Einsteiger oder Weltmeister Cyclocrosser. Querfeldein ist eine Radsportdisziplin mit viel Tradition, die dennoch immer innovationsfreudig war. Die Auswahl in der Nische zwischen Straßenrad und Mountainbike reicht vom Alltagssportler bis zum Wettkampfboliden. 18 A D F C R ad w e lt 6 .1 5 Ausprobiert: C yclocrosser Links. Befestigungsmöglichkeiten für Schutzbleche und Seitenständer machen den Crosser fit für den Alltag. Rechts. Sram bietet auch eine CyclocrossGruppe mit einem Kettenblatt an. Q Cyclocross war lange eine Nische im Radsport in Deutschland. uerfeldein-Radfahren – oder Cyclocross – war in den 1970er- und 1980er-Jahren in Deutschland sehr populär. Klaus-Peter Thaler und Mike Kluge gehörten zur Weltspitze in dieser Disziplin. Dann kamen die Mountainbikes und etablierten sich als die besseren Geländefahrräder, die großen internationalen Erfolge im Cross blieben aus, und der klassische Wintersport der Rennradfahrer versank in Deutschland in der Nische, wo er ein unauffälliges, aber lebendiges Dasein führte. Ganz anders ist die Situation in den Niederlanden und Belgien, wo Querfeldeinrennen Volksfestcharakter haben und zehntausende Zuschauer an die Strecken und zu den Liveübertragungen vor die Fernseher locken. Mittlerweile erlebt die Sportart aber auch hierzulande wieder mehr Zuspruch. Einige Hersteller bringen zum ersten Mal Crosser-Modelle auf den Markt, andere berichten über starke Zuwächse in diesem Segment. Mehrere Querfeldein-Rennserien haben sich in unterschiedlichen Teilen Deutschlands etabliert und sind meist auch offen für Hobbyfahrer (Termine auf www.rad-net.de). Zeit, sich den Markt einmal genauer anzuschauen. Fotos: Fotolia/mcsdwarken, ADFC/René Filippek Alltagstauglich. Querfeldeinräder eignen sich mit einigen Umbauten hervorragend als Räder für Strecken im Alltag und bei schlechtem Wetter. Während es bei normalen Rennrädern kaum möglich ist, ordentliche Schutzbleche und breitere, profilierte Reifen zu montieren, ist am Crosser dank des größeren Durchlaufs an Rahmen und Gabel Platz genug dafür. Auch Dynamobeleuchtung lässt sich anbringen und so ein Alltagsoder Wintertrainingsrad mit sportlichen Fahreigenschaften zusammenstellen. Gerade bei Pendlern, die längere Arbeitswege zurücklegen, sind die robusten, aber schnellen Räder sehr beliebt. Dementsprechend sind viele Crosser-Modelle nicht nur auf den Einsatz im Gelände ausgelegt. Sie haben Gewinde und Ösen zur Schutzblech-Befestigung und zum Teil sogar für Seitenständer. Kompakttretlager mit der Kettenblattkombination 50/34 Zähne deuten ebenfalls darauf hin, dass der Hersteller den Einsatzbereich des Rades auch in flottem Tempo auf der Straße sieht. Ein Kettenblatt mit 50 Zähnen ist im Gelände praktisch nutzlos, weil die Geschwindigkeiten dort meist zu gering sind, um es zu nutzen. Erst auf der Straße bei höherem Tempo hat es seine Berechtigung. Das kleine Kettenblatt bietet mit der standardmäßig verwendeten Kassette mit 11 bis 28 Zähnen auch bergtaugliche Gänge, die Einsteiger nicht überfordern. Die Rahmengeometrien sind sehr unterschiedlich ausgeprägt. Vom komfortablen Langstreckenrenner bis zum verspielten Trail-Crosser ist eine breite Auswahl erhältlich. Renntauglich. Die reine Lehre des Querfeldeinrads kümmert sich weniger um Alltagsbedürfnisse: Hier zählt alles, was schnell macht. Dazu gehören ein leichter und steifer Rahmen mit abgeflachtem Oberrohr, um das Rad gut schultern zu können, leichte Laufräder für gute Beschleunigung und eine sportliche Sitzposition, die dennoch gute Kontrolle im Gelände erlaubt. Sportliche Cyclocrosser haben daher meist weniger Sattelüberhöhung als Straßenrennräder, um das Vorderrad zu entlasten. Es ist auch eine Überlegung