: § 993 Abs. 1 Hs. 2
--
Ausschlusswirkung des EBV für die Frage, ob Nutzungen, die der
(unrechtmäßige) Besitzer aus der Sache gezogen hat (oder hätte ziehen
können), an den Eigentümer herauszugeben (bzw. zu ersetzen) sind
--
Die
§§ 987 ff.
treffen
für
die
Ansprüche
des
Eigentümers
auf
Schadensersatz und Nutzungsherausgabe eine Sonderregelung, die
grundsätzlich
abschließend
ist,
d.h.
die
Anwendbarkeit
anderer
Rechtsinstitute (Deliktsrecht bei Schadensersatz, Bereicherungsrecht bei
Nutzungsherausgabe) ausschließt (§ 993 Abs. 1 Hs. 2).
2.
Problem Rechtssystematik:
Widerspruch der Ausschlusswirkung zur
Rechtslage in ähnlich gelagerten Fällen
--
Vergleichsfall: Der Eigentümer verkauft und übereignet die Sache dem
Käufer. Der zugrunde liegende Kaufvertrag ist nichtig; die Übereignung
ist dagegen wirksam. (Der Käufer erlangt somit nicht nur Besitz, sondern
wird auch Eigentümer.)
--
Rechtslage:
Der
Besitzer
(hier
=
Eigentümer)
haftet
nach
Bereicherungsrecht. Wegen der Unwirksamkeit des Kaufvertrags hat er
das Eigentum an der Sache ohne rechtlichen Grund erlangt. Die Sache hat
er nach § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 an den früheren Eigentümer
zurückzuübereignen. Die Nutzungen aus der Sache hat er nach § 818 Abs.
1 herauszugeben.
--
Abwandlung des Beispiels: Nicht nur der Kaufvertrag, sondern auch die
Übereignung ist unwirksam.
Rechtslage: Es besteht ein EBV. (Der Käufer hat kein Eigentum erworben;
Eigentümer ist weiterhin der Verkäufer.)
Somit hat der Käufer die
EBV: Nutzungsherausgabe
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Nutzungen (etwa aus dem Gebrauch der Sache) nicht herauszugeben,
wenn er gutgläubig war (§§ 987, 990). Bereicherungsrecht, nach dem die
Nutzungen auch bei Gutgläubigkeit herauszugeben wären, kommt
hinsichtlich der Nutzungen nicht zur Anwendung (so die Anordnung in
§ 993 Abs. 1 Hs. 2).
--
Vergleich beider Fälle: Erst-recht-Schluss: Wenn derjenige Käufer, der das
Eigentum erlangt, die Nutzungen herausgeben muss, dann sollte das erst
recht für denjenigen Käufer gelten, der das Eigentum nicht erlangt
(sondern nur den Besitz).
--
Einvernehmen in Rechtsprechung und juristischem Schrifttum, dass auch
in der Abwandlung der Käufer verpflichtet sein sollte, die Nutzungen
herauszugeben.
--
kein Einvernehmen: auf welchem Weg man dieses Ziel ansteuern sollte
3.
Streit über den Lösungsweg
--
Rechtsprechung:
Anwendung
des
§ 988:
Der
Besitzerwerb wird dem „unentgeltlichen“ gleichgestellt.
rechtsgrundlose
Lösung somit
über §§ 988, 818 Abs. 1.
Kritik: Diese Gleichstellung ist wenig sinnvoll. Das Gesetz nimmt sie
gerade nicht vor.
--
Literatur: Die Ausschlussregelung des § 993 Abs. 1 Hs. 2 ist hinsichtlich
der Nutzungen rechtssystematisch verfehlt und sollte daher (auf
Nutzungen) nicht angewendet werden. (= Reduktion des § 993 Abs. 1 Hs. 2
aus Gründen der Rechtssystematik)
EBV: Nutzungsherausgabe
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B. Geschäftsführung ohne Auftrag (GoA)
Anspruchsgrundlage: §§ 667 Alternative 2, 681 Satz 2
allgemein:
Aus dem Rechtsinstitut der GoA kann sich ein Anspruch des Eigentümers
gegen den Besitzer auf Herausgabe von Nutzungen ergeben. Dabei ist der
(unrechtmäßige) Besitzer der „Geschäftsführer“, der Eigentümer der
„Geschäftsherr“.
I.
Objektiver Tatbestand
--
„Geschäftsführung“ des Besitzers „für den Eigentümer“ (§ 677)
Daran fehlt es, wenn der Besitzer den Besitz für sich ausübt.
--
ohne Auftrag oder sonstige Berechtigung (§ 677)
II.
Subjektiver Tatbestand
Vorsatz erforderlich: Das Recht der GoA greift nur dort ein, wo der Besitzer
weiß, dass er nicht zum Besitz berechtigt ist und gleichwohl die Nutzungen zieht
(vorsätzliche unerlaubte Eigengeschäftsführung), § 687 Abs. 2.
EBV: Nutzungsherausgabe
III.
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Rechtsfolge
Pflicht des „Geschäftsführers“, die Nutzungen an den „Geschäftsherrn“
herauszugeben.
IV.
