Prof. Dr. von Wilmowsky Sachenrecht (Zivilrecht IIIb) (Vorlesung) EBV: Nutzungen -- Anspruch des Eigentümers auf Herausgabe der Nutzungen -- Teil 1: Ansprüche innerhalb des EBV 2 A. Haftung nach §§ 987, 990: Bösgläubigkeit des Besitzers 2 B. Haftung nach § 993 Abs. 1 Hs. 1: sog. Übermaßfrüchte 5 C. Haftung nach § 988: Unentgeltlichkeit der Besitzerlangung 7 Teil 2: Ansprüche außerhalb des EBV A. Bereicherungsrecht B. Geschäftsführung ohne Auftrag (GoA) Teil 3: Ergebnis: Nutzungsherausgabe im EBV 9 9 15 17 EBV: Nutzungsherausgabe 2 Teil 1: Ansprüche innerhalb des EBV A. Haftung nach §§ 987, 990: Bösgläubigkeit des Besitzers Kennzeichen dieser Haftung: Bösgläubigkeit des (unrechtmäßigen) Besitzers Rechtssatz: Wenn der (unrechtmäßige) Besitzer weiß, dass er nicht zum Besitz berechtigt ist, oder er sich dieser Erkenntnis grob fahrlässig verschließt, dann muss er die Nutzungen vollständig herausgeben. I. Objektiver Tatbestand (objektive Voraussetzungen) 1. EBV (= Vindikationslage) hinsichtlich der Muttersache -- Anspruchsteller = Eigentümer der Muttersache -- Anspruchsgegner = Besitzer der Muttersache -- kein Recht (des Anspruchsgegners) zum Besitz der Muttersache 2. Erfasste Nutzungen (a) Gezogene Nutzungen: Nutzungsbegriff (§§ 100, 99); Nutzungen tatsächlich gezogen (§ 987 Abs. 1); Zeit: während der Zeit des EBV EBV: Nutzungsherausgabe (b) 3 Nicht gezogene Nutzungen: Voraussetzung: dass Nutzziehung bei ordnungsgemäßer Bewirtschaftung der Sache möglich gewesen wäre (§ 987 Abs. 2) II. Subjektiver Tatbestand (Verschulden) 1. Verschulden im Hinblick auf das Vorliegen eines EBV Verschuldensmaßstab: grobe Fahrlässigkeit Bösgläubigkeit des Besitzers (§ 990 Abs. 1) Bezugspunkt des „guten Glaubens“: ein Recht zum Besitz zwei Zeitpunkte zu unterscheiden: (i) Zeitpunkt der Erlangung des Besitzes: Guter Glaube fehlt, wenn der Besitzer entweder positiv weiß, dass er nicht zum Besitz berechtigt ist, oder dies grob fahrlässig verkennt. (analog § 932 Abs. 2) (ii) Zeit nach Besitzerwerb: Der gute Glaube, der bei Besitzerlangung bestanden hatte, entfällt nur dann, wenn der Besitzer Kenntnis (vom Fehlen seines Rechts zum Besitz) erlangt. 2. Verschulden im Hinblick auf die Nutzungen Für die Frage, ob auch ein Verschulden hinsichtlich der Nutzungen vorliegen muss, ist zu unterscheiden: (i) gezogene Nutzungen: kein Verschulden erforderlich (§ 987 Abs. 1) (Unterschied zum Schadensersatzanspruch) (ii) nicht gezogene Nutzungen: Verschulden erforderlich (§ 987 Abs. 2) Dieses Verschulden fehlt etwa bei Früchten, die der Besitzer selbst gar nicht, sondern allein der Eigentümer hätte ziehen können. EBV: Nutzungsherausgabe III. 4 Rechtsfolge: Herausgabe der gezogenen Nutzungen Inhalt des Anspruchs: „Herausgabe“ der Nutzungen Bedeutung: (a) gezogene Nutzung, noch vorhanden: Herausgabe der Nutzung (entweder durch Übergabe, d.h. Einräumung des Besitzes, oder durch Übereignung) (b) gezogene Nutzung, nicht mehr vorhanden: Ersatz des Werts der gezogenen Nutzungen (durch Geldzahlung) (Bsp.: genossene Gebrauchsvorteile) Der Wertersatz ist von der Herausgabepflicht (des § 987 Abs. 1) umfasst (obwohl dies aus dem Wortlaut nicht zu ersehen ist). (Unterschied zum Bereicherungsrecht, wo der Wertersatz für nicht mehr vorhandene Nutzungen in Abs. 2 des § 818 BGB ausdrücklich vorgesehen ist.) (c) nicht gezogene Nutzung: Zahlung von Wertersatz (d) (inzwischen eingetretener) Wegfall der Bereicherung des Besitzers: kein Ausschluss der Haftung (Unterschied zum Bereicherungsrecht; dort: § 818 Abs. 3) IV. Einschränkung der Haftung durch § 991 Abs. 1 Ein unmittelbarer Besitzer, der für eine andere Person -- den mittelbaren Besitzer -- den Besitz hält, hat die Nutzungen nur dann gemäß § 990 herauszugeben, wenn diese Herausgabepflicht auch den mittelbaren Besitzer trifft. EBV: Nutzungsherausgabe 5 B. Haftung nach § 993 Abs. 1 Hs. 1: sog. Übermaßfrüchte Kennzeichen: Haftung auch bei Gutgläubigkeit (an das Besitzrecht); jedoch nur für sog. Übermaßfrüchte Der gutgläubige Besitzer (der die Sache aufgrund eines entgeltlichen Vertrags erhalten hat) muss lediglich die sog. Übermaßfrüchte herausgeben, und zwar im Umfang nach den Regeln über die ungerechtfertigte Bereicherung (Rechtsfolgenverweisung). I. Objektiver Tatbestand (objektive Voraussetzungen) 1. EBV (= Vindikationslage) hinsichtlich der Muttersache -- Anspruchsteller = Eigentümer der Muttersache -- Anspruchsgegner = Besitzer der Muttersache -- kein Recht (des Anspruchsgegners) zum Besitz der Muttersache 2. Erfasste Nutzungen: „Übermaßfrüchte“ der Sache -- Früchte: Erfasst sind allein „Früchte“ der Sache (§ 99 Abs. 1 und Abs. 3) (nicht auch „Gebrauchsvorteile“, § 100) -- Übermaß: Der Besitzer muss diese Früchte im Übermaß gezogen haben. Übermaß: Eine ordnungsgemäße Bewirtschaftung der Sache wird überschritten (§ 993 Abs. 1 Hs. 1) Bsp.: Abholzen eines Walds EBV: Nutzungsherausgabe -- 6 Die Früchte müssen Eigentum des Besitzers geworden sein (etwa nach § 955). (Wurde dagegen der Eigentümer der Sache der Eigentümer der Früchte, kann er die Früchte nach § 985 herausverlangen.) II. Subjektiver Tatbestand (Verschulden) keine Anforderungen; Bösgläubigkeit (hinsichtlich des Besitzrechts) nicht erforderlich; Haftung auch des gutgläubigen (unrechtmäßigen) Besitzers; völlig verschuldensunabhängig Haftung III. Rechtsfolge: Herausgabe der (gezogenen) Früchte nach Bereicherungsrecht Rechtsfolge: Haftung des Besitzers nach Bereicherungsrecht Der § 993 Abs. 1 Hs. 1 ist Anspruchsgrundlage. Nach dieser Norm bestimmen sich die Voraussetzungen der Herausgabehaftung. Der Verweis auf das Bereicherungsrecht ist (lediglich) Rechtsfolgenverweisung. Das bedeutet: Der Umfang, in dem die Nutzungen herauszugeben sind, wird durch das Bereicherungsrecht festgelegt. Inhalt der Haftung nach § 993 Abs. 1 Hs. 1: (a) Herausgabe der Früchte (§ 818 Abs. 1) (b) Wertersatz, falls Früchte nicht mehr vorhanden (§ 818 Abs. 2) (c) Wegfall der Bereicherung des Besitzers: Ausschluss der Haftung (§ 818 Abs. 3) EBV: Nutzungsherausgabe 7 C. Haftung nach § 988: Unentgeltlichkeit der Besitzerlangung Kennzeichen: Unentgeltlichkeit des Besitzerwerbs Generell wird ein unentgeltlicher Rechtserwerb im Recht weniger geschützt als der entgeltliche. In dieser Linie: Die EBV-Regeln sehen den unentgeltlichen Besitzer als weniger schutzwürdig an als den entgeltlichen. (Parallele: § 816 Abs. 1 Satz 2) I. Objektiver Tatbestand (objektive Voraussetzungen) 1. EBV (= Vindikationslage) hinsichtlich der Muttersache -- Anspruchsteller = Eigentümer der Muttersache -- Anspruchsgegner = Besitzer der Muttersache -- kein Recht (des Anspruchsgegners) zum Besitz der Muttersache 2. Erfasste Nutzungen Nutzungen: wie bei §§ 987, 990 3. Unentgeltlichkeit Unentgeltlichkeit