wert, eine Rahmennummer kleiner als beim Straßenrennrad zu wählen – der kompakte Rahmen ist wendiger, die weniger gestreckte Sitzposition macht die Radbeherrschung einfacher. Ausprobieren sollte man aber, ob die Fußspitzen bei Lenkeinschlag nicht zu sehr mit dem Vorderrad ins Gehege kommen. Leichte Berührungen sind meist unproblematisch, aber zu deutliche Kollisionen können kritisch werden. Anlötteile für Schutzbleche und Zubehör – abgesehen von Flaschenhaltern – sind überflüssig, dafür müssen die Komponenten hochwertig und belastbar sein. Scheibenbremsen haben sich weitestgehend durchgesetzt, es gibt aber immer noch Modelle mit Felgenbremsen, die von Rennfahrern aus Gewichtsgründen oft bevorzugt werden. Die bessere, wetterunabhängige Bremsleistung und höhere Sicherheit sprechen jedoch eindeutig für Scheibenbremsen. Die hydraulischen Varianten erfreuen mit geringen Bedienkräften und guter Dosierbarkeit, doch auch die mechanischen Modelle A D F C R ad w e lt 6.15 19 Ausprobiert C yclocrosser Scheibenbremsen habe sich im Querfeldein-Bereich durchgesetzt. sind in Sachen Verzögerung den Felgenbremsen spürbar voraus. Typische Zweifach-Kurbeln für den sportlichen Einsatz sind in der Regel mit Kettenblättern mit 46 und 36 Zähnen bestückt, zudem kommen Kassetten mit 11 bis 28 Zähnen zum Einsatz. Die Übersetzung von 36 vorn/28 hinten ist für steile Rampen, besonders auf tiefen Böden, schon etwas stramm – wer nicht gerade dem Weltmeister nacheifern möchte, wechselt lieber zu einer Kassette mit bis zu 32 Zähnen oder auf ein Kettenblatt mit 34 Zähnen. Komponentenhersteller Sram ist für ausgefallene Ideen bekannt. Die bereits am Mountainbike etablierte Lösung, nur ein Kettenblatt und dafür ein Ritzelpaket mit großer Bandbreite zu nutzen, kommt auch am Cyclocrosser zum Einsatz. Ein Kettenblatt, zum Beispiel mit 42 Zähnen, wird mit einer Kassette mit elf bis 32 Zähnen kombiniert. Damit erreicht man eine Übersetzungsbandbreite, die im Gelände völlig ausreicht, spart dafür aber viel Gewicht ein: Umwerfer, zweites Kettenblatt und Schalthebel sind nicht notwendig. Nachteile sind die etwas größeren Gangsprünge und der begrenzte Einsatzbereich, denn allzu hohe Geschwindigkeiten sind damit nicht möglich. Die Komponentengruppe ist ein echter Spezialist für den Einsatz im Gelände. Ob das Herz nun für einen günstigen Einstiegscrosser schlägt oder für ein weltmeisterliches Rad wie das Stevens, mit dem der aktuelle Weltmeister Mathieu van der Poel sein Regenbogentrikot ergattert hat: Die Auswahl an Modellen ist groß wie selten, sodass jeder seinen passenden Partner für den Wintersport auf zwei Rädern finden sollte. René Filippek 20 A D F C R ad w e lt 6 .1 5 Carver Re v o l u t i o n 110 Co r r at ec C C r o s s 11 S M ec h a n i c a l D i s c Das günstige Carver lässt kaum spüren, dass es den Geldbeutel nur wenig belastet: Unter zehn Kilogramm Gewicht, komplette Shimano 105-Gruppe, Mavic-Systemlaufräder und mechanische Scheibenbremsen sind starke Trümpfe in der Preisklasse. Im Gelände wird der gute Eindruck bestätigt. Langes Ober- und Steuerrohr sorgen für eine sportliche, dennoch komfortable Sitzposition, der kurze Radstand macht das Rad kompakt, wendig und gut beherrschbar. Im Sand oder im tiefen Schlamm lässt das Rad aber etwas Spurtreue vermissen. Die mechanischen Scheibenbremsen funktionieren auch mit geringen Handkräften sehr gut, und die Schaltgruppe lässt keinen Unterschied im Schaltverhalten zu höherwertigen Gruppen spüren. Der Rahmen besitzt neben den Aufnahmen für Schutzbleche und Scheinwerfer auch eine Direktaufnahme für Seitenständer – der Umbau zum Alltagsrad fällt so sehr leicht. Dem steifen, aber auch unnachgiebigen Rahmen nimmt der Sattel