Was unternimmt die Stadt zur optimalen Vermarktung von

Interpellation SP-Fraktion betreffend öffentliches Beschaffungswesen der Stadt
Burgdorf
Eingereicht am 2. Februar 2015
Fragen
Wie handhabt die Stadt Vergabungen, bei denen sie nicht direkt oder alleinige Auftraggeberin ist, wie beispielsweise bei der Sanierung der Markthalle?
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Wendet die Stadt Art. 2 Abs. 1 lit. des Gesetzes über das öffentliche Beschaffungswesen (ÖBG) in Fällen wie der Markthalle-Sanierung an?
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Falls Art. 2 Abs. 1 lit. d ÖBG nicht zwingend zur Anwendung gelangt, teilt die Stadt dem
Auftraggeber trotzdem ihre Erwartung mit, dass die ausführenden Firmen die Kriterien
gemäss Art. 24 der Verordnung über das öffentliche Beschaffungswesen (ÖBV) berücksichtigen?
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Wo überall holt die Stadt ihre Informationen und die Nachweise gemäss Art. 20 ÖBV
über die in Frage kommenden Zuschlagsempfänger ein?
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Nach welchen Eignungs- und Zuschlagskritierien vergibt die Stadt ihre Aufträge? Wie
laufen die Prozesse für die Vergabe der Aufträge ab?
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Wie überprüft die Stadt, dass die Zuschlagsempfänger die Vergabekriterien während der
Ausführung des Auftrags erfüllen?
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Wenn ein Generalunternehmer beauftragt wird: Wie kontrolliert die Stadt, ob die Subund Subsubunternehmen die Kriterien gemäss Art. 24 ÖBV erfüllen? Werden die Subund Subsubunternehmen auch bei Aufträgen geprüft, bei denen die Stadt gemäss
Art. 2 Abs. 1 lit. d ÖBG nicht direkt bzw. nicht alleinige Auftraggeberin ist?
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Falls ein Unternehmen in Betracht kommt, das keinem Gesamtarbeitsvertrag unterstellt
ist, wie prüft die Stadt, dass die orts- und branchenüblichen Arbeitsbedingungen eingehalten werden?
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Wendet die Stadt das Prinzip der Gleichbehandlung der Anbietenden an? Auch bei Aufträgen, die sie nicht direkt vergibt?
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Kürzlich ist ans Licht gekommen, dass Mobi-Toil aus Kirchberg anscheinend zahlreiche
Rechtsradikale beschäftigt (siehe „Der Bund“ vom 10. Januar 2015). Nimmt die Stadt auf
solche Begebenheiten Rücksicht und vergibt keine Aufträge an solche Firmen?
Begründung
Die Stadt Burgdorf hat ein grosses Interesse, dass ihre Vergabepraxis den gesetzlichen Vorschriften und einem hohen ethischen Standard entspricht.
Die Stadt vergibt jedoch nicht nur direkt Aufträge, sondern auch indirekt, ist sie ja Mehrheitsaktionärin bei Unternehmen wie der Markthalle, der Localnet, dem Casino oder der Schulhaus Burgdorf AG. Aber auch wenn die Stadt Aufträge nur indirekt und/oder nicht allein vergibt, hat sie ein Interesse an einer sauberen Vergabepraxis und daran, dass „Ordnung im
Stall“ herrscht.
Stellungnahme des Gemeinderats
Die Fragen können folgendermassen beantwortet werden:
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Wendet die Stadt Art. 2 Abs. 1 lit. des Gesetzes über das öffentliche Beschaffungswesen (ÖBG) in Fällen wie der Markthalle-Sanierung an?
Bei Betrieben, an welchen die Stadt beteiligt ist, die aber rechtlich eigenständige Körperschaften sind, entscheiden die zuständigen Organe der Körperschaften über die Vergabe. Werden die Kosten eines Vorhabens jedoch zu mindestens 50% mit öffentlichen
Geldern finanziert, unterliegt auch die Körperschaft dem ÖBG. Verantwortlich bleibt aber
weiterhin die Körperschaft.
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Falls Art. 2 Abs. 1 lit. d ÖBG nicht zwingend zur Anwendung gelangt, teilt die Stadt dem
Auftraggeber trotzdem ihre Erwartung mit, dass die ausführenden Firmen die Kriterien
gemäss Art. 24 der Verordnung über das öffentliche Beschaffungswesen (ÖBV) berücksichtigen?
