Skript

Prof.Dr.PeterGallmann
E
E1
Jena,Sommer2016
Wortgruppenflexion:DeklinationimVerbund
DievierKasus:undeutlicheFlexionsformen
In Listen und Tabellen werden in der Dudengrammatik (2016) die Kasusmerkmale in
derfolgendenAnordnunggezeigt:
(1)
Nominativ→Akkusativ→Dativ→Genitiv
Diese Abfolge lässt sich formal (siehe nachstehend) und funktional (→ Satzgliedlehre)
begründen.AlsformalerGrundlässtsichderFormenzusammenfallbeibestimmtenPa‐
radigmen nennen, man spricht hier auch von Synkretismus (genauer: Kasussynkretis‐
mus). Der Zusammenfall betrifft bei der Abfolge (1) nebeneinander liegende Paradig‐
menzellen.
(2)
Tabelle:FormenzusammenfallbeiunterschiedlichenParadigmen
Nominativ
Akkusativ
Dativ
Genitiv
mich
mir
meiner
Personalpro.
1.PersonSg.
ich
1.PersonPlural
wir
definiterArt.
Maskulinum
der
Neutrum
das
Femininum
die
Plural
die
Interrogativ
Maskulinum
Neutrum
Nomen stark
schwach
Sonderfall
Sonderfall
Femininum
uns
den
wer
dem
des
dem
des
der
wen
Prinz
den
der
wem
wessen
was
wessen
Turm
Turmes
Prinzen
Herz
Name
unser
Herzen
Namen
Herzens
Namens
Prinzessin
Deutsch ist also in der formalen Kennzeichnung der Kasus weder besonders systema‐
tischnochbesondersdeutlich!Aberimmerhinauchnichtvölligchaotisch.
SofallenNominativundAkkusativbeiParadigmenmitdenMerkmalenNeutrum,Femi‐
ninumoderPluralimmerzusammen;einUnterschiedbestehtnurinder1.und2.Per‐
sondesPersonalpronomensundbeieinemTeilderMaskulinaimSingular.Daranistbei
denzweiverbreitetstenProbenzurBestimmungderKasuszudenken,derFrage‐und
derMaskulinprobe.Beidesetzenvoraus,dassmandievierSchlüsselformendesInter‐
rogativpronomensbzw.desdefinitenArtikelsmitzugehörigemKasusimKopfhat.
– Frageprobe:
(3)
a. Petraistzornig.→Weristzornig?→wer=Nominativ
b. Petraistschwindlig.→Wemistschwindlig→wem=Dativ
E Wortgruppenflexion:DeklinationimVerbund
2
– Maskulinprobe(funktioniertauchmiteinem»Unsinnswort«):
(4)
a. Petraistzornig.→DerBaumistzornig.→der=Nominativ
b. Petraistschwindlig.→DemBaumistschwindlig.→dem=Dativ
ZubedenkensinddieNachteilederFrageprobe:Mitwerkannmaneigentlichnurnach
Personenfragen,undwasistnichteindeutig(sieheTabelle),unddieKombinationwer
oder was ist künstliches schulisches Brauchtum, mit dem das Sprachgefühl (über‐)
strapaziertwird.(WennbeiderMaskulinprobemit»Unsinnswörtern«gearbeitetwird,
könnenjüngereSchülerallerdingsebenfallsüberfordertwerden.)Undschließlichfunk‐
tioniertdieFrageprobebeibestimmtenSatzgliedernüberhauptnicht–dableibtnurdie
Maskulinprobe.
(5)
!!!
a. DasBildhängtanderWand.→AnwemhängtdasBild?(!!!)
b. AnnabliebeineStunde.→WielangebliebAnna?→Wiefall(!!!)
GrammatikundSchule:Kommentar
WozudientdieBestimmungderKasus?EsgibtzweisinnvolleMöglichkeiten:
 Wenn klar ist, welcher Kasus im gegebenen Zusammenhang vorliegt, kann man
nach der korrekten Form für dessen Anzeige fragen.Zum Beispiel Lexem Prinz,
KasusGenitiv:→desPrinzen(undnicht:desPrinzes,desPrinzens,desPrinzusw.).
Dieser Zugang setzt ein sicheres Sprachgefühl für den Kasusgebrauch voraus
(undistdaherfürSprechernichtdeutscheroderstandardfernerVarietätennicht
ohneWeiteresgegeben).
 MankannvontypischenFormenaufallgemeineKategorienschließen.DieserZu‐
gangsetztsowohleinsicheresSprachgefühlfürdenKasusgebrauchauchauchfür
diekorrekteBildungderFormenvoraus.
