Psychoanalyse + Film - Lehrinstitut für Psychoanalyse und

Blue Jasmine
Woody Allen, USA 2013, 98‘ dt.F.
mit Cate Blanchett, Alec Baldwin, Louis C.K.
Die mittellos gewordene ehemalige High-Society-Lady Jasmine reist
von New York nach San Francisco, um bei ihrer Schwester ein neues
Leben zu beginnen. Sie hat einen beispiellosen Absturz hinter sich,
versucht in deren bescheidenen Verhältnissen Halt zu finden, scheitert
jedoch immer wieder, weil sie ihre Realität nicht anerkennen kann
und in einer davon abgespaltenen doppelten Wirklichkeit die Illusion
ihrer einstigen Grandiosität inszeniert, womit sie ihr materielles und
mehr noch ihr seelisches Elend zu überspielen sucht.
In Rückblenden, Selbstgesprächen, Tagträumen und dem Fortgang
des Geschehens erfährt man nach und nach, wie ihre Lebensgeschichte und ihre darin sich entfaltende psychische Störung zu
diesem Drama geführt hat, und wie sich dies immer weiter zuspitzt.
Durch ihre Kunst der Verführung und ihre (Selbst)Täuschung wird
der Zuschauer immer wieder mit verschiedenen „Realitäten“ konfrontiert und verwirrt, bis er allmählich eine Ahnung von den realen
Geschehnissen bekommt.
Woody Allen hat mit diesem Film ein grandioses Alterswerk geschaffen, dessen Erfolg auch den Leistungen einer grandiosen Cate
Blanchet und weiterer großartiger Schauspielern zu verdanken ist.
Anschließend Referat und Diskussion mit Prof. Dr. Karl Oeter
Dabei soll statt der üblichen Rezeption (s. z.B. https://de.wikipedia.
org/wiki/Blue_Jasmine) eine psychoanalytische Interpretation versucht werden. Ein Schwerpunkt wird dabei in der Beschäftigung mit
Jasmines Psychopathologie (einer schweren Hysterie) liegen und zeigen, wie die damit verbundenen Abwehrformationen Schwierigkeiten
zur Folge haben, in der realen Welt mit deren Herausforderungen zu
bestehen. Des Weiteren wird uns interessieren, wie ihre Mit-Akteure
damit zurechtkommen: wie viele sich verwirren, betrügen, beschämen
und beschädigen lassen, und wem es auf die eine oder andere Weise
gelingt, sich aus diesem verhängnisvollen Sog zu befreien.
Mo. 1. Februar 2016|19.30 Uhr
Das Piano
The piano
Jane Campion, Australien/Frankreich 1992, 120’ dt.F.
mit Holly Hunter, Harvey Keitel, Sam Neill, Anna Paquin
Neuseeland Mitte des 19. Jahrhunderts: Eine stumme Europäerin trifft
mit ihrer Tochter bei ihrem unbekannten zukünftigen Ehemann ein,
im Gepäck das geliebte Klavier, das bald zum Symbol der zunächst
einseitig begehrlichen, später von ihr erwiderten Leidenschaft eines
Mannes in ihrer Nachbarschaft wird. In grandiosen (Sinn-)Bildern
erzählte Parabel über die Selbstbefreiung und - findung einer Frau
durch eine verbotene Liebesbeziehung. Vor allem die hervorragenden
Schauspieler verleihen der Beschreibung des Prozesses Intensität,
Dichte und Intimität ... moviedata.de
Ada, Objekt in einer arrangierten Ehe mit einem ihr
unbekannten Mann, landet
wie Strandgut am Ende
der ihr bekannten Welt
(Neuseeland). Stumm und
scheinbar ausgeschlossen
braucht und gebraucht sie
Objekte zur Kommunikation. Ihr Piano verleiht
ihrem seelischen Erleben
musikalischen Ausdruck.
Ihre Tochter, narzisstisches
Selbstobjekt, steht für ihre
externalisierte Stimme.
