Bündner Tagblatt_16.06.2015_Tourismusstrategie

D i e n s t a g , 1 6. Ju n i 2 0 1 5
GRAUBÜNDEN
B ü n d n e r Ta g b l a tt
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KO M M E N TA R
Dicke Luft in
der Biosphäre
▸ NO R B E R T WA S E R über Park-Label
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Tourismusstrategie von allen Seiten beleuchtet: Georg Ragaz, Präsident der BDP Imboden, Gastreferent Markus Hasler, Christian Theus, Adrian Steiger,
Diskussionsleiter Norbert Waser, Harry Keel, Christoph Schmidt, Reto Fehr und Martin Hug (v.l.n.r). (FOTO BEATRICE MEIER-NUTT)
Tourismusstrategie 2025 Region Imboden:
Leuchttürme zum Leuchten bringen
In Flims wurden von Akteuren und Experten Chancen und Strategie der touristischen Entwicklung in der Region zwischen
Ruinaulta und Sardona debattiert. Ein Bündel bemerkenswerte Impulse in einem herausfordernden Umfeld.
Z
▸ C L AU D I O W I L L I
Zur Veranstaltung hatte die BDPImboden eingeladen, und rund
hundert Besucherinnen und Besucher waren erschienen, die aus erster Hand von profilierten Vertretern
Einsichten und Zielsetzungen für
eine Tourismusstrategie 2015 vermittelt bekamen. Das touristische
Angebot in der Region zwischen
Chur und Ilanz biete Voraussetzungen für unvergessliche Ferienerlebnisse, das auch Basis für Arbeitsplätze und Einkommen, so Georg
Ragaz, Präsident der BDP Imboden.
Durch die Tektonikarena Sardona
als Unesco Weltnaturerbe und das
Naturmonument Ruinaulta habe
die Region der Weissen Arena
Leuchttürme und ausbaufähige Attraktionen auch für den Sommertourismus. Welche Strategie müsse
verfolgt werden, um letztlich Wertschöpfung zu generieren, um die
tolle Ausgangslage in klingende
Münze zu verwandeln?
Naturschönheiten «inszenieren»
Mit Markus Hasler, CEO der Zermatt
Bergbahnen und ehemaliger Direk-
tor der Bergbahnen Brigels, Waltensburg, Andiast sprach ein profunder Kenner der Thematik, der
das Publikum mit seinem leidenschaftlich engagierten Referat fesselte. Wenn die Erfahrungen der Erfolgsgeschichte von Zermatt auch
nicht eins zu eins umzusetzen sind,
brachten sie doch wichtige Einsichten, die Hasler auch durchaus bewusst provokativ vorbrachte. Ziel
müsse sein, Wertschöpfung zu erzielen – sonst drohe letztlich Abwanderung: Allein «ein paar Wanderwege» genügten nicht – die «roten Socken» und fundamentalistische Naturschützer kamen schlecht
weg. Naturschönheiten müssten
«inszeniert» werden, das heisst, sie
müssten für den Gast zugänglich
gemacht werden. «Schutz verhindert nachhaltige Nutzung» oder
«Zurück zur Natur Ja, aber nicht zu
Fuss!» so wie seiner provokativen
Aussagen, die in der folgenden Runde dann auch nicht unwidersprochen blieben.
eins Flims, Martin Hug, Geschäftsleitung Weisse Arena Gruppe, Harry
Keel, Geschäftsführer der IG Tektonikarena Sardona, Christian Theus,
Präsident des Vereins Die Rheinschlucht/Ruinaulta, Adrian Steiger,
Gemeindepräsident Flims und Reto
Fehr, Präsident der IG Zweitwohnungseigentümer. Während Hasler
sozusagen auch auf das Rheinwaldhorn eine Bahn bauen liesse, um die
Gäste heranzuführen, wehrte sich
Harry Keel beispielsweise gegen die
Alle am gleichen Strick ziehen
Die Einzigartigkeit nutzen
In dem von Norbert Waser, stellvertretender Chefredaktor des «Bündner Tagblatts», moderierten Podiumsgespräch nahmen die Teilnehmer die Inputs auf und bewerteten
sie aus ihrer Sicht: Christoph
Schmidt, Präsident des Hotelver-
Vorstellung, das Martinsloch der
Tektonikarena Sardona technisch
zu erschliessen, wichtig sei es, die
Gäste auf die Hochebene zu führen.