 Achtung:DieKasusprobenkönnennichtzumrichtigenGebrauchderKasusver‐
helfen.DiesgiltsowohlfürdieFrage‐alsauchfürdieMaskulinprobe!BeiProb‐
lemen mit dem Kasusgebrauch helfen nur Regelkenntnisse: allgemeines Wissen
zur Kasusvergabe (Rektion, Kongruenz, semantische Vergabe) und lexikalisches
Wissen(zumBeispielSonderfällederRektionbeiVerbenundPräpositionen).
FachliteraturzudenProben:
 Granzow‐Emden,Matthias(2006):Weroderwaserschlägtmanbessernichtmit
einer Klappe? Kasus und Satzglieder im Deutschunterricht. In: Becker, Tabea /
Peschel, Corinna (Hrsg.) (2006): Gesteuerter und ungesteuerter Grammatikun‐
terricht.Baltmannsweiler:Schneider‐VerlagHohengehren.
 Granzow‐Emden, Matthias (2013): Deutsche Grammatik verstehen und unter‐
richten.Tübingen:Narr.
E Wortgruppenflexion:DeklinationimVerbund
E2
3
Wortgruppenflexion:DeklinationimVerbund
Die Undeutlichkeit der Flexionsformen wirddurch die Erscheinungder Wortgruppen‐
flexion wenigstens teilweise kompensiert. Das dürfte der Hauptgrund dafür sein, dass
das Deutsche nicht schon lange den Weg des Englischen oder der romanischen Spra‐
chengegangenistunddieKasusformen(außerbeieinpaarPronomen)ganzaufgege‐
benhat.
E2.1
Nominalphrasen(NPs)
Wörter bilden innerhalb des Satzes unterschiedlich komplexe Einheiten; man spricht
hier von Wortgruppen oder Phrasen. Insbesondere sind auch die Satzglieder und die
darinenthaltenenGliedteilePhrasen.JedePhrasehateinsyntaktischesWortalsKern,
dasdiePhrasealsGanzesprägt.EntsprechendunterscheidetmannachdemKernzwi‐
schenNominalphrasen,Adjektivphrasen,Präpositionalphrasenusw.(→Skriptszuden
Satzgliedern).
KerneinerNominalphrase(NP)kannsein:
a. einNomen(Substantiv),
b. eineNominalisierung(Substantivierung)
c. einPronomen
Beispiele(dieeckigenKlammernzeigendenUmfangderNominalphrasen):
(6)
a. [Kühe]fressen[Gras].
b. Kühefressengern[Grünes].
c. [Sie]fressen[allerlei].
NominalphrasenkönnennochweitereBestandteileenthalten.ImvorliegendenZusam‐
menhangsindArtikelwörterundAdjektive(bzw.entsprechendePhrasen)wichtig:
(7)
E2.2
a. [Dieseschwarz‐weißenKühe]fressen[frischesgrünesGras].
b. [UnsereKühe]fressen[diesesGrüne]nicht.
KongruenzinderNominalphrase:KNG‐Merkmale
NominalphrasenweisenbestimmtemorphosyntaktischeMerkmaleauf,nämlichKasus‐,
Numerus‐ und Genus‐Merkmale, oft zusammengefasst unter der Bezeichnung KNG‐
Merkmale.
K DerKasuswirdderNominalphrase»vonaußen«zugewiesen.Jenachsyntaktischem
Kontext bekommt die Nominalphrasen den Kasus über Rektion (zum Beispiel von
einemVerbodereinerPräposition),überKongruenz(miteinerBezugsphrase)oder
übersemantischeRegeln.
N FürdenNumerusistdieSemantikdesNomensverantwortlich;vgl.dasSkriptzur
Zählbarkeit.
G Für das Genus ist ebenfalls das Nomen verantwortlich. Das Genus des Nomens ist
nichtwählbar,sonderndeneinzelnenNomenfestzugeordnet.
E Wortgruppenflexion:DeklinationimVerbund
4
WennNominalphrasenaußerdemNomenselbstauchnochArtikelwörterund/oderAd‐
jektiveenthalten,könnenauchdieseWortformendieKNG‐MerkmalederNominalphra‐
se(NP)tragen.MankanndiesmitNP‐internerKongruenzerklären:
(8)
NP‐interneKongruenz(KNG‐Kongruenz):
InNominalphrasenstimmenArtikelwörterundAdjektivemitdemNomen
inKasus,NumerusundGenusüberein.