Diese Dreiecksbeziehung
wird durch das Hinzukommen und das unterschiedliche Verhalten der beiden
männlichen Protagonisten
bedroht und aufgebrochen.
Campionis Filmablauf erlaubt dem Publikum aus verschiedenen Blickwinkeln die Entwicklung und die damit einhergehenden Veränderungen
der Gefühls- und Beziehungswelt der Protagonistin mitzuverfolgen. Im
anschließenden Referat wird den vielfältigen Entwicklungen in einigen
Punkten nachgegangen.
Anschließend Referat und Diskussion mit
Dipl.-Med. Birgit Kayser
Mo. 7. März 2016|19.30 Uhr
„Die Menschen haben das Kino geschaffen, um sich in einem
von Konsequenzen befreiten Rahmen ein Bild von diesem
schwer fassbaren Unternehmen namens Leben zu machen.“
Dirk Blothmer 2003
Kinofilme faszinieren uns. Wir reagieren mit unserer Innenwelt
auf sie, und finden uns auf verschiedenste Art darin wieder.
Unsere Ängste, Wünsche und Träume werden aus der sicheren
Distanz des Theatersessels betrachtbar.
Die Psychoanalyse als eine Verstehensmethode kann uns einen Zugang dazu geben und uns in einen Austausch mit dem
Gegenüber bringen.
Die Veranstaltungsreihe „Psychoanalyse und Film“ im Kino im
Künstlerhaus stellt ausgewählte Filme meist bekannter Regisseure vor, die sowohl von psychoanalytisch tätigen Kollegen
als auch von anderen Berufsgruppen eingeführt werden. Nach
der Vorstellung und einem kurzen Referat wollen wir Sie so zu
einem gemeinsamen Dialog einladen. Dipl.-Med. Birgit Kayser
Psychoanalyse
+ Film
Eintritt: 7,50 Euro / 5,50 Euro
Oktober 2015 März 2016
Kommunales Kino Hannover
Sophienstr. 2 • 30159 Hannover
Kartenreservierung: 0511/168-45522 oder
[email protected]
www.koki-hannover.de
in Zusammenarbeit mit
Lehrinstitut für Psychoanalyse und Psychotherapie e.V.
Hannover (DPG)
Geibelstr. 104 • 30173 Hannover
Tel.: 0511-804790 / Fax: 0511-80 47 46
[email protected]
Psychoanalyse-hannover.de
Timbuktu
Abderrahmane Sissako, Frankreich/ Mauretanien 2014, 97‘
dt.U. (Tamascheq/Arabisch/Französisch/Englisch)
mit Ibrahim Ahmed dit Pino, Toulou Kiki, Abel Jafri
Die sogenannten Gotteskrieger, die im Namen Gottes die schlimmsten
Gräueltaten verüben, gehören zum europäischen Fernsehalltag, bleiben
aber (noch) weit weg. In Abderrahmane Sissakos Tragödie brechen sie
in den Alltag ganz normaler Menschen ein, brüllen per Megaphon eine
ihrer neuen Regeln: „Musik ist verboten“. Die bewaffneten Dschihadisten
sorgen erst für Lacher mit ihren abstrusen Ordnungsvorstellungen, bis
auch das Lachen unter Strafe steht. Wie ein grauer Schleier legt sich
ihre Präsenz auf die Stadt Timbuktu. Das Leben auf den Straßen erstickt
in Angst. Noch spürt der Tuareg Kidane, der friedlich mit seiner Frau
und Tochter sowie einem zwölfjährigen Hirtenjungen in der Wüste lebt,
wenig vom Terror. Bis eines Tages ein Fischer seine Lieblingskuh tötet
und er den Täter bei einer Rangelei (...) erschießt. Die neuen Herrscher
kennen keine Gnade. kino.de
Der große Crash – Margin Call
Zauber der Venus|Meeting Venus
Ex Machina
Das selbstbewusste Kinodebüt von J.C. Chandor spielt nahezu ausschließlich in klimatisierten Büros, unter Männern in gedeckten Anzügen. Mit
kühler Präzision wird hier von der Immobilien- und Bankenkrise erzählt,
die in der Pleite der Lehman Brothers kulminierte und immer noch
fortwirkt. Chandors Inszenierung macht das Finanzmilieu für den Laien
durchschaubar, ohne seine Strukturen zu simplifizieren. „Margin Call“
zeigt, dass Moral und Vernunft nur von außen in die Ökonomie kommen
können: Der Markt wird es nicht richten. Ein Film über den Umgang mit
dem Mammon Geld und der Macht. kunstinfo.net
Es geht um eine Aufführung von Wagners Tannhäuser an der Pariser
Oper, die überdies in 27 Länder live übertragen werden soll. Der
ungarische Dirigent Zoltán Szantó hat alle Hände voll zu tun mit den
Widernissen eines Theateralltags bis hin zum Streik der Technik. Zusätzlich kompliziert wird es für ihn, als seine neue Geliebte, die auch die
Hauptdarstellerin der Oper ist, Forderungen an ihn stellt und von ihm
verlangt, eine Entscheidung zwischen Ehefrau und Geliebter zu treffen.
