Zeitungsartikel BNN: Inklusion im Landkreis BVE

Mittwoch, 12. August 2015
.
AUS DER REGION
Ausgabe Nr. 184 – Seite 23
Erfahrung stellt die
Vorurteile auf den Kopf
Philipp Göbel arbeitet in der Medienkonfektion
Die Teilnahme von Behinderten am
normalen Arbeitsleben ist zwar durch
die Behindertenrechtskonvention in
Deutschland heutzutage ein Recht,
aber weitgehend immer noch Theorie.
Dabei kann Inklusion funktionieren –
wenn alle mitmachen. Wir stellen
Beispiele von Unternehmen vor, die
Integration vorleben.
Karlsdorf-Neuthard. Wie kommt die
CD in die Hülle? Schon mal drüber
nachgedacht? Teilweise wird das immer
noch in Handarbeit gemacht. In der Medienkonfektion der Hofa GmbH in
Karlsdorf-Neuthard gehört das zu den
Aufgaben von Philipp Göbel. „Wenn ich
nur Stecktaschen zu befüllen habe,
schaffe ich am Tag,
wenn ich gut bin,
4 000“, sagt er. Anschließend werden
die CDs in Kartons
verpackt, in die
kleinen
Kartons
passen 25 Stück, in die großen 200 bis
220. „Wenn ich viele kleine Kartons zu
verpacken habe, schaffe ich nicht so
viel.“ Er verwiegt die Ware und gibt die
Daten am Versandtisch in den Computer
ein. Seit diesem Jahr hat Philipp Göbel
einen regulären Arbeitsvertrag, zuvor
hatte er bei Hofa einen ausgelagerten
Werkstattarbeitsplatz der Lebenshilfe
Bruchsal-Bretten.
Das Unternehmen
Hofa GmbH
1988 als Tonstudio gegründet, expandierte Hofa in Karlsdorf-Neuthard mit den Bereichen Media (vervielfältigt CDs und DVDs in jeder
Stückzahl), College (staatlich zertifizierte Tontechnik-Fernkurse mit Online-Campus und Studio-Workshops),
Akustik (entwickelt Absorber, Diffusoren, Mobilwände oder Akustikvorhänge für optimale Raumakustik) und
Von der elterlichen Wohnung in Bruchsal-Helmsheim bis zum Arbeitsplatz ist
der 20-Jährige zu Fuß und mit der Bahn
eine Stunde unterwegs, abends zurück
wieder eine Stunde. Die Arbeit macht
ihm Spaß, auch wenn es um ihn herum
mit sieben oder acht Kollegen mitunter
recht laut zugehen kann. „Den Lärm
kann man ausblenden“, sagt Philipp.
Den ersten Kontakt zur Lebenshilfe
hatte Jochen Sachse, mit Frank Simml
Geschäftsführer von Hofa, als er dort in
den achtziger Jahren seinen Zivildienst
leistete. („Wir haben als Zwei-MannBetrieb angefangen“, erzählt Simml.
„Wir wollten Rockstar werden, das hat
aber nicht geklappt.“) Einige Jahre danach wurde Hofa durch einen BNN-Artikel auf eine Außenarbeitsgruppe der
Lebenshilfe bei der SEW aufmerksam.
Später
wendete
sich das Unternehmen an die Lebenshilfe-Werkstätten,
um dort Diffusionselemente bauen
zu lassen. „Die
Leute denken oft: Die machen das nicht
richtig, die Qualität stimmt nicht. Aber
die Erfahrung stellt die Vorurteile auf
den Kopf“, sagt Simml. „Die Lebenshilfe ist ganz vorn dabei. Davon kann sich
manche Firma eine Scheibe abschneiden.“
„Die Mitarbeiter werden in den Werkstätten auf die Arbeit vorbereitet“, erklärt Wolfgang Weis vom IntegrationsPlug-ins (Entwicklung von AudioWerkzeugen) zu einem der nach eigenen Angaben größten Dienstleister
der Audio- und Medienproduktion im
deutschsprachigen Raum.
Zu den Kunden gehören Airbus, die
Bahn, Telekom, Bosch, Deutschlandradio und der Europa-Park. Das Unternehmen hat auch die Akustik in einem Konzerthaus in Sulamaya im Irak
eingebaut. Hofa beschäftigt rund 60
Mitarbeiter, in Karlsdorf-Neuthard
finden sich unter anderem vier Regieräume, vier Aufnahmeräume, eine
Masteringsuite, Foto- und Videostudio und zwei Seminarräume.
