Strassen-Initiative kostet Parkplätze

Basel.Stadt.Land.Region.
| Mittwoch, 16. September 2015 | Seite 11
Frage des Tages
Sind die Strassen-Initiative und der
Gegenvorschlag sinnvoll?
Das Ergebnis der Frage von gestern:
Soll der Staat Studenten bei
der Wohnungssuche helfen?
27% Ja
(260)
Mehr Platz für Velos, Fussgänger und ÖV
auf Kosten der autos. Halten Sie dieses
anliegen für sinnvoll? www.baz.ch
Strassen-Initiative kostet Parkplätze
Das Begehren des VCS kommt im November vors Volk
73% Nein
(705)
Waaghof-Chef
muss gehen
Wegen «unangebrachten
Verhaltens» freigestellt
Von Martin Regenass
Von Nina Jecker
Basel. Das mehrheitlich bürgerliche
Publikum im Restaurant Parterre
verwarf manchmal die Hände, wenn
Grossrätin Anita Lachenmeier (Grüne)
ihren Standpunkt zur Strassen-Initiative
kundtat. Bei den Voten des Basler
Gewerbeverbandsdirektors
Gabriel
Barell und FDP-Grossrat Christophe
Haller dagegen klatschten einige der
knapp 30 Anwesenden im Saal bisweilen Beifall. Zwischen den politischen
Polen sass Simon Kettner. Der Leiter der
Mobilitätsstrategie beim Amt für Mobilität erklärte an diesem FDP-KleinbaselPodium die Rahmenbedingungen der
Strassen-Initiative des Verkehrs-Clubs
Schweiz (VCS).
Sie zielt darauf ab, den Fussgängern und Velofahrern mehr Platz zu
verschaffen und den öffentlichen Verkehr an Ampeln noch stärker zu priorisieren. Geschehen soll dies auf Kosten
des Raums, den Autos beanspruchen,
und durch verkürzte Grünphasen an
Ampeln.
Die Strassenflächen sollen so umverteilt werden, dass flächendeckend
durchgängige Trottoirs und Velospuren
entlang aller Hauptstrassen entstehen.
Ist dies nicht möglich, soll das Tempo
auf den Hauptstrassen von 50 Stundenkilometern auf 30 gedrosselt werden.
Umsetzen müsste der Kanton die
VCS-Strassen-Initiative in fünf Jahren.
Die Basler Regierung schätzt die Kosten
auf 145 Millionen Franken. Das sei zu
teuer und der Zeitplan zu sportlich.
Daher erarbeitete das rot-grün dominierte Gremium einen Gegenvorschlag,
den die grossrätliche Umwelt-, Verkehrs- und Energiekommission noch
etwas abänderte, und welcher der
Grosse Rat für gut befand. Der Gegenvorschlag will ähnliche Ziele wie die
Initiative innert sieben Jahren und mit
nur fünf Millionen Franken erreichen.
Basel. Dass sich ein Mitarbeiter oder
Betroffene Strasse. in der gärtnerstrasse könnten Dutzende Parkplätze (rechts und hinten links) wegfallen.
Mit einfachen Mitteln – praktisch mit
Pinsel und Farbe – sollen Velowege markiert werden. Laut Kettner sei die
ursprüngliche VCS-Initiative nicht einfach umzusetzen, teuer und würde viele
Baustellen bringen in den nächsten Jahren. Und sie verschweige völlig, so Kettner, die Auswirkungen auf den Autoverkehr. «Sie werden erheblich sein.» Die
Regierung und der Grosse Rat favorisieren den Gegenvorschlag.
Velospuren nicht flächendeckend
Der Gegenvorschlag sei eher machbar, da dieser nicht flächendeckend sei,
sondern die Velospuren nur auf Hauptstrassen vorsehe, die im kantonalen
Velorichtplan bereits vermerkt seien.
Für die Fussgänger gelte die Erstellung
von durchgehenden Passagen allerdings generell auf allen Hauptstrassen.
Welche Strassen wie genau bei der
Initiative oder dem Gegenvorschlag
abgeändert werden müssten, konnte
Kettner im Detail nicht beantworten.
Klar sei aber, dass beispielsweise bei der
Gärtnerstrasse in Richtung Kleinhüningen auf beiden Seiten die Parkplätze
aufgehoben werden müssten, um darauf Velostreifen zu ziehen. Eine externe
Studie, so Kettner, gehe davon aus, dass
durch die Annahme des Gegenvorschlags insgesamt 650 bis 1200 Parkplätze abgebaut werden müssten. «Das
entspricht einem Prozent der Parkplätze in Basel.»
Foto Florian Bärtschiger
Lachenmeier wäre froh darüber und
sieht darin eine sinnvolle Umnutzung
des Platzes zuhanden der Velofahrer.
«Wir brauchen ein dichteres Velonetz,
sodass Velofahrende sicherer werden.
Wir verhindern das Autofahren damit
nicht», sagte Lachenmeier, die auch CoPräsidentin des VCS beider Basel ist.
