Das linke Magazin für Oberhausen Graue Wölfe Türkische Ultranationalisten nutzen die König-PilsenerArena als politische Bühne zu Wahlkampfzwecken und organisieren sich in Vereinen in Oberhausen. Seite 6 Nummer: 27www.paroli-magazin.deMai 2015 Oberbürgermeister-Wahl Norbert Müller kandidiert für DIE LINKE.LISTE. 2 Widerstand in Oberhausen Paroli stellt Antifaschisten aus der Geschichte Oberhausens vor. 7 Arbeit und Beruf Zu Einkommensunterschieden und Unternehmenswillkür. 5 Solidarische Welt Neuer Fairtrade Laden stellt sich vor. 8 Linie 105 Zum Bürgerentscheid. Plädoyer für mehr Selbstbestimmung. Gezwungen zur Flucht und nirgendwo erwünscht 3 Sind Flüchtlinge wirklich willkommen? Flüchtlingsunterkünfte in Obehausen. Foto links: Gabelstraße; mitte: Weierstraße; rechts: Bahnstraße Es gibt viele Gründe, warum Menschen ihre Heimat verlassen. Eins sollte jedoch feststehen: Keiner verlässt sein gewohntes Umfeld, seine Familienangehörigen und Freunde freiwillig. Menschen auf der Flucht sind in einer Ausnahmesituation. Sie haben eine lange Reise hinter sich. Sie bangen um das Leben der Zurückgelassenen, sind traumatisiert und haben in der Erstaufnahmestelle ganz andere Sorgen, als die Bewohnerinnen und Bewohner in den unterschiedlichsten Ankunftsländern. Die Nachbarschaft ist für sie neu und fremd. Ihre Gedanken kreisen um die Fragen, ob ihre Kinder zur Schule gehen werden, ob und wie sie Einkäufe erledigen können, ob es medizinische Versorgung gibt und ob endlich Ruhe und Frieden in ihr Leben einkehrt. In der bundesdeutschen Öffentlichkeit werden diese Schicksale als Probleme aufgezeigt, die sich in steigenden Flüchtlingszahlen, der Suche nach neuen Unterbringungsmöglichkeiten und in Formen rechter Gewalt konstatieren. Anfang 2000 ging die Zahl der Asylsuchenden zurück. Folglich wurde in dem Glauben, dass in Zukunft nicht mehr viele Menschen fliehen und Asyl suchen werden die Unterbringungskapazität reduziert. Seit 2013 jedoch fliehen immer mehr Menschen aus ihrer Heimat und die Kommunen sehen sich vor der Herausforderung, neue Unterkünfte für die Flüchtlinge schaffen zu müssen. Wohnungen statt Container In Oberhausen haben wir derzeit ca. 1000 Flüchtlinge, knapp 300 davon sind in Wohnungen, die restlichen 700 in Flüchtlingsheimen untergebracht. Nach aktuellen Schätzungen werden noch in diesem Jahr rund 750 Menschen erwartet – Südosteuropa ausgeschlossen. Neben den bereits bestehenden Standorten an der Bahn-, Weier-, Gabel- und Helmholtzstraße sowie der Notunterkunft in der Tackenbergschule werden weitere Unterkünfte an der Ruhrorter Straße, der Duisburger Straße, der Kapellenstraße und der Sperberstraße eingerichtet. Darüber hinaus soll die Kapazität an der Gabelstraße um 50 Personen erweitert werden. Statt im Vorfeld für den Bau fester Gebäude zu sorgen und die Unterbringung in leerstehende Wohnungen voran zu treiben, ist also der Bau weiterer Container geplant. Diese Form der Unterbringung ist eine Zumutung. Insgesamt werden damit zusätzlich Plätze für 450 Menschen geschaffen; erwartet werden aber 750 Flüchtlinge. Die Stadt plant nur 150 in Privatwohnungen unterzubringen. Was aber geschieht mit dem Rest? Deutet sich hier die Abschiebung von dutzenden Menschen an? Sollen die Menschen, die hier jahrelang gelebt und sich zu Recht gefunden haben, einer unsicheren und perspektivlosen Zukunft überlassen werden? Wärst du nicht reich wäre ich nicht arm Nicht selten werden die individuellen Motive zur Flucht gegeneinander aufgewogen. Oft hört man, dass Menschen aus Kriegsgebieten willkommen seien, im Gegensatz zu Jenen, die z.B. aus wirtschaftlichen Gründen fliehen. Aussagen, die undifferenziert und vereinfacht sind. Übersehen wird dabei, dass es für Migrantinnen und Migranten, die aus existenziellen Gründen nach Europa drängen, oft nur die Alternative Flucht oder Verelendung gibt. Egal, ob es um Krieg, Armut oder Umweltkatastrophen geht, ihre Not ist in der Regel von den Industrienationen, in die sie fliehen, verursacht. Die Verstärkung der sozialen Ungleichheit, Hungerlöhne in Entwicklungsländern, zunehmende Umweltbelastung und der Status von weltweit agierenden Großkonzernen gehören zu den Folgen einer Globalisierung von der die reichen weißen Gesellschaften profitieren. Die Menschen werden getrieben durch den weltweiten Wettbewerb, in dem die Schwachen nur wenige Aufstiegschancen haben, wohingegen die Starken immer stärker werden. Das führt dazu, dass der Wohlstand ungerecht verteilt ist und die Schere zwischen arm und reich immer weiter auseinander klafft. Wenn von Wirtschaftsflüchtlingen die Rede ist, werden dabei Opfer zu Tätern abgestempelt: Menschen, die aus wirtschaftlicher Not und Unterdrückung ihren Heimatländern entfliehen, verwandeln sich in den Augen vieler Deutscher und anderer Mitteleuropäer zu einer Bedrohung ihres eigenen Wohlstandes und der Sozialsysteme. Keinen Fußbreit dem Rassismus Neben den ganzen Unannehmlichkeiten seitens der Stadt gibt es für die Flüchtlinge noch einen weiteren Affront: rechte und rassistische Stimmen aus der Bevölkerung beängstigen die Flüchtlinge. Es gründen sich Bürgerinitiativen und plötzlich ist das Interesse an Politik und Gesellschaft groß - leider nicht aus fortschrittlichen oder demokratischen Beweggründen, sondern der Sabotage der Flüchtlingsunterbringung wegen. Kein Zufall, dass die rechtsextreme Partei Pro NRW am 1. Mai plant im Osterfelder Zentrum aufmarschieren zu wollen. Die Eröffnung der neuen Wohnheime wird von vorurteilsbehafteten Protesten der Anwohnerinnen und Anwohner begleitet. Bürgerinnen und Bürger beschweren sich, dass „Fremde“ ungehemmt auf ihren Garten gucken würden, sich über den gewohnten Geräuschpegel aufführen und ihr Immobilienwert sinken würde. Die Bürgerinnen und Bürger fühlen sich belästigt durch Menschen, die eigentlich auf ihre Hilfe angewiesen sind. Eine Willkommenskultur sieht anders aus. Das Problem wird nicht an der Wurzel gepackt. Die NPD und andere rechtsextreme Gruppen nutzen diese Ängste für ihre Forderung nach Abschaffung des Grundrechts auf Asyl. Aber nicht alle Bürgerinnen und Bürger lehnen die neuen Einwohnerinnen und Einwohner ab. Im Gegenteil: Fast überall gibt es lokale Initiativen aus der Zivilgesellschaft, die versuchen, die neuankommenden Flüchtlinge zu unterstützen und zu integrieren. Sie leisten hervorragende Arbeit, und verdienen großen Respekt. Um einen Einblick in die Arbeit der Engagierten zu gewinnen, haben wir die Oberhausenerinnen Juliane Dietze und Evelyn Meinhard - beide jahrelang Engagierte in der Flüchtlingsarbeit befragt. Die Interviews findet Ihr auf Seite 4. C. Kaya Das linke Magazin für Oberhausen Nr. 27Mai 2015Seite 2 Liebe Leserinnen , Liebe Leser, in der diesjährigen Ausgabe werdet Ihr mit unterschiedlichsten Themen und Lebensbereichen konfrontiert. Das Thema Flüchtlinge ist ein Schwerpunkt, da die Brisanz der Flüchtlingssituation weltweit zugenommen hat. Erst vor wenigen Tagen sind Flüchtlingsboote mit 1000 Menschen gekentert-nur wenige der Flüchtlinge haben überlebt. Diejenigen, die diese Tortur glücklicherweise überstehen, werden nach dem Königsberger Schlüssel aufgeteilt, sodass auch auf Oberhausen eine Anzahl von Flüchtlingen zugeteilt wird. Dieses Jahr werden rund 700 Flüchtlinge erwartet. Wie Oberhausen damit umgeht und wie das zivilgesellschaftliche Engagement für die Flüchtlingsarbeit aussieht, erfahrt Ihr auf Seite 4. Auch das Thema Faschismus ist weiterhin aktuell. Seite 6 thematisiert die GRAUEN WÖLFE, die am 26. April die König-Pilsener- Arena als politische Bühne nutzen werden. Passend dazu erfahrt ihr auf der nächsten Seite mehr über den Antifaschistischen Widerstand in Oberhausen. Diese und weitere spannende Themen erwarten Euch in dieser Ausgabe. Viel Spaß beim Lesen! Eure Paroli Redaktion LINKE stellt Oberbürgermeister-Kandidaten auf Norbert Müller kandidiert für DIE LINKE.LISTE Auf seiner jüngsten Mitgliederversammlung hat der Kreisverband DIE LINKE Norbert Müller zu ihrem Kandidaten für die Wahl des Oberbürgermeisters gewählt. Der gebürtige Dinslakener lebt und arbeitet seit 1972 in Oberhausen. Damals als Referendar an der ehemaligen Hauptschule Königshardt nach Oberhausen gezogen, unterrichtete er an der Jacobischule, der Vennepothschule und zuletzt an der Brüder-Grimm-Schule. Norbert Müller ist verheiratet und hat zwei erwachsene Kinder. Sein Engagement für Chancengleichheit und gute Arbeitsbedingungen führte ihn schon als Student in die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW). Zwanzig Jahre war er Vorsitzender des für seine kritische Begleitung der kommunalen und Landesschulpolitik bekannten Oberhausener Stadtverbands. Als Vorsitzender des Grund- und Hauptschulpersonalrats stand er für eine aktive, für die Dienststelle unbequeme Interessenvertretung. Von 2001 bis 2013 war er stellvertretender Vorsitzender des