«Natur und Kultur» seien ein richtiger Weg zur Förderung der regionalen Attraktivität, betonte der Flimser Gemeindepräsident mit Hinweis auf seinen Trutsch dil flem.
Fehr gab zu bedenken, nicht nur
«Gäste aus Asien» im Blickfeld zu
haben, sondern auch die Stammgäste der Zweitwohnungen «wertzuschätzen», um sie nicht zu verlieren. Ein gewohnt fulminantes Votum gab Christian Theus für die Ruinaulta ab, dessen Vorhaben zur attraktiven Nutzung der Rheinschlucht bekanntlich dauernd Steine in den Weg gelegt werden. «Der
Rückgang geht weiter, wenn wir
nichts machen», monierte Hoteliervertreter Schmidt.
«Zurück
zur Natur Ja,
aber nicht
zu Fuss»
MARKUS HASLER
In der Region sei Potenzial vorhanden, betonten alle am Podium, nur
müssten sich auch alle Partner einig
werden und am gleichen Strick ziehen, um die Einzigartigkeit der Region zu nutzen. Die Diskussion zeigte Handlungsbedarf auf und lieferte
Denkanstösse, sie war ein kleiner
Schritt auf einem wichtigen Weg –
als Herausforderung bleiben Konkretisierung und Umsetzung.
Ein (politischer) Kompromiss in letzter Sekunde
Der Nationalrat hat sich auf die Beiträge des Bundes und der Kantone für den Finanzausgleich geeinigt.
Bund und Geberkantone werden so jährlich um 165 Millionen Franken entlastet.
Mit 107:78 Stimmen bei drei Enthaltungen ist der Nationalrat gestern
von seiner harten Linie abgewichen
und hat einer Kürzung des bestehenden Ressourcenausgleichs
unter den Kantonen von total 165
Millionen Franken zugestimmt. Damit folgte er der Kleinen Kammer,
welche bereits vergangene Woche
dem Kompromissvorschlag der
Konferenz der Kantonsregierungen
(KdK) zustimmte.
Gespaltene Fraktionen
Dass es sich beim NFA um keine
parteipolitische Frage handelt, zeigten die unterschiedlichen Voten innerhalb der Parteien. Vielmehr
stimmten die Parlamentarier gemäss ihrem Herkunftskanton. Vertreter der Nehmerkantone pochten
in der Diskussion darauf, dass der
Antrag der KdK ein echter und fairer
Kompromiss sei. Heinz Siegenthaler (BDP, Bern) forderte die Nationalrätinnen und Nationalräte dazu auf,
dem Kompromissantrag zuzustimmen. «Wenn wir heute keinen Kompromiss finden, dann zwingen wir
dieses Geschäft in die Einigungskonferenz», so Siegenthaler. Daraus
könne dann eine Nulllösung resultieren, die niemandem diene.
Auf der anderen Seite kämpfte
eine Mehrheit der SVP-Fraktion sowie Vertreter der Geberkantone ver-
gebens für den Vorschlag des Bundesrates. Sie argumentierten ihre
Haltung mit der Übererfüllung der
angestrebten
Pro-Kopf-Ressourcenausstattung von mindestens 85
Prozent für den schwächsten Kanton.
«Optimum herausgeholt»
Die Bündner Nationalräte stimmten
erneut geschlossen zugunsten der
Nehmerkantone. «Wir haben das
Optimum für Graubünden herausgeholt», so Martin Candinas, CVPNationalrat. Es sei schlicht nicht
mehr zu holen gewesen, dies müsse
man irgendwann erkennen. SP-Nationalrätin Silva Semadeni glaubte
gar, dass der Nationalrat weiter auf
seiner harten Linie bleibe: «Es ist ein
Kompromiss, den wir so zähneknirschend annehmen müssen.»
GLP-Nationalrat Josias Gasser
zeigte sich zufrieden über den Kompromiss. «Es ist wichtig, dass man
sich zusammengerauft hat», so Gasser. «Stur sein bringt nichts.» Nach
dem Vorschlag des Bundesrates sei
es absehbar gewesen, dass es zu
einem Kompromiss kommen würde. «Den NFA wollte man auf keinen
Fall opfern», so Gasser. Schade sei
allerdings, dass unnötige Empörung gestreut und ein schneller
Kompromiss so verunmöglicht
worden sei. FLAVIO BUNDI
it dem Schweizerischen Nationalpark hat Graubünden den Vater
aller Pärke. Letztes Jahr feierte er
seinen 100 Geburtstag. Und wie wurde gefeiert!