Für Haller, Präsident des TCS Sektion beider Basel, kommt dieser Parkplatzabbau gar nicht infrage. «Die Stadt
hat bereits in den letzten zehn Jahren
viele Parkplätze abgebaut. Wir dürfen
nicht vergessen, dass Pendler zum
Arbeiten in die Stadt kommen, die zu
unserem Wohlstand beitragen.»
Zur Abstimmung gelangen Initiative
und Gegenvorschlag Mitte November.
«Die Vorlagen sind für die Wirtschaft gefährlich»
Der Direktor des Gewerbeverbands Basel-Stadt, Gabriel Barell, zu Strassen-Initiative und Gegenvorschlag
Von Martin Regenass
BaZ: Herr Barell, der Strassen-Initiative
des VCS stellen der Grosse Rat und die
Regierung
einen
Gegenvorschlag
gegenüber. Welche Auswirkungen hätte
die Annahme des einen oder anderen für
das Gewerbe?
Gabriel Barell: Die
Folgen für das Gewerbe wären bei
beiden sehr gravierend. Quasi mit einer Holzhammermethode würden
Kapazitäten
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Hauptstrassen un-
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nötigerweise abgebaut und Parkplätze
in wirtschaftlich wichtigen Zonen
abgeschafft. Das wäre für das Gewerbe
schädlich, weil Handwerker, Lieferanten und Kunden nicht mehr richtig
in die Stadt zufahren und parkieren
könnten. Es gäbe mehr Staus auf den
Hauptverkehrsachsen und das würde
zu einer starken Zunahme von Suchund Ausweichverkehr führen.
Das Bau- und Verkehrsdepartement
spricht von 650 bis 1200 Parkplätzen,
die bei einer Annahme wegfallen würden. Dies entspreche einem Prozent.
Weshalb soll das nicht verkraftbar sein?
Wir fragen uns, wie das Bau- und Verkehrsdepartement auf die Zahl von
einem Prozent kommt. Wir haben jahrelang Zahlen zu den Parkplätzen im
öffentlichen Raum gefordert. Immer
hiess es, dass diese nicht verfügbar
seien. Nun, wenn es ihnen nützt, wissen die Verantwortlichen offenbar
doch plötzlich, wie viele Parkplätze
vorhanden sind und abgebaut werden. Wichtiger als die Anzahl ist der
Standort der aufgehobenen Parkplätze. Viele würden davon an Hauptachsen und in zentralen Quartieren
wie dem Wettsteinquartier wegfallen
und nicht irgendwo in der Peripherie.
In einzelnen Quartieren kann die Prozentzahl der wegfallenden Parkplätze
leicht zweistellig werden.
Die Befürworter wollen mit der Initiative
den Veloverkehr in der Stadt fördern und
erhoffen sich weniger Unfälle. Als Vorbild dient dabei die Velostadt Kopenhagen. Weshalb soll in Basel nicht möglich
sein, was in Dänemark funktioniert?
Wir haben in Basel bereits am meisten Velowege pro Strassenkilometer,
die tiefste Unfallrate bei Velofahrern
und am wenigsten Autos pro Einwohner. Zudem haben wir am meisten
Zonen mit Tempo 20 und 30. Wir
sind die zweitfreundlichste Velostadt
in der Schweiz und somit auf einem
sehr hohen Niveau. Wenn man das
nun noch toppen will zulasten der
Kapazität auf den Hauptstrassen und
der Parkplätze, dann ist das nicht nur
für die Wirtschaft sehr gefährlich,
sondern auch für die Velofahrenden.
Basel mit Kopenhagen zu vergleichen, ist einfach falsch, weil Kopenhagen nicht die Kleinräumigkeit hat
wie Basel. Dort hat es mehr Platz für
Velostreifen. Eine Möglichkeit wäre
der Bau eines Velorings, wie ihn Pro
Velo vorschlägt. Wir verstehen nicht,
weshalb nun die Velofahrer auf die
Hauptverkehrsachsen
gezwungen
werden sollen. Das bringt mehr Unsicherheit für alle.
«Wir haben in Basel
bereits am meisten
Velowege pro
Strassenkilometer.»
Die Initianten sagen, dass sich durch
Tempo 30 auf Hauptstrassen der Autoverkehr verflüssige, man Lichtsignale
abbauen könnte und schneller vorwärtskäme. Weshalb sind Sie hier anderer
Meinung?
Tempo 30 würde die Leistungsfähigkeit auf Hauptzufahrtsstrassen stark
herabsetzen, weil man signifikant
langsamer unterwegs ist. Die heutigen Motoren sind auf Tempo 50 optimiert. Zudem soll nun bei Tempo 30
plötzlich ein flüssigerer Verkehr möglich sein? Eine Verflüssigung wäre
auch bei Tempo 50 möglich, wenn
das Bau- und Verkehrsdepartement
denn wollte. Auch verstösst Tempo 30
auf Hauptverkehrsachsen gegen Bundesrecht. Es wäre zudem ein Widerspruch zur jetzigen Strategie, die
durch leistungsfähige Hauptver-
kehrsachsen die Quartiere entlasten
will. Nehmen wir die Initiative oder
den Gegenvorschlag an, passiert
genau das Gegenteil. Die Autofahrer
weichen in die Quartiere aus und produzieren in den Wohngebieten mehr
Lärm und Abgase. Das wäre dann
auch kontraproduktiv für die Sicherheit der Fussgänger und Velofahrer.
