FM
Nachhaltigkeit im FM
Grundlagen, Zertifizierungen und Chancen
Zukünftig ist das Thema Nachhaltigkeit im FM wohl nicht mehr nur
eine Frage für die Gebäudesubstanz, sondern auch für die Prozesse
im Betrieb! ­Ein Erfahrungsbericht einer ausgebildeten Auditorin.
W
enn heutzutage von Nachhaltigkeit gesprochen wird, was meinen
wir eigentlich damit? Ein Prinzip der
klassischen Lehre besagt, dass Nachhaltigkeit der zukunftsfähige Ausgleich
ökologischer, ökonomischer und sozialer Aspekte unseres wirtschaftlichen
Handels ist. Bereits im 17. Jahrhundert
wurde dieser Begriff in der Waldwirtschaft geprägt.
Es ging schon damals um den Systemerhalt, also Nutzung der Ressourcen nur
in dem Maße der natürlichen Regenerationsrate, d.h. „Handeln für die Zukunft“. Gleichzeitig betrachtet ist die
Nachhaltigkeit aber nicht ausschließlich
auf die Zukunft ausgerichtet. Denn
Nachhaltigkeit bedeutet auch, Verantwortung für die heute lebenden Menschen wahrzunehmen.
Allerdings wird der Begriff „nachhaltig“
auch oft in einem Zusammenhang benutzt, der nicht in diesem ursprünglichen Bezug steht. So ist der Begriff
„nachhaltig“ häufig nur das Synonym
für „dauerhaft/langlebig“. Die drei Säulen, auf denen eine Bewertung der Nachhaltigkeit erfolgt – bestehend aus Ökonomie, Ökologie und Soziokultur – finden
in dieser synonymen Verwendung jedoch nur eine teilweise bzw. keine Beachtung. Insofern ist es gut und richtig,
dass mit der GEFMA 160 wieder mehr
Inhalt in den Begriff der Nachhaltigkeit
gebracht wird.
Gebäudes geschehen (als Hochrechnung)
oder aber auch im Bestand. Diese Betrachtung wird jedoch nur einmalig vorgenommen. Eine Entwicklung oder Veränderung über den Lebenszyklus wird
dabei nicht bewertet bzw. betrachtet.
Bei dieser DGNB-Zertifizierung sind
die Prozesse des Betreibens ausgenommen. Die Notwendigkeit, sich auch diesen Prozessen zu widmen, ist jedoch unausweichlich, wenn man sich Folgendes
bewusst macht:
n ca. 80 % beträgt der Anteil der Nutzungskosten an den Lebenszykluskosten,
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in Gebäuden und
n mehr als 65 % beträgt der Anteil der
Nutzungs- und Betriebsphase am kumulierten Energieaufwand beim derzeitigen Gebäudebestand.
Die Nachhaltigkeitspotentiale im FM
sind also groß.
Richtlinie GEFMA 160 Mit der GEFMA-Richtlinie 160 „Nachhaltigkeit im FM“ wurde dies nun aufgenommen und ein Ansatz gegeben, wie
Nachhaltigkeit im Facility Management
Kriterium
Energiemanagement
Ökologische Qualität
Wassermanagement
Entsorgungsmanagement
Havariemanagement
Ökonomische Qualität
Nutzungskostenmanagement
Nutzerzufriedenheitsmanagement
Stör- und Beschwerdemanagement
Soziokulturellfunktionale Qualität
Rechtskonformität
Raumluft- und Trinkwasserqualität
Gebäudesicherheitsmanagement
Arbeitssicherheitsmanagement
Betriebsstrategie
Qualität
der FM-Organisation
Personal-Konzept, -Einsatz und -Organisation
Ablauforganisation / Prozesse
Dokumentation und Berichtswesen
Nachhaltigkeit im FM
Was hat Nachhaltigkeit mit dem Facility
Management zu tun? Auch hier gibt es
Ansätze, diese drei Säulen aus Ökonomie,
Ökologie und Soziokultur bestmöglich
miteinander zu verbinden. Beispielsweise gibt es seit 2009 die Möglichkeit, die
Bausubstanz eines Gebäudes auf Nachhaltigkeit bewerten und zertifizieren zu
lassen, z.B. über die DGNB (Deutsche
Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen).
Das kann sowohl bei der Erstellung des
n ca. 90 % unserer Zeit verbringen wir
Beschaffung
Flächenmanagement
Betreiben nach DIN 32736
Details der Services
TGM Projekte
(Modernisierung / Sanierung / Umbau)
Reinigung
Außenanlagen inkl. Winterdienst
Catering
Security
Abb. 1: Kriterienübersicht Audit nach GEFMA 160
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FM
Auditdurchführung
Die Bewertung innerhalb des Audits
umfasst 24 Kriterien und wird dabei
weitestgehend an dem Verfahren „PlanDo-Check-Act“ ausgelegt. So werden
folgende Kriterien geprüft: Jedes Krite­
rium ist weiterhin in diverse „Unter“-Indikatoren untergliedert. Jeder Indikator
wird differenziert gewichtet und fließt in
die Gesamtübersicht ein. Nur wenige
Kriterien können von der Zertifizierung,
und nur dann, wenn sie im Betrieb nicht
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nicht nur für die Prozesse einer bspw.
Mieteinheit gilt. An dieser Stelle räumt
der GEFMA-Arbeitskreis auch eine
Fortentwicklung der Richtlinie anhand
von Erfahrungswerten in der Ausbildung
als Auditor bzw. in der Durchführung
von konkreten Audits ein. Für mich als
ausgebildete Auditorin im ersten Schulungslauf eine sehr wichtige und richtige
Vorgehensweise.
