Pragmatik_HA6_Lösungen

Pragmatik HA 6 – Lösungsvorschläge
Meibauer, S.56, Übung 1
a) eindeutige Präsupposition (Auslöser: entdeckte / vergaß; faktive P.)
b) eindeutige Präsupposition (Auslöser: Es war in ... als...; strukturelle P.)
c) Präsupposition (Auslöser: gab vor; nicht-faktive P.)
Anmerkung: Hier ist der Negationstest allein nicht sehr eindeutig:
A gab nicht vor zu v-en muss intuitiv nicht präsupponieren, dass A nicht ge-v-t hat. (Das liegt
wahrscheinlich daran, dass es an sich schwer zu sagen ist, unter welchen Bedingungen dieser
Satz sinnvoll geäußert werden kann.) Wenn der einfache Negationstest keine klaren
Ergebnisse liefert, kann man zunächst auf eine andere Konstruktion aus der S-Familie
ausweichen:
Wenn A vorgibt zu v-en, fallen meist alle drauf rein.
geht vielleicht schon besser.
Hoffentlich gibt A vor zu v-en!
vielleicht auch. Der Fragesatz
Gibt A vor zu v-en?
ist dagegen schon wieder nicht so gut geeignet, um auf Präsupposition zu testen.
d) eindeutige Präsupposition (Auslöser: Wenn + Irrealis; kontrafaktische P.)
e) eindeutige Präsupposition (Auslöser: W-Frage; strukturelle P.)
aber: Wenn die Frage rhetorisch ist, gilt die Präsupposition nicht:
Hirschau wird auch diesmal siegen, denn: Wann hat Olypmpos schon mal den TSV
geschlagen? (Eben, noch nie!)
f) keine Präsupposition, der geklammerte Satz gehört zur Assertion:
Die Negation des Ausgangssatzes lautet Es ist nicht der Fall, dass Dettenhausen II Olympos
Tübingen fast geschlagen hat; das ist eine eher verquere Ausdrucksweise, die aber rein
logisch betrachtet äquivalent ist mit folgendem: Dettenhausen hat gewonnen (Zur
Vereinfachung nehmen wir an, es handelt sich um ein Finalspiel, in dem es kein
Unentschieden geben kann). Dies ist aber unter unseren Annahmen (Finalspiel)
kontradiktorisch zu dem geklammerten Satz. Also kann dieser keine Präsupposition des
Ausgangssatzes sein.
Meibauer, S.56, Übung 3
a) Ingo schaffte es nicht, den Job zu kriegen.
b) Es war schwierig für Ingo, den Job zu kriegen.
c) Ingo kriegte den Job nicht.
Der Zusammenhang:
1. a) präsupponiert b) und impliziert c)
Nachweis:
a1) Ingo schaffte es nicht, den Job zu kriegen.
a2) Es ist nicht so, dass Ingo es nicht geschafft hat, den Job zu kriegen.
= Ingo hat den Job gekriegt.
a3) Hat Ingo es geschafft, den Job zu kriegen?
a4) Wenn Ingo es (nicht) geschafft hat, den Job zu kriegen, geb ich ihm (k)einen aus.
a5) Hoffentlich schafft es Ingo, den Job zu kriegen!
In allen Sätzen der „S-Familie“ (a1-a5) gilt: Es ist der Fall, dass es schwierig war, den Job zu
kriegen. Das steckt in der Bedeutung des deutschen Verbs (etwas) schaffen.
2. a) impliziert c)
Nachweis:
Die Negation von a) ist a2) = Ingo hat den Job gekriegt. Wenn dies wahr ist, muss c) aber
genau falsch sein, nicht wahr, und kann somit keine Präsupposition von a) sein.
Meibauer, S.56, Übung 4
a) Es war Nastassja, die dem Chef den Sekt über die Hose gegossen hat.
