Alleingeburt – Geburt ohne professionelle Begleitung

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Alleingeburt – Geburt ohne professionelle
Begleitung
Als Alleingeburt bezeichnet man eine Geburt, die von der werdenden Mutter
bewusst ohne Hebamme oder Arzt geplant und durchgeführt wird. Alleingeburt
bedeutet dabei nicht zwangsweise, dass die Mutter ganz allein ist, obwohl
manche Mütter zur Geburt wirklich ganz allein sein möchten. In den meisten
Fällen sind zumindest der Partner, gelegentlich auch die eigenen Kinder
und/oder Freunde anwesend. Andere Bezeichnungen für diese Form der
Geburt sind „Geburt in Eigenregie“, „freie Geburt“ (aus dem englischen „free
birth“) und weitere im Englischen geläufige Begriffe wie „unassisted
childbirth“, „solo birth“ etc.
Auf eine Alleingeburt bereitet sich die werdende Mutter in der Regel gut und
umfassend vor. Viele Frauen nehmen dabei nur einen ausgewählten Teil oder
gar keine Standardvorsorge beim Arzt oder der Hebamme in Anspruch.
Stattdessen legen sie wert auf Entspannung und das Erlernen von
Entspannungstechniken für die Geburt, körperliche Fitness, gesunde Ernährung
und die Entwicklung eines guten Körpergefühls. Diese Frauen lesen in der
Regel viel und eigenen sich auf diesem Weg viel Wissen für die Beobachtung
ihrer Schwangerschaft und die Geburt an.
Der Geburtsort wird dort gewählt, wo die Frau glaubt, sich am besten
entspannen zu können, wo sie sich geborgen, wohl und unbeobachtet fühlt. In
der Regel findet die Geburt also zu Hause statt, manche Frauen wählen aber
auch andere Geburtsorte, zum Beispiel in der Natur. Eine Frau, die ihre Geburt
in Eigenregie plant, sieht Geburt als natürlichen, ganzheitlichen Prozess, der
normalerweise keiner medizinischen Betreuung oder Hilfe bedarf. Sie ist
überzeugt, dass ihr Körper instinktiv weiß, wie er das Baby zu gebären hat, dass
er aber nur dann erfolgreich arbeitet, wenn er bei der Geburt ungestört sein
darf. Bei Situationen, die die Mutter selbst nicht in den Griff bekommt, weigert
sie sich aber nicht, sich an eine Hebamme oder das Krankenhaus zu wenden.
Bei einem unauffälligen Geburtsverlauf hält sie dagegen eine medizinische
Begleitung für überflüssig, ja sogar schädlich. Vorgaben im Krankenhaus
(Gebärhaltung im Halbsitzen oder Liegen, venöser Zugang, vorgegebene
Geburtsdauer, Pressen auf Anleitung etc.) Untersuchungen und Eingriffe (wie
vaginale Untersuchungen, CTG, PDA, Kristellern, Dammschnitt etc.), störende
oder unfreundliche Begleitpersonen oder eine Umgebung, in der die
Gebärende sich nicht wohl- und geborgen fühlt, werden als Hauptgrund für
traumatische Geburtserlebnisse, Geburtskomplikationen und auch die
gegenwärtig hohen Kaiserschnittraten angesehen. Auch eine Hebamme, die
nach Hause kommt, wird als Eindringling in die Privatsphäre empfunden, da sie
Vorgaben von außen an die Gebärende herantragen kann, die diese oft nicht
möchte (Ultraschalluntersuchungen, CTG, keine Hausgeburtsbegleitung bei
Terminüberschreitung, vorgegebene Zeitspanne, bis wann die Plazenta
geboren sein soll etc.), oder allerlei Ängste mitbringt, die eine Alleingebärerin
für den Geburtsverlauf als hinderlich betrachtet. Eine Frau, die den Alleingang
wählt, möchte die Verantwortung für ihre Geburt nicht abgeben, sondern
(meist in Absprache mit dem Partner) diejenige sein, die alle notwendigen
Entscheidungen selbst trifft. Bei der Entscheidung für eine Alleingeburt spielen
fast immer auch vorangegangene negative Erfahrungen bei
Krankenhausgeburten, seltener Hausgeburten eine Rolle. Die erfahrene
Fremdbestimmung durch und Ohnmacht gegenüber medizinischem Personal
soll sich bei einer weiteren Geburt nicht wiederholen.
In Anbetracht der aktuellen Hebammensituation gibt es aber auch immer mehr
Frauen, die ihre Geburt ohne Hebamme planen, weil sie einfach keine
passende Hebamme für eine Hausgeburt mehr finden.
Es ist unbekannt, wie viele Alleingeburten es derzeit in Deutschland gibt.
Betrachtet man die wachsende Zahl an Internetseiten und Büchern, die sich mit
dem Thema beschäftigen, kann man auf einen wachsenden Trend schließen.
Bislang gibt es keine Studien über die Sicherheit von Alleingeburten, die
wissenschaftlichen Ansprüchen genügen. Vorhandene Umfragen und
Untersuchungen (meist aus dem nordamerikanischen Raum) sowie eine
Vielzahl von Geburtsberichten zeichnen aber ein insgesamt positives Bild mit
sehr wenig behandlungsbedürftigen Komplikationen und einer niedrigen
Krankenhaustransferrate.
Eine Alleingeburt ist gesetzlich nicht verboten, sie taucht im Gesetz bisher auch
nicht auf. Da es gelegentlich auch ohne Vorsatz geschieht, dass eine Geburt vor
Eintreffen der Hebamme oder vor Erreichen des Krankenhauses stattfindet,
lässt sich hier kaum ein Verbot anbringen. Die Hebammenhinzuziehungspflicht
in Deutschland gilt nur für medizinisches Personal wie Ärzte, Sanitäter und
Krankenschwestern.
Weiterführende Literatur: Sarah Schmid (2104): Alleingeburt – Schwangerschaft
und Geburt in Eigenregie. Edition Riedenburg,
Von Sarah Schmid für Mother Hood
Stand: 6/2015
Kontakt: [email protected]
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