Baby Ahnungslos und Dr. Mabuse Der aus Rundfunk und Fernsehen bekannte investigative Journalist Helmut Reister, seines Zeichens angeblicher Urheber des Spruchs vom Journalismus, der nur dann einer sei, wenn er investigativ ist, jagt Dr. Mabuse. Diese haltlose Vermutung drängt sich dem Leser eines seiner letzten Artikel auf, den er passender Weise in der Jüdischen Allgemeinen erscheinen hat lassen. Es geht um das Oktoberfestattentat... und um den Mabuse der linken Paranoia, um Karl Heinz Hoffmann. (Für die jüngeren Leser: Dr. Mabuse war ein Bösewicht des frühen deutschen Films, der in seiner dämonischen Genialität noch als Irrenhäusler und sogar als Toter die gefährlichste Verbrecherorganisation aller Zeiten zu lenken imstande war.) Anders als im legendären Film von Fritz Lang oder im Leben diverser Schreiber geht der Hirnerweichung durch den Mabuse-Mythos (also den Hoffmann-Vogel) bei Reister kaum ein Aktenstudium voraus; er spart sich den Umweg der Erkenntnis. Wo andere sich im Aktenstudium Verdienste erwerben und aus charakterlicher Armut deppert werden, macht der Reister nichts. Er schreibt einfach: "Gundolf Köhler, der als Bombenleger identifiziert worden war, war in die Strukturen der Neonaziszene fest eingebunden. Unter anderem wurde bei ihm ein Ausweis gefunden, der ihn als Mitglied der Wehrsportgruppe Hoffmann auswies." Köhler war eben nicht eingebunden, überhaupt nicht, und den Ausweis, der einen Menschen als Mitglied der WSG „ausweisen“ hätte können, den gab es genauso wenig wie das Aktenstudium des oft mit Baby Schimmerlos verglichenen Reister. Dies alles gab es nicht, es ist beweisfähig widerlegt; aber es gab ja auch kein Testament des Dr. Mabuse, bloß den Film. Und der war gut. Alles erfunden. - Sicher, Reister folgt einem Rundschreiben, einem geheimnisvollen Testament des Dr. Unheimlich aus dem Bayerischen Innenministerium, was sich an der Wortgleichheit seines Geschreibsels mit diversen Texten in Provinzblättern und schlechten Beiträgen des Bayerischen Rundfunks zeigt. Da hat wohl einer gemeint, er müsse es zum „Jubiläum“ des Mordes an Shlomo Lewin medial krachen lassen. Aber gut, das sind Vermutungen... Reister, Autor diverser Blutspur-Artikel um den Ermreuther Schlossherrn, steuert aus eigenem Erfinden durchaus auch Subtiles bei. In spannendem Erzählton greift er den Mord an Lewin auf, genauer jene Minuten, in denen der Mörder - nach der Tat - auf Ermreuth bei Hoffmann eintrudelt. Über diesen heißt es: "Er rechnet jeden Augenblick mit dem Auftauchen der Polizei, nachdem ihm Uwe Behrendt, sein Stellvertreter und die rechte Hand in der Wehrsportgruppe, gerade gestanden hat, Shlomo Lewin und Frida Poeschke ermordet zu haben. 'Chef, ich habe es auch für dich getan', soll der Todesschütze nach Darstellung Hoffmanns damals erzählt haben." Die beiden waren nicht per Du; das ist gelogen, möchte man lachend hinzufügen. Beweisfähig widerlegt... einfach zurecht geschwurbelt für die Jüdische Allgemeine. Eine kleine, miese Lüge, wenn Reister tatsächlich „Akten studiert“ hat... oder ein „Irrtum“, wer weiß das schon... Fritz Lang mit seinem Mabuse kann da ausnahmsweise nicht Vorbild gewesen sein, denn Dr. Mabuse hätte sich eher einen seiner käseweißen, wächsernen Finger abgeschnitten als seine wie melodramatische Marionetten agierenden Verbrechergehilfen zu duzen. Dann kommt ein besonderer Kunstgriff; Reister flicht, wie beiläufig, ein, er habe Akten, gar „Gerichtsakten“ studiert... der Schlingel... "In Gerichtsakten ist nachzulesen, dass Hoffmann zu diesem Zeitpunkt bereits ganze Arbeit geleistet hatte. Seinen Angaben zufolge wurde die Kleidung, die Behrendt bei dem Mord an Lewin und Poeschke getragen hatte, sofort im Kachelofen der Schlossküche verbrannt; die Tatwaffe, einschließlich eines Schalldämpfers, den Hoffmann kurz zuvor in seinem Keller gebastelt hatte, habe er in einem Fluss entsorgt." Ui, da lehnt sich einer aber aus dem Fenster. Hat er die Gerichtsakten studiert, das Testament des Dr. Mabuse sorgfältig gelesen? Eher nicht! Und, Herr Reister: Hoffmann lebt noch... und er hat die Tatwaffe nicht entsorgt. So steht es „in den Gerichtsakten“... Sie Aktenstudent. Der Herr Reister mag geglaubt haben, er besitzt Narrenfreiheit, weil der Oktoberfestblog abhanden gekommen ist. Als alter Hoffmann-Rehabilitierer und Mabuse-Fan werde ich dem Herrn Reister, diesem Gelegenheitsautor der Jüdischen Allgemeinen, trotzdem den Akten-Marsch blasen. Ihm erscheint der Mabuse, mir wird da schon länger übel. (Quelle für alle Bilder dieses Beitrags mit Ausnahme des Auszugs aus dem Urteil gegen Hoffmann: "Das Testament des Dr. Mabuse" von Fritz Lang; Screenshots YouTube, Klassikfilm.de)
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