Landtechnik So genau geht’s sonst nur in der Testhalle: Über die auf gefangenen Düngerkörner ermittelt Bert Bellinga das Streubild live auf dem Feld. können das aber auch deut lich mehr oder weniger sein. Ich bin genau wie die Bauern stark vom Wetter abhängig.“ Zu den häufigsten Proble men, mit denen Bellinga kon frontiert wird, zählen unbe kannte Düngersorten. „Oft können die Landwirte ihren Dünger nicht in der Streuta belle des Herstellers finden“, weiß Bellinga. „Auch Mi schungen sind immer wieder ein Problem, weil man den Streuer auf zwei oft sehr un terschiedliche Flugeigen schaften des Düngers einstel len muss.“ Alles muss passen: Bellin gas wichtigstes Werkzeug ist seine Erfahrung. Seit nun mehr 14 Jahren betreut er Landwirte und ihre Dünger streuer. Zuerst kümmert sich Bert Bellinga immer um die Mechanik des Streuers. „Jede Maschine hat so ihre Prob lemstellen. Die muss ich als erstes ausschließen. Bevor ich den eigentlichen Streutest mache, muss ich sichergehen, dass der Streuer technisch Der Dünger-Detektiv Die genaue Analyse des Düngers gehört zur optimalen Einstellung des Streuers dazu. Fotos: Henk Riswick Exakt und breit streuen – da muss alles stimmen. Ein Niederländer bietet einen interessanten Service an: Er optimiert den Streuer direkt auf dem Betrieb. I ch finde an jedem Streuer irgend etwas!“ Bert Bellinga ist der DüngerDetektiv. Professionell testet und opti miert er Düngerstreuer. Und zwar nicht für die Hersteller, sondern für die Land wirte vor Ort. „Ich finde zusammen mit den Bauern die optimale Einstellung. Für ihren Streuer, ihren Schlepper und ihren Dünger“. Ein Service, der sich schnell auszahlen kann. Wir wollten wissen, wie der Streuer-Spezialist aus 134 top agrar 4/2012 dem niederländischen Roelde arbeitet. Kurz vor Start der Düngesaison hat er Zeit für uns. Während der Saison ist der Techniker meist auf Achse. Quer durch unser Nachbarland und teilweise auch in Deutschland unterwegs, reist er von ei nem Düngerstreuer zum nächsten. In seinem kleinen Büro auf dem Spitz boden deutet nur ein Aktenschrank mit unzähligen Streutabellen auf seine Tätig keit hin. Marke und Modell sind ihm egal – Bert Bellinga arbeitet unabhängig und er kennt sie alle. Aber wie kommt man zu so einem Job? Die Anfänge dieser Arbeit liegen bei Bellingas ehemaligem Arbeitgeber DSM Agro (heute OCI Agro). Der Düngemit telhersteller hat seinerzeit den so ge nannten Dynatest in den Niederlanden eingeführt. Zusammen mit zwei weite ren Kollegen hat Bellinga diesen Streuer service zehn lang Jahre betreut. Nach dem sich DSM vor vier Jah ren aus dem Düngergeschäft zurückgezogen hat, ging Bel linga seinen eigenen Weg. Das Test-Equipment hat er über nommen, auch der Marken name Dynatest (www.dyna test.nl) besteht bis heute. Zwischen 300 und 400 Kunden und ihre Dünger streuer betreut er im Schnitt pro Jahr. „Je nach Wetterlage einwandfrei ist.“ Der Tester kontrolliert bei leerem Behäl ter alle Lagerungen, Schei ben, Schaufeln und die Öff nungen der Schieber. Dafür hat er sich selber spezielle Messlehren angefertigt. Je nach Hersteller und Mo dell gibt es Besonderheiten, auf die Bellinga genau achtet: „Bei Amazone ist z. B. wich tig, dass man die Spannung Landtechnik In jedes Röhrchen kommt der Inhalt einer Auffangschale. Anhand der Skalierung überträgt Dünger-Tester Bellinga die einzelnen Mengen in den Computer, der die Verteilung errechnet. die eingestellte Arbeitsbreite (Variationskoeffizient VK). Bis alles stimmt: Passt der Wert nicht, der Kette für das Rührwerk überprüft.“ Bei Düngerstreuern, die mit einer Aufgabepunktverstellung arbeiten, ist es extrem wichtig, auch diesen zu kontrollieren. „Bei Vicon und Rauch z. B. vermesse ich die Aufgabepunkte natürlich mit, dafür habe ich spezielles Werkzeug.“ Sogar bei fabrikneuen Düngerstreuern misst Bellinga genau nach: „Ganz oft stehen die Schieberöffnungen nach der Montage nicht gleich. Das ist ein echtes Problem, kommt aber bei allen Herstellern immer mal wieder vor.