Er hört zu. Jederzeit. Dafür ist er da.

Region & nRW
Seite 10 ABcde · nummer 288
KuRz notieRt
Steuer-cd-Ankauf
zahlt sich für nRW aus
düsseldorf. Die neuen Datensätze über mögliche Steuerhinterzieher haben die Zahl der
Selbstanzeigen in NRW wieder
steigen lassen. Bei den Finanzämtern gingen im November
101 Selbstanzeigen nach 54 im
Oktober ein. Eine Sprecherin
des Finanzministeriums bestätigte gestern entsprechende Informationen der „Rheinischen
Post“. Zwar habe sich die Gesamtzahl der Selbstanzeigen in
den ersten elf Monaten 2015
von 7116 Fällen im Vorjahreszeitraum auf nun 3016 Fälle
mehr als halbiert. Dies seien
aber mehr als von vielen erwartet. „Vor dem Hintergrund verschärfter Regeln ist die Zahl von
gut 3000 Selbstanzeigen beachtlich. Es gibt noch eine erhebliche Zahl an Menschen, die reinen Tisch machen, und das ist
gut so“, sagte sie. (dpa)
Schadsoftware legt
innenministerium lahm
düsseldorf. Eine unbekannte
Software hat gestern stundenlang die Computer des NRW-Innenministeriums lahmgelegt.
Wie ein Sprecher der Behörde
bestätigte, mussten Teile der Informationstechnik in der Verwaltung vorsorglich abgeschaltet werden. Sicherheitsrelevante
Systeme seien aber weder bei der
Polizei noch beim Verfassungsschutz betroffen gewesen. Von
einem gezielten Angriff auf die
Landesverwaltung werde nicht
ausgegangen, teilte der Sprecher
mit. Allerdings waren die Mitarbeiter des Innenministeriums
stark eingeschränkt und nur
noch telefonisch zu erreichen.
Die schädliche Software sperrt
den Computer und fordert zu
einer Zahlung auf, um das Problem zu beheben. (dpa)
Flüchtlingseinsatz: geld
soll pensionäre locken
essen. Die NRW-Landesregierung will Beamte im Ruhestand
mit finanziellen Anreizen für
einen Einsatz in den für die
Flüchtlingshilfe zuständigen Behörden gewinnen. Dazu sollten
die bisherigen Anrechnungsregelungen auf die Versorgungsbezüge für zwei Jahre ausgesetzt
werden, berichtet die „Neue
Ruhr/Neue Rhein Zeitung“. Ab
dem 1. Januar könnten dann
Ruheständler, die sich für die
Arbeit in der Flüchtlingshilfe
zur Verfügung stellen, neben
ihrer Pension ein zusätzliches
Einkommen in voller Höhe beziehen können. Hintergrund
seien die „gewaltigen Herausforderungen“ durch die steigenden
Flüchtlingszahlen, sagte ein
Sprecher des Landesfinanzministeriums der Zeitung. Hierfür
sei es erforderlich, „kurzfristig
in ausreichendem Umfang ausgebildetes und erfahrenes Personal“ zu bekommen. (epd)
65-jährige fußgängerin
überfahren: tot
Königswinter. Eine 65-Jährige ist
in Königswinter bei Bonn beim
Zusammenstoß mit einem Auto
gestorben. Die Frau verließ am
Dienstagabend den Bus und
wollte die Landstraße 268 überqueren, wie die Polizei am Mittwoch mitteilte. Ein 44-jähriger
Autofahrer übersah die Fußgängerin. Er fuhr frontal mit seinem Wagen in sie hinein. Sie
starb noch an der Unfallstelle.
Die Strecke war für drei Stunden
gesperrt. (dpa)
650 häftlinge profitieren
von Weihnachtsamnestie
düsseldorf. Im Rahmen der
Weihnachtsamnestie hat das
Land Nordrhein-Westfalen bislang 657 Gefangene vorzeitig
aus der Haft entlassen. Die Zahl
könne sich in den kommenden
Tagen noch leicht erhöhen,
teilte das NRW-Justizministerium gestern in Düsseldorf mit.
Im vorigen Jahr wurden aufgrund des Gnadenerweises 847
Gefangene vor dem offiziellen
Haftende entlassen; 2013 waren
es 904 und 2012 insgesamt 958.
Von einer Amnestie profitieren
nur Strafgefangene, die ohnehin zwischen dem 6. November
und 6. Januar entlassen worden
wären. (kna)
donnerstag, 10. dezember 2015
Er hört zu. Jederzeit. Dafür ist er da.
ein Jahr „ansprechBar“: Pfarrer Hans-georg Schornstein baut gesprächsangebot im Bistum aus. Über 200 Kontakte mit Menschen.