Damit ist der Inhalt von Wagners Tannhäuser an der Filmgeschichte
gespiegelt. Hier wie dort geht es um einen Mann zwischen zwei gegensätzlichen Frauen, der femme fatale Venus und der femme fragile
Elisabeth – die alten Gegenpole Hure und Heilige. Wagner transzendiert
den Konflikt ins Kunstphilosophische und umgibt den privat-männlichen
Konflikt Tannhäusers mit einem gesellschaftspolitisch relevanten
Sängerwettstreit, dessen Thema die Liebe ist. In der Oper artet die
als Diskussion über Kunst und Leben begonnene Gesangsdarbietung
rasch zu einem Meinungskampf auf Leben und Tod aus – wer nicht
gesellschaftskonform denkt, wird mit der Waffe bedroht.
Als Programmierer Caleb in der Firmen-Lotterie einen Besuch beim
mysteriösen Chef seines Online-Unternehmens gewinnt, denkt er, er
bekommt ein paar Tage Auszeit. Doch Chef Nathan, der zurückgezogenen in einer riesigen, modernen Villa mitten in den Bergen wohnt,
hat andere Pläne mit Caleb. Dieser soll einen von Nathan entwickelten
und mit künstlicher Intelligenz ausgestatteten Roboter darauf testen,
ob dieser auch über ein Bewusstsein verfügt. Bald beginnt nicht nur
zwischen den Männern ein psychisches Duell. kino.de
J. C. Chandor, USA 2011, 109‘ dt.F.
mit Kevin Spacey, Paul Bettany, Jeremy Irons, Zachary Quinto
István Szabó, GB/F/Ungarn 1991, 119‘ dt.F.
mit Niels Arestrup, Glenn Close, Moscu Alcalay
Täglich erreichen uns durch eine Vielzahl von Medien Schreckensnachrichten über das brutale Vorgehen der Dschihadisten in anderen Ländern,
wie bspw. auch in dem afrikanischen Land Mali.
Der Regisseur Abderrahmane Sissako hat in seinem Film Timbuktu mit
künstlerischen Mitteln diese Formen von roher Gewalt kontrastiert mit
der Kraft des Widerstands. Wir wollen darüber nachdenken, welche Wege
die Aggression einschlagen kann, warum sie entarten kann aber auch
welche konstruktiven Formen (bspw. als Widerstand) sie annehmen kann.
Daneben beschäftigt uns die Frage, wie diese Nachrichten aus der Ferne,
aus der Fremde, auf uns wirken und wie wir damit umgehen (können).
In starken filmischen Bildern erzählt der Film auch vom Lebenswillen
und dem Wissen um Tod, Natur und die Gesetze des Überlebens. Der
Untergang nomadischer Kultur und das Schwinden natürlicher Ressourcen bilden eine zweite Spannungsebene dieses Films. Wie schauen wir
auf die Geschichte, die sich in einer „fremden Welt“ abzuspielen scheint,
jedoch nicht zuletzt durch GPS und Mobilphone zu orten ist?