BNN
BIS ZU 4 000 CDS AM TAG steckt Philipp Göbel – hier mit Vorarbeiterin Ingrid Frei – in die Hüllen und verpackt die Ware anschließend in
Kartons. Seit diesem Jahr hat er bei der Hofa GmbH einen regulären Arbeitsplatz.
Foto: Alàbiso
fachdienst (IFD). „Wir erstellen ein
Leistungsprofil und suchen einen geeigneten Produktionsplatz. Arbeit und Behinderung müssen passen. Der ausgelagerte Werkstattarbeitsplatz ist eine
Übergangsstufe in den allgemeinen Arbeitsplatz.“
„Von bislang fünf Praktikanten der
Lebenshilfe haben wir drei engagiert“,
sagt Frank Simml. „Zwei haben einen
ausgelagerten Werkstattplatz, Philipp
ist bei uns sozialversicherungspflichtig
beschäftigt, 40 Stunden in der Woche,
mit vollem Arbeitsvertrag und vollem
Lohn. Er hat fünf Urlaubstage mehr im
Jahr und sein Arbeitsplatz bekommt
Förderzuschüsse.“
„Beim Geld hat der Arbeitgeber weder
Vor- noch Nachteile“, so Wolfgang Weis.
„Die behinderungsbedingte Minderleistung wird durch die vielfältigen Fördermaßnahmen weitestgehend ausgeglichen. Wir analysieren die Leistung des
Behinderten im Vergleich zu den nicht
behinderten Kollegen. Das ist der Wettbewerb auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt. Das Prinzip Leistung gegen Geld
muss stimmen.“ In der Anfangsphase sei
der Aufwand mit den Lebenshilfe-Mit-
arbeitern höher. „Aber wir haben noch
nie draufgelegt“, betont Simml. „Und
ihre Motivation und die Identifikation
mit dem Unternehmen ist stark ausgeprägt, vom ersten Tag an.“
„Die Bestätigung ,Ich kann das trotz
meiner Behinderung‘ ist dabei ein ganz
entscheidender Faktor“, erklärt Wolfgang Weis. Dass die Mitarbeiter bei
Hofa das ganze Produkt sehen und
Hintergrund
Die „Berufsvorbereitende Einrichtung (BVE“) ist ein Gemeinschaftsangebot der Sonderschulen und der beruflichen Schulen. Die Vorbereitung
auf eine Tätigkeit am allgemeinen Arbeitsmarkt wird durch die Praxis an
bis zu drei Tagen in der Woche in Betrieben und Dienststellen erweitert
und vom Integrationsfachdienst begleitet. Die BVE dauert bis zu zwei
Jahre, kann aber um ein Jahr verlängert werden.
nicht nur einen kleinen Bestandteil,
trage wesentlich zur Identifikation bei,
ergänzt Volker Klett, Sozialdienstleiter
der Lebenshilfe. „Diese Menschen haben oft keine Familie oder Hobbys. Es
trifft sie sehr stark, wenn ein Auftrag
wegfällt.“
„Philipp wird seinen Weg machen“,
sagt Frank Simml überzeugt. „Es dauert nur etwas länger.“ Jörg Uwe Meller
Sobald ein junger Mensch in der
Lage ist, sich auf betriebliche Anforderungen einzustellen, kann sich die
„Kooperative berufliche Bildung und
Vorbereitung auf den allgemeinen Arbeitsmarkt (KoBV)“ an die BVE anschließen. KoBV dauert elf Monate
und kann auf 18 Monate verlängert
werden. Dabei werden Angebote von
Arbeitsagentur, Schule, Integrationsfachdienst und der Werkstatt für behinderte Menschen verzahnt. Die Praxis findet an drei Tagen in der Woche
in Betrieben des allgemeinen Arbeitsmarkts statt, der berufsbezogene Unterricht an einer Berufsschule. BNN
Landräte schreiben an Kretschmann
Der Ministerpräsident soll seine Zusagen vom Flüchtlingsgipfel sofort umsetzen
MIT DIESER PUPPE FING ALLES AN – sie war Ulf Kelpens erstes Stück. Beinahe 50
Jahre später füllt seine Sammlung mehrere Räume komplett aus.