Landesverbandes seiner Gewerkschaft. Als solcher hatte er auch Aufgaben im Landesbezirksvorstand des DGB und im Bundesvorstand der GEW wahrzunehmen. Auf allen drei Politikebenen kennt sich Norbert Müller bestens aus. Nach seiner Pensionierung im Jahre 2013 hat er sich keineswegs zur Ruhe gesetzt. So ist er weiterhin Mitglied im Stadtverbandsvorstand seiner Gewerkschaft, arbeitet im Vorstand der Rosa-Luxemburg-Stiftung NRW mit und engagiert sich im Bundesprojekt der GEW “Fair childhood. Bildung statt Kinderarbeit“. Mit Blick auf die Sondermittel des Bundes, die die Oberbürgermeister bei ihrer Vorsprache in Berlin erwirkt haben, stellt er fest: „Das wird uns zwar vorübergehend an der einen oder anderen Stelle Linderung verschaffen, jedoch werden die kommunalen Probleme in der Schuldenfalle damit auch nicht ansatzweise gelöst. Auch der DGB fordert deshalb dringend eine Reform der Kommunalfinanzen, die eine verlässliche und nachhaltige Finanzierung der kommunalen Aufgaben garantiert. Das muss politisch nachdrücklich eingefordert werden.” In der Nächsten Ausgabe der Paroli findet ihr ein ausführliches Interview. Norbert Müller Bäume zum Abholzen freigegeben? Ampelkoalition möchte die Antrags- und Genehmigungspflicht für private Grundstücke abschaffen „Mein Freund der Baum ist tot“ heißt es in einem bekannten Schlager der Sängerin Alexandra. In Oberhausen könnte dieses Lied demnächst wieder häufiger bei Menschen in Erinnerung gerufen werden. Denn in der Ratssitzung im Februar ist ein zunächst unscheinbarer Prüfauftrag von Seiten der Ampelkoalition an die Verwaltung gestellt worden, der gravierende Folgen für den Baumbestand in Oberhausen haben könnte. Unter dem harmlos klingenden und irreführenden Namen „Stadtgrün stärken und Baumschutz fokussieren“ soll überprüft werden, ob die Antragsund Genehmigungspflicht für private Grundstückseigentümer aus der städtischen Baumschutzsatzung gestrichen werden könne. Bereits 1979 ist in Oberhausen eine erste Baumschutzsatzung beschlossen worden, die in den Folgejahren ständig weiterentwickelt wurde und sich bis heute bewährt hat. Dass sich Oberhausen eine Baumschutzsatzung gegeben hat, hat einen guten Grund: Bäume dienen der Erhaltung des Stadbildes und des Stadtklimas, sie tragen ebenso zu einer Verringerung der Staubbelastungen bei, wie sie zu einer Senkung des Lärmpegels führen. Auch darf nicht unerwähnt bleiben, welche Bedeutung der Baumbestand für die Tierwelt in Oberhausen hat. Alles zusammen führt zu einer Aufwertung der Wohnund Lebensqualität. Dass sich die Baumschutzsatzung bewährt hat, wird bei Betrachtung der Zahlen deutlich: Im letzten Jahr haben gut 1000 Personen eine fachliche Beratung von Seiten der städtischen Verwaltung im Zusammenhang mit einem Fällantrag erhalten. Nach eingehender Prüfung sind letztlich dann nur 50 Prozent der Bäume gefällt worden. Entweder weil die Verwaltung in Zusammenarbeit mit der Baumkommission keine triftigen Gründe für ein Abholzen erkennen konnte, oder aber die Eigentümer umgestimmt werden konnten. Kritiker wie DIE LINKE.LISTE fordern statt einer Aufhebung der Baumschutzsatzung vermehrte Maßnahmen zum Schutz der Bäume. Auch Umweltverbände wie der NABU haben sich öffentlich kritisch zu den Änderungsplänen geäußert. Denn letztlich wünscht sich doch jede Einwohnerin und jeder Einwohner eine grüne Stadt und ein attraktives und gesundes Wohnumfeld anstelle von „Wohnwüsten“ oder Parkplätze in den jetzt noch grünen Vor- und Innenhöfen. Simon Anders Aus JeKI wird JeKits Eine Mogelpackung aus Düsseldorf? Bild: Peter Kamp / pixelio.de Bäume dienen der Gesellschaft und einer gesunden Umwelt. Alleine deswegen sind sie schützenswert. Ein überschnelles und unbegründetes Fällen von Bäumen kann durch eine Baumschutzsatzung entgegengewirkt werden. IMPRESSUM PAROLI-Verein für politische Kultur e.V. Friedensplatz 8 46045 Oberhausen [t] +49-(0)208 884220-16 [f] +49-(0)208 884220-17 [mail] [email protected] Redaktionsteam: Ingrid Diepenbrock, David Driever, Udo Filthaut, Martin Goeke, Heike Hansen, R. Hoffmann, Cigdem Kaya, Hildegard Kirsten, Tobias Pütz, Petra Stanius Bankverbindung: Stadtsparkasse Oberhausen BLZ: 365 500 00 Kontonr: 50002906 [V.i.S.d.P.] Jürgen Dittmeyer (Adresse siehe links) Auflage: 12.000 Stk. Namentlich gekennzeichnete Artikel geben nicht unbedingt die Meinung der Redaktion wieder. In ihrer Ratssitzung im Februar hat die Stadt Oberhausen beschlossen, sich beim Land NRW für das Förderprogramm „JeKits“ zu bewerben. „JeKits“ steht für „Jedem Kind Instrumente, Tanz, Singen“ und ist die Fortführung des erfolgreichen Programmes JeKI („Jedem Kind ein Instrument“), das bislang lediglich das Instrumentalspiel beinhaltete. An diesem Programm hat Oberhausen bereits mit einer Vielzahl von Grundschulen teilgenommen. So sehr eine Ausweitung des Förderprogrammes in Richtung Tanz und Singen von vielen Seiten daher begrüßt wurde, so sehr gibt es bereits eine breite Kritik an der finanziellen wie inhaltlichen Ausgestaltung von JeKits. So bezeichnete DIE LINKE.LISTE das Landesförderprogramm in der Ratssitzung als „Mogelpackung aus Düsseldorf“, da die zu begrüßende Ausweitung in Richtung Tanz und Gesang ohne eine Erhöhung des Landeszuschusses erfolgt, was für die Schulen in Oberhausen einer faktischen Mittelsenkung gleich käme. DIE LINKE.LISTE befürchtet, dass die Zeche dafür wieder einmal die Oberhausener Eltern zu tragen haben, da sie künftig für weniger Förderung ihrer Kinder mehr zahlen müssen. Mit der Programmerweiterung werden die Elternbeiträge im Bereich ‚JeKitsInstrument‘ von 20 auf 23 Euro erhöht. Eine Anpassung findet auch bei der Gruppenstärke statt. Statt bislang fünf Schülerinnen und Schüler pro Unterrichtseinheit werden nach dem Programmstart nunmehr sechs Kinder gleichzeitig unterrichtet. Aber nicht nur die finanziellen Aspekte sind der Grund für die Kritik. Auch die Verkürzung des Förderzeitraums wird kritisch gesehen. Hier befürchtet DIE LINKE.LISTE, dass in der Konsequenz jährlich zahlreiche Kinder aus finanzschwachen und sozialbenachteiligten Familien ihr Musikinstrument nach dem 2. Jahr zurückgeben müssen und zusehen werden, wie ihre Klassenkameraden aus wohlhabenderen Familien weiterhin im Nebenraum beim gleichen Lehrer Musikunterricht erhalten. Dabei war das Programm ‚Jedem Kind ein Instrument‘ ursprünglich genau für sie gedacht. Auch die „Landeselternschaft Grundschulen Nordrhein-Westfalen e.V.“ übt ihrerseits Kritik. Mit der geplanten ausschließlichen Umsetzung des ersten und zweiten JeKits-Jahres in den Klassen 2 und 3 würde es sich um eine starre, unnötig einschränkende Vorgabe handeln, die keinerlei Flexibilisierung erkennen lasse. Auch die eingeforderte strikte Entscheidung für Instrumentalspiel oder Singen oder Tanzen durch die Grundschule stößt bei der Elternschaft auf wenig Gegenliebe, da dadurch von vornherein das Zusammenspiel der künstlerischen Formen ausgeschlossen werde. Martin Goeke Das linke Magazin für Oberhausen Nr. 27Mai 2015Seite 3 OGM Handyskandal dauert an Rat fordert externe Wirtschaftsprüfung Seit November 2014 ermittelt die Staatsanwaltschaft gegen Mitarbeiter der Stadttochter Oberhausener Gebäudemanagement GmbH (OGM). Im Januar wurde der Handyskandal in der Öffentlichkeit bekannt. Von einem Millionenbetrug mit mehr als 3000 Handys und damit verbundenen Mobilfunkverträgen ist die Rede, die MitarbeiterInnen der OGM günstig eingekauft und weiterverkauft haben sollen. Gleich nachdem der Betrugsfall öffentlich bekannt wurde, sprach Oberbürgermeister Wehling von einem Organisationsdefizit und stellt damit dem Beschaffungswesen und der Unternehmenssteuerung seiner städtischen Tochter OGM kein gutes Zeugnis aus. Es ist also fraglich, wie gut das Management der OGM ihre Aufgaben erledigt hat. Wie können seit 2011 3000 Handys beschaffen worden sein, wenn es nicht einmal so viele MitarbeiterInnen gibt? Auf die Spur selbst ist die Telekom gekommen, weil über ihre SIM-Karten nie telefoniert wurde. Subventionierte Gerätepreise von 84 Cent und eine Softwarelücke bei der Telekom sollen es MitarbeiterInnen einfach gemacht haben, teure Smartphones und TabletComputer einzukaufen, um sie dann weiterzuverkaufen. Bisher ist von zwei Beschuldigten die Rede. Doch wem hätte das alles noch auffallen müssen? LINKE fordern Hartmut Schmidt auf, Verantwortung zu übernehmen Yusuf Karacelik, Vorsitzender der LINKE.LISTE Ratsfraktion fordert daher den Rücktritt des OGMGeschäftsführers Hartmut Schmidt. „Es ist skandalös, dass der Betrug nicht durch das Controlling der OGM aufgedeckt worden ist, sondern durch die Telekom. Man muss sich die Frage stellen, ob es sich nur um die Spitze des Eisberges handelt. Wir fordern, dass es personelle Konsequenzen gibt. Schmidt muss als Geschäftsführer der OGM Verantwortung tragen“, erklärte Karacelik. Seit Jahren schon fordert DIE LINKE. LISTE die