etwas die Härte, für Sportler ist er aber schon zu weich gepolstert. Der Crosser aus Bayern kommt mit einem stabilen Alurahmen und hauseigenen Zzyzx-Anbauteilen. Als einziges Modell im Feld ist er mit Oberlenker-Bremshebeln ausgerüstet, was besonders Anfängern viel Sicherheit vermittelt, aber auch die Bedienkräfte der ansonsten gut funktionierenden mechanischen Scheibenbremse erhöht. Im Gelände überzeugt das Rad mit sportlicher, aber nicht unkomfortabler Sitzposition und jederzeit berechenbarem Fahrverhalten dank seiner Spurtreue. Das hohe Gewicht bremst aber spürbar den Vorwärtsdrang. Der Rahmen zeigt sich steif, bietet jedoch kaum Stoßdämpfung. Das übernimmt der Sattel, dessen sehr weiche Polsterung aber auch für ein etwas schwammiges Sitzgefühl sorgt. Die Aufnahmen für Schutzbleche und Scheinwerfer ermöglichen es, das Corratec problemlos für den Einsatz auf der Straße aufzurüsten. Dafür eignen sich ebenfalls die Conti-Reifen, die auf Asphalt leicht laufen, im Gelände trotzdem gut funktionieren und erst mit sehr tiefem Untergrund überfordert sind. Das Carver Revolution ist ein günstiger, aber sehr gut ausgestatteter Cyclocrosser. Er ist leicht alltagstauglich aufzurüsten, macht aber im Gelände so viel Spaß, dass man sich das gut überlegen sollte. Corratec bietet mit dem C Cross einen grundsoliden, auch für Einsteiger geeigneten Crosser. Die Stärken liegen im gemischten Gelände- und Straßeneinsatz. Die unverwüstliche Ausstattung drückt aber auf die Waage. Rahmen/Gabel: Aluminium/Carbon GröSSen (cm): 53, 55, 58, 61 Laufräder: Mavic Crossone 29, Reifen Schwalbe Racing Ralph Performance Schaltung: Schaltwerk/Umwerfer Shimano 105, 22 Gänge Bremsen: mech. Scheibenbremse Shimano BR-CX77 Schalt-/Bremshebel: Shimano 105 Tretlager/Kassette: Shimano 105 Compact, 50/34, Shimano 105, 11-28 Gewicht: 9,9 Kilogramm (55 cm) Preis: 1.099 Euro Info: www.carver.de Rahmen/Gabel: Aluminium/Carbon GröSSen (cm): 51, 54, 57, 59 Laufräder: Zzyzx CX Disc, Reifen Conti Speed Ride Schaltung: Schaltwerk/Umwerfer Shimano 105, 22 Gänge Bremsen: mech. Scheibenbremse TRP Spyre Schalt-/Bremshebel: Shimano 105, mit Zusatzbremshebeln Tretlager/Kassette: Shimano RS-500 Compact, 50/34, Shimano 105 11-fach, 11-32 Gewicht: 10,75 Kilogramm (57 cm) Preis: 1.499 Euro Info: www.corratec.com Fotos: Hersteller, ADFC/René Filippek Stevens Super Prestige F u j i A lta m i r a C X 1. 3 Die Bocholter haben einen neuen Cyclocross-Rahmen entwickelt, der die Basis für mehrere Modelle ist. Die ausprobierte Version erfreut mit hochwertiger Ausstattung inklusive sehr guter hydraulischer Scheibenbremsen, geringem Gewicht und den bei Crossern noch wenig verbreiteten Steckachsen, die mehr Steifigkeit bringen. Der in elegantem blau-schwarz gehaltene Rahmen bietet schöne Details wie die integrierte Sattelklemme und die geknickten Sitzstreben. Dazu wird Komfort großgeschrieben: Sitzstreben und Carbon-Sattelstütze sorgen für spürbaren Federungskomfort, der angenehm geformte Lenker schmeichelt den Händen und das kurze Oberrohr bringt eine komfortable Sitzposition. Im Gelände lädt das Rad zum Austoben ein, ohne dass sich Anfänger schnell überfordert fühlen. Für Schnell- und Rennfahrer fehlt es jedoch an Aggressivität. Aufnahmen für Schutzbleche und Scheinwerfer sind vorhanden. Über Roses Internetkonfigurator kann die Ausstattung nach persönlichem Geschmack zusammengestellt werden. Das Topmodell der Hamburger ist nach der wichtigsten europäischen CrossRennserie benannt und ein reines Sportgerät, in dem die jahrelange Erfahrung des Herstellers steckt. Auf dem Super Prestige fühlen sich ambitionierte Sportler und Rennfahrer wohl, weil es eine sportliche, dabei aber nicht zu gestreckte Sitzposition