Die Strassen-Initiative wird von den
Befürwortern auch als Mittel gesehen,
die schleppend verlaufende StädteInitiative endlich umzusetzen, die zehn
Prozent weniger Autos fordert. Ist das
realistisch?
Nein. Die Reduktion jetzt mit der
Holzhammermethode durchdrücken
zu wollen, hätte schwere Nebenwirkungen. Mit der Städte-Initiative und
dem Gegenvorschlag hat man der
Stimmbevölkerung etwas versprochen, das nicht umsetzbar ist. Bei der
Reduktionsvorgabe von zehn Prozent
hat man das gesellschaftliche und
wirtschaftliche Wachstum der Stadt
nicht berücksichtigt. Leben und
arbeiten in Basel mehr Leute, wächst
auch das Mobilitätsbedürfnis. Realistischerweise hätte man dieses Wachstum bei der Reduktion berücksichtigen müssen.
auch einmal ein Vorgesetzter an einer
Betriebsfeier ein wenig danebenbenimmt, kommt in vielen Unternehmen vor. Im Fall des bisherigen Leiters
des Untersuchungsgefängnisses Waaghof in Basel, Jörg Degen, scheint aber
vor Kurzem etwas Schlimmeres vorgefallen zu sein. Sein Verhalten an einem
Mitarbeiteranlass der Waaghof-Belegschaft hat jetzt zur sofortigen Freistellung von allen seinen Aufgaben geführt.
Wie die Newsplattform Onlinereports
berichtet, musste Degen gestern seinen
Platz räumen.
Was sich der 60-Jährige an dem
fraglichen Abend genau zuschulden
kommen liess, liegt derzeit aber noch
im Dunkeln. Martin Schütz, Sprecher
des Justiz- und Sicherheitsdepartements (JSD), liess gestern nur so viel
verlauten: «Das Justiz- und Sicherheitsdepartement hat festgestellt, dass sich
der bisherige Leiter des Untersuchungsgefängnisses Basel-Stadt an einem Mitarbeiteranlass in einer Art und Weise
verhalten hat, die mit seiner Leitungsfunktion keinesfalls zu vereinbaren ist.»
Genauere Angaben zu den erhobenen
Vorwürfen sind nicht kommuniziert
worden.
Angebliche Belästigungen
Informationen der BaZ weisen darauf hin, dass dem Gefängnisleiter von
Angestellten sexuelle Belästigung vorgeworfen werden könnte. Offenbar kam
es in der Vergangenheit mehrfach zu
Klagen von Mitarbeiterinnen wegen
entsprechender Vorfälle. Einzelne
Frauen sollen deswegen sogar ihre
Stelle im Waaghof gekündigt haben.
JSD-Sprecher Schütz wollte sich
gestern zu diesen Hinweisen nicht äussern. Unklar blieb
auch, ob dem
Departement eventuelle vorgängige
Verfehlungen des
Gefängnisleiters bekannt gewesen sind
und ob es allenfalls
sogar schon einmal
eine Verwarnung
gegeben hat. «Aus
Jörg Degen.
Gründen des Persönlichkeitsschutzes können wir keine
weiteren Angaben machen», sagte
Martin Schütz auf Nachfrage. Jörg
Degens Verhalten scheint jedoch nicht
strafrechtlich relevant zu sein. Die
Staatsanwaltschaft ermittelt nicht in
dieser Sache.
Fest steht, dass Degen, der 2004 die
Leitung des Waaghofs von seinem Vorgänger Kurt Freiermuth übernommen
hat, seit gestern nicht mehr in dieser
Funktion tätig ist. Als interimistischer
Leiter wurde sein Stellvertreter Hiskia
Moser eingesetzt.
anzEigE
LISTE
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Auch jetzt ist unklar, welche Folgen die
Annahme der Strassen-Initiative oder
des Gegenvorschlags genau haben
würde. Wird der Stimmbürger hinters
Licht geführt?
Die Vorlagen sind wie die Katze im
Sack. Das Amt für Mobilität legt
irgendwelche Studien vor, bei denen
aber nicht klar ist, wo genau Parkplätze gestrichen und Velowege gezogen werden. Die konkrete Umsetzung
ist völlig unklar. Deshalb dürfen wir
nicht noch einmal denselben Fehler
machen wie bei der Städte-Initiative
und uns auf solche hochriskanten
Experimente einlassen.
Daniel Stolz
wieder in den Nationalrat
Bilaterale ja - deshalb 2x auf Ihre Liste!
Freiheit, Gemeinsinn und Fortschritt –
aus Liebe zu Basel