Botschaft des Bundesrates zur Unternehmenssteuerreform III Bulletin 11. Juni 2015 Unternehmenssteuerreform III Botschaft des Bundesrates Der Bundesrat hat am 5. Juni die Botschaft zum "Bundesgesetz über steuerliche Massnahmen zur Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit des Unternehmensstandorts Schweiz (Unternehmenssteuerreformgesetz III)" verabschiedet. Gestützt auf die Ergebnisse der Vernehmlassung hatte er Anfang April die wichtigsten Parameter für die Unternehmenssteuerreform festgelegt (vgl. das Homburger Bulletin vom 8. April). winnsteuer für Privatpersonen, der Systemwechsel beim Beteiligungsabzug, die Aufhebung der Verlustvortragsbeschränkung auf sieben Jahre sowie die Einführung der Tonnage Tax. Nun präsentiert der Bundesrat die Gesetzesvorlage. Diese sieht die Abschaffung der kantonalen Steuerprivilegien vor, zu der sich die Schweiz gegenüber der EU verpflichtet hat. Als Ersatzmassnahmen hält der Bundesrat an der Einführung der Patentbox und der Abschaffung der Emissionsabgabe auf Eigenkapital fest. Die steuerneutrale Aufwertung der stillen Reserven (step-up), welche unter den alten Steuerregimes oder vor Zuzug in die Schweiz gebildeten wurden, soll weiterhin gewährt werden. Neu aufgenommen wird die Möglichkeit, F&E Aufwendungen zu mehr als 100% in Abzug zu bringen. Abschaffung der kantonalen Steuerstatus Fallengelassen wird dagegen die zinsbereinigte Gewinnsteuer (notional interest deduction), der Vorschlag zur Einführung einer Kapitalge- Allgemeine kantonale Gewinnsteuersatzsenkungen sind nicht Teil der Reform, weil die Kantone darüber in eigener Kompetenz entscheiden können. Auf den Zeitpunkt des Inkrafttretens der Unternehmenssteuerreform III hin werden die gesetzlichen Grundlagen für die kantonalen Steuerprivilegien der Holding, Domizil- und gemischten Gesellschaften aufgehoben. Ab diesem Zeitpunkt werden die Gesellschaften, die bis dahin von einem kantonalen Steuerprivileg profitiert haben, ordentlich besteuert. Ausserdem hält die Botschaft fest, dass ab diesem Zeitpunkt die speziellen Praxisregelungen für die Ausscheidung bei Prinzipalgesellschaften und Finanzbetriebsstätten aufgehoben werden. Weitergehende Zugeständnisse sieht die Botschaft nicht vor. Insbesondere sollen der Beteiligungsabzug und der Betriebsstättenabzug weiterhin unabhängig davon gewährt werden, ob die Gewinne der Botschaft des Bundesrates zur Unternehmenssteuerreform III Bulletin 11. Juni 2015 Tochtergesellschaft bzw. Betriebsstätte einen Minimalbesteuerung unterlagen oder auf aktive Geschäftstätigkeit zurückzuführen sind. Einführung der Patentbox In der Vernehmlassung schlug der Bundesrat die Einführung einer Lizenzbox vor. Die Botschaft nennt diese nun ausdrücklich "Patentbox". Sie soll auf kantonaler Ebene obligatorisch sein. Auf Stufe Bund wird weiterhin die ordentliche Besteuerung angewendet. Die Patentbox soll nicht nur von juristischen Personen, sondern auch von natürlichen Personen mit selbständiger Erwerbstätigkeit beansprucht werden können. Mittels der Patentbox trennt das Unternehmen die Erträge aus Patenten und vergleichbaren Rechten von den anderen Erträgen und versteuert diese zu einem reduzierten Satz. Die Kantone können eine Privilegierung von bis zu 90% vorsehen. Für die Patentbox qualifizieren Patente und vergleichbare Rechte wie etwa ergänzende Schutzzertifikate. Der Bundesrat richtet die Ausgestaltung der Patentbox nach den aktuellen Entwicklungen in der OECD (BEPS Project) und möchte den dort entwickelten "modifizierten Nexus-Ansatz" für die Substanzanforderungen anwenden. Danach dürfen die Erträge aus Patenten und vergleichbaren Rechten nur im Verhältnis des dem Inland zurechenbaren F&E-Aufwands zum gesamten F&E-Aufwand