Unternehmenssteuerreform III – Wie weiter nach der Volksabstimmung? Bulletin 13. Februar 2017 Unternehmenssteuerreform III Wie weiter nach der Volksabstimmung? Das Volk hat in der Abstimmung vom 12. Februar 2017 das Unternehmenssteuerreformgesetz III (USR III) abgelehnt. Die Abstimmung wurde nötig, weil das Referendum gegen die vom Parlament im Juni 2017 abgesegnete Vorlage ergriffen worden war. Die Vorlage sah die Abschaffung der kantonalen Steuerprivilegien vor, zu der sich die Schweiz gegenüber der EU verpflichtet hatte. Als Ersatzmassnahmen hätten eingeführt werden sollen: (a) die Patentbox, (b) erhöhte Steuerabzüge für Forschungs- und Entwicklungsaufwendungen, (c) die steuerneutrale Aufwertung der stillen Reserven (Step-up), welche unter den alten Steuerregimes oder vor Zuzug in die Schweiz gebildet wurden, und (d) den Zinsenabzug auf übermässigem Eigenkapital (notional interest deduction, NID). Diese letzte Massnahme hätten die Kantone nur unter der Bedingung einführen können, dass sie Dividenden aus qualifizierten Beteiligungen (d.h. Beteiligungen von mindestens 10%) zu mindestens 60% besteuerten. Allgemeine Senkungen der Gewinnsteuersätze durch die Kantone waren eigentlich gar nicht Teil der Vorlage. Denn die Kantone können darüber in eigener Kompetenz entscheiden (wie dies etwa der Kanton Waadt bereits beschlossen hat). Um den Kantonen diesbezüglich mehr fiskalischen Spielraum zu gewähren, sah die Vorlage aber eine Anhebung des Anteils der Kantone an den Einnahmen des Fiskus aus der direkten Bundessteuer vor. Abschaffung der kantonalen Steuerstatus Mit dem USR III hätten die gesetzlichen Grundlagen im StHG für die kantonalen Steuerprivilegien der Holding-, Domizil- und gemischten Gesellschaften aufgehoben werden sollen. Die Kantone hätten bis Ende 2018 Zeit gehabt, ihre kantonalen Steuergesetze an die neuen bundesrechtlichen Vorgaben anzupassen. Ab dem Zeitpunkt des Inkrafttretens der revidierten kantonalen Steuergesetze wären die Gesellschaften, die bis dahin von einem kantonalen Steuerprivileg profitiert haben, ordentlich besteuert worden. Ausserdem wären ab diesem Zeitpunkt die speziellen Praxisregelungen Unternehmenssteuerreform III – Wie weiter nach der Volksabstimmung? Bulletin 13. Februar 2017 für die Ausscheidung bei Prinzipalgesellschaften und Finanzbetriebsstätten von der Eidgenössischen Steuerverwaltung aufgehoben worden. Mit der Ablehnung der Vorlage bleiben die kantonalen Steuerstatus (sowie die Praxisregelungen betreffend Prinzipalgesellschaften und Finanzbetriebsstätten) zwar vorläufig bestehen. Die Gegner der Vorlage bestreiten aber nicht, dass die Schweiz diese Steuerprivilegien auf Druck der EU, OECD und G20 abschaffen muss. Mit der Ablehnung der Vorlage durch das Volk wird der Zeitplan für die Abschaffung dieser Steuerprivilegien in Frage gestellt. Nach Aussage von Bundesrat Maurer hat sich die Schweiz zu einer Abschaffung bis 2019 verpflichtet. Auch die OECD hat signalisiert, dass sie die Abschaffung der kritisierten Steuerprivilegien innert angemessener Frist erwartet. Es drohen nicht nur Massnahmen der OECD, sondern unilaterale Anti-Missbrauchsmassnahmen einzelner Staaten, wie sie etwa