Können Sie sich von Büchern trennen?

Können Sie sich von Büchern trennen?
Ich gebe es zu, es gibt Dinge, ohne die ich mir die Welt gar nicht vorstellen möchte. Bücher
gehören zweifellos dazu. Und wenn ich von Büchern schreibe, dann meine ich nicht nur Romane und Gedichtbände, große Literatur und Belletristik, Kinder- und Jugendbücher, sondern auch Sachbücher, Ratgeber und Fachliteratur. Eben alles, was zwischen zwei Buchdeckel passt.
Noch vor ein paar Jahren habe ich mit Inbrunst die Auffassung vertreten, dass man für ein
neues Buch auch immer einen guten Platz im eigenen Bücherschrank findet. Und Sie dürfen
mir glauben, dass ich da sehr erfinderisch bin. Doch dann musste ich erkennen, dass der
Platz für meine Bücherbegeisterung begrenzt ist. Erst wollte ich es nicht recht wahrhaben.
Doch eigentlich konnte ich die Augen vor dem Platzmangel nicht verschließen. Was also tun?
Anbauen oder ausmisten? Zum Anbauen fehlte mir der Platz. Das Auslagern in Kartons kam
nicht in Frage. Denn irgendwie war mir klar, dass Bücher, auf die ich keinen direkten Zugriff
habe, sinnlos sind. Blieb also nur das Aussortieren. Aussortieren!? Bücher?! Völlig undenkbar!? Jedes einzelne ich doch ein kleiner Schatz!
Ja, mit diesem Gedanken bin ich aufgewachsen. Jedes Buch ist ein Schatz. An jedem hängen
Erinnerungen oder kostbares Wissen. Davon kann man sich doch nicht trennen. Oder doch?
Heute weiß ich, dass es geht. Und wie es mir gelungen ist, dass verrate ich Ihnen jetzt.
Reden und nachdenken
Es gibt das chinesische Sprichwort „Achte auf deine Gedanken, sie sind der Anfang deiner
Taten“. Getreu diesem Motto habe ich mich zunächst gefragt, weshalb es für mich undenkbar ist, mich von Büchern zu trennen. Ich habe eine ganze Reihe von Antworten darauf gefunden. Zum Beispiel ist mir vermittelt worden, dass Besitz Wohlstand symbolisiert. Also je
mehr man hat, desto besser steht man da. Aber ist das wirklich so? Ich habe mit Freunden
darüber geredet und schließlich festgestellt, dass man das auch anders sehen … pardon,
denken kann. Heute erachte ich Bücher immer noch für wertvoll. Aber mein Wohlstand
hängt nicht davon ab, dass ich alle Bücher die ich lese, auch um mich herum sammele. Und
damit bin ich dann auch schon beim nächsten Punkt.
Nicht alle sind gleich
Heutzutage gibt es zu wirklich allen Themen eine Vielzahl von Büchern. Und wenn man über
das Ausmisten von Büchern nachdenkt, dann ist es hilfreich, sie in Gruppen einzuteilen. Ganz
grob kann man, wie in einer Bibliothek, folgende Unterscheidungen treffen: Kinder- und Jugendbücher, Lehr-, Lern- und Fachbücher, Nachschlagewerke wie den Duden oder Lexika,
Ratgeber vom Heimwerken, Gärtnern, Kochen über das Nähen bis zum Stricken, von der
klassischen Literatur bis zu modernen Thrillern, Frauenbücher, Männerbücher, Geschenkbücher, Comics …
© Petra Müller-Lüddecke. www.comere.de. Erscheinungsdatum 01.06.2015
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Und jedes Buch jeder Gruppe ist unterschiedlich wichtig und wertvoll. Denkt man also darüber nach, sich von Büchern zu trennen, so tut man gut daran, nicht alle über einen Kamm zu
scheren. Denn vermutlich ist es leichter, sich von einem Schulwörterbuch aus den 8oer Jahren zu trennen, dessen Rechtschreibregeln heute zum Teil gar nicht mehr gelten, als von den
Karl May Bänden, die einem viele schöne Stunden beschert haben. Also, fangen Sie an zu
unterscheiden.