Man kann dann sagen, dass Artikelwörter, Adjektive und Nomen die Träger der KNG‐
MerkmaleoderkurzdieMerkmalträgerderNominalphrasesind:
(9)
E2.3
a.
b.
c.
d.
[Regen]machtmirnichtsaus.
[DerRegen]machtmirnichtsaus.
[StarkerRegen]machtmirnichtsaus.
[Derstarke,eiskalteRegen]machtmirnichtsaus.
Wortgruppenflexion,Monoflexion
Die KNG‐Merkmale kommen an den einzelnen Merkmalträgern unterschiedlich klar
zumAusdruck(→AbschnittE1sowie→SkriptD).SobaldaberdieseFormenimVer‐
bunderscheinen,sinkendieMehrdeutigkeiten(Ambiguitäten)rapide.DabeiistdasGe‐
nus (und die mehrheitlich genusgesteuerte Pluralbildung) der Schlüssel für die Auflö‐
sung:
(10) a. derKater
b. derKatze
c. derKatzen
NominativSingularMask./GenitivPlural
DativSingularFem./GenitivSingularFem.
GenitivPlural
DersyntaktischeKontextunterstütztdieDisambiguierung:
(11) a.
b.
c.
d.
e.
[DerKater]miaut. [DerKatze]schmecktdasFutter. WirhörendasMiauen[derKatze]. WirhörendasMiauen[derKatzen].
WirhörendasMiauen[derKater]. NominativSingularMask.
DativSingularFem.
GenitivSingularFem.
GenitivPlural
GenitivPlural
AuchdieAdjektivflexionkannzurAuflösungvonMehrdeutigkeitenbeitragen:
(12) a. Ichsehe[dieschwarze…]
b. Ichsehe[dieschwarzen…]
AuchwennmandenSatznochnichtzuEndegelesenhat,wirdausderKombinationvon
ArtikelundAdjektivklar,dassimerstenBeispieleinesingularischeNominalphrasevor‐
liegt,imzweitenhingegeneinepluralische.Ähnlich:
(13) a. DieArchitektinstört[derdickeBalken].
b. DieArchitektinordnetedenErsatz[derdickenBalken]an.
DasZusammenspieldereinzelnenMerkmalträger,wieesdievorangehendenBeispiele
gezeigthaben,wirdauchalsWortgruppenflexionbezeichnet.DasDeutschetreibthier
einenrelativgroßenAufwand.EsgibtdennaucheineTendenz,dieMerkmalenurnoch
an einem einzigen Wort der Nominalphrase anzuzeigen; man spricht dann von Mo‐
noflexion.AuchwennMonoflexioninderStandardsprachenochnichtallgemeingilt,so
findetmandochschnellentsprechendeBeispiele:
E Wortgruppenflexion:DeklinationimVerbund
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(14) a. Annanimmt[dieGabel].
b. Annanimmt[dieGabeln].
(15) a. Ottoentfernt[dasGitter].
b. Ottoentfernt[dieGitter].
In(14)kommtderUnterschied[AkkusativSingular]↔[AkkusativPlural]nuramNo‐
men, in (15) nur am Artikel zum Ausdruck. (An diesen zwei Beispielen wird übrigens
auchklar,warumdieGrundregelnfürdiePluralbildungderNomen,G1–G3,sehrstabil
sind;siehe→SkriptD.)
E3
DieGrundregelnfürdieWortgruppenflexion
GrundlagederWortgruppenflexionistobengenannteRegel(8),hierwiederholt:
(16) NP‐interneKongruenz(KNG‐Kongruenz):
InNominalphrasenstimmenArtikelwörterundAdjektivemitdemNomen
inKasus,NumerusundGenusüberein.
DieseKongruenzregelbewirkt,dassArtikelwörter,AdjektiveundNomendieMerkmal‐
trägerderNominalphrasesind.Beispiele:
(17) a. d‐erKaffee,d‐ieSchokolade,d‐asWasser
b. dies‐erKaffee,dies‐eSchokolade,dies‐esWasser
c. heiß‐erKaffee,heiß‐eSchokolade,heiß‐esWasser
Bei genauerer Betrachtung zeigt sich, dass zwei Arten von Merkmalträgern zu unter‐
scheiden sind, nämlich Hauptmerkmalträger und Nebenmerkmalträger. Welche der
beidenRolleneinWortübernimmt,bestimmtdieSyntax.MankannhierZuweisungsre‐
gelnundFormregelnformulieren:
Zuweisungsregeln:
(18) Z1:JedeNominalphrasehateinenHauptmerkmalträger.(DieanderenWort‐
formensinddannNebenmerkmalträger.)