der Erlangung des Besitzes an der Sache (§ 988) EBV: Nutzungsherausgabe II. 8 Subjektiver Tatbestand (Verschulden) keine Anforderungen; Haftung auch bei Gutgläubigkeit (d.h. bei gutem Glauben an das Besitzrecht); verschuldensunabhängige Haftung (wie Bereicherungsrecht) III. Rechtsfolge: Herausgabe der gezogenen Nutzungen Rechtsfolge: Haftung des Besitzers nach Bereicherungsrecht Der § 988 ist Anspruchsgrundlage. Der Verweis auf das Bereicherungsrecht ist (lediglich) Rechtsfolgenverweisung. Inhalt der Haftung nach § 988: (a) Herausgabe der Nutzungen (§ 818 Abs. 1) (b) Wertersatz, falls Nutzungen nicht mehr vorhanden (§ 818 Abs. 2) (c) Wegfall der Bereicherung des Besitzers: Ausschluss der Haftung (§ 818 Abs. 3) EBV: Nutzungsherausgabe 9 Teil 2: Ansprüche außerhalb des EBV A. Bereicherungsrecht Anspruchsgrundlage: § 818 Abs. 1 Ansatz: -- Anspruchsgrundlage ist nicht: § 812 Abs. 1 Satz 1 Alternative 2 (Eingriffskondiktion) denn: Das Ziehen von Nutzungen stellt keinen Eingriff (in die Sache) da, der die Eingriffskondiktion des Eigentümers auslösen würde. -- Der Anspruch aus § 818 Abs. 1 setzt voraus, dass ein anderer Anspruch aus Bereicherungsrecht vorliegt. -- Dieser andere Anspruch ist der Herausgabeanspruch nach § 812 Abs. 1 im Hinblick auf die Muttersache (hier das Auto). Begründung: Der Anspruch auf Herausgabe der gezogenen Nutzungen (§ 818 Abs. 1) knüpft an den Anspruch auf Herausgabe der Muttersache an. Siehe den Wortlaut des § 818 Abs. 1: Die Kondiktion der (Mutter-) Sache „erstreckt“ sich auf die Nutzungen. -- Daher: Prüfung, ob ein Bereicherungsanspruch aus § 812 Abs. 1 im Hinblick auf die Muttersache besteht. EBV: Nutzungsherausgabe 10 Bereicherungsanspruch (aus § 812 Abs. 1) im Hinblick auf die Muttersache I. Tatbestand 1. „etwas erlangt“: Der Anspruchsgegner muss die Sache (entweder das Eigentum oder den Besitz an ihr) erlangt haben. 2. durch Leistung oder durch Nichtleistung (= Eingriff) Leistung: -- Jemand setzt einen Vorgang ins Werk, der beim Empfänger zu einem Vorteil führen soll. Dieser Vorgang wird von einer Willenserklärung des Leistenden begleitet: nämlich, dass der Leistende mit diesem Vorgang eine bestimmte Verpflichtung erfüllen will. -- Parallele zum Begriff der Erfüllung: Wer eine Verpflichtung erfüllen will, erbringt eine „Leistung“. Eingriff: -- alle anderen Fälle, in denen jemand einen Vermögensgegenstand erlangt -- Subsidiarität: Der „Eingriff“ als Grundlage für eine Bereicherungshaftung hat den Vorrang der Leistungsbeziehungen zu beachten. Rechtssatz (allerdings recht grob und von einigen Ausnahmen geprägt): „Geleistetes kann nicht mit der Eingriffskondiktion zurückgefordert werden.“ (Erman (Buck-Heeb), BGB, 13. Aufl. 2011, § 812 Rn. 83) EBV: Nutzungsherausgabe 11 Erlangte der Besitzer den Besitz (an der Muttersache) durch eine Leistung, so steht dem Eigentümer nur dann ein Herausgabeanspruch aus § 812 (hinsichtlich der Muttersache) zu, wenn er es war, der den Besitz übertrug (nicht dagegen, wenn ein Dritter den Besitz übertrug und im Verhältnis zum Eigentümer ein „Eingriff“ vorliegt). 