Rekommunalisierung der OGM. Eine Rekommunalisierung könne kriminelle Energie nicht ausschalten, Genausowenig, wie ein Haus absolut gegen Einbruch gesichert werden kann. „Aber wir können uns wohl vorstellen, dass dadurch das Pokern um die Posten rapide abnähme und vor allem die vom Management vorgelebte Selbstbedienungsmentalität weitestgehend abgeschafft würde. Außerdem gäbe es mindestens eine Schnittstelle weniger, was z.B. die Überwachung derartiger Standardprozesse insgesamt einfacher machen dürfte“, meint Lühr Koch, Mitglied im Stadtrat für DIE LINKE.LISTE. Rat will externes Prüfunternehmen Klar ist, dass die Missbräuche im Beschaffungswesen zukünftig verhindert werden müssen. Die Opposition hat daher einen Antrag eingereicht, so dass sich ein externer und unabhängiger Wirtschaftsgutachter mit dem Fall beschäftigt. Beschaffungsverfahren, Rechnungslegung und Controlling sollen auf den Prüfstand, in wie weit sie eine Rolle gespielt haben, um Missbräuche zu ermöglichen und zu verschleiern. Der Rat hat sich einstimmig dafür ausgesprochen. Die Prüfung soll parallel zu den staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen erfolgen. Diese ist noch nicht abgeschlossen und man darf gespannt sein, welche Erkenntnisse noch an die Öffentlichkeit dringen. Neben der genauen Schadenshöhe bliebt abzuwarten, wer von den Handybestellungen noch gewusst hat und möglicherweise profitiert hat. Pikant bleibt die Frage, in wessen Hände die bestellte Ware gelandet ist. David Driever Billig eingekauft und dann weiterverkauft. Jahre lang blieb diese Methode für OGM und Telekom unbemerkt. Keine verlängerte Straßenbahnlinie 105 „Nein“ zur Verlängerung beim Ratsbürgerentscheid - Wahlbeteiligung erschreckend niedrig Die Würfel sind gefallen: Beim ersten Ratsbürgerentscheid in Oberhausen hat die Mehrheit der Oberhausenerinnen und Oberhausener, die am 08. März den Weg ins Wahllokal fanden, gegen die 3,3km lange und gut 80 Millionen teure Verlängerung der Linie 105 von Essen kommend nach Oberhausen gestimmt. Bereits nachdem die ersten Ergebnisse um 18:30 Uhr eintrudelten, war die Tendenz klar. Die Mehrheit der Wahlberechtigten an diesem Sonntag stimmte gegen den Ausbau. Am Ende stimmten 57 Prozent der Wahlberechtigten gegen die Linie 105, 43 Prozent für sie. Lange Zeit spannend blieb daher einzig die Frage, ob die Nein-Stimmen das nötige Quorum von 16.000 Stimmen überschreiten würden, damit der Ratsbürgerentscheid gültig werden kann. Andernfalls hätte der Rat der Stadt erneut über den Bau der Straßenlinie beraten müssen. Dass daran Zweifel lagen, lag an der sehr schwachen Wahlbeteiligung. Nur 23,5 Prozent der Wahlberechtigten machten von ihrem Stimmrecht Gebrauch. Letzten Endes wurden mit 21.725 Stimmen auf der Nein-Seite gut 5.000 Stimmen mehr abgegeben, als es bedurft hätte. Trotz einem auf dem Papier großem Bündnis bestehend aus der Ampelkoalition, Gewerkschaften, Kirchen, dem Fahrgastverband Pro Bahn und einigen Unternehmen gelang es den Befürwortern offensichtlich nicht, ihre Argumente überzeugend in der Öffentlichkeit dazustellen. Zu nichtssagend war das „WerbeSex-Filmchen“, was immerhin über- regionale Aufmerksamkeit erhaschen konnte. Aber selbst die Wahlplakate präsentierten den potentiellen Wählerinnen und Wählern keine inhaltliche Aussage darüber, warum es wichtig gewesen wäre, für eine Verlängerung zu stimmen. Die GRÜNEN, die als einzige Partei Wahlplakate aufhängten, propagierten „Linie 105 mehr als nur eine Straßenbahn“. Die vorbeigehenden Passanten ließ man mit dieser Aussage ratlos zurück, im besten Fall würden sie sich abends noch den Kopf darüber zerbrechen, was eine Straßenbahn noch sein könnte. Die Gegner des Ausbaus konzentrierten sich vorwiegend auf die hohen Kosten. Von den 80 Millionen Euro Gesamtkosten, hätte die Stadt 13 Millionen selber zahlen müssen. Ein Lückenschluss von Bild: Avanti O. Endstation für die Linie 105 gerade einmal 3,3km wurde von vielen daher als nicht notwendig angesehen. Viele zeigten sich verärgert, dass der ÖPNV in Oberhausen gerade unter der Argumentation der leeren Kassen in den letzten Jahren deutlich zusammengestrichen wurde und Randgebiete immer schlechter zu erreichen sind, nunmehr auf einen Schlag aber Gelder für einen Streckenneubau zur Verfügung stehen sollten. So erfreulich es insgesamt ist, dass die Oberhausenerinnen und Oberhausener selbst über ein zentrales Projekt zur Stadtentwicklung abstimmen durften, so bleibt jedoch ein fader Beigeschmack übrig. Von Beginn an stand selbst die Ampelkoalition nicht voll hinter dem Projekt und schon gar nicht hatten sie den Mut es im Jahr der Oberbürgermeisterwahl durch den Rat beschließen zu lassen. Vielmehr sollten die Bürgerinnen und Bürger über den Bau entscheiden. Dabei konnte von echter direkter Demokratie keine Rede sein. Im Gegensatz zu den 143 Wahllokalen, die bei regulären Wahlen geöffnet werden, wurden nur 29 Wahllokale geöffnet. Der „Gang an die Urne“ blieb vielen Menschen verwehrt, die nicht mobil waren. Vielleicht hoffte die Koalition sogar darauf, dass vorwiegend die Befürworter zur Wahl gehen würden, während die Gegner keine langen Anfahrten zum Abstimmen in Kauf nehmen würden. Allerdings wurden in der heißen Phase der Wählermobilisierung auch strategische Fehler gemacht. Einer Veröffentlichung des Gutachtens zur Bewertung der Linie 105 wurde auf arrogante Art und Weise entsagt. Dies ließ bei vielen Menschen Missgunst entstehen und Zweifel kamen auf, ob die Stadtspitze nicht doch etwas zu vertuschen hatte. Auch die überzogene und immer wieder wiederholte Zahl von fast 6000 neuen Arbeitsplätzen in Oberhausen nach dem Bau der Linie, reichte bei vielen nur für ein müdes Lächeln. Es entstand stattdessen zunehmend der Eindruck, dass die Linie 105 vorrangig eine „Wirtschaftsbahn“ für das CentrO. werden sollte, um neue Kundschaft zu erschließen. Dass das CentrO. selbst auch noch eine Millionen zuschießen wollte, ging dabei fast schon als Randnotiz unter. Dies alles mündete zudem in einem Informationsheftchen, welches mit den Wahlunterlagen versendet wurde und kritische Stimmen von der Opposition zwar auf den hinteren Seiten enthielt, auf den offiziellen Seiten aber – wie auch im Internet – diese ausblendete und den Lückenschluss schön redete. Die Tage nach dem Ratsbürgerentscheid waren von Schuldzuweisungen von Seiten der Befürwortern der Linie 105 geprägt. Es hätte sich eine „Kultur des Nein-Sagens“ etabliert, die zu dem „falschen“ und „schlechtem Ergebnis für Oberhausen“ geführt habe. Die Gegner der Linie 105 warfen ein fehlendes Demokratieverständnis in die Richtung der vermeintlich „schlechten Verlierer“ zurück. Wie auch immer man persönlich zur Verlängerung der Linie 105 steht, so wird am Ratsbürgerentscheid zumindest deutlich, dass die Oberhausenerinnen und Oberhausener auch zukünftig mit in die politische Entscheidungsfindung einbezogen werden wollen und sollten. Wann war zuletzt mit der Linie 105 ein kommunalpolitisches Thema Stadtgespräch Nummer 1? Allerdings muss direkte Demokratie zukünftig ernst genommen werden und allen Bürgerinnen und Bürgern einen kurzen Weg ins Wahllokal garantieren und vorab für eine objektive Informationspolitik sorgen. Bevormundung kommt niemals gut an. Martin Goeke Das linke Magazin für Oberhausen Nr. 27 Thema: Flüchtlinge Mai 2015Seite 4 Im Interview mit Evelyn Meinhard Evelyn Meinhard ist zuständig für die Flüchtlingsberatungsstelle im ev. Kirchenkreis Oberhausen mit dem Schwerpunkt der Einzelfallberatung im Asylverfahren und der Vermittlung von Kontakten zwischen Flüchtlingen und Kirchengemeinden. Darüber hinaus ist sie Ansprechpartnerin für die Vernetzung mit kirchlichen sowie außerkirchlichen Gruppen, wie beispielsweise mit der Internationalen Frauengruppe (IF), dem Flüchtlingsrat und der Eine-Welt-Gruppe in Oberhausen. Paroli: Frau Meinhard, Sie sind schon viele Jahre in der Flüchtlingsarbeit tätig, beschreiben Sie doch bitte kurz ihr Tätigkeitsfeld. E.M.: Kurz gesagt arbeite ich in erster Linie in der Einzelberatung mit dem Hauptanliegen „Aufenthaltsklärung“. Hinzu kommt die Arbeit in Gremien. Besonders am Herzen liegt mir die seit fast 25 Jahren bestehende, mit Frauke Heiermann gegründete, Internationale Frauengruppe, die sich alle zwei Wochen trifft. Hier erfährt man viel Persönliches von den Frauen, weil die Kontakte hier sehr tiefgreifend sind. Frauen bilden die größte und schutzloseste Gruppe unter den Flüchtlingen. Natürlich liegt mir auch die Zusammenarbeit mit dem Flüchtlingsrat Oberhausen e.V. sehr am Herzen. Auch der Öffentlichkeitsarbeit kommt immer mehr Bedeutung zu, zumal das Interesse insgesamt an den zu uns kommenden Flüchtlingen gestiegen ist, was ich sehr begrüße, weil das Thema damit auch mehr in die Mitte der Gesellschaft rückt, wo es hingehört. Paroli: Wie würden Sie anhand ihrer Erfahrungen den derzeitigen Stand