“ Aufmerksam wird Bert Bellinga immer dann, wenn seine Landwirte die Streuscheiben getauscht haben: „Es gibt nämlich rechte und linke Scheiben!“ Auch die Schlepper seiner Kunden nimmt der Dünger-Detektiv nach Bedarf unter die Lupe: „Bei älteren Traktoren messe ich immer die Zapfwellendrehzahl am Stummel nach. Ich suche nach Dingen, die man nicht auf Anhieb sieht!“ Düngerqualität entscheidet: Ist der Düngerstreuer fit, untersucht Bert Bellinga als nächstes den Dünger. „Bei Vicon, Bogballe und Sulky z. B. ist die Größe der Körner sehr wichtig.“ Die Düngerqualität überprüft er deshalb mit einer Schüttelbox, wie sie auch die Hersteller anbieten. „Bei Amazone kontrolliere ich auch immer die Rundheit der Körner.“ Mit einem speziellen Messgerät macht Bellinga außerdem den Härtetest: „Das Gerät zeigt mir die Kraft an, die ich benötige, um das Düngerkorn zu zerstören.“ Als letztes bestimmt der Experte das Litergewicht. Qualitätsdünger ist rie- 136 top agrar 4/2012 selfähig, ohne Staub und Klumpen und sollte eine Korngrößenverteilung von mindestens 90 % zwischen 2 und 4,75 mm haben. „Viele Landwirte scheinen das Angebot der Hersteller gar nicht zu kennen. Die haben auf ihren Internetseiten ständig aktualisierte Streutabellen, einige machen sogar Fotos vom Dünger“, weist Bellinga seine Kunden immer wieder darauf hin. Alternativ kann jeder auch eine Probe von seinem Dünger zum Hersteller schicken. „Der untersucht den Dünger dann im Testlabor und liefert die richtige Einstellung für den Düngerstreuer anschließend gleich mit.“ Streutest im Feld: Wenn die Ware un- tersucht ist, geht‘s zum eigentlichen Test ins Feld. Hier baut Bellinga einen mobilen Prüfstand aus aneinandergereihten Auffangschalen auf: „Ich kann bis 52 m Arbeitsbreite messen.“ Zuerst fährt der Landwirt mit der Einstellung nach Streutabelle des Herstellers über die Schalen. Streumenge, -breite und -höhe, Zapfwellendrehzahl und Fahrgeschwindigkeit sind dabei genau wie in der Praxis eingestellt. Die Schalen fangen den Dünger auf, spezielle Gitter verhindern, dass die Körner nach dem Auftreffen wieder aus den Schalen springen. „Wichtig ist, dass die Schalen durchgehend über die Arbeitsbreite stehen. Einzelne Schalen bringen nichts!“ Anschließend wird gewogen. Aus dem Gewicht jeder einzelnen Schale ermittelt der Tester die tatsächliche Menge pro Hektar sowie die Querverteilung über optimiert Bellinga weiter. Der VK soll für eine gute Verteilung unter 15 % liegen. Anhand der Verteilung sieht der Spezialist, wie er den Streuer optimieren muss. „Hier hilft mir die Erfahrung. Wo ich früher zehn Mal nachstellen musste, passt das Streubild jetzt meist nach drei Messfahrten.“ Wichtig ist ihm, dass der Kunde bei den Messungen lernt. Bellinga zeigt deshalb seine Ergebnisse und erklärt Fehler. Zum Dynatest von Bert Bellinga gehört auch das Rand- oder Grenzstreuen. „Ich empfehle meinen Kunden, das immer mitzutesten.“ Nach Erfahrung des Testers gibt es gerade hier einen großen Optimierungsbedarf. Nach dem Test erhalten Bellingas Kunden ein ausführliches Testprotokoll aller durchgeführten Messfahrten und der grafischen Auswertung der Querverteilung ihres Düngerstreuers. Und was kostet der Dynatest? „Ich habe einen Pauschalpreis für alle Kunden“, sagt Bellinga. 200 € kostet ein Hausbesuch und die Optimierung eines Düngerstreuers. Gebündelte Tests kann er billiger anbieten: „Wenn sich fünf bis sechs Landwirte zusammentun, kann ich den Test für 160 bis 180 € anbieten.“ Einen kostenlosen Nachtest gibt es sogar, wenn Bellinga aufgrund fehlender Ersatz- oder Verschleißteile den Streutest nicht durch führen konnte. Jan-Martin Küper Schnell gelesen • Bert Bellinga optimiert die Düngerstreuer von Landwirten direkt auf dem Feld. • Das Kontrollieren der Maße und Toleranzen am Streuer ist die Grundvorraussetzung für eine gute Verteilung. • Um das Streubild zu optimieren, muss man die Beschaffenheit des Düngers genau kennen. • Die Querverteilung im Feld lässt sich nur mit einem aufwändigen Schalentest messen.
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