„Der Film zeigt die letzten 24 Stunden jener Bank, die 2008 die weltweite
Finanzkrise auslöste, und die Reaktion der dort arbeitenden Personen, die
dafür verantwortlich waren. Der noch unerfahrene Analyst Peter Sullivan
(Zachary Quinto) erkennt, dass sich in die Kalkulation der Bank, in der
er arbeitet, ein Fehler eingeschlichen hat, dessen nicht mehr steuerbare
Auswirkungen das Unternehmen in den Ruin führen werden. Es dauert
einige Zeit, bis die führenden Köpfe des Unternehmens (Kevin Spacey,
Jeremy Irons, Demi Moore) diese Wahrheit akzeptieren und daraufhin
eine Strategie entwickeln, die für den weltweiten Finanzmarkt verheerende Folgen haben wird.
In der psychoanalytischen Interpretation des Films wird untersucht,
inwieweit diese Erzählung eines scheinbar vergangenen historischen
Ereignisses eine ganz aktuelle innere Wirklichkeit widerspiegelt, in der
die Ungewissheit, die Untergangserwartungen und das Gefühl des Ausgeliefertseins des modernen Menschen ihren Ausdruck finden.“
Anschließend Referat und Diskussion mit Dipl.-Psych. Gertrud
Corman-Bergau und Dipl.-Psych. Uta Scheferling
Anschließend Referat und Diskussion mit
Prof. Dr. Christa Rohde-Dachser
Anschließend Referat und Diskussion mit
Dipl.-Psych. Christa Marahrens-Schürg und
Musikwissenschaftlerin Dr. phil. Sabine Sonntag
Mo. 5. Oktober 2015|19.30 Uhr
Mo. 2. November 2015|19.30 Uhr
Mo. 7. Dezember 2015|19.30 Uhr
Der ungarische Regisseur István Szabó vermischt in seinem Film gekonnt die Ebenen: Die Filmstory und die Tannhäuser-Geschichte werden
aufeinander bezogen. Das Wie und Warum zu verstehen, dazu können
psychoanalytische Konzepte der Übertragung, der Identifikation beitragen. Auf den Filmfestspielen von Venedig 1991 wurde Meeting Venus,
so der Originaltitel, für den goldenen Löwen nominiert. Im Lexikon des
internationalen Films ist „Zauber der Venus“ „ein virtuos komponierter
filmischer Reigen um die Themenkreise Kunst und Politik, aber auch um
die geistige und sinnliche Verwirklichung der menschlichen Existenz.“
In einer Zeit, wo Übertragungen von Opernaufführungen in Kinos den
örtlichen Opernkompanien Konkurrenz machen, stellt Szabós Film auch
erneut die Frage nach dem Live-Erlebnis Theater.
Alex Garland, USA/Großbritannien 2014, 108‘ dt.F.
mit Domhnall Gleeson, Oscar Isaacm, Alicia Vikander
Der Film konfrontiert uns auf eine packende Weise mit den Phantasien
und Fragen, die sich an der technischen Entwicklung von künstlicher
Intelligenz entfalten.
Wie funktioniert unser Denken? Wie bildet sich Bewußtsein und
Gefühl? Wie können wir Wahrheit von Lüge unterscheiden?
Diese Fragen berühren die großen Rätsel um Selbstbewußtsein,
Identität und zwischenmenschliche Beziehungen.
Sie sind aus psychoanalytischer Perspektive untrennbar mit einem
antwortenden und spiegelnden Gegenüber verknüpft.
In dem Vortrag soll gezeigt werden, wie der Film u.a. durch die
Darstellung vieler Spiegelszenen mit diesem Thema spielt und uns
dabei auch in Bereiche des Unheimlichen hineinzieht.
Anschließend Referat und Diskussion mit
Dr. phil. Georg Baumann (Diplompsychologe)
Mo. 11. Januar 2016|19.30 Uhr