der Flüchtlingshilfe und die Situation der Flüchtlinge in Oberhausen allgemein einschätzen? E.M.: Mit den zu uns kommenden Flüchtlingen wächst das Interesse für und mit ihnen da zu sein. Ich freue mich besonders darüber, dass sich vor knapp einem Jahr ein neues Bündnis für eine menschliche Flüchtlingspolitik aus mehr als 10 Gruppierungen gegründet hat. Hinzu kommen natürlich viele einzelne Menschen, sowie lange bestehende Institutionen, wie der Flüchtlingsrat Oberhausen e.V., die Caritas, Diakonie und AWO, die die Flüchtlinge tatkräftig unterstützten. Hier sind also auf jeden Fall Fortschritte zu verzeichnen. Auf der anderen Seite verzeichne ich die Koordinierung in der Unterbringungsfrage durch die Stadt fortwährend als Bemühungen in der Not, z.B. wenn Flüchtlinge mit der Beseitigung von Schimmel und Feuchtigkeit in Wohncontainern, also grundlegenden Selbstverständlichkeiten, kämpfen müssen. Zur Erinnerung: In den 90er Jahren haben wir in unserer Stadt bis zu 2.500 Asylbewerber in 15 Wohnheime untergebracht, was zeigt, dass die jetzige Situation nicht so dramatisch ist, dass sie nicht zu bewältigen wäre. Auch wenn man versucht ist, die Situation zu dramatisieren um Hilfsbereitschaft und Verständnis zu gewinnen, so schafft dies doch auch Unruhe und Unsicherheit, sowie ein Image der Hilflosigkeit für die Politik. Dramatisiert man das Flüchtlingsproblem, so darf man sich nicht wundern, wenn die Flüchtlinge selber schon bald zum Problem gemacht werden, oder gar zu Ursachen für andere Probleme. Paroli: In einigen Städten sind die Ausländerangelegenheiten dem Bereich Ordnungsamt entzogen und dem Bereich Soziales zugewiesen worden. Hätte diese Änderung auch in Oberhausen einen Mehrwert für die Situation der Flüchtlinge? E.M.: Wie die spätestens seit Anfang dieses Jahres hochgehängte Willkommenskultur auch verwaltungstechnisch gestaltet werden kann, kann und will ich nicht Evelyn Meinhard als Außenstehende der städtischen Verwaltungshoheit beurteilen. Was ich mir wünsche, aber auch erwarte, ist, dass die Stadt als Ganzes und alle Mitarbeitenden den Handlungs- und Ermessensspielraum, den es ohne Zweifel gibt, bis an die Grenze des Möglichen zum Wohle der Flüchtlinge ausnutzen. Auch soll das jeweilige Einzelschicksal wahrgenommen und so flexibel und angemessen wie nur irgend möglich darauf reagiert werden. Alles andere wäre dem Leitbild einer „sozialen Stadt“ nicht angemessen. Und es geht viel mehr, wenn man wirklich will, als man vorher denkt. Hin und wieder werden diese meine Erwartungen an die Stadt erfüllt, aber immer wieder werden sie auch enttäuscht. Im Interview mit Juliane Dietze Juliane Dietze ist pensionierte Lehrerin und betreut Internationale Vorbereitungsklassen. Sie engagiert sich im Flüchtlingsrat, wo sie seit den 1990ern den Flüchtlingen mit Rat und Tat zur Seite steht. Vorzeitig in den Ruhestand getreten, möchte sich Juliane Dietze intensiver um die Flüchtlingsarbeit kümmern. Portugiesisch, etc.. Als Lehrer muss man da einfach offen sein, über seinen Schatten springen und mit Mimik und Gestik oder Zeichen sprechen. Man spielt also auch Theater. Paroli: Auch für gestandene Pädagogen ist das Unterrichten dieser Klassen sicher eine Herausforderung. Übernehmen die Lehrer der jeweiligen Schule das und bekommen diese eine Schulung? Was für Voraussetzungen muss man dafür mitbringen? Juliane Dietze Paroli: Frau Dietze, Sie haben in den letzten Jahrzehnten einen beachtlichen Teil Ihres Lebens darauf verwandt, Flüchtlingskindern und – jugendlichen einen Bildungsweg und letztendlich beruflichen Anschluss zu ermöglichen. Wie kamen Sie zu dieser Aufgabe? J.D.: Hauptsächlich durch die Schule. Zu Anfang habe ich, weil eine Freundin mich darum gebeten hat, Migrantenkinder in Deutsch und Mathematik gefördert. Damals, Ende der 80er Jahre, entstanden die ersten internationalen Klassen am Bertha-von-Suttner Gymnasium, in denen ganz viele Migrantenkinder, darunter auch einige wenige Flüchtlingskinder, waren. Als die Anzahl von unvorbereiteten Flüchtlingskindern zunahm, wurde ich gefragt, ob man denn nicht Vorbereitungsklassen an Gymnasien für ältere Kinder einrichten könnte. Die kamen bis dahin eigentlich immer an die Hauptschulen und hatten wenige Chancen. Daraufhin gab es Termine mit den Schulleitern der Gymnasien. Dort haben wir uns dafür stark gemacht, dass ältere Kinder an Gymnasien und später auch anderen Schulformen eine Chance bekommen. Paroli: Es ist als Laie schwierig nachzuvollziehen, wie diese internationalen Vorbereitungsklassen ablaufen, vor allem wenn ganz viele verschiedene Sprachen von Schülern gesprochen werden. Wie funktioniert das, wenn niemand Deutsch spricht, aber alle Deutsch lernen wollen? Gibt es Dolmetscher? J.D.: Dolmetscher gibt es in den Schulkassen gar nicht, nein. Deutsch ist da die gesprochene Sprache, obwohl man natürlich schon mal auf Englisch ausweicht. Ich sage mal wie es beim Bertha von Suttner Gymnasium ist, wo ich bis Januar diesen Jahres war. Es sind dort in der Internationalen Vorbereitungsklassen 15 Schüler aus 13 Ländern und den dazugehörigen Sprachräumen, darunter Russisch, Arabisch, Chinesisch, Albanisch, J.D.: Oh, ganz viele wichtige Fragen! Natürlich ist das eine Herausforderung, nicht nur für die jeweilige Schule, sondern auch für die Lehrer. Die Klassen werden auch im Moment immer größer, weil die Klassenstärke heraufgesetzt wird. Es kommen immer mehr Kriegsflüchtlinge, die Furchtbares erlebt haben und z.T. traumatisiert oder schwer krank sind. Es fehlen einfach Schulsozialarbeiter und auch die Ausbildung, wie man mit solchen Fällen umgeht. Es war ein großer Fehler, an dieser Stelle zu kürzen. Den Kindern geht dadurch Potenzial verloren, was letztlich auch unser Verlust ist. Da ist natürlich auch die Politik gefordert, die nötigen Gelder zur Verfügung zu stellen. Paroli: Denken Sie, Verwaltung und Politik könnten an der einen oder anderen Stelle Maßnahmen treffen, um den Flüchtlingen das Leben besser zu gestalten? J.D.: Ein erster Schritt wäre zum Beispiel, den Flüchtlingen in den Wohnheimen bessere und größere Aufenthaltsräume zur Verfügung zu stellen, sowohl für die Erwachsenen, als auch für die Kinder und Jugendlichen wo vormittags und mittags gespielt werden kann oder eben nachmittags für die schulpflichtigen Kinder Hausaufgabenhilfen stattfinden könnten. Eben nicht nur ein kleiner Kabuff, sondern größere, vernünftige Räume. Ein zweiter Schritt wäre, den Leuten mehrmals die Woche städtisch organisierte intensive Deutschkurse anzubieten. Man merkt gerade bei den Migranten und Flüchtlingen aus dem höheren Bildungsbereich, dass die Menschen sich dafür schämen, die Sprache nicht zu sprechen. Damit wäre auch die Langeweile ausgeräumt. Diese Menschen dürfen ja auch nicht arbeiten. Paroli: Sind Sie denn mit der Koordinierung zwischen Verwaltung und Politik einerseits und Ehrenamtlichen und Organisationen ansonsten zufrieden? J.D.: Also ich denke schon, dass die Verwaltung derzeit sehr bemüht ist, das Ganze zu koordinieren, man kann nur noch nicht zufrieden sein. Der Wille ist ja da und es wird auch an einem Konzept gearbeitet, nur eben leider doch zu spät und das ärgert mich. Es war ja doch lange abzusehen, was geschieht. Wie lange läuft der Krieg in Afghanistan, die Zustände in Syrien, im Iran? Man hat viel zu spät reagiert und von daher will ich die Entschuldigungen auch nicht immer akzeptieren. Man hätte einfach viel früher anfangen müssen zu planen und sich vorzubereiten. Beide Interviews von Tobias Pütz und Cigdem Kaya Die Schutzbefohlenen - Ein Text von Elfriede Jelinek Das Theaterstück „Die Schutzbefohlenen“ von Elfriede Jelinek wurde am 27. März im Theater Oberhausen zum ersten Mal aufgeführt. Es ist ein Plädoyer für die Asylsuchenden. Die Intention von Elfriede Jelineks Stück ist die Erinnerung an die Besetzung der Wiener Votiv Kirche durch 60 Asylbewerber Ende 2012. Die Kirchenbesetzer wollten mit dieser Aktion auf ihre hoffnungslose Situation in Österreich aufmerksam machen. Auch drei Jahre nach dem Vorfall, hat sich an der Aktualität nichts verändert. Asylsuchende, die auf der Suche nach Schutz und einem besseren Leben sind, werden wie Fremde behandelt. Ihre letzte Hoffnung sehen sie in der Überquerung der Festungsmauern Europas, doch durch Frontex und der Dublin II Gesetzgebung wird die Trutzburg Europas unpassierbar. Die europäische Abwehrpolitik gegenüber Flüchtlinge verhindert die Aufnahme von Schutzbedürftigen. Sie werden ihrem Schicksal überlassen, während wir, die im Wohlstand leben, unsere Augen vor dem unendlichen Leid der Geflüchteten verschließen. So heißt es in dem Text von Elfriede Jelinek „Die Schutzbefohlenen“: „Wir leben. Wir leben. Hauptsache, wir leben, und viel mehr ist es auch nicht als leben nach Verlassen der heiligen Heimat. Keiner schaut gnädig herab auf unseren Zug, aber auf uns herabschauen tun sie schon. Wir flohen, von keinem Gericht des Volkes verurteilt, von allen verurteilt dort und hier.