Wegbegleiter
Jedes Buch, egal ob Fachbuch oder Roman, ist ein Wegbegleiter. Wie lange es uns begleiten
soll und begleiten darf, dass entscheiden wir ganz allein. Und für diese Entscheidung gibt es
unterschiedliche Kriterien. Enthält es wertvolles Wissen oder verbinden wir mit dem Buch
eine schöne Erinnerung. Haben wir es geschenkt oder gar vererbt bekommen? Oder brauchten wir es zwingend für Schule oder den Beruf? Ist der Inhalt noch aktuell oder bereits überholt? Hat dieses Buch einen Nutzen oder könnte es einen solchen noch haben?
Beschäftigt man sich mit diesen Fragen, dann prallen manchmal der Verstand und das Gefühl
aufeinander. Der Verstand sagt: „Das Buch ist nicht mehr zeitgemäß!“ und das Gefühl sagt:
„Ich kann mich heute noch gut daran erinnern, wie stolz ich war, als ich das Buch geschenkt
bekam. Davon mag ich mich nicht trennen!“ Was dann? Für mich hat sich die Frage, ob mich
das Buch auch heute noch glücklich macht, als hilfreich erwiesen, um die Streit zwischen
Verstand und Gefühl zu entscheiden. Und wenn ich auch damit nicht weiter kommen sollte,
dann bleibt das Buch eben erst einmal da. Wer weiß wozu es gut ist. Und man muss beim
Aussortieren ja auch nicht radikal vorgehen.
Die Trennung
Und noch etwas ist mir wichtig, wenn es darum geht, Bücher auszusortieren. Aussortieren
heißt nicht zwingend, die Bücher wegzuschmeißen! Zwar ist auch das gelegentlich sinnvoll,
etwa wenn Fachbücher veraltet sind und keinerlei Nutzen mehr haben.
Aber gut erhaltene Romane und zeitlose Ratgeber, die für Sie persönlich keinen Wert mehr
haben, können andere Menschen noch glücklich machen. Und die Möglichkeiten andere
Menschen damit glücklich zu machen sind vielfältig. So können Sie die Bücher spenden, der
Stadtbibliothek, einem öffentlichen Bücherschrank oder einem Sozialkaufhaus. Sie können
Sie auch über Internetplattformen für ein paar Cent verkaufen. Oder Sie fragen in Ihrem
Freundeskreis, ob jemand Interesse daran hat.
Dankbarkeit
Ganz egal, für welche Form der Trennung Sie sich entscheiden, trennen Sie sich mit einem
Gefühl der Dankbarkeit.
© Petra Müller-Lüddecke. www.comere.de. Erscheinungsdatum 01.06.2015
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Jedes Buch welches Sie aussortieren, hat Sie ein Stück Ihres Weges begleitet. Sie mit Wissen
versorgt oder einer schönen Geschichte beglückt. Vielleicht war es aber auch gar nicht der
Inhalt, sondern der Umstand, wie das Buch zu Ihnen gekommen ist, der Ihnen in Erinnerung
ist. Dann ist es ein guter Zeitpunkt, sich an dieses Erlebnis zu erinnern und dankbar dafür zu
sein. Die Erinnerung wird Ihnen bleiben, auch wenn das Buch nicht mehr in Ihrem unmittelbaren Umfeld ist.
Es ist gut möglich, dass das für Sie etwas komisch klingt. Das kann ich gut verstehen. Doch
habe ich die Erfahrung gemacht, dass mir die Trennung von einem Buch viel leichter fällt,
wenn ich sie mit dem Gefühl der Dankbarkeit verbinde. Probieren Sie es doch einfach mal
aus.
Nun habe ich Ihnen verraten, wie es mir gelingt, mich von Büchern zu trennen. Wenn Sie sich
auch daran wagen möchten, dann habe ich hier die fünf Schritte für sie noch mal im Überblick:
1. Beschäftigen Sie sich gedanklich mit der Frage, was Sie hindert, sich von Büchern zu
trennen.
2. Teilen Sie Ihre Bücher in unterschiedliche Kategorien ein.
3. Treffen Sie für jedes Buch eine bewusste Entscheidung.
4. Verschenken, verkaufen oder entsorgen?
5. Trennen Sie sich mit einem Gefühl der Dankbarkeit.
Ich wünsche Ihnen guten Erfahrungen!
Ihre
© Petra Müller-Lüddecke. www.comere.de. Erscheinungsdatum 01.06.2015
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