FAQ Sterbefasten In letzter Zeit hört man oft das Wort Sterbefasten: Was meint dieser Begriff genau? Wenn jemand freiwillig und konsequent nicht mehr isst und nicht mehr trinkt mit dem Ziel, sterben zu können, nennt man dies allgemein Sterbefasten. Es gilt als eine sehr humane Form des Sterbens, weil es wenig Leiden verursacht und Sterbewilligen erlaubt, von ihren Angehörigen behutsam Abschied zu nehmen. Es kann sich sogar durchaus ein längeres, bereicherndes Abschiednehmen ergeben. Was meint man mit dem Ausdruck «terminales Fasten»? Vor allem Mediziner verwenden im deutschsprachigen Gebiet der Schweiz den Ausdruck «terminales Fasten» anstelle des Wortes Sterbefasten. In der Palliativpflege habe ich den Ausdruck FVNF gehört. Was bedeutet dies? In der Palliativmedizin ist FVNF die Abkürzung für «freiwilliger Verzicht auf Nahrung und Flüssigkeit», ein anderer Ausdruck also für den Begriff Sterbefasten. Im englischen Sprachraum herrschen zwei Bezeichnungen vor, mittels derer man übrigens im Internet an zusätzliche Informationen kommen kann: VSED = voluntary stopping eating and drinking sowie VRFF = voluntary refusal of food and fluid. Hie und da hört oder liest man auch den Ausdruck «Termination by Dehydration». Kann sich jeder Mensch für das Sterbefasten entscheiden? Im Prinzip ja. Generell gilt aber, dass man dabei grössere Durstprobleme hat, wenn man jünger ist (unter ca. 60 Jahren könnte es für viele sehr schwierig sein). Sterbefasten ist eine Form des Sterbens, die sich besonders gut für alte und kranke Menschen eignet, die selbstbestimmt aus dem Leben scheiden wollen. Voraussetzung für betreutes Sterbefasten ist in jedem Fall, dass die sterbewillige Person urteilsfähig ist und demnach die Tragweite ihres Entschlusses beurteilen kann. Ist das Sterbefasten eigentlich gesetzlich erlaubt? Der über längere Zeit geäusserte Entscheid einer urteilsfähigen Person, dass sie nicht mehr essen und trinken will und sterben möchte, muss in Deutschland und in der Schweiz als deren eigener Wille respektiert werden. Abzuklären ist aber, ob aktuell diesem Entschluss nicht eine Krankheit zugrunde liegt, die sich behandeln liesse: Beispielsweise eine Depression. FAQ Sterbefasten 1 Wann ist ein Mensch urteilsfähig? Laut Schweizerischem Zivilgesetzbuch ist jede Person urteilsfähig, «der nicht wegen ihres Kindesalters, infolge geistiger Behinderung, psychischer Störung, Rausch oder ähnlicher Zustände die Fähigkeit mangelt, vernunftgemäss zu handeln.» Urteilsfähigkeit ist Voraussetzung für die Durchführung des betreuten Sterbefastens. Ist Sterbefasten eine Form des Suizids? Sterbefasten ist eine naturgegebene Form der Selbsttötung. Sterbefasten ist somit kein aktiver Suizid, da ja der Sterbewillige nur gewisse Handlungen unterlässt – das lebensnotwendige Essen und Trinken. Ist ein Suizid ethisch vertretbar? Zum Suizid gibt es verschiedene ethische Standpunkte. In einer aufgeklärten Gesellschaft gehören Suizid und damit auch Sterbefasten zum Selbstbestimmungsrecht jedes urteilsfähigen Menschen. Viele Palliativmediziner und Ärzte in der Schweiz sehen dies so und betreuen Menschen, die freiwillig auf Nahrung und Flüssigkeit verzichten, in den letzten Tagen ihres Lebens. Ist die ärztliche und pflegerische Unterstützung des Sterbefastens nicht eine Beihilfe zum Suizid? Nein, es handelt sich um Hilfe beim Sterben, nicht um Hilfe zum Sterben, denn man tut in diesem Falle nichts anderes, als wenn man Sterbenden hilft, die ohne Entschluss zur Lebensverkürzung einer Krankheit (mehr oder minder) ihren Lauf lassen. Wie stellt sich die römisch-katholische Kirche zum Sterbefasten? Laut dem Katechismus der römisch-katholischen Kirche widerspricht jede Form von Selbsttötung der «Liebe zum lebendigen Gott» und ist daher eine Sünde. Wenn dies allerdings aus Angst vor schweren Qualen geschieht, vermindere das die «Verantwortlichkeit des Selbstmörders», heisst es in Artikel 2282 des Katechismus. Der Kirche nahestehende Palliativmediziner stehen jedoch Suizidwünschen ihrer Patienten und insbesondere dem Sterbefasten nicht einheitlich ablehnend gegenüber. Beim Sterbefasten dürfte die Bereitschaft, den Patienten pflegerisch und palliativ zu begleiten, eher hoch sein, da man hier ja nichts anderes tut als das, was man auch anderen Sterbenden anbietet. Wie stellt sich die protestantische Kirche und wie stehen nicht-christliche Religionen zum Sterbefasten? Dies lässt sich nicht einheitlich beantworten, weil die Lehrmeinungen meist nicht so klar vorgegeben sind wie in der Katholischen Kirche. Bei Muslimen zum Beispiel dürfte es teilweise ablehnende Positionen geben. Asiatische Religionen stehen teilweise dem Suizid – vor allem auch von älteren Menschen – offen gegenüber. FAQ Sterbefasten 2 Wie lange dauert das Sterbefasten? Dies hängt stark von der körperlichen Verfassung ab. Bei konsequentem Verzicht auf Nahrung und Flüssigkeit sterben fast drei Viertel der Menschen innerhalb von 16 Tagen, wobei man meistens die letzten zwei, drei Tage in einem friedlichen Dämmerzustand verbringt. Wer schwer krank ist, stirbt unter Umständen in kürzerer Zeit. Eine längere Zeit des Sterbefastens ist in der Regel für die Sterbewilligen gut ertragbar, bedeutet aber meist eine grössere Belastung für die Angehörigen und Pflegenden. Wie lange dauert das Sterbefasten, wenn jemand weiterhin trinkt? Gesunde Menschen, die bloss auf Nahrung verzichten, können viele Wochen überleben, wenn sie weiterhin normale Mengen an Flüssigkeit zu sich nehmen. Für schwer kranke und geschwächte ältere Menschen lässt es sich schwer abschätzen, wie lange es in diesem Falle dauern wird, bis sie sterben. Wer sich konsequent für das Sterbefasten entschliesst, wird in der Regel nicht mehr als ca. 50 ml Flüssigkeit pro Tag zu sich nehmen (was schon für die Mundbefeuchtung nötig sein kann). Nimmt man mehr zu sich (zum Beispiel in Form kleiner Eiswürfel) so verlängert sich die Zeit des Sterbefastens. Dies kann für den Sterbenden angenehm sein, aber es bedeutet meist eine grössere Belastung für die Angehörigen und Pflegenden. Soll man in der Zeit des Sterbefastens weiterhin Medikamente nehmen? Darüber sollte in jedem Falle der Arzt entscheiden, denn manche Medikamente sollte man absetzen, andere auf keinen Fall. Damit nicht im Zuge der Medikamenten-Einnahme zu viel Wasser getrunken wird, können die meisten Medikamente – auch schmerzlindernde – auf andere Weise gegeben werden (zum Beispiel als Zäpfchen). Kann man das Sterbefasten jederzeit abbrechen? In der Regel kann das Sterbefasten zumindest in der ersten Woche ohne schwere, bleibende Folgen abgebrochen werden. Bei einem späteren Abbruch muss jedoch mit körperlichen Schäden gerechnet werden. So können beispielsweise die Nieren und die Leber, die Muskelmasse oder auch der Herzmuskel für längere Zeit oder für immer geschädigt sein. Wenn ich nichts esse, habe ich dann nicht ständig starke Hungergefühle? Auch beim natürlichen Sterbeprozess essen die Sterbenden immer weniger oder stellen die Nahrungsaufnahme sogar ganz ein. Wer