Foto: Manzey
Reise ins Wunderland
Ulf Kelpen sammelt historisches Spielzeug
Stutensee-Blankenloch. Wenn man
die Wohnung von Ulf Kelpen betritt,
fühlt man sich, als hätte man mit einer
Zeitmaschine eine Reise in ein buntes
Kinder-Wunderland gemacht: Spielzeug, wohin das Auge blickt, denn Ulf
Kelpen ist der Besitzer einer beachtlichen Sammlung historischen Spielzeugs. Über mehrere Stockwerke verteilen sich seine Schätze.
Geplant hatte der ehemalige Vertriebschef für Schiesser Kindermode
eine solche Sammlung nie. Durch seine Arbeit habe er oft Angebote bekommen, die er einfach nicht ablehnen konnte. So etwa sein erstes Stück,
eine Puppe in einem Puppensportwagen mit Verdeck. Die hatte vorher einer Frau aus Basel gehört, die ihre
Puppen verkaufen musste, um sich
medizinische Prothesen leisten zu
können. Danach kam einfach immer
mehr dazu.
Für Ulf Kelpen liegt die Faszination
von historischen Spielzeug gerade in
der Geschichte dahinter. Wem hat das
Spielzeug gehört? Wer hat damit gespielt? Und was sagt es über die Zeit
aus, in der es entstanden ist? Spielzeug dieser Art war vor allem Kindern
aus höheren Schichten vorbehalten.
Betrachtet man die Mühe, mit denen
die Hersteller jedes Detail gestaltet
haben, verwundert das keinen. Allein
zur Zerstreuung war das Spielzeug
früher nicht gedacht; mit den
passenden Gegenständen wurden die
Kinder auf ihre späteren Rollen in der
Gesellschaft vorbereitet, die Mädchen
für Heim und Herd, die Jungen für
den Kriegsdienst.
Soldaten und Kanonen sieht man bei
Ulf Kelpen jedoch wenig. Ihm hat es
mehr das weibliche Spielzeug angetan, etwa kleine funktionierende Herde oder Küchengeschirr. eine Schätze
sind zwischen 1790 und 1980 entstanden.
Doch Kelpen plant mehr, als nur seine Sammlung zu vergrößern oder in
Kontakt mit den – überwiegend weiblichen – Sammlern zu stehen: Er will
ein Museum eröffnen. Zurzeit laufen
die Verhandlungen mit der Stadt Stutensee. Sogar aus Amerika wollen Besucher kommen.
Christel Manzey
Kreis Karlsruhe (BNN/lsw). In einem
offenen Brief fordern die Landräte
Christoph
Schnaudigel
(Landkreis
Karlsruhe), Stefan Dallinger (RheinNeckar-Kreis) und Achim Brötel (Neckar-Odenwald-Kreis) Ministerpräsident Winfried Kretschmann auf, seine
Zusagen vom zweiten Flüchtlingsgipfel
am 27. Juli 2015 sofort umzusetzen. Dem
anhaltend hohen Zugang von Asylbewerbern aus den Balkanstaaten müsse
mit wirksamen Sofortmaßnahmen begegnet werden, weil dieser Personenkreis
keine
Bleibeperspektive
in
Deutschland habe. Asylbewerber aus
den Balkanstaaten sollen ab sofort nicht
mehr auf die Kreise weiterverteilt werden. Das Land solle sich beim Bund dafür einsetzen, dass Kosovo, Montenegro
und Albanien zu „sicheren Herkunfts-
Von sechs Autos die
Radsätze geklaut
Mühlacker (BNN). Dreiste Diebe waren in der Nacht zum Dienstag in Mühlacker unterwegs. Auf dem Abstellplatz
eines Autohandels rissen sie nach Polizeiangaben die Pflastersteine aus dem
Belag, bockten damit insgesamt sechs
Fahrzeuge der Marke BMW auf und demontierten die kompletten Radsätze im
Wert von rund 30 000 Euro.
Aufgrund des Beuteumfanges sei davon auszugehen, dass die Räder zumindest mit einem größeren Lieferwagen
abtransportiert wurden.
Mit Gewalt
ins Krankenhaus
Baden-Baden (BNN). Mit Gewalt wollte am Dienstag kurz nach Mitternacht
ein 62-jähriger Mann in die Stadtklinik
in Balg aufgenommen werden. Als dem
stark alkoholisierten Mann dies von
ärztlicher Seite verwehrt wurde, weigerte er sich, das Klinikgelände zu verlassen. Auch einem Platzverweis durch
die hinzugerufene Streife kam er trotz
mehrerer Aufforderungen nicht nach.