3. „ohne rechtlichen Grund“: Für das erlangte Etwas gibt es keine schuldrechtliche Grundlage. II. Subjektiver Tatbestand (Verschulden) -- keine subjektiven Anforderungen! -- d.h.: kein Verschulden des Anspruchsgegners erforderlich -- Die Haftung nach § 812 oder nach § 818 Abs. 1 greift auch dann ein, wenn den Anspruchsgegner keinerlei Verschulden trifft. Nach Bereicherungsrecht hat der Besitzer die Nutzungen auch dann herauszugeben, wenn er gutgläubig auf sein Besitzrecht vertraute. III. Zeitpunkt Der Anspruch aus § 812 Abs. 1 auf Herausgabe der Muttersache muss in dem Zeitpunkt bestanden haben, in dem die Nutzungen gezogen wurden. IV. Rechtsfolge -- Herausgabe der Nutzungen (Abs. 1 des § 818) -- Wertersatz, falls Herausgabe nicht möglich ist (Abs. 2 des § 818) EBV: Nutzungsherausgabe -- Verringerung der Herausgabepflicht 12 durch sog. „Wegfall der Bereicherung“ (Abs. 3 des § 818) Mit dem Rechtsinstitut „Wegfall der ungerechtfertigten Bereicherung“ (§ 818 Abs. 3 BGB) werden bestimmte Nachteile erfasst, die der Empfänger der ungerechtfertigten Bereicherung im ungerechtfertigten Bereicherung erlitten hat. Zusammenhang mit der Diese Nachteile darf der Empfänger seiner Verpflichtung, die ungerechtfertigte Bereicherung zurückzugewähren, entgegenhalten: Solange der Empfänger keine Kompensation für die Nachteile erhalten hat, muss er die ungerechtfertigte Bereicherung nicht zurückgewähren. Besteht sowohl die ungerechtfertigte Bereicherung als auch der Nachteil, den der Empfänger erlitten hat, aus Geld, so werden beide Posten verrechnet: Die Verpflichtung des Empfängers zur Rückgewähr verringert sich um den erlittenen Nachteil. Damit das Rechtsinstitut „Wegfall der ungerechtfertigten Bereicherung“ eingreift, muss ein bestimmter Zusammenhang bestehen zwischen der ungerechtfertigten Bereicherung einerseits und dem Nachteil, den der Empfänger erlitten hat, andererseits. Wie dieser Zusammenhang beschaffen sein soll, ist in hohem Maß umstritten. Die größte Plausibilität besitzt das Konzept des Vertrauensschutzes: Erfasst werden diejenigen Nachteile, die der Empfänger erleidet, weil er darauf vertraut hat, dass er den Vermögensgegenstand (der die ungerechtfertigte Bereicherung darstellt) auf einer wirksamen schuldrechtlichen Grundlage (d.h. mit Rechtsgrund) erworben hat.1 V. Problem: Anwendbarkeit des Bereicherungsrechts Das Bereicherungsrecht könnte unanwendbar sein, wenn gleichzeitig ein EBV vorliegt und eine Haftung auf Herausgabe der Nutzungen nach EBV besteht. Ob 1 Siehe Sch wab, in: Münchener Kommentar zum BGB, 5. Aufl., Band 5, 2009, § 818 Rn. 119, 124 und 134. EBV: Nutzungsherausgabe 13 das Bereicherungsrecht in diesen Konstellation anwendbar ist oder nicht, ist Gegenstand eines juristischen Meinungsstreits. 1. Gesetzliche Regelung: § 993 Abs. 1 Hs. 2 -- Ausschlusswirkung des EBV für die Frage, ob Nutzungen, die der (unrechtmäßige) Besitzer aus der Sache gezogen hat (oder hätte ziehen können), an den Eigentümer herauszugeben (bzw. zu ersetzen) sind -- Die §§ 987 ff. treffen für die Ansprüche des Eigentümers auf Schadensersatz und Nutzungsherausgabe eine Sonderregelung, die grundsätzlich abschließend ist, d.h. die Anwendbarkeit anderer Rechtsinstitute (Deliktsrecht bei Schadensersatz, Bereicherungsrecht bei Nutzungsherausgabe) ausschließt (§ 993 Abs. 1 Hs. 2). 