schon einmal in einer Heilfastenkur war, weiss zudem aus eigener Erfahrung, dass nach zwei, allerhöchstens drei Tagen die Hungergefühle fast vollständig verschwinden. Der Körper stellt sich dann nämlich auf den sogenannten Hungerstoffwechsel ein. Es entstehen nach längerem Fasten sogar oft euphorische Gefühle durch die vermehrte Ausschüttung von Endorphinen (vom Körper selber produzierte Opioide, dem Opium ähnliche natürliche chemische Stoffe). Dies ist auch beim Sterbefasten so. Voraussetzung ist, dass man wirklich keine Nährstoffe mehr aufnimmt. Trinkt man zum Beispiel zuckerhaltige Getränke, dann fühlt man erneut Hunger. FAQ Sterbefasten 3 Gibt es weitere Nebenwirkungen, wenn ich nicht mehr esse? Der Körper baut allmählich die Fett- und Eiweissreserven ab, es kommt auch zum Muskelschwund. Beim Aufstehen können stärkere Schwindelgefühle einsetzen, unter anderem auch, weil der Blutkreislauf beeinträchtigt wird. Gelegentlich kommt es zu Muskelkrämpfen. Die Sterbewilligen werden zunehmend schwächer und schliesslich bettlägerig. Damit keine Druckstellen entstehen, ist auf regelmässiges Umbetten zu achten. Die Sterbewilligen werden zunehmend müder, ja sogar apathisch, und schlafen viel. Im Wachzustand sind manche zuweilen etwas verwirrt und unruhig, doch ist dies nicht bei allen der Fall. Bei einer guten palliativen Begleitung durch Pflegende und einen Arzt lassen sich solche Situationen gut bewältigen. Wenn ich nichts mehr esse, habe ich dann auch keinen Stuhlgang mehr? Nach Möglichkeit wird man zu Beginn des Sterbefastens ein Abführmittel nehmen, weil sonst eine Verstopfung eintreten kann. Diese begünstigt das Auftreten von Verwirrungszuständen. Auch viele Tage nach Beginn des Fastens kann es hin und wieder noch zu Stuhlgang kommen. Wenn ich nichts trinke, habe ich dann nicht ständig starke Durstgefühle? Auch beim natürlichen Sterbeprozess trinken die Sterbenden immer weniger, doch bleibt nicht selten ein Durstgefühl. Das ist auch beim Sterbefasten so. Dieses Durstgefühl entsteht durch einem trockenen Mund. Deshalb muss die Pflege dafür sorgen, dass der Mundbereich des Öfteren befeuchtet wird. Dies und weitere Hilfsmittel (zum Beispiel Wasserzerstäuber, künstlicher Speichel, Eiswürfel) bewirken, dass sich das Durstgefühl meistens in erträglichen Grenzen hält. Andernfalls kann die Situation mit einem Medikament erleichtert werden. Wenn ich nichts mehr trinke, scheide ich dann auch keinen Urin mehr aus? In den ersten Tagen werden noch geringe Mengen Urin ausgeschieden. Gelegentlich kann es zu einem schmerzhaften Harnverhalt kommen. In diesem Fall muss ein Arzt die geeigneten Massnahmen anordnen. Bei einer guten palliativen Begleitung durch Pflegende und einen Arzt lassen sich alle diese Nebenwirkungen gut bewältigen. Gibt es weitere Nebenwirkungen, wenn ich nicht mehr trinke? Wenn Sterbewillige nicht mehr trinken, erhöhen sich die Harnstoffwerte im Blut, weil die Nieren aus Mangel an Flüssigkeit nicht mehr richtig arbeiten können. Dies kann zum Beispiel die Funktion des Nervensystems beeinflussen und vorübergehende Unruhezustände hervorrufen, führt aber im Allgemeinen zu zunehmender Müdigkeit und Schläfrigkeit. Es kann auch zu Entzündungen oder zu einem Pilzbefall in Mund und Rachen kommen. Diese Situation ist für den Sterbewilligen recht unangenehm. Häufige Kontrolle des Mundbereichs und eine gute Mundpflege können dem vorbeugen. Bei einer guten palliativen Begleitung durch Pflegende und einen Arzt lassen sich diese und andere Nebenwirkungen