Tautropfen der Götter – eine Reise zu den Ursprüngen der Perlen Aus einem Vortrag von Stephan Lindner Gönnen Sie sich einen „imaginären Südseeurlaub“ und tauchen Sie mit uns ein in das Reich der Perlen, Zuchtperlen aus Japan, aus der Südsee und Tahiti, aus Australien und China. Ein wahrhafter Zauber ist es, der von diesen Kleinodien der Meere ausgeht und die Mythen des Orients und der Griechen sind voll göttlicher Vergleiche, um dem Zauber der Perle gerecht zu werden. Bei den Persern sind sie Tautropfen oder auch Tränen aus dem Reich der Götter, die in den Tiefen des Meeres von den Austern zu Perlen verwandelt werden. Als Kinder der Lichtes, so der persische Name der Perlen, kommen sie dann als göttliches Geschenk zu den Menschen. Die Griechen verehrten Sie als Gabe Aphrodites. Denn, so erzählt die Legende, als die Göttin bei ihrer Geburt einer Muschel entstieg, lösten sich Kaskaden von Wassertropfen, die sich im gleißenden Licht zu tausenden von Perlen verwandelten. Und noch heute wie vor tausend Jahren ist es ihr Charme, ihre natürliche Schönheit und Ästhetik und ihre diskrete Noblesse und Bescheidenheit, mit der die Perle besticht. Ihr Ursprung geht 10.000 Jahre vor den Beginn unserer Zeitrechnung zurück. In ägyptischen Höhlenmalereien wurden erste Zeichnungen mit Kriegern entdeckt, die weiße Kugeln als Schmuck trugen. Im konfuzianischen Geschichtswerk Shu Ching findet sich der wohl älteste literarische Hinweis auf die Perlen. Hier wird zitiert: „Im Jahre 2206 v. Chr. erhielt König Yu als Tributgeschenk Perlen aus dem Fluß Hwai und von der Provinz King Kau (Che – Kiang) Ketten aus Perlen, die nicht ganz rund waren.“ Das Abendland lernte sie erstmals durch Alexander den Großen (356-323 v. Chr.) kennen. Auch ihm wurde auf seinen Feldzügen Tribut in Form von Perlen gezollt. In Anlehnung an den persischen Namen „Kinder des Lichtes“ miwareed, nannten die Griechen sie margaritae, woraus im lateinischen margarita wurde. Geliebte Personen nannten die Römer margarita. Die Vorliebe der Römer, und vor allem der Römerinnen, für die Perle entwickelte sich zu einem derartigen Wahn, dass in der 500-jährigen Blütezeit des römischen Reiches insgesamt mehr Perlen gehandelt und gehortet wurden als in jeder anderen Periode der Weltgeschichte. Seite 1 von 7, Perlenvortrag © SL Den gewaltigsten Perlenschatz aber häufte Königin Elisabeth I. von England (1533 - 1603) an. Sie gilt als die größte Perlenliebhaberin aller Zeiten. „ Eine blasse, römische Nase..... ein gewaltiger Kragen und ein ganzer Strauß von Perlen, das sind die charakteristischen Merkmale, an denen jeder augenblicklich die Portraits von Königin Elisabeth erkennt.“ Die Königin trug immer mindestens sieben Perlenketten, besaß 3000 perlenbestickte Kleider und mindestens 80 perlenbesetzte Perücken. Einen bemerkenswerten Beweis für die Perlenverbundenheit des englischen Königshauses gab „Queen Mum“ anlässlich einer ihrer letzten Geburtstagsfeierlichkeiten ab. Bei keiner Berichterstattung war sie ohne Perlenkette zu sehen. Meist waren sie sogar zwei oder dreireihig. Sowohl in England wie auch auf dem europäischen Festland begann sich die Lust auf Perlen unter den wohlhabenden Bürgern auszubreiten. Um der inflationären Nachfrage nach Perlen, und dem damit verbundenen Abfluß des Goldes Einhalt zu gebieten, wurden in England, Frankreich und Deutschland nach antikem Vorbild Perlengesetze erlassen, die den Besitz und das Tragen von Perlen regeln sollten. Doch ohne Erfolg. Erst die Wirren des dreißigjährigen Krieges und der damit verbundene wirtschaftliche Niedergang beendeten abrupt das europäische Perlenzeitalter. Diese schier unglaubliche Nachfrage nach Perlen über die Jahrhunderte, aber auch die beschwerliche Art der Ernte der Perlen aus den Muscheln auf dem Meeresgrund