2. Problem Rechtssystematik: Widerspruch der Ausschlusswirkung zur Rechtslage in ähnlich gelagerten Fällen -- Vergleichsfall: Der Eigentümer verkauft und übereignet die Sache dem Käufer. Der zugrunde liegende Kaufvertrag ist nichtig; die Übereignung ist dagegen wirksam. (Der Käufer erlangt somit nicht nur Besitz, sondern wird auch Eigentümer.) -- Rechtslage: Der Besitzer (hier = Eigentümer) haftet nach Bereicherungsrecht. Wegen der Unwirksamkeit des Kaufvertrags hat er das Eigentum an der Sache ohne rechtlichen Grund erlangt. Die Sache hat er nach § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 an den früheren Eigentümer zurückzuübereignen. Die Nutzungen aus der Sache hat er nach § 818 Abs. 1 herauszugeben. -- Abwandlung des Beispiels: Nicht nur der Kaufvertrag, sondern auch die Übereignung ist unwirksam. Rechtslage: Es besteht ein EBV. (Der Käufer hat kein Eigentum erworben; Eigentümer ist weiterhin der Verkäufer.) Somit hat der Käufer die EBV: Nutzungsherausgabe 14 Nutzungen (etwa aus dem Gebrauch der Sache) nicht herauszugeben, wenn er gutgläubig war (§§ 987, 990). Bereicherungsrecht, nach dem die Nutzungen auch bei Gutgläubigkeit herauszugeben wären, kommt hinsichtlich der Nutzungen nicht zur Anwendung (so die Anordnung in § 993 Abs. 1 Hs. 2). -- Vergleich beider Fälle: Erst-recht-Schluss: Wenn derjenige Käufer, der das Eigentum erlangt, die Nutzungen herausgeben muss, dann sollte das erst recht für denjenigen Käufer gelten, der das Eigentum nicht erlangt (sondern nur den Besitz). -- Einvernehmen in Rechtsprechung und juristischem Schrifttum, dass auch in der Abwandlung der Käufer verpflichtet sein sollte, die Nutzungen herauszugeben. -- kein Einvernehmen: auf welchem Weg man dieses Ziel ansteuern sollte 3. Streit über den Lösungsweg -- Rechtsprechung: Anwendung des § 988: Der Besitzerwerb wird dem „unentgeltlichen“ gleichgestellt. rechtsgrundlose Lösung somit über §§ 988, 818 Abs. 1. Kritik: Diese Gleichstellung ist wenig sinnvoll. Das Gesetz nimmt sie gerade nicht vor. -- Literatur: Die Ausschlussregelung des § 993 Abs. 1 Hs. 2 ist hinsichtlich der Nutzungen rechtssystematisch verfehlt und sollte daher (auf Nutzungen) nicht angewendet werden. (= Reduktion des § 993 Abs. 1 Hs. 2 aus Gründen der Rechtssystematik) EBV: Nutzungsherausgabe 15 B. Geschäftsführung ohne Auftrag (GoA) Anspruchsgrundlage: §§ 667 Alternative 2, 681 Satz 2 allgemein: Aus dem Rechtsinstitut der GoA kann sich ein Anspruch des Eigentümers gegen den Besitzer auf Herausgabe von Nutzungen ergeben. Dabei ist der (unrechtmäßige) Besitzer der „Geschäftsführer“, der Eigentümer der „Geschäftsherr“. I. Objektiver Tatbestand -- „Geschäftsführung“ des Besitzers „für den Eigentümer“ (§ 677) Daran fehlt es, wenn der Besitzer den Besitz für sich ausübt. -- ohne Auftrag oder sonstige Berechtigung (§ 677) II. Subjektiver Tatbestand Vorsatz erforderlich: Das Recht der GoA greift nur dort ein, wo der Besitzer weiß, dass er nicht zum Besitz berechtigt ist und gleichwohl die Nutzungen zieht (vorsätzliche unerlaubte Eigengeschäftsführung), § 687 Abs. 2. EBV: Nutzungsherausgabe III. 16 Rechtsfolge Pflicht des „Geschäftsführers“, die Nutzungen an den „Geschäftsherrn“ herauszugeben. IV. Anwendbarkeit? -- dieselben Erwägungen wie zum Bereicherungsrecht -- Ergebnis: konkurrierende Anwendbarkeit der GoA-Regelungen neben den Regelungen zur Nutzungsherausgabe nach EBV EBV: Nutzungsherausgabe 17 Teil 3: Ergebnis: Nutzungsherausgabe im EBV -- bei Frage gutgläubigen nach Nutzungsherausgabe: (unrechtmäßigen) Rechtsgrund erworben hat; Bereicherungsrechts Besitzers, keine der Privilegierung seinen Besitz des ohne keine Abschirmung vor der Geltung des (entgegen § 993 Abs. 1 Hs. 2!) (überwiegende Auffassung des Schrifttums) -- (konkurrierende) Anwendbarkeit des Bereicherungsrechts, soweit es um die Herausgabe von oder den Wertersatz für Nutzungen geht, auch im EBV -- Die Herausgabepflicht nach Bereicherungsrecht (§ 818 Abs. 1) besteht unabhängig davon, ob der ungerechtfertigt Bereicherte (= Besitzer der Sache) gutgläubig war oder nicht. Nutzungsherausgabe gemäß EBV; (Unterschied zur Haftung auf dort grundsätzlich Bösgläubigkeit erforderlich, §§ 987, 990) -- Wirkung, die die Regeln des EBV zur Nutzungsherausgabe entfalten (wenn man sie nicht als Abschirmung gegenüber dem Bereicherungsrecht versteht, sondern sie konkurrierend zum Bereicherungsrecht anwendet): Haftungsverschärfung bei Bösgläubigkeit des Besitzers. In diesem Fall steht dem Besitzer der Einwand der Entreicherung nicht zur Verfügung. Die §§ 987, 990 verweisen für den Umfang, in dem die Nutzungen herauszugeben sind, nicht auf das Bereicherungsrecht, sondern definieren den Umfang selbst. Der § 818 Abs. 3 ist damit nicht anwendbar. -- Vergleich zum Schadensersatz: dort Privilegierung des gutgläubigen (unrechtmäßigen) Besitzers. Mittel: Abschirmung dieses Besitzers vor der Geltung des Deliktsrechts (§ 993 Abs. 1 Hs. 2) -- Caveat: Diese Nichtanwendung des § 993 Abs. 1 Hs. 2 (bei Nutzungen) verschärft die Haftung des (unrechtmäßigen) Besitzers letztlich nur dann, EBV: Nutzungsherausgabe 18 wenn der Besitzer den Besitz durch eine Leistung des Eige ntümers erlangt hat (Fall „Bauernhof“ des RG 1940). Nur unter dieser Bedingung besteht die Nutzungshaftung nach § 818 Abs. 1. Hatte der Besitzer den Besitz an der Sache dagegen durch Leistung eines Dritten erlangt (Fall „Fohlen 2“), wird (nach Literaturmeinung) die Ausschlussregelung des § 993 Abs. 1 Hs. 2 zwar gleichfalls nicht angewendet; d.h. Bereicherungsrecht kommt auch hier zur Anwendung. Allerdings besteht in dieser Konstellation nach Bereicherungsrecht keine Nutzungshaftung des Besitzers gegenüber dem Eigentümer. Im Verhältnis zum Eigentümer könnte allenfalls eine Bereicherung durch Eingriff (2. Alt. in § 812 Abs. 1 S. 1) vorliegen. Diese Form der ungerechtfertigten Bereicherung ist jedoch grundsätzlich subsidiär zur Bereicherung durch Leistung (1. Alt. in § 812 Abs. 1 S. 1): Wo eine Bereicherung durch Leistung erfolgte (wie hier bei Besitzerlangung durch Leistung eines Dritten), kommt eine Bereicherungshaftung wegen Eingriffs (d.h. hier im Verhältnis zum Eigentümer) nicht zur Anwendung. -- anders die Rechtsprechung: Auch in der Frage der Nutzungsherausgabe schlösse das Vorliegen eines EBV die Anwendbarkeit des sonstigen Zivilrechts, hier: des Rechts der ungerechtfertigten Bereicherung, aus. Um dem beschriebenen systematischen Argument Rechnung zu tragen (Teil 2, A V 2), dehnt die Rechtsprechung den § 988 aus: Der rechtsgrundlos erlangte Besitz wird als „unentgeltlich“ angesehen. Diese Rechtsprechung ist abzulehnen. Sie bewirkt, dass der Besitzer auch in den Fällen (auf Nutzungsherausgabe) haftet, in denen er nach Bereicherungsrecht die Nutzungen nicht herausgeben müsste (etwa wegen der Subsidiarität der Eingriffskondiktion, Fall „Fohlen 2“). Damit wird jedoch der Grund verlassen, dessentwegen man nach einer Korrektur des Gesetzes sucht. -- Regeln der GoA: gleichfalls konkurrierend anwendbar.
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