Italien schon vor vielen Jahren gegen die Domizil- und gemischten Gesellschaften eingeführt hat ("black listing"). Ersatzmassnahmen Die Ratslinke warf den bürgerlichen Parteien vor, zu viele Ersatzmassnahmen in das USR III aufgenommen zu haben und so zu viele Steuerausfälle zu provozieren. Sie geht davon aus, dass mit einer Reduzierung der Ersatzmassnahmen innerhalb kurzer Zeit ein konsensfähiges Reformpaket (eine so genannte "Unternehmenssteuerreform III light") geschnürt und vom Parlament verabschiedet werden könne. Der Bundesrat erwartet ein längeres Verfahren mit einer Vernehmlassung, denn er will insbesondere die Kantone und Städte mit einbeziehen. Einigkeit besteht wohl hinsichtlich der Patentbox und der steuerneutralen Aufwertung der stillen Reserven (Step-up), welche unter den alten Steuerregimes oder vor Zuzug in die Schweiz gebildet wurden. Deshalb ist zu erwarten, dass diese Ersatzmassnahmen auch in einem neuen Reformpaket 2|4 enthalten sein dürften. Der erhöhte Steuerabzug für Forschungs- und Entwicklungsaufwendungen ist für die Kantone fakultativ und für diese Vorlage nicht entscheidend. Dagegen wird der NID von der Ratslinken vehement abgelehnt, obwohl der Zinssatz im gegenwärtigen Zinsumfeld 0% beträgt. Es wird sich weisen, ob in diesem Punkt in vernünftiger Frist ein Konsens erzielt werden kann. Das Hauptthema der Gegner der Vorlage ist die Gegenfinanzierung der erwarteten Steuerausfälle. Für einen Kompromiss müsste wohl die Mindestbesteuerungsquote für Dividenden aus qualifizierten Beteiligungen erhöht werden. Kantonale Steuersatzsenkungen Die Senkung der kantonalen Gewinnsteuersätze war nicht direkt Gegenstand der Vorlage. Im Hinblick auf die Unternehmenssteuerreform III hatten aber die meisten Kantone, welche nicht bereits einen sehr tiefen Steuersatz haben, solche Steuersatzsenkungen vorgesehen. Dabei haben die Kantone je nach Ausgangslage unterschiedliche Strategien entwickelt (vgl. die Übersicht auf der letzten Seite). Kantone wie etwa Waadt oder Genf hätten die in der Vorlage vorgesehenen Ersatzmassnahmen nur zurückhaltend umgesetzt und dafür die Steuersätze generell erheblich reduziert. Andere Kantone wie Zürich wollten den Steuersatz nur in relativ geringem Ausmass reduzieren und dafür die Möglichkeiten der Ersatzmassnahmen in grossem Umfang ausschöpfen. Die meisten Kantone haben geplant, die Gewinnsteuersatzsenkungen zusammen mit der Umsetzung des USR III zu beschliessen. Die Ablehnung der Bundesvorlage durch das Volk führt nun zu Verzögerungen. Es ist möglich, dass einzelne Kantone vorpreschen und unabhängig von USR III eine generelle Senkung des Gewinnsteuersatzes beschliessen. Ohne das USR III können sie aber nicht von der Anhebung ihres Anteils an den Einnahmen aus der direkten Bundessteuer profitieren. Dieser Punkt wird für die Kompromissfindung von zentraler Bedeutung sein. Unternehmenssteuerreform III – Wie weiter nach der Volksabstimmung? Bulletin 13. Februar 2017 Ausblick 3|4 Falls Sie Fragen zu diesem Bulletin haben, wenden Sie sich bitte an Ihre Homburger Kontaktperson oder an: Aus Sicht des Wirtschaftsstandortes ist es bedauerlich, dass das Volk die Vorlage abgelehnt hat. Die kantonalen