Der Gemeinderat geht davon aus, dass die zuständigen Organe sich ihrer Aufgaben und
den gesetzlichen Vorgaben bewusst sind. Er hat bisher auf weitergehende Vorgaben.
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Wo überall holt die Stadt ihre Informationen und die Nachweise gemäss Art. 20 ÖBV
über die in Frage kommenden Zuschlagsempfänger ein?
Zum Beispiel beim Sozialamt, Konkursamt, Betreibungsamt, Steueramt, Versicherungen, Baumeisterverband, usw. Die einzelnen Zertifikate werden von den jeweiligen Ämtern dem Unternehmer auf dessen Anfrage zugestellt. Der Nachweis ist somit „beglaubigt“. Die Zertifikate dürfen nicht älter als ein Jahr sein.
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Nach welchen Eignungs- und Zuschlagskriterien vergibt die Stadt ihre Aufträge? Wie
laufen die Prozesse für die Vergabe der Aufträge ab?
Eignungs- und Zuschlagskriterien sind projektabhängig. Für Hoch- oder Tiefbauprojekte
kommen u. a. folgende Kriterien zur Anwendung:
Eignungskriterien:
 Firmenbezogene Referenzobjekte (in der Regel 3)
 Referenzobjekte der Schlüsselpersonen (in der Regel 3)
 Erfahrungswerte von eigenen, ausgeführten Bauobjekten mit den offerierenden Unternehmungen
Zuschlagskriterien:
 Preis
 Fachkompetenz
 Organisation der Firma
 Bauprogramm
 Interpretation der Aufgabenstellung (techn. Bericht)
 Ausbildung von Lernenden
Die eingegangenen Offerten werden vom beauftragten Bauingenieur rechnerisch und
inhaltlich geprüft. Das Ergebnis wird in Tabellenform mit der entsprechenden Rangierung dargestellt. Der nach dem Total aller gewichteten Eignungs- und Zuschlagskriterien
Erstrangierte erhält den Auftrag. Die Vergabe erfolgt gemäss Delegationsreglement der
Stadt Burgdorf.
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Wie überprüft die Stadt, dass die Zuschlagsempfänger die Vergabekriterien während der
Ausführung des Auftrags erfüllen?
Die Überprüfung geschieht einerseits durch den stadtinternen Projektleiter (Oberbauleitung) und andererseits durch das beauftragte Ingenieurbüro (Bauleitung). Bei speziellen
Projekten wie beispielsweise der Beschaffung eines neuen Kehrichtfahrzeugs werden,
bevor die einzelnen Fahrzeugteile zusammengefügt werden, Teilabnahmen durchgeführt.
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Wenn ein Generalunternehmer beauftragt wird: Wie kontrolliert die Stadt, ob die Subund Subsubunternehmen die Kriterien gemäss Art. 24 ÖBV erfüllen? Werden die Subund Subsubunternehmen auch bei Aufträgen geprüft, bei denen die Stadt gemäss
Art. 2 Abs. 1 lit. d ÖBG nicht direkt bzw. nicht alleinige Auftraggeberin ist?
Bei Beauftragung einer Generalunternehmung GU ist diese bei der Wahl der Subunternehmer frei. Eine Prüfung der Einhaltung der vertraglichen Kriterien erfolgt nur im Falle
von entsprechenden Hinweisen oder von Klagen. Eine laufende Kontrolle ist aufgrund
der personellen Kapazitäten nicht möglich.
Bei gemeinsamen Aufträgen beispielsweise mit der Localnet AG werden die Kriterien,
Bedingungen, Auflagen, Vergabe und Kontrolle gemeinsam festgelegt.
Im Übrigen wird auf die Beantwortung der ersten beiden Fragen verwiesen.
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Falls ein Unternehmen in Betracht kommt, das keinem Gesamtarbeitsvertrag unterstellt
ist, wie prüft die Stadt, dass die orts- und branchenüblichen Arbeitsbedingungen eingehalten werden?