“ Das Theater Oberhausen hat mit der Inszenierung des zeitkritischen, aktuellen Textes das Publikum bewegen und begeistern können. Modernes Theater wurde hier erfolgreich mit gesellschaftspolitisch relevanten Themen vermischt. Der vollständige Text ist abrufbar unter: http://www.elfriedejelinek.com/ Das linke Magazin für Oberhausen Nr. 27Mai 2015Seite 5 Arbeit und Beruf Entlohnung Eine tiefe Kluft zwischen den Geschlechtern Der Entgeltabstand kommt zum Teil dadurch zustande, dass Frauen für die gleiche Tätigkeit weniger Geld bekommen als Männer. Frauen werden entsprechend dem traditionellen Rollenbild als „Dazuverdienerinnen“ eingestellt und entlohnt. Durch die abnehmende Tarifbindung wird solch eine Praxis begünstigt. Im Schnitt beträgt der Lohnunterschied schon beim Eintritt in den Beruf unter vergleichbaren Ausgangsvoraussetzungen acht Prozent. Die Schlechterstellung von Frauen im Arbeitsleben, die ihre Ursache in ihrer Benachteiligung aufgrund ihres Geschlechts hat, geschieht jedoch im Wesentlichen indirekt. Auch hier spielen die traditionellen Rollenbilder eine Rolle: Sie spiegeln sich unter anderem in der Berufswahl von Mädchen, in einer entsprechenden gesellschaftlichen Arbeitsteilung und im Steuer- und Sozialrecht wider. Nach wie vor tendieren Mädchen zu den schlecht bezahlten „frauentypischen“ Berufen. Bei der Studienwahl sieht es nicht anders aus. Dass die schlechtere Entlohnung von „Frauenberufen“ nicht durch objektive Kriterien gerechtfertigt ist, demonstrieren gerade die zu 80 Prozent weiblichen Beschäftigten im Sozial- und Erziehungsdienst mit ihrer Kampagne zur diesjährigen Tarifrunde (siehe www.sozialeberufe-aufwerten.de). Hausarbeit ist weiterhin eher Frauensache. Im Schnitt verbringen Frauen täglich zwei Stunden mehr mit dieser unbezahlten Arbeit als Männer, denen dadurch mehr Zeit für bezahlte Tätigkeiten bleibt. 68 Prozent der Frauen in der BRD sind erwerbstätig. Jedoch sind junge Frauen weniger auf dem Arbeitsmarkt präsent als Männer, obwohl sie heute die bessere Ausbildung haben. Die hohe Teilzeitquote von Frauen ist ein wesentlicher Grund für den Lohnunterschied zwischen den Geschlechtern. Die hohe Teilzeitquote wiederum hängt mit der im internationalen Vergleich geringen Betreuungsquote der unter Dreijährigen zusammen. Teilzeitarbeit wird nicht nur von vorne herein meist schlechter bezahlt, sondern stellt häufig auch eine berufliche Sackgasse dar. Das gilt ganz besonders für Minijobs. So wird der Lohnunterschied zwischen Männern und Frauen mit steigendem Alter immer größer. Dass es meist die Frauen sind, die sich um Erziehung und Pflege kümmern, liegt sicherlich an den traditionellen Rollenbildern und der ihnen hierüber zugeschriebenen besonderen Kompetenz für diese Arbeiten – aber nicht nur. In Deutschland werden Einverdienerhaushalte mit schulpflichtigen Kindern durch das Steuer- und Sozialsystem klar bevorzugt. Es liegt nahe, auf das niedrigere Einkommen der Frau zu verzichten. Und mit jedem Jahr der Erwerbsunterbrechung wird die Einkommensperspektive schlechter. Der Frauenanteil in Führungspositionen in der Privatwirtschaft liegt derzeit zwischen 27 und 30 Prozent und hat sich damit in den vergangenen Jahren nur leicht erhöht. Frauen sind hauptsächlich als Vorgesetzte auf den niedrigen Managementebenen tätig. Nach Vollendung des 35. Lebensjahres nehmen sie deutlich seltener Führungsaufgaben wahr. Die Gründe hierfür liegen in fehlender Unterstützung durch das Unternehmen, geringer Akzeptanz durch Vorgesetzte und mangelnde Akzeptanz durch Kollegen, vor allem aber in der fehlenden Vereinbarkeit von Berufs- und Familiensituation, den klassischen Rollenbildern und den fehlenden Kinderbetreuungsmöglichkeiten. Die Lohnlücke, die sich bereits zu Beginn des Erwerbslebens auftut und im Laufe des Lebens im Regelfall größer wird, schlägt sich auch in niedrigeren Lohnersatzleistungen und niedrigerer Rente für Frauen nieder. Bislang gibt es kaum Möglichkeiten, die Gleichstellung der Geschlechter bei der Entlohnung durchzusetzen. Es fehlen verbindliche Frauenquoten mit der Möglichkeit, sie mithilfe von Sanktionen durchzusetzen. Es Bild: Avanti O. In Deutschland liegt der Unterschied zwischen den durchschnittlichen Bruttostundenlöhnen von Männern und Frauen seit Jahren bei etwa 22 Prozent. In fast allen anderen EU-Ländern ist diese Entgeltlücke geringer. Durchschnittlich liegt sie in der EU bei „nur“ 15 Prozent. fehlt ein flächendeckendes qualitativ hochwertiges und erschwingliches Betreuungsangebot, um Beruf und Familie miteinander zu vereinbaren. Es fehlen Steuer- und Sozialgesetze, die die Gleichstellung von Mann und Frau fördern. Und nicht zuletzt ist eine Neubewertung – und damit Aufwertung – von Frauenarbeit erforderlich. Dies ist nicht nur eine Frage der längst fälligen Wertschätzung dieser Arbeit, sondern auch eine zweckmäßige Maßnahme gegen die drohende Altersarmut von Frauen. Petra Stanius, RSB Oberhausen Meine Erfahrungen mit „10 Jahre Hartz IV“ 1. Januar 2005 ALLE erwerbsfähigen Menschen sind nach zwei Jahren Arbeitslosigkeit gleich! ALLE! Auch meine schwerbehinderte Nachbarin! Seit der Operation helfe ich ihr bei den Tücken des Alltags und bekomme aus ihrer Pflegeversicherung eine Aufwandsentschädigung. So muss ich also mit dieser Frau im Rollstuhl zum nächsten Büro der Arbeitsagentur, denn Unterlagen der Ärzte des Versorgungsamtes und der Rentenkasse werden als alleinige Grundlage zur Antragstellung nicht anerkannt. Man hat persönlich zu erscheinen! Bei der Gelegenheit kann ich meinen Antrag auch direkt aktualisieren. So weit, so gut. Das Bürgerbüro ist zu der Zeit noch in unserem Stadtteil und zu Fuß gut zu erreichen. Ich muss in Folge immer nur drauf achten, alle unsere Unterlagen vor Ablauf des Berechnungszeitraums einzureichen. Im Wartebereich des Bürgerbüros lerne ich dann aber auch die Geschichten anderer Menschen kennen und höre mit Erschrecken, dass man nach zwei Jahren Arbeitslosengeld I (mit Berechnung aus dem letzten Einkommen) ganz plötzlich zum armen Menschen werden kann. Ich lerne, dass es ARMUT PER GESETZ gibt. Aktionskreis gegen Unternehmerwillkür Nachdem ich zwei Jahre lang aus der Pflegekasse meiner Nachbarin eine nicht anrechenbare Summe erhielt, ist damit Ende 2007 Schluss. Somit merke auch ich, dass man mit dem Geld aus Hartz IV kaum über den Monat kommt. Mein Auto kann ich nicht mehr halten und weil eines meiner Kinder in eine eigene Wohnung umzieht, muss ich auch die Wohnung wechseln. Die 9m² Differenz kann ich aus dem bewilligten Geld auch nicht selber zusätzlich zahlen. Bild: Avanti O. Unternehmen lassen sich immer unverschämtere Machenschaften einfallen, um Mindestlöhne zu umgehen, Mitarbeiter abzumahnen, oder so einzuschüchtern, dass sie jede Arbeit annehmen. Betriebsräte müssen unter unzumutbaren Bedingungen arbeiten. Gewerkschaftsmitgliedschaften sind nicht erwünscht. Wir gehen nicht „Vorwärts, sondern Rückwärts“! Darum haben wir AKUWILL (Aktionskreis gegen Unternehmerwillkür) ge- Schreibt uns, mailt uns oder ruft uns an, • • • • wenn Ihr weitere Informationen zu AKUWILL haben möchtet, wenn Ihr bei AKUWILL mitmachen oder uns unterstützen wollt, wenn Ihr von Unternehmerwillkür betroffen seid und Unterstützung benötigt, wenn Ihr auch gegen Unternehmerwillkür aktiv seid und Euch mit uns vernetzen wollt. Kontakt: Aktionskreis gegen Unternehmerwillkür Postfach 10 01 25; 46001 Oberhausen Mail: [email protected] Tel.: 0208/30 75 47 95 gründet. Die meisten Mitwirkenden des Aktionskreises gegen Unternehmerwillkür kommen aus unterschiedlichen Gewerkschaften und Städten, wie Oberhausen, Essen und Mülheim. Die Firma Interclean dürfte inzwischen vielen Menschen bekannt sein (Reinigung der Toiletten im CentrO/ Einsammeln der Trinkgelder). Bei dieser Firma arbeiten Menschen nicht nur für Hungerlöhne, sondern werden auch noch gemobbt und verbal bedroht. Interclean ist kein Einzelfall, wie uns bekannt ist. Darum ist es wichtig Öffentlichkeit zu schaffen, Unterstützung zu geben und gezielte Aktionen durchzuführen. Das Bürgerbüro in unserem Stadtteil ist inzwischen auch dem Sparzwang zum Opfer gefallen und so müssen alle anspruchsberechtigten Menschen zu einer zentralen Anlaufstelle um ihre Ansprüche geltend zu machen. Jeden Monat muss ich nun dort Einkommensbelege abgeben, um meinen Anspruch nachzuweisen, natürlich persönlich, ansonsten kommen Unterlagen weg und ich werde angemahnt. Was habe ich da für Stunden in den Fluren zugebracht und wie oft stand ich da in der Hitze kurz vor dem Kollaps! Hatte aber auch was Gutes! In Unterhaltungen mit anderen wird mir klar, dass viele Menschen bei Gesprächen ohne Zeugen von den Angestellten der Arbeitsagentur übervorteilt werden. Die Berechnungen, der nun unter dem Namen