Vom Meisterwerk zum Werbegag

Evangelische Stadtkirche
St. Dionysius
Schloßberg 1, 71032 Böblingen
07031-229761
Bin
ich’s?
Bin ich’s?
Bin ich’s?
Vom
Meisterwerk
zum
Werbegag
Das "Letzte Abendmahl" Leonardo da Vincis
und seine Wirkungsgeschichte
Ausstellung vom 28. Februar bis 3. April 2016
Eröffnung:
Sonntag, 28. Februar, 10 Uhr
Gottesdienst und Einführung mit
Pfarrer i.R. Martin Bregenzer
Öffnungszeiten:
werktags 9 -16 Uhr
Sonn- und Feiertage
nach dem Gottesdienst
„Zu Tisch, bitte!“
Die Karwoche in der Stadtkirche:
Montag, 21. & Dienstag, 22. März
Jeweils 19 Uhr: Passionsandachten
mit Dekan Bernd Liebendörfer
Mittwoch, 23. März
19 Uhr Feierabendmahl an Tischen
mit Pfarrer Wolfgang Salm und Team
Gründonnerstag, 24. März
19 Uhr Abendmahlsgottesdienst
mit Pfarrerin Gerlinde Feine
Karfreitag, 25. März
10 Uhr Abendmahlsgottesdienst
mit Pfarrer Wolfgang Salm
15 Uhr: Musik zum Karfreitag
Eckhart Böhm, Orgel
Wolfgang Salm, Liturgie
Kuratorin: Sybille Setzler / Layout und Gestaltung: Sylvia Takacs
Gesamtverantwortung: Dietrich-Bonhoeffer-Kirche, Tübingen
830 Zitate des „Ultimo Cenecolo“ sammelte Pfarrer Martin Bregenzer im Zeitraum von drei
Jahrzehnten. Eine Auswahl davon ist nun in der Stadtkirche Böblingen zu sehen.
Die bildliche Darstellung des Mahles Christi mit seinen Aposteln am Vorabend der Passion setzt in
der frühen christlichen Kunst schon ab dem sechsten Jahrhundert ein. Kennzeichnend ist dabei
meist Judas, der von den anderen Aposteln als Verräter abgesondert sitzt. Das Abendmahlbild des
italienischen Malers Leonardo da Vinci, von 1494 bis 1498 im Auftrag des Mailänder Herzogs
Ludovico Sforza für das Refektorium der Dominikanerkirche Santa Maria delle Grazie in Mailand
geschaffen, setzte neue Maßstäbe. Leonardo erreicht kompositionell einen einzigartigen
szenisch-dramatischen Effekt mit der Erfassung des Moments nach der Verratsankündigung.
Eine raffinierte perspektivische Durcharbeitung setzt Christus in den absoluten Mittelpunkt des
Geschehens und umgibt ihn mit einer besonderen Aura.
Die Wertschätzung Leonardos Meisterwerks machte es bald zum „populärsten“ Bild der ganzen
italienischen Kunst. Es wurde kopiert, von Künstlern aller Zeiten bis heute verarbeitet und adaptiert, in allen Materialien vor allem von der Devotionalienindustrie, nachgebildet. Berühmte Menschen identifizieren sich mit Christus, stellen sich selbst inmitten ihrer Anhängerschar dar.
Die Kirche benutzt die Vorlage für missionarische und ökumenische Zwecke, Konfirmanden bilden
sich als Abendmahlsgemeinschaften ab, andere Kulturen präsentieren sich in dieser Bildform.
Film, Theater und Literatur, aber auch Karikaturen und Comics bedienen sich Leonardos Vorlage,
selbst vor kitschigen und banalen Adaptionen gibt es keinen Halt. In einer Zusammenstellung von
elf Genres gehen wir auf Spurensuche.
Sibylle Setzler, Kunsthistorikerin, Kuratorin der Ausstellung
„Für mich ist jedes dieser Motive eine Frage an das Abendmahlverständnis der Kirche heute“.
Leonardo betrachtet die Szene nach Jesu Worten "Einer unter euch wird mich verraten". Er zeigt
die Reaktion der fragenden Jünger. "Bin ich’s"? Die nach vorne offene leere Tischseite nimmt
mich in das Geschehen hinein, lässt mich fragen: "Und ich?" – Jeder könnte es sein. Mit Konfirmandinnen und Konfirmanden diskutierten wir über das Abendmahl, über Leonardos Motiv und
dessen unterschiedliche Abwandlungen, zum Beispiel über die Fotomontage des Evangelischen
Missionswerks mit dem Titel "Weltmission – heute sind wir Partner". Darauf wurden die Köpfe
der Jünger Jesu durch Köpfe von Menschen verschiedener armer Völker ausgetauscht. Gerne
ließen sich die Jugendlichen darauf ein, die Szene nachzustellen oder die Köpfe der Jünger durch
eigene Portraits auszutauschen und sich dabei fotografieren zu lassen. Oder das Bild des
Künstlers Ben Willikens. Es zeigt einen völlig leeren, sterilen Tisch. Ich empfinde es als eine sehr
unbequeme Anfrage eines überzeugten Atheisten an uns Christen. Der entleerte Tisch fragt: Wo
ist euer Gott, wo zeigt er sich? Sein Bild kann uns einladen, den Tisch zu bevölkern, gemeinsam
zu feiern, Gottes Liebe zu spüren und für Versöhnung und Frieden einzustehen.
Martin Bregenzer, Pfarrer i.R. und Sammler
Tumult am Tisch, ausgelöst durch eine Bemerkung des Gastgebers: Ist hier jemand fehl am Platz?
Sollten da nicht einige die Plätze tauschen? Fehlen gar etliche, die doch eingeladen sind?
Da Vincis altes Gemälde stellt heute aktuelle Fragen, und die, die den Mut haben, es zu
verfremden, geben ihre vorläufigen Antworten. Die vielen freien Plätze auf der dem Betrachter
zugewandten Seite der Tafel laden ein: „Zu Tisch, bitte!“ - Zum Reden, Essen, Feiern.
Anderen begegnen. Fremde(s) entdecken. Gastfreundschaft spüren, auch beim Begleitprogramm
zur Ausstellung mit Führungen, Gottesdiensten, Gesprächen rund um das Abendmahl.
(weitere Infos: www.stadtkirche-bb.de)
Gerlinde Feine, Geschäftsführende Pfarrerin an der Stadtkirche