gut durch den Einsatz geeigneter Medikamente bewältigen. FAQ Sterbefasten 4 Öfters ist zu lesen, dass Menschen nur drei oder vier Tage ohne Flüssigkeit überleben können: Warum lebt jemand beim Sterbefasten länger? Diese oft zu hörende Behauptung ist zu wenig differenziert. Es kommt unter anderem zum einen auf die örtliche Situation an: Ist es heiss oder kalt, feucht oder trocken? Zum andern ist aber auch die physische Situation des einzelnen Menschen sehr wichtig: Ist er alt oder jung, gesund oder krank? Menschen, die hierzulande in normaler Umgebung konsequent auf Nahrung und Flüssigkeit verzichten, sterben eher selten schon nach wenigen Tagen, und es ist dann kaum zu entscheiden, ob die Ursache für den Tod nicht doch die vorhandene Erkrankung war. Darf ich beim Sterbefasten wirklich gar nichts mehr trinken? Das Trinken verlängert den Sterbevorgang. Für den Sterbewilligen, der sich Zeit lassen will und kann, ist dies unter Umständen nicht negativ. Eine längere Zeit des Sterbefastens ist zwar in der Regel für die Sterbewilligen gut ertragbar, bedeutet aber meist eine grössere Belastung für die Angehörigen und Pflegenden. Jemand hat mir gesagt, wenn man nicht mehr trinke, dann könne man bald auch nicht mehr sprechen. Stimmt das? Es können manchmal Sprachstörungen auftreten. Entzündete und/oder von Pilzen befallene Mund- und Rachenschleimhäute erschweren das Sprechen oft. Daher ist eine gute Mundpflege beim Sterbefasten die vielleicht wichtigste pflegerische Massnahme. Sie kann solche Erscheinungen in den meisten Fällen verhindern. Wenn ich während des Sterbefastens Schmerzen habe, was kann man dagegen tun? Tatsächlich können sich manchmal Schmerzen ergeben, beispielsweise Magenschmerzen. Die Pflegenden können dann Schmerzmittel verabreichen, in schwierigeren Fällen kann der Arzt auch Sedierungsmittel spritzen wie bei jeder anderen palliativen Begleitung Wie muss ich mir beim Sterbefasten den eintretenden Tod vorstellen? Das Sterbefasten gilt als eine sehr humane Form des Sterbens. Es verursacht wenig Leiden. Häufig ist man meist schon in den letzten 24 bis 48 Stunden des Sterbefastens sehr schläfrig. In der Regel stirbt man im Schlaf durch einen Herzstillstand – vollkommen friedlich. Ständig gibt es heutzutage in unserer Gesellschaft modische Trends: Gehört dazu nicht auch das Sterbefasten? Das Sterbefasten hat es wohl schon immer gegeben, nur wurde darüber wenig geredet und nichts geschrieben. In den letzten Jahren ist das Interesse am Sterbefasten vor allem deshalb aktuell geworden, weil es ein vorzeitiges, selbstbestimmtes Sterben auch in jenen Situationen möglich macht, in denen ein Suizid mit Medikamenten nicht unterstützt werden kann. Das Sterbefasten wurde und wird als Ausweg aus dieser Situation zum Beispiel in den Niederlanden gewählt, wo Suizidhilfe zwar prinzipiell zulässig ist, aber nicht jedem ohne weiteres gewährt wird. Auch in den USA ist das Sterbefasten aktuell. In der indischen Kultur wird das Sterbefasten seit Jahrhunderten ausgeübt, vor allem bei den Jaina. Aus den religionswissenschaftlichen Abhandlungen über den Jainismus stammt übrigens der Ausdruck Sterbefasten. FAQ Sterbefasten 5 Wie viele Menschen sterben durch Sterbefasten? Es gibt keine Statistiken über die Zahl der Menschen, die selbstbestimmt durch Sterbefasten sterben. Fachleute schätzen, dass in der Schweiz etwa einer von 100 Betagten durch Sterbefasten aus dem Leben scheidet. Das wären jährlich einige hundert Personen. Wenn einer meiner Angehörigen oder ein