Anwendbarkeit?
--
dieselben Erwägungen wie zum Bereicherungsrecht
--
Ergebnis: konkurrierende Anwendbarkeit der GoA-Regelungen neben den
Regelungen zur Nutzungsherausgabe nach EBV
EBV: Nutzungsherausgabe
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Teil 3: Ergebnis: Nutzungsherausgabe im EBV
--
bei
Frage
gutgläubigen
nach
Nutzungsherausgabe:
(unrechtmäßigen)
Rechtsgrund erworben hat;
Bereicherungsrechts
Besitzers,
keine
der
Privilegierung
seinen
Besitz
des
ohne
keine Abschirmung vor der Geltung des
(entgegen § 993 Abs. 1 Hs. 2!)
(überwiegende
Auffassung des Schrifttums)
--
(konkurrierende) Anwendbarkeit des Bereicherungsrechts, soweit es um
die Herausgabe von oder den Wertersatz für Nutzungen geht, auch im
EBV
--
Die Herausgabepflicht nach Bereicherungsrecht (§ 818 Abs. 1) besteht
unabhängig davon, ob der ungerechtfertigt Bereicherte (= Besitzer der
Sache) gutgläubig war oder nicht.
Nutzungsherausgabe gemäß EBV;
(Unterschied zur Haftung auf
dort grundsätzlich Bösgläubigkeit
erforderlich, §§ 987, 990)
--
Wirkung, die die Regeln des EBV zur Nutzungsherausgabe entfalten (wenn
man sie nicht als Abschirmung gegenüber dem Bereicherungsrecht
versteht, sondern sie konkurrierend zum Bereicherungsrecht anwendet):
Haftungsverschärfung bei Bösgläubigkeit des Besitzers. In diesem Fall
steht dem Besitzer der Einwand der Entreicherung nicht zur Verfügung.
Die §§ 987, 990 verweisen für den Umfang, in dem die Nutzungen
herauszugeben sind, nicht auf das Bereicherungsrecht, sondern definieren
den Umfang selbst. Der § 818 Abs. 3 ist damit nicht anwendbar.
--
Vergleich zum Schadensersatz: dort Privilegierung des gutgläubigen
(unrechtmäßigen) Besitzers. Mittel: Abschirmung dieses Besitzers vor der
Geltung des Deliktsrechts (§ 993 Abs. 1 Hs. 2)
--
Caveat: Diese Nichtanwendung des § 993 Abs. 1 Hs. 2 (bei Nutzungen)
verschärft die Haftung des (unrechtmäßigen) Besitzers letztlich nur dann,
EBV: Nutzungsherausgabe
18
wenn der Besitzer den Besitz durch eine Leistung des Eige ntümers
erlangt hat (Fall „Bauernhof“ des RG 1940). Nur unter dieser Bedingung
besteht die Nutzungshaftung nach § 818 Abs. 1. Hatte der Besitzer den
Besitz an der Sache dagegen durch Leistung eines Dritten erlangt (Fall
„Fohlen 2“), wird (nach Literaturmeinung) die Ausschlussregelung des
§ 993
Abs.
1
Hs.
2
zwar
gleichfalls
nicht
angewendet;
d.h.
Bereicherungsrecht kommt auch hier zur Anwendung. Allerdings besteht
in dieser Konstellation nach Bereicherungsrecht keine Nutzungshaftung
des Besitzers gegenüber dem Eigentümer. Im Verhältnis zum Eigentümer
könnte allenfalls eine Bereicherung durch Eingriff (2. Alt. in § 812 Abs. 1 S.
1) vorliegen. Diese Form der ungerechtfertigten Bereicherung ist jedoch
grundsätzlich subsidiär zur Bereicherung durch Leistung (1. Alt. in § 812
Abs. 1 S. 1): Wo eine Bereicherung durch Leistung erfolgte (wie hier bei
Besitzerlangung
durch
Leistung
eines
Dritten),
kommt
eine
Bereicherungshaftung wegen Eingriffs (d.h. hier im Verhältnis zum
Eigentümer) nicht zur Anwendung.
--
anders die Rechtsprechung: Auch in der Frage der Nutzungsherausgabe
schlösse das Vorliegen eines EBV die Anwendbarkeit des sonstigen
Zivilrechts, hier: des Rechts der ungerechtfertigten Bereicherung, aus. Um
dem beschriebenen systematischen Argument Rechnung zu tragen (Teil 2,
A V 2), dehnt die Rechtsprechung den § 988 aus:
Der rechtsgrundlos
erlangte Besitz wird als „unentgeltlich“ angesehen. Diese Rechtsprechung
ist abzulehnen.
Sie bewirkt, dass der Besitzer auch in den Fällen (auf
Nutzungsherausgabe) haftet, in denen er nach Bereicherungsrecht die
Nutzungen nicht herausgeben müsste (etwa wegen der Subsidiarität der
Eingriffskondiktion, Fall „Fohlen 2“).
Damit wird jedoch der Grund
verlassen, dessentwegen man nach einer Korrektur des Gesetzes sucht.
--
Regeln der GoA: gleichfalls konkurrierend anwendbar.