Z2:AlsHauptmerkmalträgerwirddieamweitestenlinksstehendeWortform
gewählt.DaskanneinArtikelwortodereinAdjektivsein–abernur,wenn
es eine Endung trägt (andernfalls ist die nächste weiter rechts stehende
WortformHauptmerkmalträger).
Z3: Adjektive (auch nominalisierte) werden parallel flektiert. Das heißt, sie
sindalleentwederHaupt‐oderNebenmerkmalträger.
Z4 WenndieNominalphrasekeinSubstantiventhält,mussdasletzteAdjek‐
tivflektiertsein.
Formregeln:
(19) F1 Artikelwörter haben starke Endungen, wenn sie Hauptmerkmalträger
sind,sonstgarkeine.
F2 Adjektive haben starke Endungen, wenn sie Hauptmerkmalträger sind,
sonst schwache. Nichtflektierbare Adjektive sind gar keine Merkmalträ‐
gerundsindendungslos.
E Wortgruppenflexion:DeklinationimVerbund
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F3 Nomen haben im Singular nur dann Kasusendungen, wenn sie Neben‐
merkmalträgersind.
Die grau gedruckten Regeln werden hier nicht näher behandelt (→ Dudengrammatik
2016, Randnummern 1521–1524 sowie 1530–1533). Zu den starken und schwachen
FormenderAdjektiveundderArtikelwörter/Pronomensiehe→SkriptD.
ImfolgendenBeispielblockwirddasZusammenwirkenderRegelnzurWortgruppenfle‐
xionvorgeführt.DieHauptmerkmalträgersindjeweilsunterstrichen.
(20) a.
b.
c.
d.
e.
f.
g.
h.
[D‐erstark‐eschwarz‐eKaffee]hilftdasicher.
[Dies‐erstark‐eschwarz‐eKaffee]hilftdasicher.
[Meinstark‐erschwarz‐erKaffee]hilftdasicher.
[Einstark‐erschwarz‐erKaffee]hilftdasicher.
[Stark‐erschwarz‐erKaffee]hilftdasicher.
[Dies‐erprimaWienerKaffee]hilftdasicher.
[EinprimaWienerKaffee]hilftdasicher.
[Kaffee]hilftdasicher.
Mansiehthierdreierlei:
– Ob Artikelwörter oder Adjektive – wenn sie Hauptmerkmalträger sind, werden sie
starkdekliniert,hiererkennbaranderEndung‐er(=FormregelnF1undF2).
– Manche Artikelwörter und Adjektive fallen als Merkmalträger teilweise oder ganz
aus.
– Adjektivewerdenimmerparallelflektiert:Entwedersindbeidestark,oderessind
beideschwach,hiermitEndung‐e(=ZuweisungsregelZ3).
– DieAdjektivesindnurdannHauptmerkmalträgerunddamitstark,wennihnenent‐
wedergarkeinArtikelwortodereinendungslosesvorangeht.
AusdemletztenPunktkannmandenfolgendenMerksatzableiten:
(21) Adjektiv:stark/schwach
Adjektivewerdennurdannschwachflektiert,wennihneneinArtikelwort
mitEndungvorangeht.(Andernfallswerdensiestarkflektiert.)
Dieser Merksatz ist keine elementare Regel – wie vorgeführt, lässt er sich aus Zuwei‐
sungsregelnZ2undZ3sowieFormregelF2ableiten.DiegenanntenRegeln(unddamit
auchderMerksatz)geltenübrigensauchfürnominalisierteAdjektive:
(22) a.
b.
c.
d.
Annatrug[d‐asklein‐eschwarz‐eKleid].
Annatrug[d‐asklein‐eSchwarz‐e].
Annatrug[ihrklein‐esschwarz‐esKleid].
Annatrug[ihrklein‐esSchwarz‐es].
AuchbeilexikalisiertenNominalisierungen:
(23) a. Annatrank[d‐asklein‐eHell‐e].
b. Annatrank[einklein‐esHell‐es].
(24) a. [D‐erneu‐eVorgesetzt‐e]schätztPünktlichkeit.
b. [Meinneu‐erVorgesetzt‐er]schätztPünktlichkeit.