privilegiert besteuert werden. Einzig die Finanzierung und Kontrolle von F&E im Ausland wird berücksichtigt, indem ein Zuschlag (uplift) von 30% des F&E-Aufwands im Inland vorgesehen ist. Allfällige Präzisierungen aufgrund der dazu von der OECD auszuarbeitenden Standards sollen im Rahmen der parlamentarischen Beratungen nachvollzogen werden. Interessant ist der Vorschlag der Botschaft zur Berechnung des relevanten Boxenerfolgs. Denn dazu hat die OECD bisher keine Vorgaben gemacht. Der Bundesrat schlägt die Residualmetho- 2|4 de (Top-down-Ansatz oder indirekte Methode) vor. Danach wird im ersten Schritt vom gesamten Gewinn vor Steuern das Finanzergebnis abgezogen. Im zweiten Schritt werden die Einnahmen und Ausgaben, die nicht auf Patenten oder auf dem Verkauf eines Produkts bzw. einer Dienstleistung mit Patenten beruhen, ausgeschieden. Im dritten Schritt wird der Boxenerfolg bestimmt. Dazu zählen 100% der Lizenzeinnahmen aus Patenten. Der verbleibende Gewinn wird nach Abzug von Gewinnen aus Routinefunktionen und Markenentgelten zum Boxenerfolg der Patentbox zugewiesen. Förderung von F&E Die Kantone werden auf freiwilliger Basis ermächtigt, zusätzliche Abzüge für F&E-Aufwendungen über 100% hinaus zuzulassen. Es sollen im Inland durchgeführte F&E-Aktivitäten gefördert werden, die selbst oder durch Dritte im Rahmen von Auftragsforschung durchgeführt werden. Die Definition des Begriffs der F&E und die genaue Ausgestaltung der Abzüge sollen den Kantonen überlassen werden. Keine Einführung einer zinsbereinigten Gewinnsteuer Die Vernehmlassungsvorlage hatte die Einführung einer zinsbereinigten Gewinnsteuer (notional interest deduction) als Ersatzmassnahme für die Finance Branch und Finanzierungsgesellschaften vorgesehen. Die Massnahme hätte einen fiktiven Zinsabzug auf dem Eigenkapital ermöglicht. Nach dem Vernehmlassungsverfahren liess der Bundesrat diesen Vorschlag fallen, weil gewisse Kantone unberechenbare Steuerausfälle befürchteten. Es wird damit gerechnet, dass dieser Vorschlag in den parlamentarischen Beratungen wieder diskutiert werden wird. Botschaft des Bundesrates zur Unternehmenssteuerreform III Bulletin 11. Juni 2015 Steuerneutrale Aufwertung von stillen Reserven (Step up) Die Botschaft sieht eine ausführliche gesetzliche Regelung der Aufdeckung stiller Reserven (stepup) bei Beginn der Steuerpflicht fest. Diese ermöglicht es neu zuziehenden Gesellschaften oder solchen, welche heute von einem kantonalen Steuerprivileg profitieren, stille Reserven (einschliesslich des selbst geschaffenen Mehrwertes – also Goodwills – aber exklusive Beteiligungen) bis zum Verkehrswert steuerneutral aufzuwerten und über die Folgejahre steuerwirksam abzuschreiben (höchstens 10 Jahre für den selbst geschaffenen Mehrwert). Die gesetzliche Regelung ist ausführlich und gilt bezüglich der direkten Bundessteuer und die Kantons- bzw. Gemeindesteuern für den Beginn der Steuerpflicht infolge (a) Verlegung des Sitzes oder der tatsächlichen Verwaltung in die Schweiz, (b) Verlegung von Vermögenswerten bzw. Funktionen aus dem Ausland in einen inländischen Geschäftsbetrieb oder in eine inländische Betriebsstätte, (c) Ende einer Steuerbefreiung. Für die Kantons- und Gemeindesteuern sieht die Botschaft eine Sondernorm für die Holding-, Domizil- und gemischten Gesellschaften vor: Diese können die im Zeitpunkt der Abschaffung des Steuerprivilegs bestehenden stillen Reserven (inklusive Goodwill) in jenem Umfang, in dem sie bisher nicht steuerbar gewesen wären, im Falle einer Realisation innerhalb der nächsten fünf Jahre zu einem gesonderten tieferen Satz versteuern. Abschaffung Emissionsabgabe Der Bundesrat behält die Abschaffung der Emissionsabgabe, welche auch als weitere Ersatzmassnahme für die internationalen Finanzgesellschaften vorgesehen war, bei, obwohl sich die meisten Kantone gegen die Aufnahme dieser Massnahme ins Reformpaket ausgesprochen hatten. 