veranlasste die Menschen schon vor Jahrhunderten nach Wegen zu suchen, diese Juwelen künstlich herzustellen. Die alten Griechen zertrümmerten Glimmer und klebten Kügelchen zusammen. Aus dem 3. Jahrhundert liegt eine Beschreibung für die Nachahmung von Perlen aus Glimmer und Wachs vor. Doch alle Nachahmungen waren ohne Schwierigkeiten von den echten Perlen zu unterscheiden. Der deutsche Zoologe Alverdes war es schließlich, der 1913 das Geheimnis der Entstehung der Perle lüftete. Mit seinen Erkenntnissen konnten in Japan kommerzielle Verfahren zur Züchtung von Perlen entwickelt werden. Tatsuhei Mise, Tokichi Nishikawa und Kokichi Mikimoto entwickelten unabhängig von einander Verfahren zur Zucht von Perlen. Mise und Nishikawa gelang schließlich der Durchbruch mit der Herstellung völlig runder Perlen. Mikimoto übernahm und perfektionierte dieses Verfahren, das bis heute fast unverändert Anwendung findet, und stellte seine „Perlen“ 1921 auf der Seite 2 von 7, Perlenvortrag © SL Weltausstellung in Paris einem staunenden und schockierten Fachpublikum vor. Die bis dahin belächelte Japanperle war zu einer ernsten Bedrohung für die „echte“ Perle geworden. Genauso rund wie diese Perle, kostete sie doch nur ein Viertel des Preises. Gerichte und Wissenschaftler wurden bemüht, um genaue Unterscheidungskriterien herauszuarbeiten, doch eine exakte Entscheidung konnte niemand treffen. So verpflichtete sich Mikimoto schließlich seine Perlen für alle Zukunft als Zuchtperlen zu bezeichnen. Die Bezeichnung Perle bleibt allein der Naturperle vorbehalten. Sie kann auch den Namen Orientperle oder echte Perle tragen. Diese Unterscheidung hat bis heute ihre Gültigkeit nicht verloren. Für die Zucht einer Perle wird auf natürlich gefischte oder getauchte Austern zurückgegriffen oder die Austern werden wie bei der Akoya – Auster eigens für diesen Zweck gezüchtet. Die Operation der Auster erfolgt wenn sie zwei bis drei Jahre alt ist, das Alter der Geschlechtsreife. Die Austern, die in ihren Körben in warmem Wasser herangewachsen sind, werden zur Operationsvorbereitung mit ihren Körben in tieferes, kühles Wasser abgesenkt. Dies versetzt sie in eine Art Dä mmerschlaf. An die Oberfläche heraufgeholt öffnen sie kurz ihre Schalenhälften. Mit einem kleinen Holzkeil werden diese dann behutsam auseinandergehalten. Die eigentliche Operation dauert nun nur einige Sekunden. Nur ein winziger Schnitt ist erforderlich um den vorbereiteten Kern mit einem Stückchen Mantelgewebe in die Keimdrüse der Auster einzusetzen. Sofort gelangen die Austern, von dem Hölzchen befreit, wieder in kühles, ruhiges Wasser um sich zu erholen. Anschließend kommen Sie in ihren Körben oder Panels, wie sie auch genannt werden, in die weiter außen liegenden Bereiche der Perlfarmen an die sogenannten Longlines. Diese kann man sich wie Wäscheleinen vorstellen, die zwischen zwei Bojen schweben, welche auf dem Grund verankert sind. Diese Panels müssen regelmäßig gereinigt und überprüft werden. Algen und Ungeziefer setzen den Austern zu und müssen entfernt werden. Nach einer durchschnittlichen Reifezeit von ein bis zwei Jahren, in Ausnahmefällen bis zu drei, werden die Perlen geerntet. Nur ein Anteil von 20 % der eingesetzten Kerne reift zu brauchbaren Perlen heran und nur 2-3 % sind es, die hervorragende Perlen ergeben. Angesichts dieses enormen Aufwandes verwundert es direkt, dass Zuchtperlen immer noch zu so interessanten Preisen auf den Markt kommen. Seite 3 von 7, Perlenvortrag © SL Nun beginnt die lange Reise der Perle von der „Wiege“ zum bezaubernden Perlcollier. Nachdem sie geerntet ist wird sie gereinigt und nach Farbe, Größe, Form, Lüster und Oberflächenbeschaffenheit sortiert. Zum Teil verfügen die großen japanischen Händler über eigene Perlfarmen, andere erwerben ihre Perlen auf