03.11.2015 Drucksache 6/1252 6. Wahlperiode Thüringer

Thüringer Landtag
6. Wahlperiode
1252
Drucksache 6/
03.11.2015
Kleine Anfrage
der Abgeordneten Mühlbauer (SPD)
und
Antwort
des Thüringer Ministeriums für Inneres und Kommunales
Thüringer Bürgermeister und Stadträte als Angestellte ihrer Gemeinde
Die Kleine Anfrage 534 vom 14. September 2015 hat folgenden Wortlaut:
§ 23 Abs. 4 Thüringer Kommunalordnung (ThürKO) sieht verschiedene Beschäftigungsverhältnis­se vor, aufgrund derer Gemeinderatsmitglieder ihr Amt entweder nicht antreten dürfen oder jenes verlieren. Entsprechendes gilt gemäß § 28 Abs. 4 ThürKO auch für ehrenamtliche Bürgermeister.
Ich frage die Landesregierung:
1. Unter welchen Ausnahmetatbeständen dürfen Bürgermeister und Gemeinderäte, abweichend von § 23
Abs. 4, § 28 Abs. 4 ThürKO, unmittelbar oder mittelbar bei der Gemeinde be­schäftigt sein? Welche Behörde ist hierzu Aufsichts- und gegebenenfalls Genehmigungsbehörde?
2. Wie viele derartige Fälle sind der Landesregierung mit Stand vom 15. September 2015 bekannt (bitte
auflisten nach Gemeinden und Art der Beschäftigung)?
3. Welchen entgeltlichen Tätigkeiten dürfen hauptamtliche und ehrenamtliche Bürgermeister sowie Gemeinderäte bei der Gemeinde oder für die Gemeinde nachgehen?
4. Welche Kontrollmöglichkeiten hat der Gemeinderat hinsichtlich eines Bürgermeisters, der gleichzeitig als
Leiter eines kommunalen Eigen- oder Regiebetriebs auftritt? Welche Möglichkeiten hat der Gemeinderat
diese Konstruktion aufzulösen?
5. Inwieweit ist eine Abgrenzung der Zuständigkeiten im Rahmen einer Tätigkeit für die Kommune nach
Frage 1 und dem Amt des Bürgermeisters oder des Mitglieds des Gemeinderats möglich?
6. Wie werden Interessenkonflikte zwischen dem Amt des Bürgermeisters oder eines Mitglieds des Gemeinderats und einer anderweitigen Beschäftigung für die Gemeinde aufgelöst?
Das Thüringer Ministerium für Inneres und Kommunales hat die Kleine Anfrage namens der Lan­desre­
gierung mit Schreiben vom 2. November 2015 wie folgt beantwortet:
Zu 1.:
Nach § 23 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 Thüringer Kommunalordnung (ThürKO) können zu Gemeinderatsmitgliedern
gewählte Personen ihr Amt nicht antreten oder verlieren ihr Amt, wenn sie gleichzeitig als Beamte oder Angestellte der Gemeinde tätig sind. Entsprechendes gilt für den ehrenamtlichen Bürgermeister (§ 28 Abs. 4
Druck: Thüringer Landtag, 13. November 2015
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ThürKO). Ausnahmeregelungen enthält diese Vorschrift nicht. Die Trennung von Amt und Mandat geht auf
Artikel 137 Abs. 1 Grundgesetz zurück, der im öffentlichen Dienst tätige Arbeiter nicht erfasst. Die zuständige Rechtsaufsichtsbehörde stellt das Vorliegen des Amtsantrittshindernisses fest.
Zu 2.:
Gemeinderatsmitglieder oder ehrenamtliche Bürgermeister sind entsprechend der o. g. Vorschriften nicht
gleichzeitig Beamte oder Angestellte einer Gemeinde in Thüringen. Im Übrigen sind gemäß folgender Auflistung in verschiedenen Gemeinde Personen als Arbeiter beschäftigt:
Gemeinde/Stadt
Ponitz
Ballstedt
Großschwabhausen
Kapellendorf
Mellingen
Buttelstedt
Magdala
Ehrenamtlicher
Bürgermeister
X
X
X
X
X
X
X
Gemeinderatsmitglied Tätigkeit in der Gemeinde
Bauhofmitarbeiter
Gemeindearbeiter
Gemeindearbeiter
Gemeindearbeiter
Gemeindearbeiter
Gemeindearbeiter
Gemeindearbeiter
Tabarz
Brünn
X
X
Bauhofmitarbeiter
Gemeindearbeiter
Lehesten
X
Bauhofmitarbeiter
Bermbach
Roßdorf
Wallbach
Untermaßfeld
X
X
X
X
Burgk
Knau
Oppurg
Weira
Goldisthal
Neuhaus am Rennweg
Großengottern
Krauthausen
X
X
Dankmarshausen
Diedorf
X
X
X
X
X
X
X
X
Gemeindearbeiter
Gemeindearbeiter
Gemeindearbeiter
Gemeindearbeiter (bis zum
30.11.2015)
Gemeindearbeiter
Gemeindearbeiter
Gemeindearbeiter
Gemeindearbeiter
Bauhofmitarbeiter
Liftwart
Bauhofmitarbeiter
Hausmeistertätigkeiten
sowie Aufarbeitung historischer Gegenstände inklusive Ortschronik
Bauhofmitarbeiter
Bauhofmitarbeiter
Zu 3.:
Hauptamtliche Bürgermeister dürfen zusätzlich zu ihrem Hauptamt Nebentätigkeiten (Nebenämter, Nebenbeschäftigungen) wahrnehmen (vgl. § 49 Abs. 1 Thüringer Beamtengesetz). Die Einzelheiten sind in der
Thüringer Nebentätigkeitsverordnung geregelt. Ehrenamtliche Bürgermeister und Gemeinderatsmitglieder
dürfen eine entgeltliche Tätigkeit als Arbeiter in ihrer Gemeinde ausüben (vgl. Drucksache 5/7728).
Zu 4.:
Die dem Gemeinderat zugewiesenen Befugnisse ergeben sich aus der Thüringer Kommunalordnung, der
Thüringer Eigenbetriebsverordnung und der Betriebssatzung. Bei Eigenbetrieben ist der Gemeinderat neben dem Werkleiter, Werkausschuss und Bürgermeister Organ des Eigenbetriebs. Als solchem obliegt ihm
auch die Bestellung der Werkleitung gemäß § 76 Abs. 1 Satz 1 ThürKO.
Zu 5.:
Die Zuständigkeiten lassen sich anhand des jeweiligen Tätigkeitsbereichs, der in der Stellen-/Arbeitsplatzbeschreibung zum Ausdruck kommt, abgrenzen. Zu beachten ist, dass die Dienstaufsicht bei einem Ge2
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meindebeschäftigten, der gleichzeitig ehrenamtlichen Bürgermeister ist, vom (ersten) Beigeordneten wahrzunehmen ist.
Zu 6.:
Es wird auf § 38 ThürKO und §§ 20, 21 Thüringer Verwaltungsverfahrensgesetz hingewiesen, die ein Mitwirkungsverbot bei Beratungen und Abstimmungen im Gemeinderat sowie im Verwaltungsverfahren wegen
persönlicher Befangenheit vorsehen.
Dr. Poppenhäger
Minister
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