TELEFON 0 71 51 / 566 -576 FAX 0 71 51 / 566 -402 EXTRA: E-MAIL [email protected] ONLINE www.waiblinger-kreiszeitung.de Waiblingen UND UMGEBUNG Nummer 187 – WNR3 Samstag, 15. August 2015 B5 ZVW-Sommertour ins Öko-Weingut Schmalzried Hermann Schmalzried verkündet das Grundprinzip vor seinem Wengert, in dem er Kartoffelgold schürft: Die Bodenfruchtbarkeit sei der Dreh- und Angelpunkt. Bilder: Habermann Ganz ohne Gift gegen die Kirschessigfliege Der Korber Öko-Weinbauer Hermann Schmalzried erklärt den Unterschied zwischen konventionellem und ökologischem Weinbau Von unserem Redaktionsmitglied Hans-Joachim Schechinger Korb. Ökologie muss man erklären, sagt Wengerter Hermann Schmalzried. Aber man kann sie auch mit Händen greifen. Der mit Kompost angereicherte schwarze Humus, auf dem keine schweren Maschinen fahren, die die Erde pressen, war für Fachleute unserer Lesertour der Beweis für hohe Qualität. „Bodenfruchtbarkeit ist das wichtigste Gut“, sagt Schmalzried. Seine zertifizierten Kartoffeln danken es ihm. Der Andrang zu unserer Sommertour ins Öko-Weingut Schmalzried war enorm. Bei den mehr als 90 Anmeldungen musste deshalb das Los entscheiden. Wer das Glück hatte teilzunehmen, war baff, was Betriebchef Hermann Schmalzried an Witzigem und Wissenswertem zur naturnahen Bewirtschaftung seiner zehn Hektar und zum Ausbau des Rebensafts nach strengen ökologischen Richtlinien zu erzählen wusste. So muss der grüne Mitstreiter und Ministerpräsident Winfried Kretschmann gestaunt haben, als er bei Schmalzried im Stüble saß und erfuhr, dass der Mann mit Schülern der Gemeinschaftsschule seit Jahren eine erfolgreiche Weinbau-AG betreibt. Unsere Sommertourler lernten, dass ein Öko-Wengerter mit zertifzierten Kartoffeln im Weinberg Gold aus nichts machen kann. Ackergold, das von der auf den Erdboden träufelnden Spitzbrühe gegen den Mehltau der Reben profitiert und in sechs Rebgassen, die Kartoffeln reserviert sind, eine „wunderbare Gare“ entstehen lässt. Dass sein Maschinenpark aus sieben unverwüstlichen Oldtimern, darunter einem Eicher- Schlepper, Baujahr 1957, besteht, die er niemals gegen einen schweren 100-PS-Fend tauschen würde, wunderte keinen. Der Mann repariert seine Geräte nämlich selber, Kein Kunstück, weil noch heute gelte was schon immer galt: Dass man eine Schraube nach rechts dreht. Das Korber Öko-Weingut ist drei Mal zertifziert. Jährlich eingehend kontrolliert wird der Betrieb vom Institut „Lacon“, das den Betrieb nach EU-Öko-Richtlinien prüft. Ferner vom Bundesverband ECOVIN, zu dessen Mitbegründern Hermann Schmalzried zählt, und von der Bio-Marke Demeter, die von allen dreien die strengsten Richtlinien zur biologisch-dynmaischen Wirtschaftsweise aufstellt. Deren Einhaltung wird bei sogenannten „Hofgesprächen“ ermittelt. So erlaubt Demeter keine Insektizide gegen die Kirschessigfliege. „Giftaktionismus“ gegen die Kirschessigfliege Diesen vergangenes Jahr nach dem warmen Winter aufgetauchten neuen Gegner bekämpfte Schmalzried nicht mit chemischen Kampfmitteln, sondern natürlich: Hygiene und Entblättern. „Wir sind einer der wenigen Betriebe, die kein Gift eingesetzt haben“, betont der Seniorchef. Mitte der 70er Jahre hatte der Weinbautechniker als erster in Württemberg auf ökologische Bewirtschaftung umgestellt. Davon will er um kein Jota abrücken. „Bei der Kirschessigfliege haben andere unappetitliche Sachen verwendet“, sagte er bei der Diskussion mit WKZ-Lesern. „Da ist sehr viel Vertrauen der Verbraucher in die Wengerter kaputtgegangen. Bei uns gibt es leider oft einen Gift-Aktionismus.“ Wenn vergangenes Jahr noch am 3. Oktober mit Insektizieden im Wengert hantiert wurde, während der Nachbar schon herbstete, sei das einfach nicht akzeptabel. Den Einsatz von Herbiziden, Insektiziden und Pestiziden untersagen jene fünf Verbände in Deutschland, die Öko-Zertifikate vergeben; Naturland, Bioland, Demeter, ÖKOVIN und ein Verband auf der Ostalb. „Die Betriebe müssen sich ständig kontrolieren lassen“, erklärt der Seniorchef. Bei Demeter ist etwa auch die Zugabe von Tannin untersagt. Wie lange es brauche, bis ein Betrieb, der umstellt, so ein Zertifikat erhält, wollte ein Leser wissen. „Drei Jahre“, sagte Schmalzried, „das war ein Kompromiss.