E Wortgruppenflexion:DeklinationimVerbund
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SonderfällederWortgruppenflexion
DasvorliegendeSkriptbietetnureinenerstenEinblickindieWortgruppenflexion.Die
folgendenErscheinungenwerdenausgeblendet:

RegelnfürdieEndungslosigkeitvonArtikelwörternundPronomen
→Dudengrammatik(2016),Randnummern1521–1524

SchwankungeninderAdjektivflexion
→Dudengrammatik(2016)1525–1529

UnterlassungderKasusflexionbeiNomenaufgrundvonFormregelF3
→Dudengrammatik(2016),Randnummern1530–1533

Besondere Beschränkungen für Genitivphrasen (die Wortgruppenregeln sind der
Grund,warumderGebrauchdesGenitivsallmählichzurückgeht)
→Dudengrammatik,Randnummern1534–1540
ImFolgendensollaberwenigstenseineBesonderheitnäherbehandeltwerden.
E5
ErzwungeneFlexionbeiein,kein,mein
ArtikelwörterdesTypsein,kein,mein(dein,sein,ihr,unser,euer)falleninNominalphra‐
sen mit bestimmten KNG‐Merkmalen als Hauptmerkmalträger aus und sind dann en‐
dungslos:
(25) NominativSingularMaskulinum
Dasist[einRoman].
(26) NominativSingularNeutrum AkkusativSingularNeutrum Dasist[einBuch].
Annaliest[einBuch].
Manche Grammatiken setzen für Adjektive in Nominalphrasen mit Artikelwörtern des
Typsein,kein,meineinebesondere»gemischte«Flexionan.DasisteineunnötigeVer‐
komplizierung.Esreicht,wennDeutschlernersichmerken,wanndieArtikelwörteren‐
dungslossind–dieFlexionvonArtikelwortundAdjektivergibtsichdannausdenall‐
gemeinenRegelnvonselbst.
– EinerdereinzuprägendenSonderfälle:
(27) NP=NominativSingularMaskulinum
→ Artikelwortendungslos
→ Adjektivstark
Dasist[eindickerRoman].
– Normalfall,nichtbesonderszumerken:
(28) NP=DativSingularMaskulinum
→ ArtikelwortmitEndung
→ Adjektivschwach
Erliestin[einemdickenRoman].
E Wortgruppenflexion:DeklinationimVerbund
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Resultat:
(29) WortgruppenflexionbeiArtikelwörterndesTypsein,kein,mein
Singular
Plural
Maskulinum
Femininum
Neutrum
Nom.
Akk.
Dat.
Gen.
keindickerRoman
keinendickenRoman
keinemdickenRoman
keinesdickenRomans
keinedickeMauer
keinedickeMauer
keinerdickenMauer
keinerdickenMauer
keindickesBuch
keindickesBuch
keinemdickenBuch
keinesdickenBuches
keinedickenSachen
keinedickenSachen
keinendickenSachen
keinerdickenSachen
DassArtikelwörterdesTypsmeininNominalphrasenmitbestimmtenMerkmalbündeln
alsHauptmerkmalträgerausfallen,kannzumProblemwerden,nämlichbeiWeglassung
des Nomens (Ellipse). Die strikte Anwendung der Regel würde dazu führen, dass die
NominalphraseüberhauptkeinenHauptmerkmalträgeraufweist.
(30) Dasistnicht[deinBuch],sondern[meinBuch].
→ *Dasistnicht[deinBuch],sondern[mein].
WiederSterninderzweitenZeileanzeigt,darfZuweisungsregelZ1aufkeinenFallver‐
letzt werden. In solchen Konfigurationen erhält darum das Artikelwort quasi behelfs‐
weise Endungen, damit es selbst als Hauptmerkmalträger auftreten kann. Es gibt hier
auchdieMetapherdererzwungenenFlexion:
(31) Dasistnicht[deinBuch],sondern[meinBuch].
 Dasistnicht[deinBuch],sondern[mein‐s]/[mein‐es].
DerfolgendeBeispielblockzeigt,wiesichganzanalogdieAufspaltung(oderVerdoppe‐
lung) einer Nominalphrase auf die Flexion ihrer Bestandteile auswirkt. Offensichtlich
müssenbeideTeileeinenHauptmerkmalträgerhaben:
(32) a.
b.
c.
d.
Eswar[keinbraun‐erZucker]vorhanden.
[Zucker]war[keinbraun‐er]vorhanden.
*[Braun‐erZucker]war[kein]vorhanden.
[Braun‐erZucker]war[kein‐er]vorhanden.
Auf diese Weise lässt sich auch die unterschiedliche Flexion beim pronominalen Ge‐
brauchdieserWörtererklären:
(33) a. Dasweiß[keinMensch].
b. →*Dasweiß[kein].
c. →Dasweiß[kein‐er].