Mikroökonomik 1.3 Kriterien der Entscheidungsfindung: Präferenzen Der Einfachheit halber beschränken wir uns auf n = 2 ( zwei Güter). Annahme: Konsumenten können für sich herausfinden, ob sie • das Güterbündel x = ( x1 , x2 ) dem Güterbündel y = ( y1 , y2 ) vorziehen [ x f y , starke Präferenz], • indifferent zwischen x und y sind [ x ∼ y , Indifferenz] oder • das Güterbündel y dem Güterbündel x vorziehen [ x p y , starke Präferenz] Eine darauf aufbauende Schreibweise bezieht sich auf die "schwache Präferenz": x f y ⇔ x f y oder x ∼ y [ x ist mindestens so gut wie y ] Prof. Norbert Schulz, Ph.D., Lehrstuhl für Strategie und Wettbewerb (Industrieökonomik) 1 Mikroökonomik Typischerweise werden folgende Annahmen bzgl. der schwachen Präferenz getroffen: Vollständigkeit: Für jedes Paar von Güterbündeln gilt x f y oder y f x. Reflexivität: x f x Transitivität: x f y und y f z ⇒ x f z Ein sehr hilfreiches Konzept: Indifferenzkurve I(x)={y|x ∼y} 2 x 1 Prof. Norbert Schulz, Ph.D., Lehrstuhl für Strategie und Wettbewerb (Industrieökonomik) 2 Mikroökonomik 2 x y z 1 Unterschiedliche Interdifferenzkurven können sich nicht schneiden. Warum nicht? Prof. Norbert Schulz, Ph.D., Lehrstuhl für Strategie und Wettbewerb (Industrieökonomik) 3 Mikroökonomik Perfekte Substitute: Beispiel grüne und rote Bleistifte Perfekte Komplemente: Beispiel linke und rechte Schuhe x2 grün rot Prof. Norbert Schulz, Ph.D., Lehrstuhl für Strategie und Wettbewerb (Industrieökonomik) x1 4 Mikroökonomik Für den größten Teil der mikroökonomischen Theorie werden einige Annahmen an die Präferenz getroffen: Monotonie: Die untersuchten Güter sind immer erwünscht: x1 ≥ y1 und x2≥ y2 ⇒ x f y Indifferenzkurven von monotonen Präferenzen müssen immer monoton fallen. x2 • x x1 Prof. Norbert Schulz, Ph.D., Lehrstuhl für Strategie und Wettbewerb (Industrieökonomik) 5 Mikroökonomik Die zweite oft getroffene Annahme ist die der Konvexität: Mischungen sind mindestens so gut wie Extreme x ∼ y ⇒ ∀λ ∈ [0,1] λ x + (1-λ) y f y Eng verwandt ist die Annahme der Strenge Konvexität: Mischungen werden Extremen vorgezogen x ∼ y ⇒ ∀λ ∈ (0,1) λ x + (1-λ) y f y Für monotone und konvexe Präferenzen muss die Steigung der Indifferenzkurven fallen. Anders ausgedrückt: Die Indifferenzkurve hat einen konvexen Verlauf. Prof. Norbert Schulz, Ph.D., Lehrstuhl für Strategie und Wettbewerb (Industrieökonomik) 6 Mikroökonomik konvexe Präferenz nicht konvexe Präferenz x2 x2 x1 Prof. Norbert Schulz, Ph.D., Lehrstuhl für Strategie und Wettbewerb (Industrieökonomik) x1 7 Mikroökonomik Die Steigung einer Indifferenzkurve in einem Bezugpunkt, die Grenzrate der Substitution, gibt an, wie viel von einem Gut ein Konsument willens ist, für ein anderes Gut zu aufzugeben. x2 x1 Die Grenzrate der Substitution gibt an, wie viele Einheiten von Gut 2 dem Konsument gegeben