Jobcenter laufenden Antragstelle, sind teilweise so unübersichtlich und fehlerhaft, dass ich mich in eigenem Interesse mit der Materie eingehend beschäftige. Da viele der armen, arbeitsuchenden Antragsteller in den letzten Jahren immer wieder massiv unter Druck gesetzt werden, teilweise falsche Berechnungen gemacht oder unberechtigt Sanktionen angedroht werden, bin ich auch jetzt noch regelmäßiger vor Ort anzutreffen, obwohl ich nun zusätzlich den Kampf mit dem Amt für Grundsicherung aufgenommen habe. Januar 2015 Gruß Eure Lotte Das linke Magazin für Oberhausen Nr. 27Mai 2015Seite 6 Türkischer Nationalismus Graue Wölfe in Oberhausen Standort Ruhrgebiet der Idealistenvereine Das Auftreten der Grauen Wölfe in Oberhausen ist für unbeteiligte wenig auffällig. Doch bei genauer Betrachtung finden sich ihre Erkennungszeichen an vielen Stellen im Stadtgebiet, an Kultur- und Moscheevereinen, in Lebensmittelgeschäften und Gastronomien oder an Wände gesprüht. Erkennungszeichen sind unter anderen das Logo der Almanya Türk Federasyon und die drei Halbmonde als Symbol der türkischen „Partei der nationalistischen Bewegung“ (MHP). Als Sammelvereinigung dient ihnen in Oberhausen der Türkische Kulturverein Oberhausen e.V. (OTKO) Seine Eigenbezeichnung lautet „Oberhausen Türk Kültür Ocağı (aTf)“. „aTf“ steht hierbei für die Mitgliedschaft in der Almanya Türk Federasyon – der Föderation der türkisch-demokratischen Idealistenvereine. Ihr Vereinssitz ist auf der Vestischen Straße in OberhausenOsterfeld. Der Verein organisiert vornehmlich Kulturund Brauchtumsveranstaltungen, die auch von Mitgliedern aus den Nachbarstädten wie Dinslaken, Duisburg Bottrop und Mülheim regelmäßig besucht werden. Neben relativ harmlos wirkenden Veranstaltungen wie gemeinsamen Abendessen gibt es allerdings auch ganz offensichtliche, wie die jährlich am vierten April stattfindende Gedenkveranstaltung zu ehren des verstorbenen bekennenden Faschisten und Gründers der Grauen Wölfe Alparslan Türkeş. Sein Potrait schmückt die Wände des Vereinsheims in Osterfeld. Welche Rolle spielt der Standort Oberhausen? Im Organisationsnetzwerk der Türkischen Föderation ist NRW in verschiedene Bezirke unterteilt. Oberhausen stellt einen regionalen Stützpunkt dar, der vor allem für ihre Kinder- und Jugendarbeit von Bedeutung ist. Auch bundesweit scheint Oberhausen zumindest so wichtig zu sein, dass seit Jahren die alle zwei Jahre stattfindende Jahreshauptversammlung im Ruhrgebiet stattfindet. Die letzte wurde am 16. November 2013 in der König-Pilsener Arena in Oberhausen durchgeführt. An dieser vom ArenaChef Johannes Partow in der WAZ als „kulturelles Event “ verharmloste Versammlung nahmen ca. 7000 Menschen teil, viele davon Familien mit Kindern, die dem anwesenden Vorsitzenden der türkischen MHP, Ultranationalist*innen im Integrationsrat Ein Hauch von hitziger Diskussion lag bei der konstituierenden Sitzung des Integrationsrates am 16. September vergangenen Jahres in der Luft. Einhellig waren sich alle Mitglieder des Gremiums einig, mit Faschist*innen nicht zusammenarbeiten zu wollen. Einhellig? Nicht ganz. Die sozialdemokratisch ausgerichtete Internationale Liste / Türkisch-Muslimische Liste (IL/TML) glänzte durch Schweigen. Was war geschehen? Im Nachgang der Integrationsratswahl hatte die Antifa Oberhausen mit einem offenen Brief auf den politischen Hintergrund von Hüseyin O., Mitglied der Fraktion IL/ TML und ehemaligen Vorsitzendern des rechtsextremen Oberhausen Türk Kültür Ocağı (OTKO) hingewiesen. Hüseyin O. glänzte durch Abwesenheit und die Vertreter*innen der SPD waren sich sicher, entweder könne dieser kein Faschist sein oder es habe halt niemand gewusst, was sich hinter diesem Verein verbirgt. Die Diskussion selbst konnte nur aufkommen, weil ein Mitglied des Integrationsrates in der Sitzung beantragte, darüber zu sprechen. Im offiziellen Protokoll der Sitzung findet die Diskussion keinerlei Erwähnung. Auch die Zeitungen berichteten lediglich darüber, dass Vereinszentrum auf der Vestische Straße: Logo des OTKO e.V. (links) und das Logo der türkischen Idealistenvereine (rechts) Devlet Bahçeli einen bejubelten Empfang bereiteten. Diese Versammlung kann getrost als die größte rechtsextreme Veranstaltung bezeichnet werden, die in Oberhausen in den letzten Jahren stattgefunden hat. Wie weiter? Unmittelbar nach Redaktionsschluss der Paroli haben die Grauen Wölfe angekündigt, am 26. April eine Wahlkampfveranstaltung der MHP mit bis zu 10000 Menschen in der König Pilsener-Arena durchführen zu wollen. 2011 hat der Rat der Stadt Essen beschlossen, dass die Gruga-Halle nicht mehr für solche Veranstaltungen zur Verfügung gestellt wird. Als Konsequenz fand die letzte Jahreshauptversammlung in Oberhausen statt. Auf Rückfrage haben die Betreiber der KönigPilsener-Arena bereits zwei mal betont, dass sie keinen Grund sehen, die Halle nicht für eine solche Veranstaltung zu vermieten. Eine solche Raumpolitik ist nicht nachzuvollziehen und zeigt, dass es den Betreibern einzig und allein um finanzielle Aspekte geht. Der Inhalt von Veranstaltungen scheint egal, Hetze und Rassismus stellen keinen Kein weiterer Graue-WölfeKongress in Oberhausen! Antifa OB Wer sind die Graue Wölfe? Als Graue Wölfe bezeichnen sich die Mitglieder der 1961 gegründeten türkischen Partei der Nationalistischen Bewegung, kurz MHP. Ziel ihrer völkisch-nationalistischen Ideologie ist ein Großtürkisches Reich, welches vom Balkan bis Zentralasien alle „Turkvölker“ vereinen soll. Zu ihren Hauptfeindbildern zählen Menschen jüdischen Glaubens, Kurd*innen, Armenier*innen, Homosexuelle, Christ*innen sowie Linke und Kommunist*innen. Die Grauen Wölfe sind für verschiedene Massaker und Morde verantwortlich. Traurige Bekanntheit erlangte dabei u.a. das Pogrom von Maraş, bei dem zwischen dem 19. und dem 26. Dezember 1978 mehr als 100 Alevit*innen ermordet wurden. In Deutschland wurde 1978 die Föderation der Türkisch-Demokratischen Idealistenvereine in Deutschland (Almanya Türk Federasyon) als Auslandsabteilung der MHP gegründet. Ihre Erkennungszeichen sind u.a. der sogenannte Wölflingsgruß, die Parteifahne der MHP mit drei weißen Halbmonden auf rotem Grund sowie ein von einem Halbmond umschlossener heulender Wolf. der Integrationsrat sich konstituiert hat. Von problematischen Personalien kein Wort. Dabei waren die von der Antifa Oberhausen veröffentlichten Fotos eindeutig. Sie zeigten Hüseyin O. vor rechtsradikaler Symbolik. Zu sehen war die Fahne der Grauen Wölfe, bei Feierlichkeiten zum Todestags des Faschisten und Gründers der Grauen Wölfe Alparslan Türkeş und Menschen, die den faschistischen „Wölflingsgruß“ zeigen. Auch der direkte Bezug des OTKO zur Almanya Türk Federasyon (aTf) war auf diesen Fotos deutlich zu erkennen. Deutlich worum es geht machte schließlich Ercan Telli, Geschäftsführer des Integrationsrates, Mitglied der IL/ TML und ehemals Mitglied der SPDFraktion im Rat der Stadt Oberhausen. OTKO sei mittlerweile schon in der 4. Legislaturperiode mit einem Vertreter Mitglied des Integrationsrates. Hüseyin O. wurde also nicht trotz, sondern wegen seines Amtes in einem faschistoiden Verein auf der Liste nominiert. Das lässt vermuten, dass die IL/ TML bei ihren Wahlen durch die Einbindung antisemitischer und faschistoider Gruppen versucht Stimmen zu gewinnen. Keine Distanzierung vom türkischem Ultra-Nationalismus Der „Wolfsgruß“ der Grauen Wölfe Ausschlussgrund dar. Es darf in Oberhausen keine öffentlichen Räume für rassistische Veranstaltungen bzw. für Veranstaltungen rassistischer Gruppierungen geben. Am 13.11.2013 hat der Rat der Stadt Oberhausen gegen die Stimmen der FDP eine Resolution beschlossen, die die Durchführung der letzten Jahreshauptversammlung kritisierte, was defakto jedoch keine Auswirkungen hatte. Dieser Resolution müssen nun Taten folgen. Unmittelbar vor der zweiten Sitzung des Integrationsrates am 21. Oktober 2014 und unmittelbar nach der Veröffentlichung eines dritten offenen Briefes trat Hüseyin O. von seinem Amt im Integrationsrat zurück. Der Erfolg, der auf den ersten Blick erkennbar ist, ist bei genauer Betrachtung jedoch eine Farce. Denn eine Mandatsniederlegung ist kein Ausschluss. Ein klares Bekenntnis seiner ehemaligen Liste zu demokratischen und antifaschistischen Positionen hat es zu keinem Zeitpunkt gegeben, obwohl sich die anderen Fraktionen des Integrationsrats bereits gegen eine Zusammenarbeit mit Hüseyn O. ausgesprochen haben. Mit der Mandatsniederlegung ist vorerst Ruhe im Integrationsrat. Doch Aktuell befinden sich mit den Vertretern der ATIBMoscheegemeinde im Uhlandviertel (Avrupa Türk-İslam Birliği „Union der Türkisch-Islamischen Kulturvereine in Europa e.V.