Beim Wertstoffgesetz bewegt sich das Umweltministerium stärker

POLITIK
EUWID RECYCLING UND ENTSORGUNG 8.2016
Beim Wertstoffgesetz bewegt sich das
Umweltministerium stärker auf Kommunen zu
Zweiter Arbeitsentwurf kommt/ CSU-Landesgruppe für faires Miteinander
Das Bundesumweltministerium hat das geplan­
te Wertstoffgesetz noch nicht aufgegeben. Wie
aus Regierungskreisen zu erfahren war, soll es
in den nächsten Tagen einen zweiten Arbeits­
entwurf mit ausführlicher Begründung geben.
Darin kommt das Ministerium vor allem den
Wünschen der Regierungsfraktionen nach. Die
Berichterstatter von Union und SPD hatten eine
engere Orientierung des Entwurfes an dem Eck­
punktepapier verlangt.
Wie berichtet, will das Bundesumweltminis­
terium im neuen Entwurf die Rechte der Kom­
munen weiter stärken. An der Konzeption der
privatwirtschaftlich über duale Systeme orga­
nisierten Wertstofferfassung und -verwertung
werde sich nichts ändern. Auf Basis des neuen
Entwurfes solle es dann mit Verbänden und
Ländern zu Kompromissgesprächen kommen,
hieß es. Danach entscheide das Ministerium, ob
es in die Ressortabstimmung einsteigt.
Vorige Woche hat das Bundesumweltministe­
rium VPrtreter der CDU/CSU-Fraktion über den
aktuellen Stand informiert. In Reihen der CDU
gibt es auch Stimmen, die sich für eine Organi­
sationsverantwortung der Kommunen bei .der
Sammlung aussprechen, allerdings ohne die
Möglichkeit einer lnhouse-Vergabe der Sam­
melaufträge.
Ob der erwartete zweite Arbeitsentwurf eine
Basis für einen Kompromiss sein kann ist offen.
Die kommunalen Spitzenverbände und der
Verband Kommunaler Unternehmen sowie die
Gemeinschaftsinitiative zur Abschaffung dualer
Systeme (Gemini) hatten mehrfach betont, dass
ein Entwurf ohne eine kommunale Verantwort­
lichkeit für die Erfassung der Wertstoffe nicht
kompromissfähig sei. Gemini-Sprecher Hart­
mut Gaßner ist zwar noch zuversichtlich, setzt
aber auf Druck auf das Bundesumweltministe­
rium.,,Wenn das Ministerium sich zur Moderati­
on der unterschiedlichen Standpunkte nicht in
der Lage sieht, muss der Druck von außen noch
erhöht werden, nicht ein Vorhaben gegen die
Wand laufen zu lassen, das dringend notwendig
ist, um der Weiterentwicklung der Wertstoff­
wirtschaft den gebotenen Rahmen zu geben:'
Baden-Württembergs Umweltminister Franz
Untersteller (Grüne) hat nach der Entschließung
des Bundesrates Bundesumweltministerin Bar­
bara Hendricks (SPD) schriftlich aufgefordert,
mit den Bundesländern „konstruktive und ko­
operative Lösungen" für das Wertstoffgesetz zu
finden. Eine Reaktion auf sein Schreiben hat der
Landesumweltminister bislang noch nicht.
Die CSU-Landesgruppe im Bundestag machte
vorige Woche deutlich, dass sie beim geplanten
Wertstoffgesetz für ein faires Miteinander der
kommunalen und privaten Abfallwirtschaft ist.
Die Reform solle weder eine Rekommunalisie­
rung einleiten, noch die Rolle der Kommunen
oder der kommunalen Unternehmen schwä­
chen, erklärte die CSU-Landesgruppe nach
einem Gespräch der zuständigen Arbeitskreise
mit Vertretern der bayerischen Kommunen und
der bayerischen Entsorgungswirtschaft.
Marlene Mortler, umwelt- und agrarpolitische
Sprecherin der CSU-Landesgruppe, sagte, dass
das System verbraucherfreundlicher werden
müsse. Das spreche für eine einheitliche Wert-
stoffsammlung. ,,Wichtig ist mir aber, dass dies
am Ende nicht zu Gebührenerhöhungen führt
und keine funktionierenden Wertstoffhof­
Strukturen zerschlagen werden." Wie EUWID
erfuhr, schlug die CSU vor, die im Entwurf
des Bundesumweltministeriums vorgesehe­
ne Gesamterfassungsmenge von mindestens
25 Kilogramm pro Einwohner und Jahr auf 20
Kilogramm zu senken. Grund dafür sei, dass
Wertstoffhöfe, die zwar sehr saubere Sammel­
fraktionen aufweisen, gegenüber Holsystemen
wie der Gelben Tonne nur deutlich geringere
Erfassungsmengen erreichten.
„Uns ist sehr an einem fairen Miteinander in
der Abfallwirtschaft gelegen. Bei uns haben
alle ihren Platz, die privaten, wie die kommu­
nalen Unternehmen. Um es klar zu sagen: Die
Reform soll weder eine Rekommunalisierung
einleiten, noch die Rolle der Kommunen oder
der kommunalen Unternehmen schwächen", so
Karl Holmeier, Sprecher der CSU-Landesgruppe
für Wirtschaft und Energie. Im Bundesrat hat­
te der Freistaat Bayern gegen den Entschlie­
ßungsantrag gestimmt, den Kommunen die
Organisationszuständigkeit für die Wertstoff­
erfassung zu übertragen.
Der Verband der Bayerischen Entsorgungs­
unternehmen (VBS) warnte vor der Verstaat­
lichung der privatwirtschaftlich organisier­
ten Wertstoffsammlung. VBS-Präsident Otto
Heinz warb bei einem Treffen mit CSU-Bun­
destagesabgeordneten für die Beibehaltung
marktwirtschaftlicher Prinzipien. Dabei sei
zumindest deutlich geworden, dass durch
den Verstaatlichungsvorstoß des Bundesrates
die Wahrscheinlichkeit sicher nicht gestiegen
ist, dass noch in dieser Legislaturperiode ein
Wertstoffgesetz verabschiedet werden wird, so
Heinz. Nach Auffassung des Entsorgerverban­
des müssen auf allen Stufen der Entsorgungs"
kette marktwirtschaftliche Prinzipien gelten.
,,Alle Marktteilnehmer müssen sich dem Wett­
bewerb stellen, das gilt auch für kommunale
Entsorgungsunternehmen", so der VBS-Präsi­
dent.
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