werden müssen, damit er willens ist, eine marginale Einheit von Gut 1 aufzugeben (zu substituieren). Marginale Zahlungsbereitschaft für Gut 1 in Einheiten von Gut 2 = Grenzrate der Substitution (Gut 2 für Gut 1) Prof. Norbert Schulz, Ph.D., Lehrstuhl für Strategie und Wettbewerb (Industrieökonomik) 8 Mikroökonomik Die Konvexität und Monotonie der Präferenzen impliziert, dass die Zahlungsbereitschaft für Gut 1 in x1 fällt. Dies nennt man das Gesetz der fallenden Grenzrate der Substitution. Nutzenfunktionen: Die Nutzenfunktion u repräsentiert die Präferenzrelation f genau dann, wenn u ( x ) ≥ u ( y ) ⇔ x f y. Zu einer Präferenzrelation gibt es immer viele Nutzenfunktionen: Für jede monoton steigende Funktion f gilt: f (u ( x )) ≥ f (u ( y )) ⇔ u ( x ) ≥ u ( y ) ⇔ x f y. Ordinales versus kardinales Nutzenkonzept Prof. Norbert Schulz, Ph.D., Lehrstuhl für Strategie und Wettbewerb (Industrieökonomik) 9 Mikroökonomik Spezielle Beispiele von Nutzenfunktionen: Cobb-Douglas Funktionen u ( x ) = x1α x2β mit α > 0 und β > 0 Lineare Funktionen u ( x ) = a1 x1 + a2 x2 mit a1 > 0 und a2 > 0 Leontief Funktionen x x u ( x ) = min( 1 , 2 ) mit a1 > 0 und a2 > 0 a1 a2 Homogene Nutzenfunktionen vom Grad α u hat die Eigenschaft: ∀ λ > 0 gilt u ( λx ) = λαu ( x ) Homothetische Nutzenfunktionen u = f ( v ), wobei f eine monoton steigende Funktion und v homogen ist Prof. Norbert Schulz, Ph.D., Lehrstuhl für Strategie und Wettbewerb (Industrieökonomik) 10 Mikroökonomik Quasilineare Nutzenfunktionen u ( x ) = v ( x1 ) + x2 Die Grenzrate der Substitution kann man mit Hilfe von Grenznutzen ausdrücken: Grenznutzen eines Gutes gibt an, um wie viel der Nutzen steigt, wenn von diesem Gut eine marginale Einheit mehr konsumiert wird. Mathematisch: u ( x1 + Δ x1, x2 ) − u ( x1, x2 ) ∂u ( x1, x2 ) = lim = Grenznutzen von Gut 1 bei x ∂x1 Δ x1 Δ x →0 1 Approximativ bringen Δx1 Einheiten mehr von Gut 1 den Nutzenanstieg ∂u ( x , x )Δ x ∂x1 1 2 1 Die Aufgabe von Δx2 Einheiten von Gut 2 bringt die Nutzenabnahme − ∂u ( x , x )Δ x ∂x2 1 2 2 Da Nutzenzunahme und -abnahme gleich sein müssen (Indifferenzkurve!) muss also gelten: ∂u ∂u ( x1, x2 )Δ x1 − ( x , x )Δ x = 0 ∂x1 ∂x2 1 2 2 Daraus ergibt sich für die marginale Zahlungsbereitschaft Δx2/ Δx1 Prof. Norbert Schulz, Ph.D., Lehrstuhl für Strategie und Wettbewerb (Industrieökonomik) 11 Mikroökonomik ∂u ( x1, x2 ) Δ x2 ∂x1 = ∂u Δ x1 (x , x ) ∂x2 1 2 Diese heuristische Herleitung kann mit dem Satz über implizite Funktionen aus der Analysis präzise gemacht werden. Die Grenzrate der Substitution hängt nicht von der speziellen Wahl der Nutzenfunktion ab, die die Präferenzrelation repräsentiert. Sie ist ein ordinales Konzept. Prof. Norbert Schulz, Ph.D., Lehrstuhl für Strategie und Wettbewerb (Industrieökonomik) 12
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