Zur Erinnerung - Aktives Museum Spiegelgasse

Zur Erinnerung
an Sebald Strauß und Hedwig Strauß geb. Rödelheimer
Sebald Strauß wurde am 12. Januar 1866 als Kind des Ehepaars Adolf und
Babette Strauß in Geisenheim geboren. Er heiratete im Juni 1900 Hedwig
geb. Rödelheimer aus Wüstensachsen in der Rhön, geboren am 20. Februar
1879.
Das Ehepaar lebte zunächst in Geisenheim, wo drei Kinder geboren wurden:
Alfred (* 10. April 1901), Beatrice (* 13. November 1902) und Käthe
(* 11. Januar 1904).
Im Jahr 1905 zog die Familie zunächst nach Biebrich
in die Rudolf-Vogt-Straße
12. Seit 1919 lebte sie im
eigenen Haus in der heutigen Bahnhofstraße 46.
Das Ehepaar Strauß führte
eine Weingroßhandlung
in der Nikolasstraße 28,
heute Bahnhofstraße 46,
die sehr gut lief. Sie besaßen eigene Weinberge
in Geisenheim. Weinlieferungen wurden deutschlandweit abgewickelt, unter
anderem wurde das Hotel
„Flensburger Hof“ in FlensDie Geschwister
burg beliefert. Das EinkomBeatrice, Käthe und Alfred Strauß, ca. 1905
men betrug in den Mona©HHStAW Abt. 1183 Nr.20
ten Januar bis November
1932 83.818,91 Reichsmark und fiel im Dezember 1932 um ca. 35 % auf 55.238,28 Reichsmark.
Hier machten sich Wirtschaftskrise und schon die NS-Propaganda bemerkbar.
Die Zeit wurde für Juden immer schwieriger. So erhielt der Sohn Alfred 1933
nach der Machtergreifung durch die Nazis Berufsverbot als Jurist und musste
seinen Lebensunterhalt in der Weingroßhandlung seines Vaters verdienen. Im
Januar 1939 gelang ihm die Flucht aus Deutschland über Perú nach Bolivien.
Von dort aus wollte er in die USA reisen, was ihm wegen einer Erkrankung
nicht gelang. 1948 kehrte er nach Wiesbaden zurück und arbeitete wieder als
Jurist. 1954 wurde er zum Landgerichtsdirektor ernannt.
Käthe Strauß heiratete 1930 den Kaufmann Eugen Josef Rosenthal. Sie flüchteten 1940 in die USA, wo sie sich in Kalifornien niederließen und den Krieg
überlebten.
Dr. Beatrice Strauß lebte in Essen. Im November 1941 wurde sie nach Minsk
deportiert und dort ermordet. Mit Wirkung vom 8. Mai 1954, dem Kriegsende, wurde sie für tot erklärt.
Am 23. Mai 1942 wurde das Ehepaar Strauß gezwungen in ein sogenanntes
Judenhaus in die Mauergasse 10 zu ziehen. Am 1. September 1942 wurde es
nach Theresienstadt deportiert. Dort starb Hedwig Strauß am 21. September
1942, Sebald Strauß am 6. Oktober 1942.
Bahnhofstraße 46
Alfred Strauß starb am 5. Juli 1968 in Wiesbaden.
April 2015
Unterschriften des Ehepaares Strauß
mit den Zwangsnamen "Sara" und "Israel" aus dem Jahr 1940
©HHStAW Abt. 519/3 Nr. 7544
Seit 1919 war das Ehepaar Strauß Eigentümer
des Hauses in der Bahnhofstraße 46. Bis 1936
hieß die Straße in diesem
Bereich noch Nikolasstraße. Sebald und Hedwig Strauß führten von
hier aus ihren Weinhandel und die Weinkellerei.
Am 23. Mai 1942, dem
Tag der ersten Deportation aus Wiesbaden, wurden sie gezwungen, in die
Mauergasse 10 zu ziehen. Das Anwesen sollte
von der Gestapo für die
Waffen-SS „von den im
Hause wohnenden Juden
geräumt“ werden. Insgesamt sechs Menschen
wurden im Mai und im
Juni 1942 aus dem Haus
in den Osten deportiert.
Bereits am 1. Juli 1942
wurde mit „dem Reichsführer SS“ ein Mietvertrag
abgeschlossen, obwohl der Wiesbadener
Oberbürgermeister die Umwandlung
der früheren Wohnräume in Büroräume abgelehnt hatte. Die WaffenSS erwirkte die gesetzwidrige Genehmigung durch
Eingabe beim Reichsarbeitsminister.
Im Jahr 1950 wurden
die Erben des Ehepaares
Strauß wieder in das
Grundbuch eingetragen.
KonfirmandInnen der Lutherkirchengemeinde Wiesbaden
und I.N-G.
Patenschaft für das Erinnerungsblatt:
Lutherkirchengemeinde Wiesbaden
© Aktives Museum Spiegelgasse
©HHStAW Abt. 469/33 Nr. 2507
Geburtsurkunde für Sebald Strauß
©HHStAW 1183 Nr.1
Ehepaar Hedwig und Sebald Strauß
Briefkopf der Weinhandlung von Sebald Strauß aus dem Jahr 1932
©HHStAW Abt. 685 Nr. 810a
Portraits von Sebald und Hedwig Strauß
©HHStAW Abt. 1183 Nr.20