Auktionen direkt von den Farmern die selbst nicht weiter verarbeiten. Die vorbereiteten Perlen werden jetzt behutsam gebohrt und zu Colliers zusammen gestellt und aufgefädelt. In großen Bündeln liegen sie jetzt in den unterschiedlichen Qualitäten und Preislagen bereit und warten auf Ihren Käufer. Unsere Aufgabe als Einkäufer besteht nun in Kobe darin, bei den uns seit Jahrzehnten verbundenen Händlern und Züchtern, aus diesem gewaltigen Angebot in oft tagelanger Kleinarbeit die für unseren Markt und unsere Kunden vorteilhaftesten Schnüre herauszusuchen. Um dem Prädikat „Japanische Zuchtperle“ gerecht zu werden, gelangen diese ausgewählten Perlen nun zur Perlinspektion in Kobe. Diese Institution wacht akribisch darüber, dass nur Perlen, die die hohen Qualitätskriterien der Inspektion erfüllen, als „Japanische Zuchtperlen“ exportiert werden. Daraufhin gelangen die Zuchtperlen direkt zu uns, wo wir uns bemühen, Ihnen liebe Kundinnen und Kunden, immer ein außergewöhnliches und attraktives Zuchtperlangebot zu präsentieren. Die Natur und die Züchter warten mit einer bezaubernden Palette unterschiedlichster Juwelen der Meere auf: 1. Die „Akoya-Zuchtperle“. Sie ist die bekannteste und älteste Zuchtperle, die sich auf dem Markt befindet. Sie ist es, mit der Mikimoto der Durchbruch gelang. Sie wächst in der Pinctada martensii heran. Während ihres Lebens produziert Sie eine einzige Perle und erreicht Handtellergröße. Die Perlen erreichen eine Größe von 2 mm bis zu 10 mm. Ihre natürlichen Farben reichen von strahlend weiß über verschiedene Rose- und Goldtöne bis hin zu silbergrauen Farbschattierungen. Gezüchtet werden sie in geschützten Buchten an der Pazifikküste im Osten und Süden Japans. Versuche Akoyaperlen an der Küste Chinas in der japanischen See zu züchten waren bislang nicht sehr erfolgreich. Die geernteten Perlen haben nicht im Entferntesten die Qualität der japanischen Akoyaperle erreicht. Ihr folgen weitere nicht weniger interessante Molluscen, von denen wir hier nur die wichtigsten aufzählen: Seite 4 von 7, Perlenvortrag © SL 2. Lassen Sie uns beginnen mit der Mississippi-Pigtoe-Muschel. Sie ist, obwohl unscheinbar eine der wichtigsten Muscheln für die Akoya Zuchtperlproduktion. Aus ihrer Schale werden die Kerne gerieben, die der Akoya - Auster eingesetzt werden. Diese Kerne sind je nach Größe der fertigen Perle zwischen 0,5 mm und 3 mm kleiner als das Endprodukt. 3. Es folgt die Hyriopsis schlegeli, die Süßwassermuschel mit einem Durchmesser von bis zu 25 cm. Sie kann bis zu 30 Perlen mit und ohne Kern produzieren, die bei uns als Süßwasserzuchtperlen bekannt sind. Kultiviert werden diese Muscheln vor allem in China und zum geringen Teil noch Japan. Süßwasserzuchtperlen erreichen heute einen Durchmesser von bis zu 12 mm, sind nicht ganz rund und haben die Farbe Orange – braun bis Creme. In der Regel werden sie gebleicht um eine verkäufliche Farbe zu erzielen. 4. Die Pteria penguin, ist die Mutterauster der Mabe Perle. Sie erreicht eine Größe von ca. 20-25 cm. Bei der Mabeperle wird ein halbkugeliger Perlmuttkern innen an die Schale der Auster geklebt. Die Auster überzieht diesen mit Perlmutt. Bei der Ernte wird diese Halbkugel aus der Schale herausgeschnitten, versäubert und an der Schnittstelle mit einem Perlmuttdeckel versehen. 5. Pinctada margaritifera was übersetzt aus dem lateinischen „die Perlenträgerin“ bedeutet, ist die Auster der Tahiti Zuchtperle. Sie wird auch black lip oyster genannt wegen ihrer schwarz pigmentierten Muschelschale, die auch ausschlaggebend ist für die dunkle Farbe der Tahiti Zuchtperle. Vorkommen dieser Auster sind, wie der Name schon sagt, die Gewässer um Tahiti. Diese Perlen haben im Durchschnitt einen Durchmesser von 12 mm, können vollkommen rund werden und leuchten in den natürlichen Farben von hellgrau, über Graphittöne, grün, violett, bläulich und aubergine bis schwarz. 