Unternehmen, welche nicht dem branchenzugehörigen Gesamtarbeitsvertrag unterstehen, erhalten bei der Baudirektion in der Regel keinen Zuschlag. In jedem Fall müssen
bei der Ausschreibung der Arbeiten alle von der Bauherrschaft gewünschten und geforderten Auflagen und Bedingungen ausformuliert werden. Bei Firmen, welche nicht dem
GAV unterstehen, können die orts- und branchenüblichen Arbeitsbedingungen allenfalls
im Rahmen des Werkvertragsabschlusses festgehalten werden. Zwingend wird in allen
Verträgen die Generalklausel Arbeitsschutz mit folgendem Wortlaut integriert:
„Der Unternehmer / Vertragspartner verpflichtet sich zur Einhaltung der in Bundesgesetzen,
Verordnungen des Bundesrates, allgemein verbindlich erklärten Gesamtarbeitsverträgen und
Normalarbeitsverträgen vorgeschriebenen minimalen Arbeitsbedingungen wie Arbeits- und
Ruhezeiten; Mindestdauer der Ferien; Arbeitssicherheit und Gesundheitsschutz am Arbeitsplatz; Schutz von Schwangeren, Wöchnerinnen, Kindern und Jugendlichen und Nichtdiskriminierung, namentlich Gleichbehandlung von Frau und Mann.
Sind an einem Arbeitsplatz Arbeitnehmer mehrerer Betriebe tätig, so haben deren Arbeitgeber
die zur Wahrung der Arbeitssicherheit erforderlichen Absprachen zu treffen und die notwendigen Massnahmen anzuordnen. Sie haben sich gegenseitig und ihre jeweiligen Arbeitnehmer
über die Gefahren und die Massnahmen zu deren Behebung zu informieren.“
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Wendet die Stadt das Prinzip der Gleichbehandlung der Anbietenden an? Auch bei Aufträgen, die sie nicht direkt vergibt?
Bei städtischen Bauvorhaben, welche im Rahmen von freihändigen oder Einladungsverfahren vergeben werden und unter der Voraussetzung, dass mehrere Firmen die gleiche
Arbeit ausführen können, handelt die Baudirektion nach dem Prinzip der Gleichbehandlung.
Bei freihändigen Verfahren werden Aufträgen unter Fr. 50‘000.- in der Regel direkt vergeben. In erster Linie kommen Unternehmen aus der Stadt oder Region Burgdorf zum
Zug. Dabei gelten folgende Kriterien:
 Bei mehreren gleichwertigen Anbietern wird darauf geachtet, dass die einzelnen Unternehmen abwechselnd berücksichtigt werden.
 Bei Sanierungsarbeiten an bestehenden Bauten und Anlagen wird berücksichtigt, ob
eine Unternehmung die Baute resp. Anlage bereits kennt.
 Es wird berücksichtigt, ob eine Unternehmung bereits ähnliche Arbeiten ausgeführt
hat.
 Mitentscheidend ist, welche Erfahrungen mit den Unternehmungen bei früheren Aufträgen bezüglich der Qualität der Zusammenarbeit und der ausgeführten Arbeiten
gemacht wurden.
Bei Aufträgen über Fr. 50‘000.- werden in der Regel drei Offerten eingeholt. Sind zu wenig oder keine Anbieter in der Stadt und Region Burgdorf zu finden, werden auch auswärtige Unternehmen in die Submission mit einbezogen. Auswärtige Unternehmen werden auch stichprobeweise beigezogen, um zu überprüfen, ob die Angebote marktkonform sind. Bei der Auswahl der Unternehmen, die zur Submission eingeladen werden,
gelten die gleichen Kriterien wie für Vergaben unter Fr. 50‘000.-. Bei vorliegen der Offerten gilt dann in erster Linie der Preis. Liegen die Anbieter nahe beieinander, werden Unternehmen aus Burgdorf oder der Region bevorzugt.
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Kürzlich ist ans Licht gekommen, dass Mobi-Toil aus Kirchberg anscheinend zahlreiche
Rechtsradikale beschäftigt (siehe „Der Bund“ vom 10. Januar 2015). Nimmt die Stadt auf
solche Begebenheiten Rücksicht und vergibt keine Aufträge an solche Firmen?
Verfügen wir über gefestigte Hinweise, dass sich eine von uns beauftragte Firma nicht
an die Generalklausel hält, wird sie bei weiteren Auftragsvergaben nicht mehr berücksichtigt. Im übrigen muss darauf hingewiesen werden, dass politische Ansichten von Beschäftigten weder bekannt gemacht werden können, noch ein Vergabekriterium darstellen dürfen.