Von Sabine RotheR
Aachen. „Ich traue mir selbst nix
zu“, „Glaube ja. Kirche nein“, „Ich
hab‘ Angst vor meiner Zukunft“ –
die stabilen Karten im modernen
hell-dunkelgrünen Design klingen
wie ein Weckruf, wie der Beginn
eines Gesprächs, bei dem man alles
sagen darf über Gott und die Welt.
Als Pfarrer Hans-Georg Schornstein vor einigen Jahren die Leitung von sechs Pfarreien zwischen
Aachen-Kornelimünster und Roetgen-Rott abgab, war er völlig erschöpft. Zu viel Verwaltung, zu
viele wechselnde Pflichten, viel zu
wenig Zeit für die Menschen.
Geschützter Raum
Dann kam die Heiligtumsfahrt
und eine Idee, die der frühere
Aachener Bischof Heinrich Mussinghoff unterstützte: Schornstein
setzte sich an ein Tischchen im
Café Extrablatt am Aachener
Markt, schräg gegenüber vom Rathaus, und war ansprechbar für alle,
die einfach nur reden wollten, die
Fragen oder etwas auf der Seele
hatten. „ansprechBar“ ist inzwischen der griffige Name eines
dauerhaften Angebots, das zwar
vom Bistum getragen wird, aber
hundertprozentig Schornsteins
Vorstellung von einem offenen
und doch geschützten Raum für jedermann entspricht. „Nach Konfession und Religion wird nicht gefragt“, sagt er. „Hier sind alle willkommen.“ Seit einem Jahr gibt es
„ansprechBar“: Neben den noch
immer regelmäßigen Sprechzeiten
im Café, wo sich inzwischen ab
und zu sogar die Mitarbeiter einen
guten Rat holen, gibt es im Parterre
des Hauses Bendelstraße 35 einen
stillen Raum mit einem großen
Tisch und einer bequemen Sitz-
Wann und wo
man sich trifft
„ansprechBar“, Bendelstraße
35, Aachen, ☏ 0241/
47581174, Pfarrer Hans-georg
Schornstein, e-Mail: kontakt@
ansprechbar.ac, internet:
www.ansprechbar.ac
Sprechzeiten von Hans-georg
Schornstein, Bendelstraße 35:
Montag 16-18 Uhr, Samstag
10-12 Uhr. im Café extrablatt,
Markt 45-47, Dienstag 12-15
Uhr. Während des Weihnachtsmarktes in Aachen
zusätzliche Termine im
Café extrablatt: Freitag, 11. und
18. Dezember, jeweils 16-18 Uhr.
Pfarrer Hans-georg Schornstein hat „ansprechBar“, ein freies gesprächsangebot, aufgebaut. nach einem Jahr zieht er Bilanz. Fotos: Michael Jaspers
Die Anfragen nehmen zu. „An- gehören dazu, wenn man ein einfangs kamen mehr Leute, die mich fühlsamer und zugleich unaufkannten, jetzt sind es viele neue dringlicher Gesprächspartner sein
Gesichter“, freut sich Schornstein. will. Schornsteins Angebot soll
Flyer, Karten mit flotten Sprüchen, keine Beratungsstelle ersetzen. „Da
eine Homepage – all das hat ent- gibt es andere, die spezialisiert
scheidend zum Bekanntwerden sind“, sagt er. „Ich baue mir zurzeit
von „ansprechBar“ beigetragen. Die hell-dunkelgrünen Rechtecke, die
„nach Konfession und Religion
in der Mitte einen hellen
wird nicht gefragt. Hier sind
Rahmen und eine weiße
geschwungene Linie zeialle willkommen.“
gen, hat sich der 23-jäh„AnSpRechBAR“
mit pfARReR
rige Grafiker Max Pohlen
hAnS-GeoRG SchoRnStein
ausgedacht und setzt damit ein
Zeichen der
Hoffnung. Pohlen sitzt
auch im sechsköpfigen Beirat, der ein Netzwerk auf, um in Fragen, bei
denen ich überfordert bin, jemandas Angebot betreut und trägt.