“ Bisher habe ein einziges Mitglied von ECOVIN das Gütesigel wieder eingebüsst, ein Fall, der 20 bis 30 Jahre zurückliege. Der Chef dieses Weinguts, der viel auf Messen unterwegs war, hatte die Verantwortung im Wengert ausländischen Angestellten überlassen, die das Pflanzenschutzmittel Glykozin einsetzten. „Der Hauptgrund für Sanktionen in den Verbänden ist aber, dass nicht richtig dokumentiert wird“, sagt Schmalzried. Der Kontrolle unterliegt jedes Moasiksteinchen im Gesamtbetrieb. Bei seinen sechs Hühnern, die Schmalzried im Wengert hielt und die der Fuchs holte, wurden die Kontrolleure hellhörig: Wo kommen die her? Wenn er einen Lohnabfüller für seinen Secco beauftragt, muss laut Reglement auch der zertifziert sein. Was ist mit Öko – wenn der Nachbar gnadenlos spritzt? Ein Leser hakte nach: Was passiere eigentlich, wenn ein Öko-Wengerter in seinem Weinberg alle Richtlinien streng beachte, aber der Nachbar sprühe Chemie auf Teufel komm raus? „Was ist dann mit Öko?“ Der Winzer nennt den Kollateralschaden auf der Nachbarparzelle „Abdrift“. „Wir haben als einziges Bundesland auf Anregung der Öko-Wengerter ein Kontrollsystem, die Nachbarn zu untersuchen“, klärte Schmalzried auf. Diese Proben am Stock würden vor Ort genommen und im Chemischen Veterinäruntersuchungsamt in Fell- bach analysiert. Bei Untersuchungen seiner Weinberge, die oft Randlagen sind, sprich nur einen Nachbarn haben, habe sich gezeigt, dass die erste Reihe von Chemie betroffen war, „die zweite aber kaum noch und die dritte war in Ordung.“ Die Controlling-Ergebnisse würden veröffentlicht. Gesetzlich zulässig, so Schmalzried, sei für Ökoweine ein Anteil chemischer Substanzen bis zu maximal 0,012 ppm (Parts per Million). Ein Experte im weißen Kittel habe ihm erklärt, würde die Queen Mary mit ihren 160 000 Bruttoregistertonnen von ihrem Kapitän betreten, der 160 Kilogramm wiegt, so könnte das Labor sogar den Anteil an Gift ermitten, dem das Bäbberle auf der Kaptiänsmütze entspricht. „0.012 ppm, das ist die Grenze, ab der der Daumen nach oben oder nach unten geht“. Ein 2,5 Tonnen schwerer Fend wirkt wie eine Dampfwalze In seinem kurzweiligen Vortrag erklärte der Geschäftsführer nicht nur, wie man gegen Mehltau ein Öko-Präparat aus Salat-Öl, Senf und Backpulver anrührt. Ist ganz einfach und verlangt beim Umrechnen auf kleinere Mengen nur Kopfrechnen. Im Wengert durften die Sommertourler aus einem Kartoffelstreifen zertifizierte Krombiera aufklauben und die Knollen im Körble mit heim nehmen. Hier vor Ort erklärte Hermann Schmalzried noch einmal, warum Bodenfruchtbarkeit der Dreh- und Angelpunkt im ökologischen Weinbau ist. Ein guter Boden sei locker, habe Luft und könne Wasser aufnehmen. Deshalb verzichtet der Wengerter auf den Einsatz schwerer Maschinen, die Schaden anrichten, weil sie aus „Luftschokolade Blockschokolade machen“. Wozu einen 100 PS starken Fend kaufen, der 2,5 Tonnen wiegt und durch die Rebgasse wie eine Straßenwalze rollt? Der Boden, in dem sein Kartoffelgold wächst, beweist, dass die Rechung aufgeht. Unsere Leser klauben Kartoffeln auf. Das Viertele zum Salzkuchen durfte nicht fehlen. 10 Hektar Rebflur � Das Weingut Schmalzried bewirt- schaftet seit mehr als 100 Jahren nachweisbar seine Weinberge in Korb.Vvermutlich reicht diese Familientradition aber noch weiter zurück. Das Unternehmen bewirtschaftet heute 10 Hektar auf den Großlagen Korber Kopf, Hanweiler Berg und Kleinheppach und baut die Weine nach den strengen Demeter-Prinzipien aus. � Hermann Schmalzried entschied Was der Pionier des württembergeischen Weinbaus so erzählte, war nicht nur erhellend, sondern auch sehr erheiternd. sich 1975, seine Flächen auf kontrolliert biologischen Weinanbau umzustellen und war damit das erste Öko Weingut in Württemberg. Als Mitgründer des EcoVin-Verbandes bewies er schon damals Weitblick. Bis heute produziert das Weingut in Spitzenlagen Weine, die auch bei unseren Lesern gut ankamen. Schmalzried rührt ein präparat gegen Mehltau an.
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