Die Beamten brachten ihn deshalb in
die Gewahrsamszelle zum Revier.
staaten“ erklärt werden, fordern die
Landräte. Diese Forderungen hatte die
Landrätekonferenz bereits mit der
„Schluchseeer Erklärung“ vom 10. Juni
2015 erhoben. Mittlerweile hat sich auch
der Präsident des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge (BAMF), Manfred Schmidt, dem angeschlossen. Die
Landräte schlagen weitere Maßnahmen
vor, die den Zugang aus diesen Herkunftsstaaten unterbinden sollen.
Die unteren Aufnahmebehörden könnten die ihnen zugewiesenen Aufgaben
nur erfüllen, wenn die Landesregierung
dafür sorge, dass der Zugang von Personen aus den Balkanstaaten kurzfristig
und wirksam begrenzt wird. Sonst werde es nicht mehr möglich sein, Aufnahme und Unterbringung von Asylsuchenden insgesamt zu gewährleisten.
Die Grünen-Landesvorsitzende Thekla Walker kritisierte das Schreiben:
„Die Landesregierung hat beim zweiten
Flüchtlingsgipfel weitreichende Zusagen gemacht. Das haben die kommunalen Spitzenverbände anerkannt und
beim Flüchtlingsgipfel den Schulterschluss geübt. Warum drei CDU-Landräte wenige Tage danach aus dieser Verantwortungsgemeinschaft ausscheren,
ist unverständlich. Das riecht nach
Wahlkampf. Dafür spricht auch die Reaktion des Wahlkampfteams von CDUSpitzenkandidat Guido Wolf auf den
Brief nur zehn Minuten nach dessen
Versand.“ Wolf hatte bei einer Wahlkampfveranstaltung in Ulm die Forderungen der Landräte unterstützt und
der Landesregierung vorgeworfen, die
Hilferufe der Kommunen zu ignorieren.
Einziger Rostbratenverein
SWR4-Sommererlebnis gastiert heute in Zaisenhausen
Sie sind schon einzigartig, diese Zaisenhausener. So haben sie den weltweit
einzigen Rostbratenverein, eine fahrende Holzsäge und freuen sich über ihren
Spitznamen „Esel“. Wer so viel Humor,
hat, der feiert auch gern! Deshalb macht
das SWR4-Sommererlebnis in Zusammenarbeit mit den BNN am heutigen
Mittwoch, 12. August, vor der Kulturund Sporthalle in
Zaisenhausen Station. Jürgen Essig
und Torsten Helber
werden moderieren.
Treffpunkt zum
Sommererlebnis ist um 12 Uhr. Gegen
13 Uhr geht’s los mit geführten Rundgängen durch Zaisenhausen – unter anderem in Begleitung eines Esels. „Radio
zum Anfassen und Miterleben“ gibt es
ab 15 Uhr mit Musik und Aktionen.
Von 16 bis 17 Uhr, wenn BadenRadio
seine Nachmittagssendung live aus Zaisenhausen
ausstrahlt,
versprechen
Dorfgeschichten von damals und heute
historisch Wissenswertes, aber auch
Skurriles wie den Rostbratenverein und
die fahrende Holzsäge sowie spannende
Unterhaltung. Verraten wird auch, warum aus Zaisenhausen nie ein Staatsbad
wurde …
Sowohl die Sendung als auch das anschließende Sommerfest bis 18 Uhr gestalten die Zaisenhausener selbst. So
dürfen sich alle Gäste auf Mundartgedichte aus und über Zaisenhausen, geschrieben und präsentiert von der 91jährigen Hildegard
Kristof,
freuen.
Der Musikverein
unterhält
mit
schmissigen Titeln.
Die Teilnahme an
den
Führungen
findet auf eigene Gefahr statt, Barrierefreiheit ist nur bedingt gegeben, schreibt
der SWR.
Mehr zum „SWR4 Sommererlebnis mit
BadenRadio“ gibt es im Radio. Zuhören
lohnt sich doppelt, denn jeden Morgen
zwischen 6 und 9 Uhr gibt es beim Sommererlebnis-Rätsel interessante Preise
zu gewinnen.
BNN
i
Kontakt
Telefon: (07 21) 17 63 61 86
Intenet: swr4.de/karlsruhe