“) und der von der Islamischen Gemeinschaft Millî Görüş (IGMG) (übersetzt: „nationale Sicht“) betriebenen Aksemsettin Moschee in Holten noch mindestens zwei Vertreter*innen antisemitischer Vereinigungen in der Fraktion der IL/TML. Die ATIBGemeinde ist eine Abspaltung der Grauen Wölfe, die sich zwar gemäßigt gibt, aber ebenfalls einen starken Hass auf Juden, Kurden, Homosexuelle etc. hegt. Die IGMG steht für einen politischen Islam und ist von einem starken Antisemitismus geprägt. Oberhausener Antifaschist*innen fordern deshalb weiterhin einen Ausschluss dieser Mitglieder durch die IL/TML und eine konsequente Ablehnung von Antisemitismus, Homophobie und Rassismus. Antifa OB Das linke Magazin für Oberhausen Nr. 27Mai 2015Seite 7 Antifaschistischer Widerstand in Oberhausen Bruno Blank und die Chronik der Verfolgung „Was hat der Faschismus nur angerichtet in den Köpfen der Menschen – bis heute?“ Mit dieser Frage endet die Verfolgten-Chronik von Bruno Blank in dem antifaschistischen Lesebuch: Wir 1 „Hoch- und Landesverräter“ aus dem Jahr 1983. Wie ein Protokoll legt Bruno seinen Buchbeitrag an. Er beginnt im Jahr 1932. Mit der Losung „Wer Hitler wählt, wählt den Krieg“ war seine Partei, die KPD, in den Kampf gegen die NSDAP gezogen. Bruno Blank war nach dem Machtantritt der Nazis Kassierer für die KPD in der Zechensiedlung Jacobi. Er berichtet über weitere aktive Zellen in den Siedlungen Dellwig und Rothebusch. Drei Jahre später wurde er vom Oberlandesgericht Hamm in Essen gemeinsam mit 12 anderen Antifaschisten zu Zuchthaus verurteilt, danach ins Konzentrationslager verschleppt. In knappen Worten schildert er die Folterungen der Gestapo, aber auch die Solidarität im Moorlager Brual-Rhede im Emsland: „Heinrich Jochem war mein Tischund Bettnachbar, wir haben uns gut verstanden mit den Genossen von der 2 SPD“. Nach der Entlassung folgten Arbeitslosigkeit und weitere Verfolgung, im Juli 1942 wurde er zur Wehrmacht eingezogen, 1946 kehrte er zurück nach Oberhausen und stellte sich sofort für einen demokratischen Neubeginn mit der KPD zur Verfügung. Leider kam vieles ganz anders, als Bruno Blank und andere sich das nach der militärischen Niederlage des deutschen Faschismus vorgestellt hatten. Alte Nazis wurden wieder in Regierungen und Verwaltungen geschleust, die Sozialisierung der Grundstoffindustrien und Banken wurde verhindert, linke Gewerkschafter und Kommunisten wurden wieder inhaftiert. Die Adenauer-Regierung erließ bereits im September 1950 eine Verordnung, „…wonach Mitglieder der KPD und alle anderen kommunistischen oder als kommunistisch angesehene Organisationen, darunter auch die „Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes“ (VVN), aus dem öffentlichen Dienst sofort zu entfernen waren.“ So wurden durch dieses Berufsverbot bis 1955 insgesamt 35.189 Ermittlungsverfahren wegen Staatsgefährdung allein gegen Jugendliche eingeleitet. 6.429 von ihnen kamen in Untersuchungshaft und wurden in 425 Strafprozessen zu mehr als3 tausend Jahren Gefängnis verurteilt. Am 30. Januar 1953, es war der 20. Jahrestag der Machtübertragung an die NSDAP, wollte Bruno Blank vor der Zeche Sterkrade Flugblätter für Frieden und nationale Unabhängigkeit verteilen. Die Wiederaufrüstung und die Westintegration der Bundesrepublik war ein erklärtes Ziel der Regierung von Konrad Adenauer (CDU). Neben den Kommunisten gab es viele Organisationen und demokratische Persönlichkeiten, die sich vehement gegen die Remilitarisierung und den Aufbau einer neuen Armee stemmten. Der spätere Bundespräsident Gustav Heinemann trat aus der CDU aus, sein Rechtsanwaltskollege Diether Posser verteidigte viele Verfolgte in den 1950er Jahren, etwa Heinz Renner 4 und Karl Schabrod von der KPD. Posser war später lange Jahre Landesminister in NRW. Bruno Blank wurden 2.600 Gramm schweres Infomaterial abgenommen und sichergestellt. Das 7. PolizeiRevier in Oberhausen leistete – wie die von Altnazis durchsetzte Polizei überall in der jungen Bundesrepublikganze Arbeit. Die Wiederaufrüstung der BRD unter politischer Führung von Konrad Adenauer und FranzJosef Strauß für die Profite der Rüstungskonzerne konnte vollzogen werden. Bruno Blank aber wurde in seiner Heimatstadt Oberhausen für sein Leben im Widerstand und sein vorbildliches Verhalten geehrt. Ehrennadel erhalten Im Jahr 1989 wurde er von Oberbürgermeister Friedhelm van den Mond mit der Ehrennadel der Stadt für vorbildliches Eintreten für die Demokratie und Freiheit ausgezeichnet. In seiner Laudatio wies der OB darauf hin, dass immer wieder die junge Generation an dieses dunkle Kapitel deutscher Geschichte zu erinnern sei, damit allen Gefahren für Demokratie, Freiheit und Menschenwürde begegnet werden kann. „Wer Feindbilder hat, fördert und propagiert, beschwört immer5 auch Aggressivität und Intoleranz.“ Heute denke ich oft an Bruno und sehe ihn vor mir: mit 80 Jahren ein temperamentvoller, immer gegen Unrecht und für soziale Gerechtigkeit eintretender Mensch, ein Mann mit Ecken und Kanten aus echtem Schrot und Korn, immer klar und Am 02. März 2015 hat der Künstler Gunter Demnig zum zehnten Mal in Oberhausen Stolpersteine für Verfolgte des Nationalsozialismus verlegt. Einer davon ist für Bruno Blank auf der Elpenbachstraße 16 eingelassen worden. Bruno Blank (dritter von links) mit Sportfreunden des Radfahrklubs Sterkrade entschieden, sehr unangenehm für seine politischen Gegner, für mich aber einer der besten Freunde in meinem Leben. 2014 im November – ich sehe Bilder von randalierenden Nazis auf den Straßen, und lese von Anfragen eines Rechten im Stadtrat von Dortmund nach der Anzahl der Juden in der Stadt. Für eine Partei rechts von der CDU wie die AfD ist wieder Platz in einigen Landesparlamenten – „Was hat der Faschismus nur angerichtet in den Köpfen der Menschen – bis heute?“ Leider ist die Frage von Bruno Blank nach wie vor von bedrückender Aktualität. Klaus Oberschewen Anmerkungen: 1. Wir „Hoch- und Landesverräter“. Antifaschistischer Widerstand in Oberhausen. Ein Lesebuch. ASSO-Verlag Oberhausen 1983. Seite 115 – 120. 2. a.a.O., S. 119 3. Bernt Engelmann: Wir sind wieder wer. Auf dem Weg ins Wirtschaftswunderland. München 1981, S.60f. 4. Diether Posser: Anwalt im kalten Krieg - Ein Stück deutscher Geschichte in politischen Prozessen 1951-1968. München 1991 5. WAZ-Oberhausen vom 02.09.1989 Lisbeth Jansen und die Flugblätter aus Holland Lisbeth Jansen lernte ich in den 1980er Jahren in der VVN/BdA (Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes/Bund der Antifaschisten) in Oberhausen kennen. Da wir fast Nachbarn waren, fuhren wir gemeinsam im Auto zu den Sitzungen. In Erinnerung geblieben ist mir eine aufrechte Antifaschistin, mit einem offenen Gesicht und lebhaften Augen. Ihrer demokratischen und linken Überzeugung ist sie ihr Leben lang treu geblieben, in jungen Jahren ist sie gemeinsam mit ihrem Mann Peter im Widerstand gegen die Nazis aktiv. Über die Zeit, als Peter Jansen 1933 verhaftet und die Wohnung verwüstet wurde, als er durch Denunziation in die Moorlager nach Börgermoor und Papenburg verschleppt wurde, als er danach ins KZ Sachsenhausen gesperrt wurde, darüber gab Lisbeth in vielen Gesprächen nur sehr sparsam Auskunft. Als Funktionär der KPD in Oberhausen gehörte Peter Jansen, Jahrgang 1906, zum Widerstand der ersten Stunde in unserer Stadt, unmittelbar nach der Machtübertragung an die NSDAP verteilte er Flugblätter und Aufrufe zum Generalstreik gegen die Diktatur, als viele Menschen noch abwarteten und sich von der braunen Macht einschüchtern ließen. Als Hauer im Bergbau und Mitglied der Bergarbeitergewerkschaft kämpfte er besonders für die Einheit der Arbeiterparteien KPD und SPD, die leider nicht zustande kam. Allerdings fand die Gestapo keine Beweise für den Vorwurf „Vorbereitung zum Hochverrat“, die NaziUmschreibung für antifaschistische Widerstandstätigkeit. Keine Beweise, das heißt noch lange nicht, dass nichts stattgefunden hat. Lisbeth bat mich eines Tages um einen Gefallen: sie wolle nach Elten an die holländische Grenze fahren, um alte Bekannte von früher zu treffen. So lernte ich dort ein etwa 80 Jahre altes Ehepaar kennen; der 1. Mann war früher bei der Reichsbahn beschäftigt. Ich war erstaunt über das vertrauliche und lebhafte Gespräch dieser Menschen; da war die Rede von Info-Material und illegalen Zeitungen, die mit dem Zug von Elten ins Ruhrgebiet zu Lisbeth und Peter Jansen geschmuggelt wurden. Aus Holland kamen die meist illegalen Schriften, etwa aus Venlo oder Kaldenkirchen oder mit der Reichsbahn aus Arnheim. Umgekehrt gelangten auf diesen Wegen realistische Mitteilungen aus der Ruhrarbeiterschaft zu den illegalen Auslandsleitungen der Arbeiterparteien und Gewerkschaften. Franz Vogt (SPD) und Wilhelm Knöchel (KPD) warteten in Amsterdam auf Infos aus dem Ruhrgebiet, um dann den „Friedenskämpfer“ zu schreiben, eine realistische Schrift für die Einheit aller Hitlergegner in der Zeit des Krieges. Beide kannten sich aus der Zeit vor der Machtübertragung an die NSDAP aus der