Steuerstatus (sowie voraussichtlich auch die Praxisregelungen betreffend Prinzipalgesellschaften und Finanzbetriebsstätten) bleiben zwar vorläufig bestehen. Die Schweiz muss sie aber aufgrund des internationalen Drucks aufheben. Offen ist der genaue Zeitpunkt und die Ausgestaltung der Ersatzmassnahmen. Denn es ist über die Parteigrenzen hinweg anerkannt, dass die Abschaffung der kantonalen Steuerstatus mit Ersatzmassnahmen einhergehen muss. Daher kann mit der Einführung der Patentbox und der steuerneutralen Aufwertung der stillen Reserven (Stepup), welche unter den alten Steuerregimes oder vor Zuzug in die Schweiz gebildeten wurden, gerechnet werden. Ausserdem werden die meisten Kantone ihre Gewinnsteuersätze voraussichtlich senken. Es bleibt also zu hoffen, dass das neue Paket für die Unternehmenssteuerreform III tatsächlich so schnell geschnürt werden kann, wie im Abstimmungskampf angekündigt. Der Bundesrat ist hinsichtlich des Einhaltes des Termins von 2019 nicht zuversichtlich. Er hat aber an der Pressekonferenz nach der Abstimmung nochmals den Rahmen für eine neue Vorlage klargestellt: Sie muss die internationalen Verpflichtungen einhalten und im internationalen Steuerwettbewerb attraktiv sein. Reto Heuberger Dr. iur., LL.M., Rechtsanwalt, Dipl. Steuerexperte [email protected] T +41 43 222 12 81 Stefan Oesterhelt lic. iur., LL.M., Rechtsanwalt, Dipl. Steuerexperte [email protected] T +41 43 222 12 65 Peter Riedweg Dipl. Steuerexperte und Wirtschaftsprüfer [email protected] T +41 43 222 16 31 Dieter Grünblatt Dr. iur., LL.M., Rechtsanwalt, Dipl. Steuerexperte [email protected] T +41 43 222 16 20 Claudia Suter Dr. iur., Rechtsanwältin, Dipl. Steuerexpertin [email protected] T +41 43 222 12 68 Homburger AG Prime Tower Hardstrasse 201 | CH-8005 Zürich Postfach 314 | CH-8037 Zürich T +41 43 222 10 00 F +41 43 222 15 00 [email protected] Rechtlicher Hinweis Dieses Homburger Bulletin gibt allgemeine Ansichten der Autoren zum Zeitpunkt dieses Bulletins wieder, ohne dabei konkrete Fakten oder Umstände einer bestimmten Person oder Transaktion zu berücksichtigen. Es stellt keine Rechtsberatung dar. Das Bulletin darf von niemandem als Grundlage verwendet werden, gleichgültig für welchen Zweck. Jede Haftung für die Genauigkeit, Richtigkeit oder Angemessenheit der Inhalte dieses Homburger Bulletins ist ausdrücklich ausgeschlossen. Unternehmenssteuerreform III – Wie weiter nach der Volksabstimmung? Bulletin 13. Februar 2017 Ordentliche Steuersätze (inkl. Bund): Aktuell und geplant unter USR III Aktuell USR III Aargau 18.9% offen Appenzell Ausserrhoden 13.0% offen Appenzell Innerrhoden 14.2% offen Basel Land 20.3% 14.0% Basel Stadt 22.2% 13.0% Bern 21.6% 16.4-17.7% Freiburg 19.9% 13.7% Genf 24.2% 13.5% Glarus 15.7% 14.2% Graubünden 16.7% unter 15% Jura 20.9% offen Luzern 12.3% keine Senkung Neuenburg 17% 15.6% Nidwalden 12.7% keine Senkung Obwalden 12.7% offen St. Gallen 17.4% 14.0% Schaffhausen 16.0% 12-12.5% Schwyz 14.9% offen Solothurn 21.9% 12.9% Thurgau 16.4% 13.0% Tessin 20.7% 17.5% Uri 15.1% offen Wallis 21.6% 15.6% Waadt 22.8% 13.8% Zug 14.6% ~ 12% Zürich 21.2% 18.2% 4|4
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