Patient von mir nichts mehr isst und trinkt, habe ich erst einmal das Gefühl, ich lasse ihn verhungern und verdursten. Ist dies nicht unmenschlich? Es ist das gute Recht einer urteilsfähigen Person, Flüssigkeit und Nahrung abzulehnen. Dies muss man respektieren. Man kann aber – auch um sein Gewissen zu beruhigen – als Angehöriger und / oder pflegende Person in Reichweite der Sterbewilligen ein Glas Wasser stellen und gelegentlich etwas zu essen anbieten. Damit prüft man die Entschiedenheit des Sterbewilligen, doch sollte man das allenfalls in den ersten Tagen tun. Wird dies vom Sterbewilligen jedoch abgelehnt, so muss man es unterlassen. Es besteht zudem die Gefahr, dass sich der Sterbevorgang verlängert, wenn solche Angebote teilweise angenommen werden. Aus einer grundlegenden Studie aus dem US-Staat Oregon ist bekannt, dass die meisten von den 126 befragten Pflegenden, die ein Sterbefasten begleitet hatten, den Sterbevorgang als gut und eher friedlich einstuften. Kann ich auch in einem Pflegeheim oder Spital mit Sterbefasten meinen selbstbestimmten Tod bewirken? In der Schweiz sind viele, wenn auch nicht alle Pflegeheime bereit, einen Menschen, der durch Sterbefasten selbstbestimmt sterben will, palliativ zu begleiten. Auch die Spitäler stehen in der Regel dem Sterbefasten offen gegenüber: Es ist das Recht des urteilsfähigen Patienten, die Nahrungs- und Flüssigkeitsaufnahme zu verweigern. Die Autonomie des Patienten wird in der Schweiz heutzutage als absolut vorrangig bewertet. Bedeutet Sterbefasten nicht einen grossen Aufwand und eine grosse seelische Belastung für die Angehörigen? Die Betreuung und Dauerpflege eines sterbenden Menschen durch seine Angehörigen ist immer eine zeitaufwendige Aufgabe und kann durchaus auch zu einer grossen seelischen Belastung werden. Das Sterbefasten verursacht jedoch in der Regel keinen grossen Mehraufwand im Vergleich mit dem üblichen Sterbeprozess. Andrerseits ist es eine langsame und behutsame Art des Sterbens, die es dem Sterbenden erlaubt, von seinen Angehörigen Abschied zu nehmen. Bedeutet Sterbefasten nicht einen grossen Aufwand für die Ärzte? Dies ist eine Frage des Standpunktes und der langfristigen Betrachtung, abgesehen davon, dass der Betreuungsaufwand von Patient zu Patient stark variiert. Es hängt auch von effizienter Vorplanung und Organisation ab. Alle zwei Tage ein Hausbesuch wäre wünschenswert, aber vor allem eine durchgängige telefonische Erreichbarkeit. Auch wenn man nicht gerne in diesem Zusammenhang Rechnungen machen möchte, darf man darauf hinweisen, dass ohne eine Vorverlegung des Todes ein kranker Patient mit schlechter Prognose womöglich viele Wochen oder noch Monate länger zu betreuen wäre. Die Betreuung eines sterbenden Menschen gehört in der Palliativmedizin ohnehin zu den medizinischen und pflegerischen Aufgaben. FAQ Sterbefasten 6 Dürfen Ärzte überhaupt beim Sterbefasten mitwirken? Eine grosse Mehrheit der Schweizer Ärzte gewichtet die Selbstbestimmung des Menschen in der Sterbephase sehr hoch. Beim Sterbefasten sehen die meisten Palliativmediziner vorab ihre Aufgabe darin, einen Menschen in seiner letzten Lebenszeit sorgsam medizinisch zu betreuen. Bedeutet Sterbefasten nicht einen grossen Aufwand für die Pflegenden? Die Pflege verteilt sich, wenn Angehörige und Freunde zugegen sind, auf diese und auf geschultes Pflegepersonal, das für diese Aufgabe bezahlt wird. Gegen Ende des Sterbefastens oder an schwierigen Tagen kann durchaus eine Rund-um-die-Uhr-Betreuung erforderlich