Drs. 6/5064

LANDTAG MECKLENBURG-VORPOMMERN
6. Wahlperiode
Drucksache 6/5064
13.01.2016
ANTRAG
der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
„Wählen ab 16“ nicht nur passiv einführen, sondern aktiv fördern
Der Landtag möge beschließen:
1. Der Landtag stellt fest:
a) Auch bei einer konstanten Erstwahlbeteiligung künftiger Alterskohorten und einer wie
bisher ansteigenden Wahlbeteiligung mit zunehmendem Alter wird die Wahlbeteiligung
in Mecklenburg-Vorpommern wie in Deutschland insgesamt weiter abnehmen.
b) Durch eine Herabsetzung des Wahlalters kann eine Steigerung der Erstwählerbeteiligung erreicht werden. Gelingt es, durch frühes Wählen die Erstwählerbeteiligung
zu erhöhen, wirkt sich dies positiv auf die Höhe der Gesamtwahlbeteiligung aus.
c) Wahlen und Wahlteilnahme erzeugen politisches Interesse und stabilisieren die eigene
Wahlwahrscheinlichkeit in der Zukunft. Belegt wurde dies zum Beispiel in Österreich
nach der Herabsetzung des Wahlalters auf 16 Jahre im Jahr 2007. Interessierten sich
dort vor der Herabsetzung des Wahlalters auf 16 Jahre lediglich 8,1 Prozent aller 16- bis
17-Jährigen „sehr“ für Politik, stieg dieser Anteil nach Einführung des „Wählen ab 16“
auf 21,8 Prozent. Gleichzeitig verringerte sich der Anteil der „gar nicht“ Interessierten
von 14 auf nur noch 6,6 Prozent aller 16- bis 17-Jährigen.
d) „Wählen ab 16“ ist kein Selbstläufer, sondern bedarf einer aktiven Begleitung in den
Schulen, den Medien und im sozialen Umfeld der Erstwähler. Wird „Wählen ab 16“ in
den Bildungseinrichtungen aktiv begleitet und gefördert, erhöht es die Erstwählerbeteiligung, was sich wiederum positiv auf die Gesamtwahlbeteiligung auswirkt.
Drucksache 6/5064
Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 6. Wahlperiode
2. Der Landtag fordert die Landesregierung dazu auf, dafür zu sorgen, dass „Wählen ab 16“
nicht nur passiv eingeführt, sondern in den Bildungseinrichtungen des Landes aktiv
begleitet und gefördert wird. Bewährt haben sich in dabei insbesondere die folgenden
Maßnahmen:
a) in den Schulalltag integrierte und didaktisch begleitete Juniorwahlen,
b) in den Schulen stattfindende Podiumsdiskussionen mit jungen Politikern,
c) die Möglichkeit einer Teilnahme an einem analogen Wahl-O-Mat an Schulen und
Jugendzentren,
d) die Organisation von Wahlwetten, bei der Schüler gegen junge Landtagsabgeordnete
antreten,
e) die Werbung für eine Meldung als Wahlhelfer,
f) die Veröffentlichung von zielgruppenspezifischen Erklärvideos zur Landtagswahl im
Internet und
g) die Veröffentlichung einer sich speziell an Erstwähler wendenden Broschüre zur
Landtagswahl.
Jürgen Suhr und Fraktion
Begründung:
Wird „Wählen ab 16“ in den Bildungseinrichtungen aktiv begleitet und gefördert, erhöht es
die Erstwählerbeteiligung, was sich wiederum positiv auf die Gesamtwahlbeteiligung auswirkt. Das belegen die Ergebnisse der Bertelsmann-Studie „Wählen ab 16“, die Ende letzten
Jahres in Gütersloh vorgestellt wurde. Untersucht wurden darin neben Österreich die deutschen Bundesländer Brandenburg, Bremen und Hamburg, in denen Jugendliche bereits ab
16 Jahren an den Landtags- bzw. Bürgerschaftswahlen teilnehmen können.
In den drei Bundesländern haben sich insbesondere die in den Schulalltag integrierten und
didaktisch begleiteten Juniorwahlen als geeignete Begleitmaßnahme für eine Herabsetzung
des Wahlalters auf 16 Jahre herausgestellt. Darüber hinaus gab es zahlreiche weitere Projekte,
Kampagnen und Aktionen, initiiert von unterschiedlichen Trägern wie Parlamenten, Regierungen, Schulen, Vereinen und anderen zivilgesellschaftlichen Organisationen.
Neben Informationsaktionen fanden in Hamburg an vielen Schulen Podiumsdiskussionen mit
jungen Politikern statt. Die Bundeszentrale für politische Bildung und der Landesjugendring
boten an Schulen und Jugendzentren die Teilnahme an einem analogen Wahl-O-Mat an.
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Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 6. Wahlperiode
Drucksache 6/5064
In Bremen gab es ebenfalls Podiumsdiskussionen mit jungen Politikern, aber auch eine
Wahlwette, bei der Schüler gegen junge Bürgerschaftsabgeordnete antraten. Zudem wurden
Schüler ab 16 Jahren dazu aufgefordert, sich als Wahlhelfer zu melden - mit großem Erfolg:
2011 waren am Wahlsonntag die Wahlvorstände in den Bremer Wahllokalen zu 25 Prozent
mit Schülern besetzt.
In Brandenburg fand eine „Wahlwecker-Tour“ statt. Vor der Wahl tourten sieben Jugendliche
16 Tage lang durch alle brandenburgischen Landkreise und kreisfreien Städte. Unterstützt von
38 Kooperationspartnern wie Kirchen und Verbänden wurden unterschiedliche Aktionen wie
Unterricht an Schulen oder Wahlwetten durchgeführt. Parallel dazu fuhr ein mobiles Filmstudio durch Brandenburg, in dem Schüler Videoclips und Interviews zum Thema Wahlen
drehen konnten. Um Jugendliche über die Landtagswahlen zu informieren und sie bei ihrer
Wahlentscheidung zu unterstützen, wurden im Internet kurze, animierte Erklärvideos angeboten. Die Brandenburgische Landeszentrale für politische Bildung brachte zudem eine
Broschüre mit Antworten auf „66 1⁄2 Fragen zur Landtagswahl“ heraus.
„Wählen ab 16“ ist kein Selbstläufer, sondern bedarf einer aktiven Begleitung in den Schulen,
den Medien und im sozialen Umfeld der Erstwähler. Die Landesregierung wird daher aufgefordert, dafür zu sorgen, dass „Wählen ab 16“ nicht nur passiv eingeführt, sondern in den
Bildungseinrichtungen des Landes aktiv begleitet und gefördert wird.
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