Einheitsgewerkschaft der Bergarbeiter. In einer Studie würdigt die Historikerin Beatrix Herlemann die Tätigkeit Oberhausener Arbeiter wie Thomas Tabaschowski, August Zilian, Georg Zinn, Vincent Ratay, Franz Dieveling und Fritz Kamleiter für den „Friedenskämpfer“. Konkret für die Ausgabe Februar 1943 kamen Informationen aus Oberhausen über Solidaritätsaktionen mit Zwangsarbeitern nach Holland, wurden von der Knöchel-Gruppe redigiert und wieder ins Ruhrgebiet geschmuggelt, um die Arbeiterschaft 1 zur Solidarität aufzufordern. Lisbeth Jansen und ihre Freunde aus Elten waren stolz darauf, dass ihnen nichts bewiesen wurde, sie haben umsichtig und sehr konspirativ gearbeitet in dem Kampf für ein besseres Deutschland nach dem Beginn der Barbarei 1933. Dieser Kampf ging für Lisbeth nach 1945 weiter, viele alte Nazis hatten sich und ihre braune Gesinnung auch in Oberhausen in die Lokalpolitik eingebracht. Ein bekanntes Beispiel ist die Kandidatur des NaziBürgermeisters Dr. Legge für die FDP. Durch einen engagierten Antrag der damaligen SPD-Fraktion unter Willi Meinicke wurde dieses Vorhaben bekannt gemacht und vereitelt. Für Lisbeth und die VVN-BdA Oberhausen gab es leider viel zu tun. Im August 1969 mobilisierte sie gemeinsam mit vielen anderen Oberhausener Antifaschisten eine Demonstration gegen den dreisten Auftritt des damaligen NPDVorsitzenden Adolf von Thadden im „Kaiserhof“ in Sterkrade. Die NPD war seinerzeit in fünf Landtagen der Bundesrepublik vertreten und war auf dem Sprung in den Bundestag. Unter dem Motto „Ein Adolf war schon zuviel“ protestierten zahlreiche Oberhausener Bürger wie Fasia Jansen, Hilmar Hoffmann, Otto Marx, Manfred Dammeyer, Anneliese Althoff, Heinz und Ingrid Brieden, Werner Finkemeier und viele andere gegen diese Beleidigung unserer Stadt durch die Neonazis. Ergebnis: die NPD kam nicht in den Bundestag, der Kampf in einem breiten Bündnis war erfolgreich. Daneben war Lisbeth bei vielen Ostermärschen an der Ruhr organisatorisch tätig. Entspannung fand sie in ihrem Garten an der Preußenstraße in Sterkrade, sie hatte den sprichwörtlichen grünen Daumen, ihr Garten war eine gelungene Mischung aus Nutz- und Zierpflanzen. Zahlreiche Stauden und Pflanzen in meinem Garten erinnern mich an Lisbeth Jansen. Diese stille und beharrliche Kämpferin für Freiheit und gegen Unterdrückung war für mich vorbildlich, sie war im besten Sinne parteiisch für die Demokratie und half mit, sie gegen ihre Feinde zu verteidigen. Lisbeth Hansen ist in dieser Stadt unvergessen. Beatrix Herlemann: Auf verlorenem Posten. Kommunistischer Widerstand im Zweiten Weltkrieg. Die Knöchel-Organisation. Bonn 1986, S. 97, 98 Klaus Oberschewen „Der Faire Laden“ stellt sich vor Produkte für eine solidarische Welt Liebe Leserinnen und Leser der Paroli, wir wollen hier die Gelegenheit nutzen uns Ihnen vorzustellen. Wir sind ein kleiner Verein von im Moment 15 Mitgliedern und haben uns zum Ziel gesetzt, in Oberhausen fair gehandelte Produkte anzubieten und zu verkaufen. Dazu haben wir im Oktober letzten Jahres ein kleines Ladenlokal auf der Elsässer Straße gegenüber des Lichtburg-Kinos angemietet und betreiben dies ehrenamtlich. Alle Verkäuferinnen und Verkäufer machen dies aus Überzeugung und verdienen damit kein Geld. Eine Mitarbeiterin im Fairen Laden formuliert es so: „Ich möchte einen persönlichen Beitrag leisten und über menschenwürdige Produktionsbedingungen informieren. Es kann doch nicht sein, dass wir hier im reichen Europa nicht dazu in der Lage sind faire Preise für unsere Produkte zu zahlen. Ich möchte ja auch, dass ich von meinem Geld, was ich verdiene, leben kann. Warum soll das nicht für alle Menschen gelten?“ In diesem Laden möchten wir Ihnen zum einen die Produkte anbieten, die aus dem fairen Handel kommen (unsere Partner hierbei sind die Gesellschaften GEPA, El Puente und Café Libertad) und Sie zum anderenüber die Handelspartner informieren. Wir achten darauf, dass unsere Produkte fair gehandelt und möglichst biologisch produziert sind. Ein Beispiel: Sri Lanka Produkt - Bio Tee Kleinbauern im zentralen Hochland von Sri Lanka haben sich zur Small Organic Farmers Organisation (SOFA) zusammengeschlossen. Über den Fairen Handel finanziert SOFA Fortbildungen für seine Mitglieder zum Thema Bio-Anbau ebenso wie z. B. zu Gesundheitsthemen. Auch eine Vorschule für die Kinder der Teebauern gibt es bereits bei SOFA. Dank dem Fairhandels-Mehrpreis von GEPA kann SOFA außerdem gezielt ärmere Mitglieder der Organisation unterstützen und ihre Lebensqualität stark verbessern. Bisher fehlte beispielsweise das Geld, um ihre verfallenen Häuser instand zu setzen. Dieses Beispiel zeigt, dass durch die Unterstützung des fairen Handels und einer gerechteren Entlohnung der ArbeiterInnen in den genossenschaftlichen Betrieben Menschen der Aufbau einer gesicherten sozialen Existenz ermöglicht werden kann. Durch unseren Laden möchten wir den fairen Handel mehr in den Vordergrund rücken und bei den Menschen in Oberhausen auch ein Bewusstsein schaffen für die ungerechten Welthandelsstrukturen unter denen die ProduzentInnen von z.B. Tee, Kaffee, Kakao und Zucker schon seit den Kolonialzeiten leiden. Fair-Trade ist eine Strategie zur Armutsbekämpfung. Mit einem Einkauf in unserem Laden haben Sie die Gewissheit, dass die Lebens- und Arbeitsbedingungen von Bäuerinnen und Bauern durch Fair-Trade-Preise und Prämien verbessert werden. In den zertifizierten Betrieben ist Kinder- und Zwangsarbeit verboten. Lassen Sie sich überzeugen von der hohen Qualität unserer Produkte und helfen Sie mit beim Aufbau einer solidarischeren Welt! „Der Faire Laden“ handelt nichtgewinnorientiert und wird von ehrenamtlichen MitarbeiterInnen geführt. Wir engagieren uns nicht nur im Verkauf, sondern veranstalten auch Lesungen, Konzerte, Ausstellungen und geben Ihnen gerne ausführliche Produktinformationen. Der Faire Laden Elsässer Str. 19 46045 Oberhausen 0208/88422016 Öffnungszeiten: Mo – Fr 10.00 – 13.00 Uhr und 15.00 – 18.00 Uhr Sa 10.00 – 12.30 Uhr Mittwochs Nachmittag geschlossen Kommen Sie vorbei oder besuchen Sie uns auf www.facebook.com/DerFaireLaden Der 8. Mai – Ein Tag der Befreiung und des Erinnerns Der Tag der Befreiung, an dem mit der bedingungslosen Kapitulation der Wehrmacht in Deutschland und auch Europa eine Zeit des Krieges, des Faschismus und der politischen Verfolgung aus rassistischen oder religiösen Gründen ihr Ende nahm, feiert dieses Jahr seinen 70. Jahrestag. Nicht nur deswegen gilt es, ihn mit Bedacht zu begehen. Obschon der 8. Mai im Verständnis der politisch Linken und derjenigen, die durch den NS-Staat verfolgt wurden, traditionell von Anfang an ein Tag der Freude war, kann man seinen großen Bedeutungswandel im historischen Verständnis der Deutschen nicht ignorieren. Er wurde erst durch den zeitlichen Abstand zum Elend, der Unsicherheit und Furcht von 1945 und der verstärkten Aufarbeitung der deutschen Vergangenheit von einem Tag der Niederlage und der Ungewissheit zu einem Tag der Befreiung. Die vergangene Zeit ermöglicht es uns die Bedeutung des 8. Mai klarer im historischen Kontext zu verorten. Er steht für die historisch größte Niederlage der NS-faschistischen Ideologie, das Aufbrechen eines totalitären Systems. Ein System, das in jedem denkbaren Sinne des Wortes menschenverachtend war, und nicht zuletzt das Ende des Grauens des 2. Weltkrieges. Gerade aufgrund der so zwiespältigen Entwicklung des 8. Mai im Geschichtsverständnis, ist es wichtig zu ergründen, warum wir für ihn dankbar sein und ihn als Tag des Erinnerns und der kritischen Auseinandersetzung mit der Geschichte nutzen sollten. Denn auch wenn Zeitzeugen auf diesen Tag nicht nur mit bedingungsloser Freude zurückblicken können: Fest steht, dass die militärische Intervention der Alliierten die Welt vor noch größeren Gräueln bewahrt hat, als die, die sie bereits erlitten hatte. Letztlich erinnert uns der 8. Mai auch daran, dass wir beständig dafür eintreten müssen, Rassismus, Faschismus sowie die Unterdrückung und Verfolgung von Menschen dorthin zu befördern wo sie hingehören: In die Geschichte. Tobias Pütz Aktionswochen in Oberhausen vom 01.-14. Mai 70 Jahre Tag der Befreiung Anlässlich des diesjährigen 70. Jahrestages hat sich in Oberhausen ein breites Bündnis gegründet, um diesen Tag entsprechend zu würdigen. So ist ein buntes Kultur- und Politikprogramm entstanden, welches zwei Wochen lang Gelegenheit bietet, sich zu informieren, den Opfern des nationalsozialistischen Massenmordes zu gedenken und den Tag der Befreiung zu feiern. Mehr als 20 Akteure bestehend aus Gewerkschaften, Antifa, ev. Kirche, sozialen Initiativen und viele mehr bieten zwei Wochen lang Konzerte, Filme, Ausstellungen und Diskussionsveranstaltungen an. Das komplette Programm findet ihr hier: www.facebook.com/8MaiOB
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