Entscheidend für Schornstein: den weiterleiten zu können.“ Wie
„Niemand soll bei mir das Gefühl er sich auf Gespräche mit unbehaben, ich möchte missionieren“, kanntem Inhalt vorbereitet? „Ich
betont er. „Aber wenn Menschen sorge dafür, dass ich selbst ruhig
sich wünschen, dass ich mit ihnen bin, dass ich nicht abgelenkt bin,
bete oder dass aus dem Gespräch etwa durch einen Folgetermin.“
vielleicht sogar ein Beichtgespräch
Ein Gespräch kann bis zu zwei
wird, dann ist das natürlich kein Stunden dauern, manchmal flieProblem.“
ßen Tränen – wenn etwa ein naheViel Lebenserfahrung, das Wis- stehender Mensch gestorben oder
sen um widerstreitende Gefühle eine Liebe zerbrochen ist. „Die Einund lähmende Ängste, Empathie samkeit quält viele“, weiß der Pfarrer, der bereits aus der Biografie
eines Menschen einiges ablesen
Mit diesen Karten lässt sich bereits ein gespräch beginnen: kann. Häufig plagt das Gewissen,
eine idee in der „ansprechBar“.
gibt es Selbstvorwürfe, taucht die
ecke, wo Schornstein Menschen
im Alter zwischen 20 und 70 Jahren zuhört. Rund 200 Gespräche
verbucht er für 2015. Kleine Kümmernisse, große Sorgen, Weltschmerz, Liebeskummer und Gewissensnöte werden hier ausgesprochen – manchmal bei Kerzenlicht, aber immer abgeschirmt von
der Außenwelt, mit der Schornsteins Klienten häufig nicht mehr
klarkommen. Sie fühlen sich unverstanden und eingeengt.
Seine Ausbildung in Gesprächsführung und Supervision hilft. Er
lässt jedem Zeit, scheut auch das
Schweigen nicht, das häufig die
erste Phase der Kontaktaufnahme
prägt. Der 59-jährige Priester will im
Zuhören und später
durch gezielte Fragen der verwirrten
Seele
den
Weg freimachen,
im
Idealfall seine
Gäste zu neuer
Klarheit
und
Selbstbestimmung führen.
Frage auf, ob vielleicht ein strafender Gott eine Krankheit oder einen
Verlust geschickt haben könnte,
werden Sorgen um die erwachsenen Kinder geäußert. Dann ist der
sensible Seelsorger gefragt.
„Es geht um Versöhnung und
Vergebung“, meint Schornstein.
„Ich sage dann oft, dass man
nichts rückgängig machen kann,
dass niemand ohne Fehler ist und
das Negative zum Leben gehört.“
Jetzt, wo Schornstein Zeit dafür
hat, seine früher oft eingeengte
seelsorgerliche Arbeit zu tun, sprudeln die Ideen. Das macht ihn
froh, und das sieht man ihm an. So
begleitet er auf Wunsch Gruppen
im Bereich des Eifelsteigs, die beim
Wandern ins Gespräch kommen
möchten. Oder er ist Gast in einer
Runde, die sich ein substanzielles
Gespräch wünscht. Er hatte einen
Infostand beim Historischen Jahrmarkt in Kornelimünster und bei
der Verbrauchermesse „50+“ in
der Aachener Eissporthalle.
Wie schützt sich Schornstein
vor dem Leid der anderen? Er führt
kein Gespräch in privater Umgebung und radelt sooft es möglich
ist von Richterich zur Innenstadt
und zurück. „Unterwegs kann ich
vieles gut verarbeiten, und natürlich nehme ich die Sorgen der anderen mit in mein Gebet.“
Ein „Schrittmacher“ für die moderne Medizin
Die neue Stiftung universitätsmedizin Aachen soll das niveau der Uniklinik in Forschung, Lehre und Krankenversorgung noch steigern
Von angela Delonge
Aachen. An der Uniklinik der
RWTH Aachen ist ein neues Baby
geboren worden: die Stiftung Universitätsmedizin Aachen. Anlässlich der Taufe Ende November kamen 240 Gäste zu einer Spendengala in den Krönungssaal des
Aachener Rathauses. Sie brachten
erfreuliche Geschenke mit – insgesamt spendeten sie 20 000 Euro.
Ein warmer Segen für die Stiftung,
deren Motto „Mehr Medizin wagen“ lautet.
Damit haben sich die Gründer
ein ebenso anspruchsvolles wie
hehres Ziel gesetzt. Denn ausschließlich mit Spendengeldern
will die Stiftung die Universitätsmedizin und ihre Leistungen und
Projekte an der Uniklinik Aachen
fördern und sichtbar machen.
Die Gründer haben dabei drei
Kernthemen der Universitätsmedizin im Visier: die Forschung, die
Lehre und die Krankenversorgung.
Nicht, dass es dafür keine öffentlichen Gelder gäbe. Natürlich ist das
Land in der Verpflichtung für die
Aachener Uniklinik, die Krankenkassen zahlen für die Patientenversorgung, und Drittmittel – immerhin 37 Millionen Euro pro Jahr –
ermöglichen medizinische Forschung am Standort Aachen.
