österreich

2. ENTWICKLUNG IN DEN EINZELNEN MITGLIEDSLÄNDERN UND IN AUSGEWÄHLTEN NICHT-OECD-VOLKSWIRTSCHAFTEN
ÖSTERREICH
Das Wirtschaftswachstum wird 2015 gedämpft bleiben, in der Folgezeit aber anziehen
und 2016 1,7% erreichen. In Zukunft dürften nachlassende geopolitische Spannungen, eine
kräftigere Auslandsnachfrage und die Abwertung des Euro dem Exportwachstum Impulse
verleihen. Durch die Belebung des Handels und die im langjährigen Vergleich niedrigen
Zinssätze wird ein günstiges Umfeld für eine Erholung der Investitionen geschaffen. Die
Einkommensteuerreform dürfte den privaten Konsum ankurbeln.
Eine genaue Beobachtung und Aufsicht der Banken ist für die Wiederherstellung des
Vertrauens von entscheidender Bedeutung. Strukturreformen im Dienstleistungssektor würden
dem Wettbewerb und der Verbreitung neuer Technologien Impulse verleihen. Eine weitere
Erhöhung der Erwerbsbeteiligung älterer Menschen, und insbesondere der Frauen, würde
dazu beitragen, das Wachstum inklusiver zu gestalten. Die Vorbereitungen für die geplante
Anpassung des Pensionsalters der Frauen an das der Männer sollten vorgezogen werden.
Obwohl die Investitionsquoten in jüngster Zeit zurückgegangen sind, liegen sie nach wie
vor auf einem deutlich höheren Niveau als in anderen europäischen Ländern, was z.T. auf den
größeren Anteil an Investitionen in den privaten Wohnungsbau und die Verkehrsinfrastruktur
zurückzuführen ist. Der Anteil der Investitionen in geistiges Eigentum ist nach der Krise
deutlich gestiegen und hat die Rückgänge beim Anteil der Unternehmensinvestitionen in
Gebäude, Strukturen und IKT-Ausrüstungen z.T. ausgeglichen. Staatliche Initiativen zu Gunsten
einer Förderung von Wagniskapital und Crowdfunding („Schwarmfinanzierung“) können
ebenso wie ein intensives Engagement im Rahmen des Europäischen Fonds für strategische
Investitionen Unternehmertum und Unternehmensinvestitionen potenziell Impulse verleihen.
Die Wirtschaftstätigkeit hat nachgelassen
Die Konjunktur befindet sich seit Anfang 2012 in einer schwachen Verfassung. Trotz der
sich ausweitenden Produktionslücke und der steigenden Arbeitslosigkeit war die Inflation höher
als in anderen Ländern des Euroraums. Der geringe Anstieg der verfügbaren Realeinkommen
Austria
1.
Real compensation per employee is defined as compensation per employee (wages plus employers' contributions)
divided by the private consumption deflator.
2.
4-quarter moving average of nominal share of total investment to GDP.
Source: OECD Economic Outlook 97 database.
12http://dx.doi.org/10.1787/888933220841
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2. ENTWICKLUNG IN DEN EINZELNEN MITGLIEDSLÄNDERN UND IN AUSGEWÄHLTEN NICHT-OECD-VOLKSWIRTSCHAFTEN
Austria: Demand, output and prices
2011
2012
Current
prices
€ billion
GDP at market prices*
Private consumption
Government consumption
Gross fixed capital formation
Final domestic demand
Stockbuilding1
Total domestic demand
Exports of goods and services
Imports of goods and services
Net exports1
Memorandum items
GDP deflator
Harmonised index of consumer prices
Private consumption deflator
Unemployment rate2
Household saving ratio, net3
General government financial balance4
General government gross debt4
General government debt, Maastricht definition4
Current account balance4
2013
2014
2015
2016
Percentage changes, volume
(2010 prices)
308.7
165.6
61.2
69.6
296.3
4.5
300.7
165.7
157.7
1.0
0.6
0.3
0.6
0.5
-0.1
0.4
1.4
0.8
0.1
-0.2
0.4
-1.4
-0.4
-0.7
-1.0
1.3
-0.2
0.4
0.2
1.0
0.4
0.4
-0.2
0.2
1.8
2.5
0.6
0.8
1.0
-1.9
0.2
0.5
0.7
3.3
4.2
1.7
1.8
-0.6
2.5
1.5
-0.1
1.3
5.9
5.4
7.9
0.4
0.8
-0.2
-0.3
0.5
_
_
_
_
_
_
_
_
_
1.8
2.6
2.4
4.9
9.0
-2.2
96.7
81.4
1.5
1.5
2.1
2.2
5.4
7.3
-1.3
95.1
80.9
0.9
1.7
1.5
1.7
5.7
7.5
-2.4
96.3
84.5
0.8
1.1
0.6
0.9
5.8
7.7
-2.3
97.6
85.7
0.9
1.5
1.6
1.6
5.7
8.7
-2.1
97.8
85.9
1.4
* Based on seasonal and working-day adjusted quarterly data; may differ from official non-working-day
adjusted annual data.