3|4 Anpassungen bei der Kapitalsteuer Die Kantone können Erleichterungen bei den Kapitalsteuern einführen und insbesondere Eigenkapital entlasten, das im Zusammenhang mit Beteiligungen oder Patenten steht. Diese Massnahme soll die Abschaffung des Steuerprivilegs der Holding-, Domizil- und gemischten Gesellschaften auf Kapitalsteuerebene ausgleichen. Anpassungen beim Teilbesteuerungsverfahren natürlicher Personen Die mit der Unternehmenssteuerreform II eingeführte Milderung der wirtschaftlichen Doppelbelastung für Anteilsinhaber von Gesellschaften soll für die Kantone verbindlich vereinheitlicht werden. Die Botschaft sieht vor, dass die Entlastung der Besteuerung der Dividendenerträge auf Stufe Bund und Kantonen auf 30% beschränkt wird. Ausweitung der pauschalen Steueranrechnung auf Schweizer Betriebsstätten ausländischer Unternehmen Die Botschaft sieht vor, dass schweizerische Betriebsstätten von ausländischen Unternehmen neu die pauschale Steueranrechnung für Quellensteuern auf Erträgen aus Drittstaaten beanspruchen können. Verzicht auf Einführung einer Tonnagesteuer Das Finanzdepartement hat die Einführung einer Tonnagesteuer geprüft. Als Ergebnis davon verzichtet der Bundesrat nun auf eine solche Einführung. Verzicht auf Einführung einer Kapitalgewinnsteuer Der Bundesrat verzichtet auf die Einführung der Besteuerung privater Kapitalgewinne auf Wertschriften als Gegenfinanzierungsmassnahme für die mit der Unternehmenssteuerreform III einher- Botschaft des Bundesrates zur Unternehmenssteuerreform III Bulletin 11. Juni 2015 gehenden Steuerausfälle. Im Rahmen der parlamentarischen Beratung wird diese Forderung von linker Seite voraussichtlich wieder zur Diskussion gestellt werden. Verzicht auf weitere Massnahmen Verzichtet werden soll auf den Systemwechsel beim Beteiligungsabzug sowie die Aufhebung der Beschränkung von Verlustvorträgen auf sieben Jahre (welche aber mit einer Minimalbesteuerung verbunden gewesen wäre), da diese keinen direkten Zusammenhang mit der Abschaffung der kantonalen steuerlichen Privilegien gehabt hätte. Umsetzung Der Bundesrat erachtet es als möglich, dass die parlamentarische Beratung auf Bundesebene bis Mitte 2016 abgeschlossen werden könnte. Falls kein Referendum ergriffen wird, könnten die Anpassungen des Steuerharmonisierungsgesetzes per 1. Januar 2017 in Kraft gesetzt werden. Die Kantone werden eine Frist von zwei Jahren für die Anpassung ihrer Gesetzgebung erhalten. Damit würden die bestehenden kantonalen Steuerprivilegien am 1. Januar 2019 abgeschafft. Reto Heuberger Dr. iur., LL.M., Rechtsanwalt, Dipl. Steuerexperte [email protected] T +41 43 222 12 81 Stefan Oesterhelt lic. iur., LL.M., Rechtsanwalt, Dipl. Steuerexperte [email protected] T +41 43 222 12 65 Martin Schenk MLaw, LL.M., Rechtsanwalt [email protected] T +41 43 222 13 19 Homburger AG Prime Tower Hardstrasse 201 | CH-8005 Zürich Postfach 314 | CH-8037 Zürich T +41 43 222 10 00 F +41 43 222 15 00 [email protected] 4|4 Rechtlicher Hinweis Dieses Homburger Bulletin gibt allgemeine Ansichten der Autoren zum Zeitpunkt dieses Bulletins wieder, ohne dabei konkrete Fakten oder Umstände einer bestimmten Person oder Transaktion zu berücksichtigen. Es stellt keine Rechtsberatung dar. Das Bulletin als solches darf von niemandem als Grundlage verwendet werden, gleichgültig für welchen Zweck. Jede Haftung für die Genauigkeit, Richtigkeit oder Angemessenheit der Inhalte dieses Homburger Bulletins ist ausdrücklich ausgeschlossen.
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