Fotonachweis: GEFMA 160: 2014-10
betrachtet werden kann. Zusätzlich bietet die Richtlinie eine Grundlage, wie
ein Nachhaltigkeits-Konzept für ein Gebäude erstellt werden kann – inkl. einer
entsprechenden Zertifizierung.
Eben diese Zertifizierung ist nun seit
kurzem möglich: ab sofort können der
Betrieb und somit die Prozesse des FM
innerhalb eines Gebäudes nach GEFMA
160 zertifiziert werden. Die Zertifizierung gilt zunächst nur für das FM in Büro- und Verwaltungsgebäuden. Die
GEFMA als Systemeigner hat in Zusammenarbeit mit der DGNB (unabhängige
Konformitätsprüfung) die Zertifizierung
aufgebaut. Im Audit finden sich die zuvor erwähnten drei Säulen Ökologie,
Ökonomie und Soziokultur wieder. Zusätzlich wurden Aspekte der Erbringung
von Facility Services im Detail sowie der
FM-Organisation integriert. Wesentlicher Unterschied zur DGNB-Zertifizierung ist jedoch, dass es sich nicht um eine statische Bewertung handelt, sondern
die Prozesse einer Re-Zertifizierung
nach einem bestimmten Zeitraum unterliegen. Es wird also auch eine Entwicklung und Verbesserung betrachtet,
wobei die Bewertung dabei stets bezogen auf die Basis der eigenen Prozesse
(vorheriger Audit-Stand) stattfindet. Die
Re-Zertifizierung ist bei einer Prozessbetrachtung auch zwingend erforderlich:
Viele Faktoren beeinflussen und verändern das FM in einem Gebäude. So haben bspw. die Nutzer des Gebäudes, die
Struktur des Objektes und natürlich
auch die Primärprozesse einen wesentlichen Anteil an der Beeinflussung des
Facility Managements. Und diese Beeinflussung wird stetig ausgeübt und verändert dabei die Gegebenheiten. Nur über
eine kontinuierliche Überprüfung kann
der Stand des nachhaltigen Betreibens
sichergestellt werden.
Abb. 2: Nachhaltigkeit im FM ist abhängig von
Gebäudezustand und FM-Konzept
vorkommen, ausgenommen werden, als
Beispiel wären hier Cateringleistungen
zu nennen.
Nach der Überprüfung der Kriterien
durch den Auditor werden die Unter­
lagen an die DGNB zur Konformitätsprüfung gesandt. Nach der erfolgreichen
Prüfung wird das Zertifikat durch die
GEFMA ausgestellt, die DGNB stellt hingegen durch die Konformitätsprüfung die
hohe und gleichbleibende Qualität der
Prüfung durch die Auditoren sicher.
Die Auditoren, die den Bewertungsvorschlag zur Zertifizierung einreichen
dürfen, haben eine mehrtägige Schulung, Hausarbeit und Prüfung durchlaufen. Nur mit dem bestandenen Prüfungsergebnis sind sie berechtigt, die
Auditierungen durchzuführen.
Für wen sind diese
Zertifizierungen gedacht?
Der Beauftragende kann sowohl der
Eigentümer, der Mieter oder auch der
Dienstleister sein. Da die Kriterien sich
jedoch auf viele unterschiedliche Bereiche des FM-Geschäftes beziehen, ist es
kaum möglich, ein Audit ohne eine dieser Parteien in einem Objekt durchzuführen. Die Zustimmung ist durch den
Auftraggeber im Vorwege von allen Beteiligten einzuholen. Denn auch in einem Gebäude mit unterschiedlichen
Mietern und unterschiedlichen Dienstleistern sind alle Beteiligten einzubinden, da die Zertifizierung für die Prozesse in der Gesamtheit im Gebäude und
Ausblick
Viele Unternehmen haben in ihren Leitbildern Aspekte zur Nachhaltigkeit verankert. Durch eine Zertifizierung nach
DGNB für die Gebäudesubstanz und/
oder nach GEFMA 160 für die Prozesse
des Facility Managements kann mit diesem Nachweis solchen Vorgaben und
Zielen nachgekommen werden.
Zum anderen ist die Auseinandersetzung
mit den Anforderungen nach GEFMA
160 geeignet, um die Optimierung von
Prozessen und Abläufen zu erreichen
und zu sichern und um Nebenkosten
bzw. Bewirtschaftungskosten insgesamt
zu senken.
Diese Aspekte sind Vorteile aus Eigentümer- oder Nutzersicht zum Gebäude.
Aber auch der Dienstleister kann ein
Interesse an der Zertifizierung haben.
Durch die Zertifizierung kann er Arbeitsweisen und Prozesse für einen
nachhaltigen Betrieb durch seine Leistungserbringung ausweisen und somit
ggf. einen Vorsprung gegenüber dem
Wettbewerb generieren.
Ob diese positiven Aspekte zu einer
breiten Nachfrage des Audits führen
werden, bleibt abzuwarten. Denn neben
den reinen Zertifizierungskosten von ca.
5000 € pro Audit müssen auch die weiteren Kosten wie die des Auditors oder
auch die Zeit, die von allen Beteiligten
aufgebracht werden muss, in die Nutzenbetrachtung einbezogen werden werden.
Als frisch ausgebildete Auditorin bin ich
gespannt, in wie weit und von wem diese Zertifizierung in der Praxis zukünftig
nachgefragt werden wird. Ich freue mich
jedenfalls, dass ich mein Studium als
Umweltingenieurin durch die GEFMA
160 in meiner Branche des Facility Managements konkret anwenden kann!
Corinna Prey, Dr. Odin GmbH, Hamburg
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