1. Contributions to changes in real GDP, actual amount in the first column.
2. Based on Labour Force Survey data.
3. As a percentage of disposable income.
4. As a percentage of GDP at market value.
Source: OECD Economic Outlook 97 database.
12http://dx.doi.org/10.1787/888933222092
ist durch die rückläufigen Sparquoten z.T. kompensiert worden, was insgesamt für einen
konstanten Konsum gesorgt hat. Die sinkende Arbeitsproduktivität hat die internationale
Wettbewerbsfähigkeit geschwächt und trotz nach wie vor unter dem Vorkrisenniveau liegender
Reallöhne erhebliche Verluste an Exportmarktanteilen ausgelöst. Strukturelle Veränderungen
in der Zusammensetzung der globalen Wertschöpfungsketten insbesondere im Hinblick auf
Deutschland dürften diese Verluste noch verstärkt haben. Das Geschäfts- und Konsumklima
blieb trotz der konjunkturellen Wiederbelebung im Euroraum Anfang 2015 eingetrübt.
Die Fundamentaldaten verbessern sich, Strukturreformen im
Dienstleistungssektor sind aber von entscheidender Bedeutung
Eine Steuerreform, die Mitte dieses Jahres gesetzlich verankert werden soll, wird
am 1. Januar 2016 in Kraft treten und die Einkommensteuerbelastung deutlich senken.
Dies dürfte den privaten Verbrauch trotz eines projizierten Anstiegs der Sparquote
festigen. Die außenwirtschaftlichen Bedingungen haben sich dank der dynamischeren
Wachstumsaussichten im Euroraum und preislicher Wettbewerbsvorteile gegenüber
Handelspartnern außerhalb des Euroraums nach der Euroabwertung verbessert. Konkret
hat der starke Wertzuwachs des Schweizer Franken die Aussichten des österreichischen
Fremdenverkehrssektors stark aufgehellt. Darüber hinaus dürften das von niedrigen
Zinssätzen geprägte Umfeld und der Einbruch der Ölpreise die Binnennachfrage stärken.
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2. ENTWICKLUNG IN DEN EINZELNEN MITGLIEDSLÄNDERN UND IN AUSGEWÄHLTEN NICHT-OECD-VOLKSWIRTSCHAFTEN
Die Fortschritte bei der Deregulierung der Produktmärkte sind beeindruckend. Auf diesen
Erfolg sollten sich entsprechende Strukturreformen im Dienstleistungssektor stützen, wo die
Vorschriften, und insbesondere die Zugangsbestimmungen, nach wie vor zu den strengsten
im OECD-Raum zählen. Diese Regulierung beeinträchtigt die Arbeitsproduktivität und
erklärt z.T. auch die Abwärtsrigidität der Preise, da nahezu drei Viertel des Inflationsgefälles
gegenüber dem Euroraum und Deutschland auf den Dienstleistungssektor zurückgeführt
werden können. Neben der genauen Beobachtung und Aufsicht der Banken sollten die
zuständigen Behörden zur Kostensenkung der Fragmentierung des durch eine übermäßige
Zahl von Banken geprägten inländischen Finanzmarkts aktiv entgegenwirken. In dieser
Hinsicht ist der Zusammenschluss der Volksbanken, durch den die Zahl der Regionalbanken
von 63 auf 8 reduziert wurde, als ein erster Schritt zu begrüßen
Weiteres Wachstumspotenzial bietet die Förderung einer stärkeren Geschlechtergleichstellung durch den Übergang zu einem Steuer- und Leistungssystem, das für eine bessere
Verteilung von Arbeit sorgt, mehr Ganztagsschulen und Betreuungseinrichtungen anbietet
und den privaten Sektor für familienfreundlichere Arbeitsplätze und Arbeitszeitmodelle
sensibilisiert.
Die Wirtschaftstätigkeit dürfte sich allmählich erholen
Das BIP-Wachstum wird den Projektionen zufolge unter dem Einfluss einer Belebung der
Exporte und Investitionen und eines zusätzlichen Impulses durch den privaten Konsum im
Betrachtungszeitraum schrittweise anziehen. Die Risiken, mit denen diese Projektion behaftet
ist, sind ausgewogen. Sollte der Kostendruck weiter steigen, würden die österreichischen
Exporteure u.U. weniger von der Schwäche des Euro profitieren, als in den Projektionen
unterstellt. Die Ungewissheit über Bilanzprobleme im Bankensektor besteht fort. Sofern
dieser Kanal stärker für die derzeitige schleppende Entwicklung bei den Investitionen und
das eingetrübte Verbrauchervertrauen verantwortlich ist, als hier angenommen, könnte
das Wachstum entgegen den Projektionen gedämpfter ausfallen. Günstiger könnte die
Entwicklung verlaufen, wenn die Steuerreform dem privaten Konsum Impulse verleiht,
sofern die Sparquoten weniger steigen als unterstellt. Auch die Zweitrundeneffekte auf die
Beschäftigung und die Investitionen könnten stärker ausfallen als erwartet. Schließlich
könnten die Exportergebnisse besser ausfallen als in den Projektionen unterstellt, wenn
verlorene Marktanteile rascher zurückgewonnen werden.
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