sein. Dann muss dafür gesorgt werden, dass alle Beteiligten hinreichend Pausen und Schlaf bekommen. Kann ich auch bei einer Alzheimer-Erkrankung oder einer anderen Form von Demenz mit Sterbefasten selbstbestimmt aus dem Leben scheiden? Alzheimer-Patienten, die ärztlich attestiert noch urteilsfähig sind, können sich für das Sterbefasten entscheiden. Aufgrund der erforderlichen Urteilsfähigkeit muss dies allerdings meist zu einem Zeitpunkt geschehen, an dem noch relativ viel Lebensqualität vorhanden ist. Das Sterbefasten kann gelingen, wenn jemand sich bereits länger mit der Möglichkeit eines präventiven Suizids beschäftigt hat und nun, wenn erste Anzeichen bestehen und eine Diagnose (also: «beginnende dementielle Erkrankung») vorliegt, sich früh genug entschliesst und so rasch wie nötig handelt. Es besteht aber eine grosse Wahrscheinlichkeit, dass man seine Entscheidung zum Sterbefasten nicht mehr durchhält, weshalb ein Suizid mit Medikamenten in dieser Situation prinzipiell sicherer ist. Bei fortgeschrittener Demenz ist betreutes Sterbefasten wegen fehlender Urteilsfähigkeit juristisch für die Betreuenden nicht mehr möglich. Lehnt ein Patient dann immer wieder Essen und Trinken ab, so muss geklärt werden, woran das liegt. Erst dann kann entschieden werden, ob man den Patienten nun sterben lässt, indem man ihm nur noch so viel zu Essen und zu Trinken gibt, wie ihm behagt. Wenn ich in meiner Patientenverfügung festhalte, dass ich bei einer Demenz- oder Alzheimer-Erkrankung durch Sterbefasten aus dem Leben scheiden möchte, wird dies dann auch umgesetzt? Vor allem in den USA gibt es Stimmen, die überzeugt davon sind, dass man dies mit einer ausgeklügelten Patientenverfügung erreichen kann. Auf jeden Fall kann man in der Patientenverfügung künstliche Ernährung verbieten. Diese Vorgabe wird in der Schweiz in der Regel von den Ärzten und Pflegenden befolgt. Die Exit-PV enthält einen spezifischen Abschnitt zu Nahrungs- sowie Flüssigkeitsverabreichung bei Demenz – wobei dessen Umsetzung aus menschlichen Gründen davon abhängt, ob man im Zustand der Urteilsunfähigkeit dann nicht doch nach Nahrung und Flüssigkeit verlangt. FAQ Sterbefasten 7 Gerade in den USA gibt es in letzter Zeit auch kritische Stimmen zum Sterbefasten. Was ist davon zu halten? Es ist schwierig abzuklären, ob sich die Pflegenden in den hie und da beschriebenen Negativbeispielen an die Regeln gehalten haben – vor allem auch, ob eine sorgfältige Mundund Schleimhautpflege vorgenommen wurde und die Ärzte alle palliativen Möglichkeiten ausgeschöpft haben. Die Tatsache, dass in den USA zwei verschiedene Associations (Compassion and Choices sowie Caring advocates) im Internet über das Sterbefasten aufklären, es durchaus empfehlen und auch unverblümt um Spenden und Sponsoren für die Unterstützung ihrer Arbeit werben, hat Gegenreaktionen hervorgerufen (sicherlich von christlich-konservativen Kreisen), die sich solcher negativen Fallbeispiele gern bedienen. Widerstand kommt aber auch aus Teilen der Right-to-die-Bewegung, die politisch für die Legalisierung von Suiziden mit Medikamenten kämpfen und im Sterbefasten eine schlechte Alternative sehen. C-right: Stiftung palliacura, Zürich Dieses FAQ-Dokument erstellten Peter Kaufmann und Christian Walther exklusiv für die Stiftung palliacura. Für die fachliche Beratung danken die Autoren der Juristin Ilona Bethlen und der Ärztin Dr. Marion Schafroth. Stand: 20.8.2015/pk/cw/il/ms FAQ Sterbefasten 8
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