Wir konzentrieren uns auf die auffälligste Präsupposition dieses Satzes:
>> Jemand hat dem Chef den Sekt über die Hose gegossen
(es gibt noch mindestens 4 Existenz-Präsuppositionen in diesem Satz.)
S-Familie (Auswahl):
a1) War es Nastassja, die...?
a2) Hoffentlich war Nastassja diejenige, die...
a3) Es war nicht Nastassja, die...
a4) Wenn es Nastassja war, die...., hat sie ein Problem.
In allen Fällen gilt: Damit a1)-a4) sinnvoll geäußert werden können, muss bereits von den
Gesprächsteilnehmern akzeptiert sein (=es muss präsupponiert sein), dass jemand dem Chef
den Sekt über die Hose gegossen hat.
Dass dieser Test bei Entailments nicht klappt, kann man an folgendem Beispiel sehen:
b) Es windet, und die Sonne scheint
Die Sonne scheint.
S-Familie (Auswahl):
b1) Es stimmt nicht, dass es windet und die Sonne scheint.
-/-> Die Sonne scheint (b1 kann ja auch dann wahr sein, wenn weder-noch, d.h. wenn es
zum Beispiel bewölkt ist und kein Wind geht)
2
b2) Ist es wahr, dass es windet und die Sonne scheint?
-/-> Die Sonne scheint. (Ob die Sonne scheint wird von der Frage offengelassen)
b3) Ich möchte so gerne, dass es windet und die Sonne scheint!
-/-> Die Sonne scheint.
b4) Wenn es winden würde und die Sonne scheinen würde, würde ich jetzt rausgehen.
-/-> Die Sonne scheint.
Keiner dieser Sätze b1) – b4) erlaubt also den Schluss, dass die Sonne scheint. Damit kann
„Die Sonne scheint“ keine Präsupposition von Es windet, und die Sonne scheint sein, sondern
eine Implikation. Q.e.d.
4. Welche der folgenden Äußerungen präsupponieren „Der Boiler explodierte“?
1. Tim brachte sich in Sicherheit, bevor der Boiler explodierte.
2. Tim schaftte es zum Sicherheits-Ventil, bevor der Boiler explodierte.
3. Tim brachte sich in Sicherheit, nachdem der Boiler explodierte.
4. Tim schaffte es zum Sicherheits-Ventil, nachdem der Boiler explodierte.
(Peccei 1999, 24)
Vorüberlegung: Durch bevor eingeleitete Nebensätze präsupponieren normalerweise ihren
Gehalt, vgl.:
Ich meldete mich (nicht) bei John ab, bevor ich aus dem Büro ging.
>> Ich ging aus dem Büro.
1.: präsupponiert intuitiv, dass der Boiler explodierte (Negationstest beweist dies auch).
2. präsupponiert intuitiv nicht, dass der Boiler explodierte. Hier wird die Präsupposition durch
Weltwissen aufgehoben, und zwar: a) Boiler haben Sicherheits-Ventile; b) Wenn man diese
Ventile in Gefahrensituationen rechtzeitig manipuliert, kann die Explosion eines Boilers
verhindert werden. Diese über das gemeinsame Weltwissen im Diskurs sich befindliche
Wissen hat zur Folge, dass wir uns eine Situation vorstellen, in der Tim das Ventil
manipuliert, ohne dass danach der Boiler explodiert. Dieses Beispiel beweist also, dass
Präsuppositionen kontextabhängig sein können, anders als Implikationen.
Wir wissen auch, dass Boiler explodieren können, wenn jemand sie nicht rechtzeitig
manipuliert; deshalb lädt die Negation von 2. zu dem Schluss ein, dass der Boiler tatsächlich
explodierte.
3. präsupponiert, dass der Boiler explodierte (nachdem ist anders als bevor; es lässt uns keine
Wahl in Bezug auf die Faktizität des Ereignisses, das in dem Nebensatz beschrieben wird).
4. siehe 3.
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