6. Den Höhepunkt unserer Austern soll die Pinctada maxima bilden. Sie ist die große silber- und goldlippige Auster der Südsee- und Austral - Zuchtperle. Sie erreicht einen Durchmesser von bis zu 30 cm und wächst in der Südsee in Indonesien und an der Nordküste Australiens. Die Perlen, die sie hervorbringt, sind sehr selten. Sie sind weiß, silberweiß und gelegentlich goldfarben und von außergewöhnlicher Größe – ihr Durchmesser kann über 20 mm betragen. Wenn es auch nur sehr wenige gibt, so stellt ihr Wert Seite 5 von 7, Perlenvortrag © SL doch 20 % aller in der Welt produzierten Perlen dar. 7. Auch aus bayerischen Flüssen – vor allem aus dem Bayerischen Wald – sind Perlenfunde überliefert. Durch Raubbau und Umweltverschmutzung galten diese natürlichen Schätze fast schon für immer verloren. Die vielseitigen Bemühungen um eine nachhaltige Verbesserung der Wasserqualität zeigen jedoch erste erfreuliche Erfolge. Man hofft die Muscheln wieder dauerhaft ansiedeln zu können. Vielleicht wird man dann in unseren Landen wieder einmal natürlich entstandene Perlen finden können. Um sich nun in diesem vielfältigen Angebot unterschiedlichster Perlen besser zurechtzufinden, greift man auf fünf Kriterien zurück, die maßgeblich sind für die Qualitätsbeurteilung einer Zuchtperle: 1. Das Lüster: Es bezeichnet das Strahlen und Leuchten, das aus dem Inneren einer Perle zu kommen scheint. In Perlen mit intensivem Lüster kann man sich direkt spiegeln. In der Regel haben Perlen mit sehr gutem Lüster auch eine dickere Perlmuttschicht als Perlen mit schwachem Lüster. 2. Die Oberfläche, je reiner und makelloser sie ist, je weniger Einschlüsse und natürliche Erhebungen die Oberfläche zeigt, umso wertvoller ist die Perle. 3. Die Form ist das nächste Kriterium. Hochwertige Perlen müssen vollkommen rund sein. Wenngleich barocke Perlen auch ihren Reiz haben, so liegen doch die ebenmäßig runden Perlen wesentlich höher im Kurs. 4. Die Farbe ist ein weiterer Faktor für die Qualität. Genießt die leuchtend weiße Perle weltweit auch das größte Ansehen, so haben leicht cremfarbene Perlen in den südlichen Ländern Europas oder auch in Lateinamerika sehr viele Liebhaber. Hier sollte man die Farbe immer individuell auf den Teint der Trägerin abstimmen. 5. Die Größe ist schließlich das fünfte Kriterium bei der Beurteilung des Wertes einer Perle. Je größer eine Perle ist, umso höher ist ihr Wert. Das hängt auch mit der Lebensfähigkeit der Auster zusammen. Je größer eine Perle werden soll, umso höher ist das Risiko, dass die Auster abstirbt. Seite 6 von 7, Perlenvortrag © SL Auf Grund unserer guten Kontakte zu unseren Züchtern und Perlhändlern, können wir Ihnen immer einige außergewöhnliche Perlen und Colliers anbieten. Sie zeichnen sich aus durch extravagantes Design und bestechende Farbvariationen. Wir freuen uns, wenn wir Sie mit dem Zauber der Perle etwas infizieren konnten und Ihnen das Geheimnis ihrer Entstehung näher bringen durfte. Lassen Sie uns dieses „Südseeerlebnis“ schließen mit der kleinen Geschichte des Regentropfens: „... als der erste Tropfen des Regens aus den Wolken herabfiel in den unermeßlichen blauen Ozean, war er so winzig, dass er von den Wellen überrollt wurde, und klagend rief: „Wie unscheinbar und klein bin ich doch in diesem weiten Raum.“ Doch die wogende See antwortete: „Deine Bescheidenheit ehrt dich kleiner Wassertropfen. Du sollst dafür belohnt werden. Ich werde Dich in einen Tropfen des Lichts verwandeln – du wirst das reinste aller Juwelen sein, die Königin unter allen, und du wirst Macht haben über die Frauen.“ Und so war die Perle geboren... Seite 7 von 7, Perlenvortrag © SL
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