Doch letztlich reicht das Geld
hinten und vorne nicht, vor allem
dann, wenn wichtige universitäre
Projekte schnell unterstützt und
umgesetzt werden sollen. Die Spendengelder der Stiftung können
zielgerichtet eingesetzt werden.
Konkurrenz im eigenen Haus
soll die Stiftung nicht produzieren
– weder bei den vielen Projekten
von
Selbsthilfeorganisationen
oder Fördervereinen in der Region
noch bei den großzügig bemessenen Spenden, die die Uniklinik
Jahr für Jahr von Privatpersonen
bekommt. Im Gegenteil: Die Stiftung will aktiv Spenden einwerben
und sie dann für einzelne Projekte
ausgeben. „Wir hoffen, dass unsere
Stiftung auch im Haus neues Identifikationspotenzial über das Bestehende hinaus bietet“, sagt Professor Thomas Ittel, Vorstandsvorsitzender der Stiftung.
„Wir haben uns gefragt: Ist die
Gründung einer solchen Stiftung
sinnvoll, haben wir übergeordnete
Ziele?“, sagt er. Die Antwort lautete eindeutig: ja.
Zum Beispiel deshalb, weil die
Universität „Verantwortung für zukünftige Medizinergenerationen
trägt“. Immerhin ist Aachen seit
mehr als zehn Jahren deutschlandweit Vorreiter in der ganzheitlichen Medizinerausbildung. Seit
2003 werden die Studenten hier in
einem Modellstudiengang ausgebildet, der ihnen nicht nur medizinische, sondern auch ethische
und kommunikative Kompetenzen vermittelt. Die praktischen Fä-
große gala mit 240 geladenen gästen: im Krönungssaal des Rathauses
Aachen wurde die Stiftung aus der Taufe gehoben.
Foto: Stiftung
higkeiten werden in sogenannten schließlich zu Lösungen führe.
„Skill Labs“ geübt – an Puppen und Solche Prozesse wolle man mit
Simulatoren.
Spendenmitteln beschleunigen,
Mit Spendengeldern möchte die sagt Ittel. Das bedeutet, die UniverStiftung weitere Möglichkeiten er- sitätsmedizin mit ihrem „Aacheöffnen. Angedacht ist eine „Sum- ner Gesicht“ zu fördern, denn hier
mer School“, wo sich Studenten werde so interdisziplinär geforscht
mit Schauspielern im Patientenge- wie nur an sehr wenigen Universispräch üben können, auch die An- tätsstandorten in Deutschland.
schaffung eines Ultraschallsimulators ist vorgesehen. „Wir sind die
„Wir haben uns gefragt: ist die
Schrittmacher für die
Medizin von morgen“,
gründung einer solchen
sagt Professor Thomas ItStiftung sinnvoll, haben wir
tel, „so lautet die Botschaft unserer Stiftung.“
übergeordnete Ziele?“
Auch international wolle
thomAS ittel, voRSitzendeR
man das sein – ein
StiftunG univeRSitätSmedizin
Schrittmacher für eine
„moderne, ganzheitliche
Medizin“.
Ehrgeizige Ziele hat die UnikliDazu gehöre unter anderem die
nik auch beim Thema Krankenver- digitalen Möglichkeiten in der Alsorgung. So will man zum Beispiel tersmedizin voranzubringen. Besam universitären Zentrum für sel- tes Beispiel: der „Aachener Dursttene Erkrankungen (ZSEA) mit sensor“, eine Erfindung des HelmSpendengeldern
Fortbildungs- holtz Instituts, der auf der Experimöglichkeiten für niedergelassene mentalstation für Gerontologie
Ärzte anbieten, damit betroffene am Aachener Franziskushospital
Patienten nicht mehr jahrelang getestet wird. Der misst nicht nur
von Arzt zu Arzt pilgern müssen. den Flüssigkeitshaushalt alter
Und im Krebszentrum könnte Menschen, sondern sendet auch
Spendengeld für die Weiterent- ein Signal, wenn Nachschub erforwicklung der direkt auf den Krebs derlich ist. Da sieht Ittel ungeeinwirkenden molekularen Tu- ahnte Möglichkeiten mit Hilfe von
mortherapie eingesetzt werden.
Apps und anderen digitalen AnNicht zuletzt soll die Forschung wendungen.
von der neuen Stiftung profitieren.
Forschung sei der Motor der Uniinfos im internet:
versitätsmedizin und sorge dafür,
www.stiftung-universitaetsdass Wissen zu Erkenntnis und
medizin-aachen.de
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