title circulation issue page Nürnberger Zeitung 20.677 12/01/2016 28 Neues Konzept: Ich schmeiß1 deine Party und du wirbst für mich Bier, Spirituosen, Tabak und Werbebotschaft gratis: Statt sich mit einem Stand vor die Uni zu stellen, setzen Unternehmen auf "Guerilla-Marketing" VON USCHI ASSFALG "Kein Einziger." Das Konzept von "partygerilla" und seinen Kunden in erster Linie Getränke-, Spirituosen- und Zigarettenhersteller scheint aufgegangen zu sein. "Wir stellen dem Gastgeber einen Kasten Bier hin, und damit sieht es aus, als würde er dieses Bier seinen Gästen empfehlen", erläutert Häfner. "Das hat eine - Produkt- und Firmenwerbung hat in den Unis längst Einzug gehalten. Die Studierenden empfinden es mittlerweile als selbstverständlich, auf dem Campus umworben zu werden und alles Mögliche gratis abstauben zu können. Wer hier erfolgreich für Neues werben will, muss deshalb andere Methoden wählen beispielsweise Guerilla-Marketing. Johannes Hubel er studiert in Nürnberg Elektro- und Gebäudetechnik und seine drei Mitbewohner wollten zum Ende des Semesters eine Party steigen lassen. Wie immer hätten die Gäste ihre Speisen und Getränke selbst mitbringen müssen, gäbe es nicht inzwischen Firmen, die als SponsorenWG-Partys mit Getränken, Spirituosen sowie Tabakwaren versorgen und Guerilla-Marketing oder, um genau zu sein, "partyguerilla". Dahinter verbirgt sich ein von Patrick Häfner und Maximilian Hauck entwickeltes Geschäftsmodell, das Unternehmen und Studenten auf unkonventionelle Weise zusammenbringt: Die einen liefern unentgeltlich Naturalien und die anderen konsumieren sie und wirken als Werbeträger dafür. - - - Zielgruppe klar definiert Damit sichergestellt ist, dass nicht Hinz und Kunz gesponsert werden, müssen sich die Studierenden online mit ihrer Party bewerben: Wer feiert wo mit wem und unter welchem Motto. Mindestens 40 Leute müssen eingeladen und die Bewerbungsschreiben kreativ sein. "Wir haben einen langen Text zum Thema ,Alles ist möglich verfasst", erzählt Hubel. Bis zu 140 Gäste hätten sich in ihrer 125 Quadrat- meter großen WG-Wohnung gedrängt, wo ein Profi-DJ auflegte. Und alle seien begeistert gewesenvon dem guten Bier das beste, was sie je - getrunkenhätten und von den tollen neuenEnergy-Drinks. "Freiwillig hätte ich die nicht probiert, aber jetzt finde ich sie so gut, dass ich sie wieder trinke", sagt Hubel. - Voll des Lobes Voll des Lobes ist der Studierende auch über die örtliche Organisatorin von "partyguerilla", Madeleine Jainz. Sie habe unter anderem beim Verladen der Getränke mit Hand angelegt, sich mit den Gästen unterhalten und dafür gesorgt, dass die Flaschen und Dosen ansprechend präsentiert worden seien. Die Bilder, die Jainz bei den Feiern schießt, halten alle für normale Partyfotos. Tatsächlich aber sind sie für die zahlenden Konzerne bestimmt. Und niemand hat die doch recht augenfällige Werbung im privaten Umfeld bemängelt oder gar als störend empfunden? "Nein", sagt Hubel. "Kein Einziger." - ganz andere psychologische Wirkung, als ein Promotionstand vor der Uni." Die Vertrauensbasis sorge dafür, dass die Werbebotschaft ankomme. Experten sprechen von "Empfehlungsmarketing", wenn Kommilitonen und Freunde als Türöffner fungieren, um mit der Werbebotschaft, dem neuen Produkt, den potenziellen Kunden zu erreichen eine der neuesten Formen der Werbung, die unter dem - Begriff "Guerilla-Marketing"zusammengefasst werden. hohe Kaufkraft bekannt sind, Hochschulen aber einmal gut verdienende Akademiker heranzüchten, die als Meinungsbildner, Trendsetter und Multiplikatoren auftreten. Die Guerilla-Marketing-Strategie ist vor allem für kleinere und mittlere Unternehmen interessant, die ein neues Marktsegment erobern wollen. Aber auch große Konzerne bedienen sich ihrer. Guerilleros kennen ihre potenziellen Kunden sehr genau. Spektakuläre Werbemethoden sind nicht ihr Ding. Sie setzen auf eher weniger aufsehenerregende Aktionen und auf Mundpropaganda, wie eben jene tolle Fete bei Hubel und seinen drei WG-Mitbewohnern, wo die Gäste unter anderem für neue Getränke begeistert werden konnten. Steigende Verkaufszahlen Klassische Werbemaßnahmen wirken zum Teil weniger effizient, stellen die Unternehmen fest und setzen auf ungewöhnliche Wege des Marketings. Ausgestattet mit einem geringen Werbebudget hat beispielsweise die Brauerei WürzburgerHofbräu durch "partyguerilla" ihr neues Sternla-Bier bekanntgemacht und dessen Verkaufszahlen schnell nach oben gefahren, ist von ProduktmanagerMatthias Klingbeil zu erfahren. In Nürnberg und Erlangen veranstaltet "partyguerilla" nach eigenen Angaben pro Jahr zirka 50 WG-Feiern mit durchschnittlich je 75 Gästen. 2013 in München gestartet, ist das Unternehmen inzwischen in 39 deutschen, vier österreichischen (unter anderem in Wien und Graz) sowie acht Schweizer Städten (beispielsweise in Genf und St. Gallen) vertreten und kann laut Häfner bis jetzt 150 000 direkte und durch Mundpropaganda zusätzliche 630 000 indirekte Kontakte verbuchen. Die Geschäftsidee sei entstanden aus der eigenen Erfahrung heraus, dass Studenten gerne feiern und dass sie immer zu wenig Geld dafür hätten, verrät Häfner, der als Student selbst Partys organisierte. "Warum also nicht Firmen um Spenden in Form von Getränken bitten?" Das sei ein Handel mit zwei Gewinnern. Die Studierenden schonten ihr Budget und die Marken würden prominent platziert und das für einen Wareneinsatz im Wert von 300 bis 600 Euro pro Party. Die Rolle seines Unternehmens bestehe darin, für die Firmen ein Kanal in eine junge Zielgruppe ein wichtiger Absatzmarkt zu sein. - - - Erst arm, später konsumfreudig Aus Vermarktungssicht sind Unis ein Traum. Wo sonst findet sich eine nach Fachbereichen so ausdifferenzierte zukünftige Konsumentenzielgruppe. "Zukünftig" deshalb, weil Studierende nicht unbedingt für eine Clippings 10 / 11 1/1
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