Die Geldwerkstatt informiert: Irrtümer rund um Zins und Inflation

Die Geldwerkstatt informiert: Irrtümer rund um Zins und Inflation
Irrtum Nr. 1: Zinsen werden von der Inflation aufgefressen
Die kommt erst ins Spiel, wenn ich das Geld abhebe, um damit auf dem
Gütermarkt etwas zu kaufen. Erst dann stellt sich die Frage, was sind die 20
Manchmal muss etwas nur oft genug gesagt werden und schon wird es zur
Millionen wert? Was kann ich davon kaufen?
allgemein akzeptieren Wahrheit, die man nicht mehr in Frage stellt. Eine
dieser angeblichen Wahrheiten ist die Aussage, dass sich ein Sparbuch oder
Man muss hier muss - ganz im Sinne der sog. klassischen Dichotomie - sauber
ein Tagesgeld nicht lohnen würde, da die ohnehin mickrigen Zinsen von der
zwischen der monetären und der realwirtschaftlichen Seite unterscheiden!
Inflation aufgefressen werden würden. Unter Berücksichtigung der Inflation
Die exponentielle Vermehrung von Geld durch Zins und Zinseszins findet
würde man mit diesen Geldanlagen sein Geld nicht vermehren, sondern Geld
zunächst einmal rein monetär statt. Welche Kaufkraft dann diese Geldsumme
verlieren. Eine Aussage, die wohl jeder schon irgendwann einmal gelesen
in der Realwirtschaft besitzt, ist ein komplett anderes Thema und z.B. auch
oder gehört hat. Nur ist sie so einfach nicht korrekt, denn es existiert kein
davon abhängig, was konkret gekauft werden soll. Zudem, hebe ich das Geld
direkter Zusammenhang zwischen Zins und Inflation. Schauen wir uns das
nicht ab, sondern lasse es weiter angelegt, dann wächst das Vermögen bis ins
Ganze mal genauer an.
Unendliche!
i)n
Ich denke dies belegt hinreichend, dass kein direkter Zusammenhang
Bsp.: 1.000 EUR für 5 Jahre angelegt zu einem Zinssatz von 5% p.a.
zwischen Zins und Inflation existiert. Die Zinsen werden nicht von der
Die
Zinsformel:
Endkapital
Kn
=
Anfangskapital
Ko
x
(1
5
+
5
ergibt nach 5 Jahren ein Kapital von: 1.000 x (1 + 0,05) = 1.000 x (1,05) =
Inflation aufgefressen, sondern die Kaufkraft des Geldes. Es ist aber nützlich
1.000 x 1,2728 = 1.272, 80 EUR. Wo ist hier die Inflation? An welcher Stelle
diese Fehlinformation zu verbreiten und als Argument gegen bestimmte
könnte
keine
Geldanlagen zu nutzen. Wenn deswegen nämlich viele ihr Geld nun anders
Berücksichtigungsmöglichkeit für Inflation. Würde man in die Zinsformel den
anlegen, kommt das der Bank sehr gelegen. Denn, wo kommt das Geld für die
sog. Realzins, also Nominalzins minus Inflationsrate einsetzen, dann würde
Zinsen denn her? Wer bezahlt das? Die Bank? Das würde über kurz oder lang
sich der Zinseszinseffekt schlicht und ergreifend in Luft auflösen, da dieser
zur Pleite der Bank führen. Es ist ein simples Rechenspiel. Je nachdem
Realzins mal positiv, mal negativ oder gar gleich Null sein könnte. Tatsache
welcher Anlagebetrag, welcher Zins, welche Laufzeit, man landet letztlich
ist aber, lege ich z.B. 1.000,- EUR für 500 Jahre lang zu 2% Zins p.a. an, dann
bei einer Summe, die jede Bilanzsumme einer real existierenden Bank
werden daraus rund 20 MILLIONEN EURO! Bis hier hin gibt es keine Inflation!
übersteigen würde. Sprich: Keine Bank wäre in der Lage diese Summe zu
man
Sie
berücksichtigen?
Nirgends!
Es
gibt
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verwalten und die anfallenden Zinsen zu bedienen. Tatsächlich finanzieren
heißt, der Kunde erhält eine jährliche Zinszahlung, diese wird aber nicht auf
die Schuldner der Bank, diejenigen also, die einen Kredit aufgenommen die
das investierte Kapital aufgeschlagen und wiederum mitverzinst. Trotz eines
Zinsen auf der Habenseite. Wenn sich nun aber auf der einen Seite Vermögen
höheren Zinses steht sich der Kunde de facto also langfristig schlechter.
durch den Zinseszinseffekt exponentiell vermehrt, dann müssen sich auf der
anderen Seite die Schulden ebenfalls exponentiell vermehren. Problem:
Am liebsten ist es der Bank allerdings, wenn die Kunden nun Ihr Geld an der
Niemand kann sich unbegrenzt verschulden. Das wäre aber zwingend
Börse investieren. In Aktien und insbesondere Investmentfonds. Hier wird die
erforderlich. Folglich ist es einer Bank sehr Recht, wenn möglichst viele
Geschichte erst so richtig lukrativ für die Bank. Schließlich landen die
Kunden Ihr Geld nicht in Zinseszinsprodukten wie z.B. einem Tagesgeld
Kundengelder meist bei einer konzerneigenen Fondsgesellschaft, was der
anlegen, sondern stattdessen in andere, vermeintlich bessere Geldanlagen
Bank durch den Ausgabeaufschlag schon ordentlich die Taschen füllt.
investieren, die keinen Zinseszins aufweisen.