Stolz wurde auch festgestellt, dass er zusammen
mit der Biosfera Val Müstair im Sommertourismus
eine Wertschöpfung von gut 23 Millionen Franken
generiere. Und nun das: Weil der Park die von der
Unseco-Kommission geforderte Pflegezone nicht
erfüllen kann, verliert der Nationalpark und das benachbarte Val Müstair das Unesco-Label.
Damit hat Graubünden nur noch ein von der
Unesco anerkanntes Naturwunder, nämlich das
Unesco-Weltnaturerbe Tektonik-Arena Sardona.
Und im Gebiet des historischen Flimser Bergsturzes
macht man sich derzeit viele Gedanken darüber,
wie man diese Schätze der Natur «inszenieren»
könnte. Die bahntechnische Erschliessung der tektonischen Besonderheit der Glarner Hauptüberschiebung mit dem berühmten Martinsloch und
die Begehbarkeit der Ruinaulta – der Grand Canyon
der Schweiz – sorgen dabei gleichermassen für Gesprächsstoff. Es ist ein Bohren harter Bretter.
Markus Hasler, der nach Zermatt ausgewanderte ehemalige Bündner Politiker und Bergbahndirektor, sieht schon rot, wenn er nur das Wort Park
hört; vor allem sieht er Wanderer mit roten Socken,
mit denen sich seiner Ansicht nach kein Geld verdienen lässt. Anders jene Touristen, die sich von
den Zermatt Bergbahnen auf die Gipfel tragen lassen und in einem 5-Minuten-Umkreis durch den
Schnee stapfen und dafür 100 Franken hinblättern.
Gar nichts hält Hasler von den Plänen für einen Nationalpark Adula. Für ihn ist das bloss ein Instrument, um Subventionen abzuholen. Die verlorenen Volksabstimmungen in S-chanf
und Zernez sind ein Indiz
dafür, dass die teils euphorisch aufgebauten Naturpärke die einheimische
Bevölkerung noch zu wenig überzeugt haben.
N O R B E R T WA S E R ist stv. BT-Chefredaktor
Ernst Bromeis muss ExpoExpedition verschieben
EXPO Der Bündner Wasserbotschafter Ernst Bromeis muss sein Vorhaben, von Locarno an die Weltausstellung in Mailand zu schwimmen, verschieben. Die Verletzungen, die sich der Sportler bei
einem Sturz mit dem Rennvelo in der Abfahrt vom
Flüelapass zugezogen hat (BT vom 6. Juni), verunmöglichen das Training. «So macht es keinen Sinn,
ein verletzter Velofahrer startet auch nicht zur Tour
den France», kommentierte Bromeis seinen gestern gefassten Entschluss, den Start bis Ende August zu verschieben. Bromeis hatte sich beim Sturz
eine Rippe gebrochen und Prellungen erlitten, die
ein Schwimmtraining nach wie vor verunmöglichen. Bromeis plant, von Locarno/Tenero durch
den 64 Kilometer langen Lago Maggiore zurückzulegen. Nach weiteren 20 Kilometern im Fluss Ticino,
will er die 50 Kilometer durch den Kanal Niviglio
Grande nach Mailand schwimmen. (NW)
Polizei verstärkt Präsenz
nach Einbruchserie
PRÄTTIGAU Seit vergangener Woche ist es in der
Region Prättigau zu mehreren Einbrüchen in Wohnhäusern gekommen. Die Polizei geht davon aus,
dass es sich um einen gesuchten, mutmasslichen
Einbrecher handelt. Begonnen hat die Serie mit
einem Einbruch in Seewis am Mittwoch. Es folgten
weitere Einbrüche in Lunden (Freitag und Samstag), Landquart (Sonntag) und in der Nacht auf
Montag auch noch in Jenins, wie Radio Südostschweiz berichtete. Die Täterschaft entwendete jeweils Schmuck, Bargeld, Handys und Alkohol.
Wie Mediensprecherin Anita Senti gegenüber
Radio Südostschweiz weiter ausführte, deuten verschiedene Hinweise auf Vasile Stanciu hin. Der
36-jährige Rumäne wird seit längerem von der Kantonspolizei gesucht, seit Mai läuft auch eine öffentliche Fahndung nach ihm (BT vom 27. Mai). Der Rumäne wird für zahlreiche Einbrüche in den letzten
Jahren in der Region Graubünden verantwortlich
gemacht. (BT)