bietet. Es ist wendig auf verwinkelten Pfaden, aber spurtreu genug für tiefen Untergrund – ein Zufall ist es nicht, dass auf diesem Rad viele Titel gewonnen werden. Aber auch wer nicht ganz vorn mitfährt, freut sich über die jederzeit kontrollierbaren Fahreigenschaften. Die hydraulischen Scheibenbremsen funktionieren ebenso effektiv wie Shimanos Ultegra-Gruppe. Der steife Rahmen bringt auch kräftige Antritte verlustfrei auf die Strecke, die Carbon-Sattelstütze sorgt für ein Mindestmaß an Federungskomfort. Anstiege verlieren durch das geringe Gewicht einen Teil ihres Schreckens – mehr Cross geht kaum. Optional auch mit Cantileverbremsen und elektronischer Schaltung erhältlich. Seit 1899 baut der amerikanische Hersteller Fahrräder – an Tradition mangelt es also nicht. Das hindert die Entwickler nicht, konsequent auf moderne Entwicklungen zu setzen: Carbonrahmen, hydraulische Scheibenbremsen, Steckachse vorn und eine Schaltung mit Einfach-Kettenblatt von Sram. Belohnt wird das mit sehr geringem Gewicht und entsprechend agilem Fahrverhalten. Nicht nur optisch kennt das Rad keinerlei Zurückhaltung: Es will unbedingt schnell gefahren werden. Das lange Oberrohr bringt Fahrer in eine rennmäßige Haltung, die vor allem gut trainierten Fahrern entgegenkommt, für andere aber wohl zu gestreckt ist. Die Fahreigenschaften sind dafür ein gelungener Kompromiss aus Wendigkeit und Spurtreue und lassen sich in jeder Situation gut beherrschen. An die größeren Gangsprünge der sehr gut funktionierenden 11-fach-Schaltung gewöhnt man sich schnell, ebenso wie an die vorbildlich verzögernden Scheibenbremsen. Wer auf dem Altamira abgehängt wird, ist selbst schuld – am Rad liegt es sicher nicht. Rose bietet mit dem Team DX Cross-2000 einen eleganten Crosser mit hochwertigen Komponenten und angenehmen Fahreigenschaften, die Tourenfahrern entgegenkommen und sich auch im Alltagsverkehr bewähren. Das Super Prestige ist ein reinrassiges und ausgereiftes Sportgerät, auf dem sich nicht nur Weltmeister wohlfühlen. Die hohe Investition wird mit tollen Fahreigenschaften sowie hochwertiger und funktionaler Ausstattung belohnt. Das Fuji Altamira fühlt sich am wohlsten, wenn es schnell gefahren wird. Das Leichtgewicht bietet sehr gute Fahreigenschaften in jeder Situation und viel Gegenwert fürs Geld, ist für Gelegenheitsfahrer aber etwas zu sportlich. Rahmen/Gabel: Aluminium/Carbon GröSSen (cm): 49, 52, 54, 56, 58, 60, 62, 64 Laufräder: DT Swiss R24 Spline Disc, Reifen Schwalbe Racing Ralph Evo Schaltung: Schaltwerk/Umwerfer Shimano 105, 22 Gänge Bremsen: hydr. Scheibenbremse Shimano BR-RS505 Schalt-/Bremshebel: Shimano ST-RS505 Tretlager/Kassette: Shimano 105 Compact, 50/34, Shimano 105 Gewicht: 8,9 Kilogramm (58 cm) Preis: 1.899 Euro Info: www.rosebikes.de Rahmen/Gabel: Carbon GröSSen (cm): 50, 52, 54, 56, 58, 60 Laufräder: DT Swiss R24 Spline Disc, Reifen Challenge Grifo Open Schaltung: Schaltwerk/Umwerfer Shimano Ultegra, 22 Gänge Bremsen: hydr. Scheibenbremsen Shimano BR-R785 Schalt-/Bremshebel: Shimano ST-R785 Tretlager/Kassette: Shimano Ultegra Cyclocross, 46-36, Shimano Ultegra, 11-28 Gewicht: 8,6 Kilogramm (56 cm) Preis: 2.999 Euro Info: www.stevensbikes.de Rahmen/Gabel: Carbon GröSSen (cm): 49, 52, 54, 56, 58, 60 Laufräder: Oval 723CX disc Schaltung: Sram Force CX-1, 11 Gänge Bremsen: hydr. Scheibenbremse Sram Force CX-1 Schalt-/Bremshebel: Sram Force CX-1 Tretlager/Kassette: Sram Force CX-1, Sram PG-1170, 11-32 Gewicht: 8,1 Kilogramm (56 cm) Preis: 2.999 Euro Info: www.fujibikes.com A D F C R ad w e lt 6.15 D at e n Rose Te a m DX C r o s s -20 0 0 H y d r au l i c Faz i t Ausprobiert: C yclocrosser 21
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