Gleichzeitig fungiert sie bzw. eine befreundete Bank als Depotbank, was
neben weiteren Einnahmen auch noch ganz andere Möglichkeiten und
Bei echten Zinseszinsprodukten wie z.B. einem Tagesgeld oder einem
Optionen bietet.
Sparbuch kann einem die Bank kein Geld wegnehmen oder es reduzieren.
Verluste sind hier nur durch eine Bankpleite oder eine Währungsreform
Um es vielleicht ein wenig überspitzt auszudrücken: Wenn man andere
möglich. Die Bank kann allenfalls durch niedrige Zinsen dafür sorgen, dass
Unternehmen übernehmen will bzw. zumindest erhebliche Beteiligungen
der Zinseszinseffekt möglichst lange braucht, seine – für die Bank fatale -
halten möchte, diese Beteiligungen aber nicht offen legen möchte und
Wirkung zu entfalten. Niedrige Zinsen in Verbindung mit dem fragwürdigen
darüber hinaus für die Beutezüge auch kein eigenes Geld in die Hand nehmen
Inflationsargument bieten der Bank hervorragende „Argumente“ den Kunden
möchte, dann könnte die Tatsache, dass man möglichst viele Kundengelder
andere Anlagen schmackhaft zu machen. Investieren diese daraufhin z.B. in
einsammelt und über die konzerneigene Fondsgesellschaft entsprechend
Staats- oder Unternehmensanleihen ist nicht mehr die Bank, sondern der
investiert eine überaus nützliche Vorgehensweise sein. Dies würde zum
Staat bzw. das jeweilige Unternehmen für die Zinszahlung verantwortlich.
Beispiel erklären, warum im Grunde fast jede Fondsgesellschaft für Bereiche
Darüber hinaus kassiert die Bank dafür auch noch Gebühren und Provisionen.
wie z.B. Deutschland, Europa, Welt etc. mehrere, angeblich unterschiedliche
Der Zinseszinseffekt ist dann auf jeden Fall erst einmal futsch, denn bei
Fonds aufgelegt hat, die aber meist in dieselben Unternehmen investiert
diesen Produkten handelt es sich nur noch um sog. Stückzinsmodelle. Das
haben.
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Irrtum Nr. 2: Investieren Sie Ihr Geld in inflationsgeschützte Sachwerte
Irrtum Nr. 3: Der Zins als Ausgleich für geleisteten Konsumverzicht
Grundsätzlich ja durchaus eine richtige Idee, nur sollte die Begründung dafür
Der Mensch hat Bedürfnisse. Um diese befriedigen zu können, benötigt er
auch inhaltlich korrekt sein. Inflation heißt Entwertung des vorhandenen
i.d.R. Geld. Dieses muss insofern also hinreichend vorhanden sein, um
Geldes durch Drucken von zusätzlichem Geld. Nennen wir das Geld jetzt mal
zumindest die existenziellen Bedürfnisse befriedigen zu können. Daraus folgt
nicht Geld, sondern Währungseinheit. Wenn ich den Wert eines Gegenstandes
– und darauf hat John Maynard Keynes zu Recht hingewiesen, nur Geld,
in einer Währungseinheit ausdrücke und diese Währungseinheit unterliegt der
welches übrig ist nachdem man seine Bedürfnisse befriedigt hat, kann
Inflation, dann unterliegt selbstverständlich auch der Wert des Gegenstandes
überhaupt gespart werden. Menschen mit geringem Einkommen können in
ausgedrückt in dieser Währungseinheit der Inflation. Alles andere wäre
der Regel kein Geld sparen, sondern sind froh, wenn Sie überhaupt über die
„Welcome to Absurdistan!“
Runden kommen. Von daher muss man die Aussage, der Zins sei ein Ausgleich
für getätigten Konsumverzicht als Ammenmärchen bezeichnen. Ebenso die
Bei der Investition in Sachwerte (Immobilien, Grund und Boden, Edelmetalle,
Aussage: Der Zins sei ein Ausgleich für die Inflation. Wie bereits dargelegt,
Rohstoffe) geht es nicht so sehr um den monetären Wert einer Sache (Preis!),
existiert kein direkter Zusammenhang zwischen Zins und Inflation. Zudem, in
sondern vielmehr um die Sache an sich (Nutzen bzw. Wert!). Ein Haus ist ein
einem vernünftig aufgebauten Geld- und Finanzsystem würde dieser
Haus. Durch Inflation verändert sich dieses Haus nicht. Es wird nicht größer
Kaufkraftverlust gar nicht erst entstehen.
oder kleiner, sondern es bleibt wie es ist. Ebenso bleibt ein Hektar Land ein
Hektar Land und ein Kilogramm Gold ein Kilogramm Gold. Der Preis dieser
Meines Erachtens sollen hier vermeintlich plausible Gründe angeführt
Sachwerte kann sich durch Inflation ändern, der originäre Wert aber nicht.
werden, um eine Rechtfertigung für aus Zins und Zinseszins resultierende,
leistungslose Einkommen zu liefern. Und um das an dieser Stelle auch noch
Immobilien, Grund und Boden, Gold und Silber etc. sind keine Geldanlagen
einmal ausdrücklich zu betonen: Gemeint ist hier nicht, der „Normalbürger“,
im engeren Sinne, sondern vielmehr eine Versicherung für vorhandenes
der ein bisschen Geld auf der hohen Kante hat, sondern der im wahrsten
Papiergeld. Wenn ich befürchte, dass das vorhandene Papier-Geld wertlos
Sinne des Wortes „arbeitslose“ Reiche, der leistungslos sein Einkommen im
wird, dann kann es sinnvoll sein, dieses Papiergeld (zumindest Teile davon)
Wesentlichen
nur
noch
in die genannten Sachwerte umzutauschen.
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aus
Zins
und
Zinseszinszahlungen
bezieht.